Satiriker – Hände weg von KI!

Die Simulationen sind heute so gut, dass wir sie von der Realität nicht mehr unterscheiden können.

Elon Musk

Sinan hat in satirischer Absicht Bilder von der KI erzeugen lassen. Eins davon betraf die AfD und zeigte ein Symbol, für das Sinan ins Fadenkreuz des Staatsschutzes geriet. In Sinans Woche berichtet uns Sinan Kurtulus von dieser unglaublichen Affäre.

»Unglaublich«? Hier stocke ich.

Auch ich als Blogger schaffe es kaum, die Kommentare, die mit KI-Hilfe entstanden sind, richtig einzuschätzen. Deshalb verbitte ich mir solche Texte. Mit einem der Hoppla!-Kommentatoren hatte ich deswegen einen ordentlichen Krach.

Ich fürchte, auch für eine Staatsanwaltschaft ist es schwer, den KI-Brei von der aufrichtigen Meinungsäußerung einer Person zu trennen. Dieser Punkt fehlt in der ansonsten erhellenden Darstellung Sinans.

Mein Rat: Hände weg von KI! Vor allem bei öffentlichen Meinungsäußerungen und Satire.

 

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Systemsturz von rechts, von links oder selbstgemacht

Unsere Welt wird zunehmend unordentlich. Sie ist, wenn wir nichts dagegen tun, dem Untergang geweiht. Dieser Eindruck beruht auf Fakten und auf medieninduzierter Panikmache.

Rechts und links

Die Rechten sehen unsere Kultur durch die Migration bedroht. Bei den Linken ist es der menschengemachte Klimawandel, der die gesamte Menschheit auslöschen wird.

Beide Seiten geben dem System die Schuld und entwickeln ihre jeweils eigenen Umsturzfantasien. Die eine Seite spricht von »Regime Change«, die andere von »Systemsturz«.

Der Regimewechsel von rechts war bereits mein Thema: Die Neue Rechte wird grundsätzlich – und irrt herum. Meine derzeit aufrechterhaltene Schlussfolgerung ist, dass dieser Umsturz ausfallen wird, weil sich die Probleme mit rechtsstaatlichen Mitteln im Rahmen unserer Demokratie nahezu schmerzfrei lösen lassen. Was Donald Trump in den USA zelebriert, sieht nicht nach Umsturz aus, sondern nach Einsturz.

Die Grenzen des Wachstums

Die andere Seite widmet sich Problemen, die wesentlich tiefer liegen und die schmerzfrei nicht zu bewältigen sein werden. Sichtbar gemacht wurde der Konflikt 1972 mit »Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit« (The Limits to Growth).

Die seinerzeit voll aufblühende Kritik an diesem Buch hat aus meiner Sicht nie den Kern getroffen. Sagen die Autoren doch selbst:

The model we have constructed is, like every other model, imperfect, oversimplified, and unfinished.

Besonders berührt hat mich damals das Buch Ein Planet wird geplündert von Herbert Gruhl. Der darin propagierte Lösungsansatz »weniger ist mehr« erschien mir jedoch als zu autoritär: Als Trümpfe im weltweiten Spiel gelten militärische Macht, Bevölkerungsplanung, Bedürfnislosigkeit und Leidensfähigkeit.

Meine Sympathie galt damals dem Small is Beautiful, das Ernst Friedrich Schumacher 1973 propagierte. Der Gedanke hat mich seither nicht verlassen, wie man vielen meiner Artikel ansieht (Stichwort: »Fortschrittsapologeten«).

Systemsturz von links

Das Buch »Systemsturz: Der Sieg der Natur über den Kapitalismus« von Kohei Saito ist Ende letzten Jahres erschienen. Es scheint an mein »Glaubensbekenntnis« anzuschließen und ist Anlass, dieses zu überprüfen. (Die folgenden Seitenangaben in runden Klammern beziehen sich auf dieses Buch.)

Orthodoxe Marxisten kritisieren das von Kohei Saito angepriesene Ideal, den Degrowth-Kommunismus:

Der Glaube an die Unveränderlichkeit von Grenzen – sei es der Grenzen von Bevölkerungsentwicklung oder Grenzen der nutzbaren Ressourcen – verkennt […] die Lebensrealität der Menschen […] Wissenschaft und Technologie, in Kombination mit Egalitarismus (oder wie es der Marxist Hal Draper Mitte des Jahrhunderts ausdrückte: »Prometheus plus Spartakus«), ermöglichen es uns […], diese Grenzen zu überwinden.

