Donald Trumps Bescheidenheit

Donald Trump war schon für manche Überraschung gut. Seine Herumtrollerei kann man für dämlich halten, aber man kann auch einen tieferen Sinn dahinter sehen. Ich neige zu letzterem.

Mich irritiert seit geraumer Zeit der Riss in der Trump-Administration. Auf der einen Seite haben wir den erklärten Gegner der Globalisierung: Donald Trump. Wenn man diesen Hintergrund sieht, wirkt seine Zollpolitik gar nicht mehr so verrückt. Auch JD Vance wandte sich vehement gegen Globalisierung und Zuwanderung.

Auf der anderen Seite stehen die Tech-Bros, allen voran Elon Musk und wirkmächtig im Hintergrund Peter Thiel. Deren Welt ist räumlich und zeitlich grenzenlos. Ausdruck findet das im Mars-Projekt und der Vorstellung von einer Flutung des Alls mit menschlicher Intelligenz (Longtermism).

Donald Trumps Zölle – hoch, runter, hin, her – haben eine Wirkung, und die dürfte durchaus beabsichtigt sein: Sie wirken der Globalisierung entgegen und damit auch dem Wachstum. Dafür gibt es eine neue Vokabel: Degrowth.

Diese Idee ist eigentlich schon ziemlich alt. In den 70er Jahren sprach man von den Grenzen des Wachstums, und die Devise war »Small is Beautiful«. So gesehen sind die heutigen Gegner von links und rechts im Grunde Brüder im Geiste.

Das Tolle daran ist, dass sich die neue Bescheidenheit als Schutz der Werktätigen vor transnationaler Räuberei verkaufen lässt. Die Umweltschützer von damals und die Grünen von heute haben es mit Bevormundung versucht. Damit waren sie ziemlich erfolglos. Realpolitik lässt sich besser verkaufen als Ideale und Vorschriften.

Trump erklärt seine Zollpolitik anhand von Puppen. Watson berichtet:

So sagte Trump kürzlich gegenüber NBC News:
»Ich glaube nicht, dass ein hübsches kleines Mädchen, das 11 Jahre alt ist, 30 Puppen braucht. Ich denke, sie können drei oder vier Puppen haben.«
Was Trump meint, stellt er im selben Atemzug auch klar: Der Zollkrieg gegen China sei es wert, dass es weniger Puppen in den USA gibt. Die Aussage ist nur ein Beispiel von vielen, in denen Trump und seine Regierungskolleg:innen Puppenmangel als Rechtfertigung für ihre China-Zölle nutzen.

So gesehen sind die Fortschrittsapologeten vom Schlage Elon Musks nicht die natürlichen Verbündeten von Donald Trump.

Da schießt mir eine ganz verrückte Idee in den Kopf. Donald Trump ist ein Meister des Um-die-Ecke-Denkens. Das hat er beispielsweise beim Bau des Trump-Towers bewiesen. Dieser sollte nach seinem Plänen weit höher sein, als die vom Bebauungsplan zugestandene Geschosszahl erlaubt hätte. Vorsorglich erwarb er das weniger beschränkte Nachbargrundstück (Tiffany). Ich glaube, die folgende Passage ist für das Denken des Donald Trump charakteristisch:

I knew this was a tough sell, so I tried to find ways to make the deal sound more attractive. I suggested, for example, that I would build above his store, and that he could keep it open during construction. That’s not really feasible, but the point was that I would have done almost anything to get that piece of property.

(Trump: The art of the deal, 1987, p. 146)

Ich stelle mir vor, dass Trump den wegen seines Geldes äußerst mächtigen Elon Musk dadurch aus dem Rennen geworfen hat, dass er ihm mit DOGE eine zum Scheitern verurteilte Unternehmung anvertraute. Musk durfte sich mit Kettensäge und Rumgehopse vor aller Welt lächerlich machen, ein genialer Schachzug Trumps, wenn man bedenkt, dass es einen genialen und unternehmerisch äußerst erfolgreichen Mann trifft.

Ich denke, dass Donald Trump gar nicht so ungern als oberflächlicher Showman angesehen wird. Dadurch wird er leicht unterschätzt, und das kommt ihm zugute. Vielleicht aber ist sein Auftreten tatsächlich nur Herumtrollerei, wer weiß das schon?

