Toleranz

„die, welche nach Verkündigung des Friedens inskünftig eine
andere Religion bekennen oder annehmen werden als ihr Landesherr,
nachsichtig geduldet und nicht gehindert werden sollen,
sich mit freiem Gewissen zu Hause ihrer Andacht
ohne Nachforschung und Beunruhigung privat zu widmen,
in der Nachbarschaft aber wo und sooft sie es wollen
am öffentlichen Gottesdienst teilzunehmen“
Aus Artikel V § 34 des Osnabrücker Friedensvertrags (1648)

Toleranz ist die notwendige Folge unseres Menschseins.
Wir sind alle fehlbar und leicht dem Irrtum verfallen;
lasset uns daher Nachsicht üben gegenüber unseren Torheiten.
Voltaire

Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit,
soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen
die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

Grundgesetz Art. 2 (1)

Nur wenn es weh tut, ist es Toleranz:
Volker Kitz, „Meinungsfreiheit“

Lies ab und zu Werke, die deine Meinung nicht bestätigen, sage ich mir. Auch solchen kannst du Einsichten abgewinnen darüber, was die Welt bewegt. In diesem Herbst habe ich mir ein größeres Werk vorgenommen. In den USA gilt es manchen als das wichtigste Buch nach der Bibel. Die Autorin hat ihre Anhängerschaft unter bekannten konservativen Politikern: Alan Greenspan zählte zu ihren Freunden. Donald Trump und viele seines Teams, darunter Rex Tillerson und Mike Pompeo verehren die Autorin.

Das Werk

Handelnde Personen

Helden: eine Eisenbahndirektorin, der Besitzer von Gießereien, Bergwerken und Kohlegruben, Erfinder einer wunderbaren Metalllegierung, ein Ölmagnat, als zentrale Figur der Erfinder eines Wundermotors, dazu ein Pirat, dessen Rolle erst allmählich klar wird. Alle sind schlank, schön, leistungsstark; sie haben scharf gezeichnete Gesichtszüge, einen klaren Blick und sind von ihren Missionen besessen. Reichtum gilt als Ausweis der Tugendhaftigkeit. Gier ist gut. Die Helden sind Hüter des Geistes und des Fortschritts.

Schnorrer und Plünderer: Dazu gehören Leute mit weichen Gesichtszügen und verschleiertem Blick. Sie haben den Wohlstand der Helden im Visier und sorgen durch Gesetzgebung und Verordnungen für Gleichmacherei und für die Umverteilung der Güter von den Leistungsstarken hin zu den Bedürftigen. Bedürftigkeit begründet für sie den Anspruch auf Zuwendung. Geist und Fortschritt sind von Übel.

Handlung in Kürze: Die Moral, die die Bedürftigkeit und nicht die Leistung zum Maßstab des Erfolgs macht, richtet die Welt zugrunde. Dem widersetzen sich die Helden, indem sie in den Streik treten. Sie ziehen sich nacheinander in ein abgeschottetes Tal der Rocky Mountains in Colorado zurück. Von diesem „Utopia der Gier“ aus schauen sie dabei zu, wie die USA durch die Schnorrer und Plünderer zugrunde gewirtschaftet wird. Und die Rolle des Piraten? Er sieht sich als Anti-Robin-Hood. Ihm geht es darum, den Helden ihr Vermögen, das ihnen der Sozialstaat zum Zwecke der Verteilung an die Bedürftigen entzogen hat, wieder zurückzuerstatten. Er überfällt nur Schiffe, die im Staatsauftrag zur Umverteilung von Gütern unterwegs sind.

Leitideen

Grundlage des Werkes bilden die Metaphysik der objektiven Realität, die Absolutsetzung der Vernunft, das Ethos des Eigennutzes und die alleinige Wertschätzung einer Politik des Kapitalismus. Einer der Helden, ein Philosoph, drückt das Motto des Streiks so aus: Wenn Philosophen jene als Denker-Kollegen akzeptieren, für die das Denken nicht existiert, dann sind sie es, die die Vernichtung des Denkens vorantreiben. Es ist eine absolut gültige Prämisse, die Kooperation mit der Antithese zu verbieten und die diesbezügliche Toleranz nicht zu tolerieren. (A basic premise is an absolute that permits no co-operation with its antithesis and tolerates no tolerance.)

