In der geschichtlichen und religiösen Entwicklung Fuldas spielte der
Benediktinermönch Bonifatius eine entscheidende Rolle. Durch die auf ihn
zurückzuführende Gründung des Benediktinerklosters war die Entstehung der
Stadt Fulda erst möglich. Daher ist es auch nicht verwunderlich, daß man
auf dem heutigen Stadtgelände viele Darstellungen des Heiligen findet.
Neben der hier gezeigten Darstellungen, befinden sich noch zwei weitere
nennenswerte Skulpturen des Heiligen im Innenstadtgebiet: eine
Bronzestatur auf dem Bonifatiusplatz und eine Sandsteinplastik auf
dem Borgiasplatz.
Bonifatius wird heute noch als führender
Heiliger Fuldas bezeichnet. Bonifatius, der um 675 in der Grafschaft
Wessex geboren wurde, trat schon in jungen Jahren dem Benediktinerorden
bei und wurde auf eine Tätigkeit als Missionar vorbereitet. Nach dem
Scheitern der ersten Missionsversuche im damaligen Friesland erhielt
Bonifatius 719 den offiziellen Auftrag zur Mission im damaligen Reich
durch Papst Gregor II. Er widmete sein ganzes Leben der
Missionarstätigkeit und unternahm viele Reisen, um Heiden zum Christentum
zu bekehren. Nach seinem Martyrium in Friesland wurde er am 9 Juli 754 in
Fulda beigesetzt. Durch dieses Ereignis wurde Fulda schnell zum Zentrum
der Bonifatiusverehrung, die bis heute existiert. Ein Beispiel hierfür ist
z. B. die jährlich stattfindende Bischofskonferenz, in der sich die
Bischöfe regelmäßig um das Grab Bonifatius versammeln.
Während meiner
Recherche habe ich festgestellt, daß Bonifatius eine Vorbildfunktion
ausübt, die sich während der Jahrhunderte seiner Verehrung gewandelt hat.
Zu Beginn des 9. Jahrhunderts war Bonifatius für die damaligen
Benediktinermönche kein Vorbild in Bezug auf seine Missionarstätigkeit und
sein Sterben für den Glauben, sondern war ein Beispiel für einen
vorbildlichen Mönch. Erst zu Zeiten des Abtes Rhabanus Maurus entwickelte
sich eine Vorbildfunktion in Hinblick auf seine Missionarstätigkeit.(1)
Die Vorbildfunktion Bonifatius für die normale, nicht im Kloster lebende
Bevölkerung setzte fast zeitgleich mit der Beisetzung in Fulda ein. In der
Bevölkerung wurde er als Vorbild für die Ausübung und Verteidigung des
christlichen Glaubens angesehen. Er war ein hervorragendes Beispiel für
ein gläubiges Leben, daß ganz Gott gewidmet war. Der Höhepunkt dieses
Lebens fand mit seinem Tode statt, "denn seit frühchristlicher Zeit galt
deren Sterben (Anmerkung: das Sterben der Heiligen) als engste Vereinigung
mit Christus, Mitvollzug nicht nur seiner vollkommenen Liebe, sondern auch
seines gewaltsamen Kreuztodes"(2).Jeder christliche Mensch sollte das
Leben des Bonifatius als Beispiel nehmen und wie er streng nach den
Richtlinien der Religion leben. Es war erstrebenswert, den Glauben zu
verteidigen, wenn nötig auch mit dem Tod. Aus diesem Grund wird Bonifatius
auf dem meisten Darstellungen mit einem von einem Dolche durchstoßenen
Buch in der einen Hand als Symbol für seinen Märtyrertod und seinem
Bischofsststab, als Zeichen seiner religiösen Tätigkeit, in der anderen
gezeigt. Auch sieht man ihn mit Buch und Kreuz als Symbole des Glaubens.
- Petra Kehl, "Heiligenverehrung in der Reichsabtei Fulda", Fulda in seiner Geschichte - Landschaft, Reichsabtei, Stadt, Hrsg. Heinemeyer und Jäger, (Fulda: Parzeller, 1995), S. 187
- Lutz E. v. Padberg, "Fidelis intercessor in caelessti Hierusalem - Formen und Funktionen der Bonifatiusverehrung",Fuldaer Geschichtsblätter, Jahrgang 70, (Fulda: Rindt Druck, 1994), S. 53