Die Zukunftsvision dieser orthodoxen Marxisten ist der ihrer politischen Gegenspieler verblüffend ähnlich. Sie erinnert an die neo-liberalen Beschwichtigungen und Ausflüchte in die Zukunft (Carbon Capture) und in ferne Räume (Musks Mars-Projekt und Longtermismus).

Utopia

Die fundamentalmarxistische Kritik an Saitos Buch halte ich nicht für stichhaltig. Ich wende mich nun den Stellen in Saitos Buch zu, in denen es um die Auswege aus der Krise geht. Da sehe ich Lücken und Widersprüche.

Saito betrachtet die vier Zukunftsalternativen des folgenden Bildes (S. 209).

Klimafaschismus: Die Superreichen sind vom Klimawandel weniger betroffen als andere. Er bietet ihnen sogar neue Möglichkeiten der Geschäftemacherei. Der Staat schützt die Interessen dieser privilegierten Schicht.

Barbarei: Durch die Rebellion der Massen kollabiert die Staatsgewalt, die Welt versinkt im Chaos.

Klima-Maoismus: Eine zentralistische Diktatur setzt effektive und egalitäre Klimaschutzmaßnahmen durch (S. 87).

Und schließlich die von Saito bevorzugte Lösung

Degrowth-Kommunismus: Überwindung des Kapitalismus; Gleichheit und Nachhaltigkeit sorgen für Überfluss statt Knappheit.

Hier fängt es an, nach Agitation und Propaganda zu klingen. Diese Art leninscher Agitprop war das unangenehme Zeug in meiner Kindheit in der DDR.

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Mit der Moderne kam die Gier

Die Gier kam nicht erst mit der Moderne, mit der Industrialisierung, in die Welt. Sie war schon immer menschlich. Wohlgelitten war sie nicht. In den letzten 200 Jahren wurde sie popularisiert, auf die Spitze getrieben und letztendlich ziemlich schamlos zur Schau gestellt. Sichtbar wird das mit Larry Page, Elon Musk, Peter Thiel und weiteren kalifornischen Multimilliardären. »Die Utopie der Gier« (Ayn Rand) ist nahe.

Das Aufbrechen der Ordnung, in der ein jeder seine Platz hat und sich damit bescheidet, lässt sich grob mit der Erfindung des Buchdrucks datieren: 1451. Die Neuzeit beginnt und die Gier wird mit der »Eroberung des Paradieses« 1492 weltbewegend. Gier und Vorsehung genanntes Sendungsbewusstsein (Manifest Destiny) sind die formenden Kräfte Nordamerikas.

Gier zieht

John Locke hatte eine moderne Vorstellung davon, wie Eigentum entsteht. Eigentum wird vom Grundgesetz geschützt: Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet (Art 14  GG).

Man kann den Freiheitsbegriff für die grundlegende Errungenschaft der Aufklärung halten. Es ist eine starke Idee, die bei uns im Westen die Macht des Staates einschränkt und dem Schutz des Bürgers dient. Die Reichweite des Freiheitsbegriff ist auf die Verfassung eines Volkes beschränkt. Für bedeutender halte ich die materielle Basis, den Eigentumsbegriff. Eigentumsverhältnisse und -ansprüche, nicht etwa die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, bilden das Gewebe für die Beziehungen zwischen den Völkern.

Gier ist auf dem Meinungsmarkt nicht verkäuflich, Freiheit dagegen schon. Der Slogan »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« benennt die Ideale der Aufklärung. Wir sind gefordert, dahinter die kollektiv konstruierte Realität auszumachen.

In den Literaturhinweisen habe ich einige der mir wichtigen Bücher (und eine Fernsehserie) zum Verhältnis von Schein und Sein zusammengestellt.

Moderne

Damit kommen wir zur von Shoshana Zuboff so genannten Moderne. (Seitenzahlen in runden Klammern beziehen sich auf ihr Buch The Age of Surveillance Capitalism von 2019.) Sie schreibt, dass die erste Moderne den Zeitpunkt markiere, als sich das Leben vieler Menschen individualisierte, indem es sich von traditionellen Normen, Sinngebungen und Regeln löste (S. 33).

Arbeitsteilung, Serienfertigung und Massenproduktion machen vielen vieles erschwinglich: Autos Waschmaschinen, Kühlschränke. Neue Freiheitsräume werden sichtbar. Gier wird gesellschaftsfähig. Andererseits: Das T-Modell von Ford hat vermutlich mehr zur Emanzipation der Frauen beigetragen als irgendwelche feierlich vorgetragenen Erklärungen zur Gleichberechtigung.