Das schreibt die Autorin Ayn Rand (1905-1982) im Kapitel „Atlantis“ ihres in den USA wirkmächtigen Buches „Atlas Shrugged“. Das Buch ist aus dem Jahr 1957, die McCarthy-Ära geht gerade zu Ende. Es zeigt Grundstrukturen des Zusammenlebens holzschnittartig auf. Es ist Schwarz-Weiß-Malerei mit extremer Positionierung.

Trennung der Reiche

Schwarz-Weiß-Malerei kann den Eindruck erwecken, als könne man alles sauber mittels Vernunft klären („Keine Toleranz der Toleranz“) und als gäbe es so etwas wie die Wahrheit. Aber Menschen und deren Zusammenleben gehorchen nur in minimalen Bereichen der Logik und der Mathematik. Die objektive Realität der Ayn Rand ist ja auch nur eine der möglichen Sichtweisen auf die Gesellschaft. Sie ist eine Ideologie, ebenso wie der Kommunismus eine war, gegen den sich Ayn Rand ja richtet.

Dass alles Denken über Natur, Mensch und Gesellschaft sich innerhalb eines einzigen geschlossenen Gedankengebäudes erfassen lässt, ist vormodernes Gedankengut. Es kommt besonders schön in Lukrez´ Lehrgedicht „Über die Natur der Dinge“ zum Ausdruck. Mit dem Ende der Renaissance und nach den Religionskriegen des 17. Jahrhunderts sollte dieses Denken, nach dem Wissenschaft, Moral und Religion einem geschlossenen und stimmigen Reich angehören, ebenfalls ein Ende gefunden haben.

Rufen wir uns wesentliche Stufen dieses Erkenntnisprozesses in Erinnerung: Francis Bacon spricht von den zwei Reichen Wissenschaft und Weisheit (Scientia und Sapientia). Das Gesetz von David Hume besagt, dass nicht vom Sein auf das Sollen geschlossen werden kann und Immanuel Kant unterscheidet drei Reiche: Wissenschaft („Was kann ich wissen?“), Moral („Was soll ich tun?“) und Glückseligkeit („Was darf ich hoffen?“).

Auf den Punkt gebracht hat es Karl Raimund Popper mit seinem Abgrenzungskriterium: Alles Wissen ist prüfbar und grundsätzlich falsifizierbar. In seinen Worten: „Ein empirisch-wissenschaftliches System muss an der Erfahrung scheitern können.“ Grundsätzlich nicht falsifizierbare Aussagen über die Natur sind Glaubenssache und gehören ins Reich der Metaphysik.

Diese Trennung ist für Popper keineswegs mit einer Geringschätzung der Metaphysik verbunden. Sie sagt uns aber, wie wir uns in den verschiedenen Reichen bewegen können, welche „Anstandsregeln“ jeweils gelten.

In der Wissenschaft sind Widersprüche aufzulösen; Gelehrtenstreit ist das Mittel der Wahl; mit Karl Raimund Popper kann man sagen, „die kritische oder vernünftige Methode bestehe darin, dass wir unsere Hypothesen anstelle von uns selbst sterben lassen“ (Über Wolken und Uhren, 1966).

Im Reich des Wissens ist Toleranz keine gute Idee. Da hat Ayn Rand sicherlich Recht. Aber Hoppla! Nicht Recht hat sie, wenn es um Glaubensfragen geht. Dann ist Toleranz angezeigt, Gelassenheit gegenüber der Meinung des anderen, selbst wenn es weh tut, wie Volker Kitz meint.

Der Schmerz lässt nach, wenn man sich vor Augen hält, dass der Pluralismus der Standpunkte und Weltanschauungen fruchtbar ist; er dient der Evolution der Ideen. Die Toleranzregeln des Grundgesetztes (Art. 2 bis 5) sind ein unter viel Leid erworbenes Gut von höchstem Wert.

In jüngerer Zeit vertritt Stephen Jay Gould die Auffassung, dass es beispielsweise zwischen dem katholischen Glauben und der Evolution keinerlei Konflikt gibt. Auch er spricht von den getrennten Reichen, von den Nonoverlapping Magisteria (NOMA). Dabei folgt er im Wesentlichen der Botschaft des Papstes Johannes Paul II, die jener 1996 an die Mitglieder der päpstlichen Akademie der Wissenschaften gerichtet hat.

Grenzüberschreitungen

Auch heute noch wollen viele zurück zu dem einen Reich, in dem alles klar und sauber entscheidbar ist und in dem es Wahrheiten gibt, an die man sich klammern kann. Zwei dieser Trends wurden von der amerikanischen Rechten aufgegriffen: der Atheismus und das Intelligent Design. Diese Trends sind interessanterweise einander entgegengesetzt gerichtet.

