Umweltsimulation mit Tabellenkalkulation |
Gegenüber der analytischen Behandlung von Systemen hat die Simulation einen entscheidenden Nachteil: Prägnante und aussagekräftige Merkmale von Schwingungen wie die Frequenz, der Dämpfungsfaktor und die sich schließlich einstellende Gleichgewichtslage müssen von Fall zu Fall ausgemessen werden. Die Ermittlung des Zusammenhangs zwischen den Werten der Systemparameter und diesen Merkmalen erfordert umfangreiche Messreihen und wird so zu einem mühsamen Unterfangen.
Simulation machen wir gerade dann, wenn die eleganten analytischen Methoden nicht mehr greifen: bei den sogenannten nichtlinearen Systemen. Das sind Systeme, in deren Systemgleichungen dz/dt = f(z) die Zustandvariablen in den verschiedenen Termen der Funktion f nicht ausschließlich in der ersten Potenz vorkommen, sondern in denen beispielsweise Produkte von Zustandsvariablen und nichtlineare Funktionen derselben erscheinen. Beispiel für ein lineares System ist die einfache Wachstumsgleichung dN/dt=rN. Nichtlinear hingegen ist die Gleichung für begrenztes Wachstum dN/dt=r(1-N/K)N.
Aber auch bei den nichtlinearen Systemen kommen wir - zumindest in Grenzfällen - mit analytischen Methoden weiter, wenn wir dem Systemverhalten gewisse Beschränkungen auferlegen. Das soll für das begrenzte Wachstum einmal durchexerziert werden.
Der Gleichgewichtspunkt ist derjenige Zustand, in dem die Variablen des Systems konstant sind. Für unserer Wachstumsgleichung heißt das, dass die Wachstumsgeschwindigkeit null ist: dN/dt=r(1-N/K)N = 0. Das ist der Fall für N=0 oder für N=K. Der erste Fall ist uninteressant. Wir wollen den zweiten zugrunde legen.
Wir betrachten kleine Abweichungen vom Gleichgewichtspunkt und setzen N(t)=K+n(t) mit einer Funktion n(t), deren Werte wir beschränken - also klein halten - wollen, wenn sich dadurch Vereinfachungsmöglichkeiten ergeben. Der Ansatz wird in die Systemgleichung eingesetzt d(K+n(t))/dt = r(1-(K+n(t))/K)(K+n(t)). Nach ein paar Vereinfachungsschritten und unter der Annahme, dass der Betrag von n(t) wesentlich kleiner als K ist, folgt daraus die näherungsweise gültige Systemgleichung eines linearen Systems: dn(t)/dt = - r n(t).
Das Anfangswertproblem lässt sich mit analytischen Mitteln lösen. Es ist n(t) = (N(0)-K)·e-rt.
Die Anfangssteigung dieser Kurve ist gleich (K-N(0))·r. Die zugehörige Gerade ist in die Grafik des Arbeitsblatts Grenze.xls eingezeichnet.
Übung: Variieren Sie die Anfangswerte des Bestands und überprüfen Sie, inwieweit die eingezeichnete Gerade der Anfangssteigung der Kurve entspricht. Woran liegt es, dass die Gerade in manchen Fällen eine gute, und in anderen eine eher schlechte Annäherung an die Kurventangente ist? Geben Sie auch Anfangswerte vor, die oberhalb der Kapazität K liegen.
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© Timm Grams, 16.10.1999