Die technische Basis

Das Internet und die Suchmaschinen sind die materielle Basis dessen, was Shoshana Zuboff die zweite Moderne nennt. Von zentrale Bedeutung ist das Ranking von Suchergebnissen. Es verlangt die Bewertung der Relevanz von Informationsangeboten bezogen auf die Benutzeranfrage.

Im World Wide Web gibt es viele Milliarden Web-Seiten. Suchmaschinen wie Google sind die Navigationsgeräte in diesem riesigen Informationsangebot. Sie legen fest, in welcher Reihenfolge die Suchergebnisse in der Ergebnisliste
erscheinen.

Je weiter oben eine Seite erscheint, umso eher wird sie vom Adressaten auch tatsächlich wahrgenommen. Jeder Anbieter von Werbung ist darauf erpicht, eine möglichst gute Bewertung seiner Seiten durch die Suchmaschine zu bekommen.

Die Bewertungsverfahren sind sehr komplex. Die Suchmaschinenbetreiber tun gut daran, sie nicht im Detail bekannt zu geben. Informationsanbieter können nämlich die Eigenheiten der Berechnungsverfahren ausnutzen, um so mittels Search Engine Optimization (SEO) eine möglichst hohe Bewertung zu bekommen. Es wird also – anders als der Name sagt – nicht die Suchmaschine optimiert, sondern die Webpage.

Überwachungskapitalismus

Die Erfolgsgeschichte von Google beginnt mit dem von Larry Page
entwickelten PageRank-Algorithmus (1997), der einzig die Vernetzung der Webpages in Rechnung stellt und vom Verhalten der Nutzer und deren Vorlieben nichts wissen will.

Ziel war die Verbesserung der Suchergebnisse für den Nutzer. Geld wurde durch die Lizenzierung von Dienstleistungen an Portale wie Yahoo! verdient. Google war der Goldstandard des Gewerbes.

Nach der Jahrtausendwende kam der Richtungswechsel. Der Blick richtete sich auf das im Datenmeer verborgene Benutzerverhalten – ein Schatz, der gehoben werden wollte. Die Gier sorgte dafür, dass dies dann auch geschah, und zwar unter konsequenter Geringschätzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.

Kein Grund zur Klage? Niemand wird gezwungen mitzumachen. Ja, aber die Abstinenz hat einen hohen Preis. Sie geht gegen die menschliche Natur: Erst einmal angebissen, ist der Apfel unwiderstehlich (S. 341).

Heute gibt es AdWords, das die Wünsche des Webseitenanbieters berücksichtigt und das sich gute Platzierungen bezahlen lässt (Targeted Advertising). Die Platzierung, bezogen auf Schlüsselwörter der Anfrage, wird durch eine Art Auktion festgelegt. Abgerechnet wird nach Anzahl der Klicks auf die Seite (S. 76).

Viele Klicks senken die Kosten je Klick (S. 83 ff.) . Das scheint dem Profitinteresse von Google zuwiderzulaufen. Andererseits aber soll das Google‐System Leute anziehen und bei der Stange halten; genau das gelingt mit Seiten mit hohen Klickzahlen. Deshalb wird sich ein Seitenanbieter bemühen, seine Seite besonders attraktiv zu gestalten. Das zahlt sich dann für ihn und für AdWords aus.

Und so kommt das Benutzerverhalten ins Spiel: Je besser ein Seiteninhalt zum prognostizierten Benutzerverhalten passt, umso besser wird die Seite platziert. Das sorgt für mehr Klicks und verbessert den Profit für AdWords und den Seitenanbieter.

Totalitarismus

Der Überwachungskapitalismus ist eine neue Wirtschaftsordnung, die menschliche Erfahrung als kostenlosen Rohstoff für versteckte kommerzielle Praktiken der Ausbeutung, Vorhersage und des Verkaufs beansprucht. Resultat ist eine beispiellose Konzentration von Reichtum, Wissen und Macht. Das Volk wird seiner Souveränität und wichtiger Menschenrechte beraubt.

Damit entsteht die Vorstellung eines unkorrigierbaren totalitären Staates als Träger ewiger Wahrheiten. Für Larry Page sind die totalistischen Ambitionen von Google eine logische Konsequenz des Engagements für die Perfektionierung der Gesellschaft (S. 401).

Die Idee ist in der Geschichte schon mehrfach gescheitert. Es gibt keinen Grund für die Vermutung, dass das diesmal anders sein wird.

