MESSEN

 

Wiegen und Messen – Grundlagen des Wirtschaftens

Fragt man in einer fremden Stadt einen Einheimischen nach dem Weg – sagen wir einmal – zum Zoo und danach, wie weit es bis dahin ist, dann bekommt man die sonderbarsten Antworten. Die Leute wissen zwar, wie sie dahin kommen, aber oft haben sie keine Ahnung von der tatsächlichen Lage und von der Entfernung. Das mag daran liegen, dass sie meist mit dem Auto unterwegs sind. Oft werden Entfernungen weit überschätzt. Da ist von einem halbstündigen Fußweg die Rede. Aber tatsächlich ist der Zoo nach zehn Minuten erreicht.

 

Die Intuition führt uns oft in die Irre. Gesunde Skepsis rät zum Zählen und Messen. Und schon sind wir bei der elementaren Mathematik: Dreisatz und Strahlensatz, Prozentrechnung, Satz des Pythagoras, Umformung einfacher Formeln.

 

Messen ist ein Wesensbestandteil der Kultur: Messergebnisse spielen in der alltäglichen und auch in der beruflichen Kommunikation eine zentrale Rolle. Die Beteiligten müssen sich über Maßstab, Technik, Genauigkeit und Darstellung der Messung einig sein – und sie müssen sich aufeinander verlassen können. Die Geschichte des Messens spiegelt den Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse wider.

 

Schon für den Warenaustausch der Steinzeit mussten die Basisgrößen Länge, Masse und Zeit erfasst werden können. Für die Längenmessung bildeten die Körpermaße des Menschen den Maßstab: Daumenbreite, Handbreite, Fuß, Elle (Unterarmlänge) und Klafter (Armspannweite).

 

Die Vereinheitlichung des Messwesens ist Sache des Staats. Im Stadtstaat Athen wurden auf der Akropolis und später im „Eichlokal“ auf der Agora (Marktplatz) Normalmaße aufbewahrt. Das richtige Messen wurde durch Beamte überwacht, die Maße und Gewichte mit sich führten.

 

In der Kaiserzeit entwickelte sich Rom zur größten Handelsmetropole des Mittelmeerraumes. Im Tempel der Juno Moneta (Warnerin/Mahnerin) wurden die genauesten Vergleichsmaße aufbewahrt. Dort befand sich auch die Münzstätte. (Daher „Moneten“ und „monetär“!) Die Provinzen der römischen Herrschaft erhielten Kopien der zentral verwahrten Vergleichsmaße.  So wurde im gesamten Römischen Reich für einheitliche Maße und Gewichte gesorgt. Erst tausend Jahre nach dem Untergang des Römischen Reiches kam es wieder zu einer derartigen Standardisierung.

 

Im Mittelalter erhielten die Städte und auch die Grundherren weitgehende Rechte, über Maße und Gewichte selbst zu bestimmen. Lehnswesen und Marktrechte sorgten so für eine Zersplitterung des Messwesens. Auch der aufblühende Handel der Renaissance-Zeit hat daran offenbar nicht viel geändert: Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde allein im Großherzogtum Baden nach 112 verschiedenen Ellen und 80 verschiedenen Pfundgewichten gemessen. Dazu gab es viele Sondermaße für Holz, Felder, Früchte und Flüssigkeiten.

 

Mit dem Vordringen der Naturwissenschaften verstärkte sich in der Neuzeit der Wunsch, unveränderliche Maße zu schaffen und sie durch naturgesetzliche Zusammenhänge zu begründen. Am 26.3.1791 legt der französische Nationalkonvent die gesetzliche Längeneinheit fest: das Meter – definiert als zehnmillionster Teil eines Erdmeridians zwischen Nordpol und Äquator. In Deutschland sorgte ein Antrag an die Bundesversammlung aus dem Jahre 1860 dafür, dass das metrische System – es umfasst auch Maße für Fläche, Raum und Masse – nacheinander in den Staaten des Deutschen Bundes gesetzlich eingeführt wurde.

 

Seit 1889 tagt regelmäßig eine Generalkonferenz für Maß und Gewicht. Ihr obliegt die Weiterentwicklung der Standards für das Messwesen. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es seit 1969 das Gesetz über Einheiten im Messwesen. Auf dem Gebiet des Messwesens übernimmt die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig – jedem wohl bekannt als Urheber der Signale für unsere Funkuhren – wissenschaftlich-technische Dienstleistungsaufgaben.