Atheismus

Von der atheistischen Strömung war bereits eingangs die Rede: Ayn Rands Atheismus ergibt sich aus ihrer Metaphysik der objektiven Realität. Mit besonderem Eifer vertritt Richard Dawkins einen Neuen Atheismus (The God Delusion, 2006). Ihm geht es vor allem darum, den Agnostiker zu diskreditieren, einen, der sich in Glaubensdingen in Entscheidungsenthaltung übt und der das NOMA-Prinzip bejaht. In seinem Verdammungseifer geht Dawkins von einem sonderbaren Begriff der Wahrscheinlichkeit aus und er wendet das Indifferenzprinzip falsch an.  Im Aufsatz 1654: Ein neues Denken beginnt erläutere ich das.

Eine ähnliche Verwirrung richtet Dawkins an, wenn er sich gegen das NOMA-Prinzip wendet und behauptet, dass auch Gott dem wissenschaftlichen Zugriff auszusetzen sei. Atheismus dieser Ausprägung ist kaum der Rede wert.

Bedrohlicher ist die Grenzüberschreitung in entgegengesetzter Richtung, nämlich das Intelligent Design.

Intelligent Design

Den Grundgedanken der Intelligent-Design-Bewegung drückt Barbara Drossel im Streitgespräch mit Volker Sommer so aus: „Allein dass die Welt rational verstehbar ist, in einer mathematischen Sprache beschrieben werden kann und es Naturgesetze gibt, deutet auf einen rationalen Gesetzgeber hin.“ (Die Daten sprechen eben nicht für sich, SdW 10/2018, S. 70-75)

Die Intelligent-Design-Bwegung vermeidet es, den Schöpfer Gott zu nennen. Anstelle von Schöpfung spricht man auch lieber von Intelligent Design. Dahinter steckt eine Strategie: In den USA sind Staat und Kirche strikt getrennt. Es gibt in den staatlichen Schulen keinen Religionsunterricht. Das ist den Gläubigen ein Dorn im Auge. Um die Schöpfungslehre doch noch an die Schulen zu bringen, muss sie wie Wissenschaft aussehen. Was dabei herauskommt, ist ein Musterbeispiel für Pseudowissenschaft. Das mache ich im Aufsatz Ist das Gute göttlich oder Ergebnis der Evolution deutlich.

In dem Streitgespräch bezweifelt Volker Sommer, dass Fragen für oder gegen die Existenz von übernatürlichen Wesen in einen wissenschaftlichen Diskurs gehören. Und doch beteiligt er sich gerade in diesem Moment selbst an einem wissenschaftlichen Diskurs über derartige Fragen.

Das veranlasste mich zu diesem Leserbrief an das Spektrum der Wissenschaft:

„Intelligent Design ist metaphysisches Gedankengut – nicht prüfbar, statisch. Ein Wissenschaftsmagazin hat seine Pflicht erfüllt, wenn es die wissenschaftliche Unfruchtbarkeit dieses Ansatzes einmal aufgezeigt hat. Das ist durch Daniel C. Dennett im Oktoberheft 2005 in angemessener Weise und im richtigen Kontext geschehen. Ausgangslage war damals der Vorstoß der Intelligent-Design-Bewegung, die Schöpfungslehre als gleichrangig mit der Evolutionslehre in den Unterrichtsplänen der USA-Schulen zu verankern. Dieses beharrlich verfolgte Ansinnen gilt als weitgehend gescheitert.

Nun soll die Intelligent-Design-Bewegung anscheinend revitalisiert werden. Im Oktoberheft von Spektrum der Wissenschaft trägt Barbara Drossel im Streitgespräch die Intelligent-Design-Position vor; im Literaturverzeichnis finden wir ein Buch des ID-Verfechters John Lennox.

Ein solches Streitgespräch ist genau das von der Intelligent-Design-Bewegung gewünschte Format: Es ist zu verstehen als Anerkennung der Gleichrangigkeit dieses Denkens mit dem der modernen Wissenschaft.