Literaturhinweise

Phineas Taylor (PT) Barnum: The True Life of the World’s Greatest Showman. 1888

Edward Bernays: Propaganda. 1928

Gustave Le Bon: Psychologie der Massen. 1895/2009

George Orwell: 1984. 1948

Ayn Rand: Atlas Shrugged. 1957

Shoshana Zuboff: The Age of Surveillance Capitalism: The Fight for a Human Future at the New Frontier of Power. 2019

Mad Men. Fernsehserie 2007 – 2015

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Donald Trumps Bescheidenheit

Donald Trump war schon für manche Überraschung gut. Seine Herumtrollerei kann man für dämlich halten, aber man kann auch einen tieferen Sinn dahinter sehen. Ich neige zu letzterem.

Mich irritiert seit geraumer Zeit der Riss in der Trump-Administration. Auf der einen Seite haben wir den erklärten Gegner der Globalisierung: Donald Trump. Wenn man diesen Hintergrund sieht, wirkt seine Zollpolitik gar nicht mehr so verrückt. Auch JD Vance wandte sich vehement gegen Globalisierung und Zuwanderung.

Auf der anderen Seite stehen die Tech-Bros, allen voran Elon Musk und wirkmächtig im Hintergrund Peter Thiel. Deren Welt ist räumlich und zeitlich grenzenlos. Ausdruck findet das im Mars-Projekt und der Vorstellung von einer Flutung des Alls mit menschlicher Intelligenz (Longtermism).

Donald Trumps Zölle – hoch, runter, hin, her – haben eine Wirkung, und die dürfte durchaus beabsichtigt sein: Sie wirken der Globalisierung entgegen und damit auch dem Wachstum. Dafür gibt es eine neue Vokabel: Degrowth.

Diese Idee ist eigentlich schon ziemlich alt. In den 70er Jahren sprach man von den Grenzen des Wachstums, und die Devise war »Small is Beautiful«. So gesehen sind die heutigen Gegner von links und rechts im Grunde Brüder im Geiste.

Das Tolle daran ist, dass sich die neue Bescheidenheit als Schutz der Werktätigen vor transnationaler Räuberei verkaufen lässt. Die Umweltschützer von damals und die Grünen von heute haben es mit Bevormundung versucht. Damit waren sie ziemlich erfolglos. Realpolitik lässt sich besser verkaufen als Ideale und Vorschriften.

Trump erklärt seine Zollpolitik anhand von Puppen. Watson berichtet:

So sagte Trump kürzlich gegenüber NBC News:
»Ich glaube nicht, dass ein hübsches kleines Mädchen, das 11 Jahre alt ist, 30 Puppen braucht. Ich denke, sie können drei oder vier Puppen haben.«
Was Trump meint, stellt er im selben Atemzug auch klar: Der Zollkrieg gegen China sei es wert, dass es weniger Puppen in den USA gibt. Die Aussage ist nur ein Beispiel von vielen, in denen Trump und seine Regierungskolleg:innen Puppenmangel als Rechtfertigung für ihre China-Zölle nutzen.

So gesehen sind die Fortschrittsapologeten vom Schlage Elon Musks nicht die natürlichen Verbündeten von Donald Trump.

Da schießt mir eine ganz verrückte Idee in den Kopf. Donald Trump ist ein Meister des Um-die-Ecke-Denkens. Das hat er beispielsweise beim Bau des Trump-Towers bewiesen. Dieser sollte nach seinem Plänen weit höher sein, als die vom Bebauungsplan zugestandene Geschosszahl erlaubt hätte. Vorsorglich erwarb er das weniger beschränkte Nachbargrundstück (Tiffany). Ich glaube, die folgende Passage ist für das Denken des Donald Trump charakteristisch:

I knew this was a tough sell, so I tried to find ways to make the deal sound more attractive. I suggested, for example, that I would build above his store, and that he could keep it open during construction. That’s not really feasible, but the point was that I would have done almost anything to get that piece of property.

(Trump: The art of the deal, 1987, p. 146)

Ich stelle mir vor, dass Trump den wegen seines Geldes äußerst mächtigen Elon Musk dadurch aus dem Rennen geworfen hat, dass er ihm mit DOGE eine zum Scheitern verurteilte Unternehmung anvertraute. Musk durfte sich mit Kettensäge und Rumgehopse vor aller Welt lächerlich machen, ein genialer Schachzug Trumps, wenn man bedenkt, dass es einen genialen und unternehmerisch äußerst erfolgreichen Mann trifft.