 

Aus einem Mathematikwettbewerb

Zum Aufwärmen eignen sich Aufgaben aus dem Känguru-Wettbewerb: AufgabenUndProbleme.pdf.

Gewichte

Wie groß müssen vier Gewichte sein, damit man damit alle ganzzahligen Massen bis 40 kg mit einer Balkenwaage abwiegen kann? Zeigen Sie, dass man mit weniger als vier Gewichten tatsächlich nicht auskommen kann. Verallgemeinern Sie die Aufgabe: Mit n Gewichten sollen lückenlos alle möglichen Massen bis zu einer möglichst großen Obergrenze ausgewogen werden können. (Dieses Problem ist aus Fibonaccis „Buch der Rechenkunst“.)

Wie weit sieht der Astronaut?

Die in Lausanne ansässige Weltluftsportföderation hat den Beginn des Weltalls in einer Höhe von 100 km über der Erde festgelegt. SpaceShipOne ist das erste privat entwickelte und finanzierte Raumschiff, das diese Höhe erreicht hat und wieder sicher gelandet ist (Fuldaer Zeitung vom 22.6.04, Seite 5). Welchen Ausschnitt der Erdoberfläche kann der Astronaut in dieser Höhe überblicken? Schätzen Sie die Entfernung zur Kimm (sichtbarer Horizont).

Stichpunktsammlung zu weiteren Problemen und Aufgaben

Wo liegt eigentlich das Normalnull und wie weit sind wir davon weg? Geodäsie, Triangulation, Nivellement. Wie groß ist der Erdumfang? Wie lässt er sich wenigstens näherungsweise mit einfachen Mitteln bestimmen? Wie lässt sich mit einfachen Mitteln die Entfernung des Mondes von der Erde bestimmen? Wieviel wiegt die Wasserkuppe oberhalb 800 Meter? (Typischer Stein. Dichtebestimmung. Volumenbestimmung mittels topographischer Karte. Massevergleich: Wie lang ist eine Autoschlange gleicher Masse?)

 

Wie breit ist der Fluss?

Sie stehen an der Uferpromenade eines Flusses. Am anderen Flussufer stehen ein paar Weidenbäume. Sie wollen wissen, wie breit der Fluss ist. Sie haben eine Mappe bei sich, in denen sich auch ein paar DIN-A4-Blätter Papier befinden. Was tun Sie, um Ihren Wissensdurst zu stillen?

Die drei Wägungen

Von zwölf Kugeln, die alle genau gleich aussehen, sind elf auch gleich schwer; nur eine hat ein abweichendes Gewicht. Zur Verfügung steht eine Balkenwaage, die nur anzeigt, auf welcher Waagschale das größere Gewicht liegt oder ob Gleichgewicht herrscht. Wie kann man durch höchstens drei Wägungen die besondere Kugel finden und bestimmen, ob sie schwerer oder leichter als jede der anderen ist?

Mathematiker und Physiker

Schade, dass man Winkel konstruktiv nicht dritteln kann“, seufzt der Mathematiker. Der Physiker, der gerade Wagners „Ritt der Walküren“ auf den Plattenteller werfen will, entreißt dem Mathematiker Lineal, Zirkel und Stift. Zusammen mit seiner Lieblingsplatte drittelt er damit einen Winkel, der auf Papier gezeichnet ist. Wie?  (Spektrum der Wissenschaft, Preisrätsel, Juli 1996, S. 133)

 

Exkursion ins Pfunds-Museum Kleinsassen

Im Zentrum der Lektion steht eine Exkursion in das Pfunds-Museum in Kleinsassen. Die Teilnehmer erwartet hier eine ganze Reihe von interessanten Rätseln und Fragen zu den Exponaten. Die Exkursion ist angelegt als Entdeckungsreise in die Geschichte und Politik des Messens und Wiegens.

Links

Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) mit Sitz in Braunschweig und Berlin wurde 1887 als weltweit erstes nationales Metrologieinstitut unter dem Namen Physikalisch-Technische Reichsanstalt (PTR) gegründet. Sie ist eine dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie nachgeordnete, rechtlich nicht selbstständige Bundesoberbehörde.

Literaturhinweise


Timm Grams, 16.08.2010 (letzte Änderung: 28.11.2010)