Anders als Volker Sommer hat sich der Chemie-Nobelpreisträger Manfred Eigen vor Jahren einer solchen Auseinandersetzung verweigert. Nach einem Gespräch mit ihm und nach Besuch der damaligen Veranstaltung (eine Ringvorlesung der Theologischen Fakultät Fulda zum Thema „Evolution und Schöpfung“, 1989) kann ich nachvollziehen, warum. Volker Sommer versteht sich als Agnostiker. Er hätte es wie Manfred Eigen halten sollen.“

Soweit mein Leserbrief. Von einem Mitglied der Skeptikerbewegung erhalte ich folgenden Einwand: „Ich kann Deine Argumentation gut nachvollziehen, finde es aber andererseits auch wünschenswert, unfruchtbare Ansätze wie die des Intelligent Design immer wieder öffentlich als Irrwege anzuprangern. In diesem Sinn meine ich, darf man Unfug auch als Unfug bezeichnen.“

Aus meiner Erwiderung: „Homöopathie, Wünschelrutengängerei usw. sind Gemeingut. Frage irgendwelche Passanten danach und die meisten werden Dir antworten, dass sie das kennen und viele werden eine Meinung dazu haben. Hier ist Aufklärungsarbeit im Sinne der Skeptikerbewegung wichtig und wirksam.

Anders ist es beim Intelligent Design. Dieses scheint mir in erster Linie „Professorensache“ zu sein: Ich habe einen Anhänger des ID unter meinen Kollegen. Dann weiß ich noch von einem Frankfurter Kollegen, der eine ähnliche Berufsbiographie hat wie ich. Zöller-Greer heißt er und er ist im Professorenforum (http://www.professorenforum.de/) aktiv, einem einschlägig tätigen Kreis. Die meisten Europäer aber werden mit dem Begriff Intelligent Design nichts anfangen können.

Im Falle des Intelligent Design sollten wir den Streisand-Effekt berücksichtigen. Ein balanciertes Streitgespräch von Wissenschaftlern mit diesen Pseudowissenschaftlern in einem seriösen Wissenschaftsmedium halte ich für kontraproduktiv.“

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5 Antworten zu Toleranz

  1. Lutz Grams sagt:

    Ich stimme Dir natürlich zu, dass man in Glaubensfragen tolerant sein sollte. Wenn man unter Glaubensfragen Gott, Atheismus und alles drumherum meint.
    Bei „Gelassenheit gegenüber der Meinung des anderen“ schränke ich für mich ein: einem untoleranten Menschen gegenüber muss ich nicht tolerant sein.

    • Timm Grams sagt:

      In dem Essay wird man nicht alle Facetten eines Themas ansprechen. Deshalb bin ich dankbar, wenn ich nachholen kann, was schmerzlich vermisst wird. Lutz, ich stimme Dir zu: Intoleranz in Glaubensfragen hat keinen Anspruch auf Toleranz.

      In diesem Punkt stellt uns selbst das Christentum – um vom Islamismus gar nicht erst zu reden – auf eine harte Probe. Nehmen wir nur den Missionsbefehl (Matthäus 28, 16-20): „Aber die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte. Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; etliche aber zweifelten. Und Jesus trat zu ihnen, redete mit ihnen und sprach: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

    • Timm Grams sagt:

      Karl Raimund Popper hat in der Anmerkung 4 zum 7. Kapitel in „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ Band 1 (1957) Folgendes geschrieben: „Weniger bekannt ist das Paradox der Toleranz: Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden von Toleranz. Denn wenn wir die unbeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen. – Damit wünsche ich nicht zu sagen, dass wir z.B. intolerante Philosophien auf jeden Fall gewaltsam unterdrücken sollten; solange wir ihnen durch rationale Argumente beikommen können und solange wir sie durch die öffentliche Meinung in Schranken halten können, wäre ihre Unterdrückung sicher höchst unvernünftig. Aber wir sollten für uns das Recht in Anspruch nehmen, sie, wenn nötig, mit Gewalt zu unterdrücken; denn es kann sich leicht herausstellen, dass ihre Vertreter nicht bereit sind, mit uns auf der Ebene rationaler Diskussion zusammenzutreffen, und beginnen, das Argumentieren als solches zu verwerfen; sie können ihren Anhängern verbieten, auf rationale Argumente – die sie ein Täuschungsmanöver nennen – zu hören, und sie werden ihnen vielleicht den Rat geben, Argumente mit Fäusten und Pistolen zu beantworten. Wir sollten daher im Namen der Toleranz das Recht für uns in Anspruch nehmen, die Unduldsamen nicht zu dulden. Wir sollten geltend machen, dass sich jede Bewegung, die die Intoleranz predigt, außerhalb des Gesetzes stellt, und wir sollten eine Aufforderung zur Intoleranz und Verfolgung als ebenso verbrecherisch behandeln wie eine Aufforderung zum Mord, zum Raub oder zur Wiedereinführung des Sklavenhandels.“