Ich denke, dass Donald Trump gar nicht so ungern als oberflächlicher Showman angesehen wird. Dadurch wird er leicht unterschätzt, und das kommt ihm zugute. Vielleicht aber ist sein Auftreten tatsächlich nur Herumtrollerei, wer weiß das schon?

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Zehntes Intermezzo: Wer hat den Zufall gemacht?

Die Volksverführer und Meinungskneter haben es leicht. Sie gehen zurecht von der Prämisse aus, dass jeder Mensch an etwas glauben will – etwas, das seine Unsicherheiten und Ängste zu lindern verspricht. Das leisten beispielsweise die Verheißungen der Bibel, die des Corpus Hermeticum und die der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR).

Glaubensfragen

Der Agnostiker tut sich mit dem Glauben etwas schwerer. Mit den Gläubigen aller Sorten kommt er wohl zurande. Schwierigkeiten hat er nur mit den Leuten, die andere Leute herabwürdigen, weil diese einem Glauben anhängen. Dabei sind auch sie selbst Gläubige. Solche Leute habe ich unter den sich selbst so bezeichnenden »Skeptikern« und »Humanisten« gefunden. Diese Zeitgenossen meinen, dass ihr »Realismus« ohne Glauben zu haben sei.

Voll überbordender Selbstgewissheit spricht der Humanist von der

Darwinschen Kränkung, entstanden aus dem Wissen, dass der Mensch als ein bloß zufälliges Produkt der natürlichen Evolution begriffen […] werden muss. […] Keine der bestehenden Religionen ist mit den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung noch in Einklang zu bringen!

Quelle: Michael Schmidt-Salomon, Manifest des evolutionären Humanismus, 2006, S. 10 und 13.

Das Glaubensbekenntnis der Atheisten hebt sich nicht von den Glaubensbekenntnissen anderer Weltanschauungen ab.

Überheblichkeit

Dennoch: Man glaubt die Wissenschaft auf seiner Seite. Das verleitet zu einer überheblichen Haltung, von der hier in Hoppla!-Blog schon mehrfach die Rede war.

Kürzlich greift eine Humanistin zu schwerem rhetorischen Geschütz, zur Paralipse:

Natürlich ist es in einem demokratischen Rechtsstaat, der allen Bürgern/innen Religionsfreiheit (und somit auch die Freiheit von Religion) zusichert, erlaubt, derartige Glaubensinhalte für sich als maßgeblich zu definieren. Auch wenn wir geradezu in Versuchung geraten, so vermeiden wir absichtlich das Wort „hirnlos“ in diesem Zusammenhang.

Die Glaubensbasis dieser Leute ist nicht weniger metaphysisch als die der gläubigen Christen, der Moslems und der Esoteriker. Für Überheblichkeit gibt es keine Veranlassung.

Was ist Zufall?

Der Zufall scheint bei der vermeintlichen Entthronung Gottes durch den Darwinismus die entscheidende Rolle zu spielen. Aber kann er das überhaupt? Ich denke: nein.

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Chaos wird zur Regel

Den Schrotthaufen Internet fand ich bisher ganz lustig. Es gelang mir, Abstand zu halten. Seit der 100-Tage-Rede von Donald Trump in Michigan am 29.4.25 wird mir aber angst und bang. Ich bekomme das Gefühl, in eine Jauchegrube hineingezogen zu werden.

Oh ja. Propaganda gibt es schon lange. Sie wurde in den USA verfeinert und zur öffentlichen Sache gemacht. Der Aufgeweckte lernte, sie zu durchschauen. Was neu ist: Das Rabaukentum des Internets. Es prägt inzwischen die gesamte Nachrichtenwelt.

Wir schauen das an und fragen dann, wie wir uns helfen können. Beginnen wir mit dem allgegenwärtigen Bullshit.

Bullshit

Mit dem Buch gleichen Titels habe ich mich im Artikel Kontrastbetonung beschäftigt und bin dabei auf ein Paradoxon gestoßen: Für den Autor Harry Frankfurt  existiert eine objektive Realität, derzufolge man die Wahrheit erkennen und folglich Bullshit entlarven kann. Für mich ist das Bullshit.

Wir befinden uns in der Lage des Barons von Münchhausen, der sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zieht. Freilich geht das nicht. Möglicherweise liegen aber ein paar mehr oder weniger brüchige Ästchen herum, die etwas Halt bieten.