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5 Antworten zu Donald Trumps Bescheidenheit

  1. Frank Stößel sagt:

    DT ist für Überraschungen gut. Sein undiplomatisches Gehopse mit „Zölle rauf und runter“, um mit Deals Druck auszuüben scheint mehr zu bringen, als mit Geheimdiensten und Waffengewalt nicht genehme Regime zu stürzen. Auch die EU mit seiner Spielerei zu eigener Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu drängen, mag aufgehen. Doch im Nahen Osten greift sein Spiel nicht, auch nicht in der Ukraine mit diesem Deal: Russland zerstört das Land und MAGA baut es gegen Entgelt von der Ukraine wieder auf? Seine „Herumtollerei“ zeigt offensichtlich kaum nennenswerte Effekte. Insofern wirkt das Theater zynisch, weil es dem antiken Motto des Heraklit folgt, der Krieg sei Vater aller Dinge, denn am Ende baue man doch für alle Gewinn bringend wieder auf. Ob DT dabei nicht die Kräfte von Rache, Hass und Vergeltung vollkommen unterschätzt?

  2. Realo sagt:

    Ich vermute, D. Trump ist eine gewisse „Entartung“ der Globalisierung und Zuwanderung zu Lasten Amerikas aufgefallen. Beides war ursprünglich vorteilhaft.

    Zuwanderer hatten früher kaum private persönliche Kontakte, haben sich mit Elan, auch in der Freizeit, auf ihre Arbeit gestürzt und wurden recht erfolgreich. Auch der Handel wurde zu einer Win Win Situation.

    Amerika wurde eher zu einem „Hochlohnland“ und bekam beim Export Absatzprobleme. Die Importeure wurden erfolgreicher, Werkbänke ausgelagert. Viele produktive Arbeitsplätze gingen verloren, andererseits, in nicht wirklich produktiven Bereichen, entstanden neue Arbeitsplätze.
    Z.B. im „parasitären Zwischenhandel“, der „Anlageberatung“, in nationalen oder internationalen „Hilfsorganisationen“, oder auch in eher nicht sehr „ertragreicher Forschung“ entstanden „Arbeitsplätze“, die jetzt die Gesellschaft mit immer mehr Schulden belasten….

    Zuwanderer brauchen Wohnraum, verbunden mit immer höheren Immobilienpreisen, brauchen aufwändige soziale und rechtliche Betreuung und bereiten Probleme, z.B. Drogenhandel….. sind immer weniger produktiv.

    Die geschäftstüchtigen Amerikaner haben alles was im Zusammenhang mit Globalisierung und Zuwanderung möglich ist, „ausgenutzt“, die Folgen sind offensichtlich und Trump versucht mit seinen Leuten, eigentlich recht kreativ, die Probleme zu beheben…..

    Wegen seiner rationalen Sicht, nicht nur das drohende „Wirtschaftschaos“, sondern auch noch einen drohenden Weltkrieg abzuwenden, imponiert er mir sehr. Auch hat er sich gegenüber den „traditionellen Medien“, die „eigentlichen Machthaber“ von Amerika, durchgesetzt.

  3. Timm Grams sagt:

    @ Frank

    Lese gerade Mike Allens White-collar bloodbath. KI könnte die Hälfte aller Einstiegsjobs für Angestellte vernichten und die Arbeitslosigkeit in den nächsten ein bis fünf Jahren auf 10 bis 20 % ansteigen lassen. Das »Blutbad« wird als Folge der zunehmenden Nutzung der künstlichen Intelligenz gesehen. Das wird wohl das große Thema der nächsten Jahre.

    Die Degrowth-Strategie und Trumps Zollpolitik wirken dem entgegen: Die materielle Fertigung und die Instandhaltung im eigenen Land werden wieder wichtig. Das macht die Güter teuer und die Arbeit lohnend. Das Handwerk wird wieder Mode. Elon Musk & Co. können das nicht gut finden.

    Dazu passt dieser Notruf aus der Wissenschaft von Sabine Hossenfelder: »Publish or Perish – Now with AI Slop« (YouTube 27.5.2025)

  4. Pablo sagt:

    Was war an DOGE so schlecht? Anscheinend wurde viel Geld eingesparrt. Was war/ist so schlimm oder lächerlich daran?

  5. Timm Grams sagt:

    @ Pablo

    Jessica Riedl, Expertin für Wirtschaftspolitik beim konservativen Think-Tank Manhattan Institute:

    Trump took office, and DOGE began its very real stampede through the government. As an effort to meaningfully reduce federal spending, however, DOGE remains wholly unserious.
    Musk initially promised that he would eliminate $2 trillion of the $7 trillion federal budget, before scaling back his ambitions to $1 trillion, and then $150 billion. Even that revised target is highly improbable[…] verified budget savings stood at just $2 billion.

    The Atlantic, May 8th, 2025

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