  2. ID ist Kreationismus in anderem Gewand. Des weiteren könnte die Zustimmung zum ID größer sein als oben unterstellt.
    Siehe: https://fowid.de/meldung/evolution-und-kreationismus

  3. Frank Stößel sagt:

    Toleranz im Wissenschaftsbetrieb geht nicht und schon gar nicht unter dem Deckmantel von Toleranz z.B. mit dem folgenschweren Satz unseres Physiklehrers bei einem Experiment in der Elektrizitätslehre: „Was nicht stimmt, wird getrimmt.“

    Den Standpunkt, gegenüber Religion und Weltanschauung tolerant zu sein und in der Wissenschaft eben nicht, teile ich, da die Grundannahmen der Religion auf Offenbarungen, Heiligen Schriften, Visionen oder Wundern beruhen. Grenzen der Toleranz gegenüber Religion und Weltanschauung sind dort erreicht, wo Glaubenssätze und Ideologien gegen die Menschenrechte gemäß UN-Charta, Freiheitsrechte laut Grundgesetz oder gegen das internationale Völkerrecht verstoßen.

    Individuell gesetzter Atheismus mit der Feststellung „Ich glaube nicht, dass es Gott gibt.“ oder „Ich brauche für meinen Lebensstil keinen Gott.“ folgt der indifferenten Haltung des Agnostikers, indem man die Existenz oder Nichtexistenz Gottes wegen der jeweiligen Nichtbeweisbarkeit ausblendet. Eine solche Einstellung ist leichter zu tolerieren als die Ablehnung von Religion an sich, weil es ihren Behauptungen an Beweisen mangele. Dogmatischer Atheismus, egal welcher Couleur, vermag ebenso zu verwirren wie dogmatischer Theismus.

    Die früher von Freidenkern und Freigeistern propagierte Intoleranz gegenüber der Intoleranz der Religion ist aus den oben genannten Gründen auf Religion und ihre Anhänger nicht generell anwendbar. Volksverhetzende und rassistische Aussagen und mit ihnen gerechtfertigte Gewalt durch Religion gar noch mit Unterstützung des Staates sind dagegen überhaupt nicht hinnehmbar. Sie unterliegen im Rechtsstaat nationaler und internationaler aber nicht religiöser Rechtsprechung.

    Dieses Prinzip der Trennung von religiöser und staatlicher Rechtsprechung verteidigen wir zu Recht nach den Regeln von Demokratie und Menschenrechten und den Prinzipien von Empathie, Diversität und Pluralismus um der Freiheit der Menschen und der friedlichen Koexistenz willen. Damit das so bleibt, dürfen wir den Dialog der Gegensätze niemals abreißen lassen, weil es auch auf dieser Ebene keine letzten Wahrheiten gibt.

    Leider findet diese Verständigung fast nur unter Religionen in theologisch definierter Ökumene statt. Noch viel zu wenig geschieht im Dialog zwischen den sich in der Gottesfrage widersprechenden Theisten und Atheisten. Dabei bleibt gerade dieser Dialog so wichtig und eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Es lohnt sich nicht, Menschen von einem interreligiösen Dialog auszuschließen, nur weil sie eine Religion oder keine Religion haben oder in eine andere Religion wechseln wollen.

    Christliche Ökumene als interreligiöser Dialog ist noch ein Kinderspiel gegenüber dem viel weiter reichenden Dialog zwischen Religiösen und Säkularen. Doch es gibt Hoffnung für die moralisch gebotene Toleranz gegenüber Religiösen wie Nichtreligiösen innerhalb der oben genannten Grenzen. Erst jüngst hat sich eine Gruppe säkularer Muslime gegründet, die den Spagat zwischen Religion und Aufklärung im Islam wagen wollen. Diese Entwicklung betrachte ich als ein Vorbild auch für andere Religionen, besonders wenn Partnerschaft zwischen Religiösen und Säkularen zum gemeinsamen Handeln in der Bekämpfung von Not und Leid herausgefordert sind. Sind wir nicht alle Brüder und Schwestern im Sinne der UN-Charta der Menschenrechte, und daher zu gegenseitiger Achtung und Hilfe verpflichtet, egal ob wir nun religiös sind oder nicht?

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