Beutelschneiderei

Wer sich unvorsichtig im Internet bewegt, der wird sehr schnell zugemüllt. Vieles davon ist einfach nur trostlos, anderes nur langweilig, da ist der sensationell aufgemachte Flachkram. Auch die raffinierten Beutelschneider sind im Internet unterwegs. Ein Freund fragt mich: Was sagst du dazu? Er verweist auf ein Video mit dem Titel »Skandal in der Sendung: Gregor Gysi entlarvt Alice Weidels Geheimnis in Sandra Maischbergers Sendung.« Ich schaue mir das ganze ein paar Sekunden lang an. Spätestens bei diesem Satz ist meinen Argwohn geweckt:

Gregor Gysi, der bekannte Linkspolitiker und Meister der scharfen Zunge, drückte AfD-Chefin Alice Weidel an die Wand. Live im Fernsehen zwang er sie, das Geheimnis ihres finanziellen Erfolgs zu lüften.

Welcher Unbekannte will mich hier reich machen? Die Internetadresse des Beitrags ist jedenfalls nicht ARD 1 und Maischberger hatte nie Weidel und Gysi zugleich im Studio.

Derartige Bauernfängerei ist plump und ziemlich leicht zu durchschauen, dennoch richtet sie – so wird berichtet – großen Schaden an.

Chaotisierung

Unsere Demokratie basiert auf der Illusion, dass wir alle fähig sind, politische Konzeptionen zu verstehen und zu beurteilen.

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Donald Trump verteufelt die Globalisierung – aus den falschen Gründen

Im Hoppla!-Blog soll es auch um Unterhaltungsmathematik gehen. Einige Puzzles habe ich bereits gebracht. Heute wird es ernst. Ich bringe einen Gedanken, den der aktuelle Spiegel unter dem Titel »Was Donald Trump von David Ricardo lernen könnte« gebracht hat (DER SPIEGEL Nr. 18/26.4.2025). Ich sag’s einmal in meinen Worten: Zwei Länder erzeugen ein Produkt X. In einem ist die Produktivität je Person gleich x1 und in dem anderen Land gleich x2. Für ein weiteres Produkt Y sind die Produktivitäten gleich y1 bzw. y2. Die beiden Länder wirtschaften jedes für sich allein und die Beschäftigtenzahlen in den beiden Sparten mögen für ein ausgeglichenes Wirtschaftsergebnis sorgen. Wir nehmen nun an, dass die Produktivitäten je Produkt in den beiden Ländern unterschiedlich sind. Unter welchen Bedingungen lohnt sich ein Warentransfer?

Für einen Gesamtzugewinn, der dann zwischen den Ländern aufgeteilt werden kann, kann es sich lohnen, im ersten Land d1 Personen von der Y-Produktion in die  X-Produktion zu versetzen und im zweiten Land d2 Personen von der X-Produktion in die Y-Produktion. Gesucht ist eine allgemeine formelmäßige Bedingung dafür, dass der Warenaustausch für beide Länder gewinnbringend ist. Das heißt, dass beide Länder von jedem der beiden Produkte dann mehr haben. Warenaustausch kann sich für ein Land sogar dann lohnen, wenn es in allen Produktsparten produktiver als das andere ist. Das spricht gegen Trumps wirtschaftlichen Isolationismus.

Globalisierung ist nicht nur gut. Sie steigert die Macht der sowieso schon mächtigen Konzerne ins Unermessliche. Die in die Demokratie eingebaute Tendenz ihrer grenzenlosen Ausweitung ist ihr Untergang.ang. Die USA führen uns das in der kaum noch zu verhehlenden Gegnerschaft von Donald Trump (contra Globalisierung) und Elon Musk (Pro-Fraktion) vor Augen.

Spoiler: Ich mache die Rechnung, um den Spiegel-Artikel besser zu verstehen. Bei den gewählten Bezeichnungen verändert sich mit Beginn des Warenaustauschs die Gesamtmenge des Produktes X um den Wert
d1x1-d2x2.
Dieser Wert ist positiv, wenn
d2/d1<x1/x2.
Für das Produkt Y ergibt sich diese Ungleichung:
y1/y2<d2/d1

Mit den Werten aus der SPIEGEL-Grafik sind beide Ungleichungen erfüllt:
x1=6 Fl/Pe, x2=2 Fl/Pe, y1=5 Ba/Pe, y2 =4 Ba/Pe, d1=1 Pe, d2= 2 Pe.

DER SPIEGEL
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Gefühle sind grundlegend sozial

Die Überschrift habe ich aus dem letzten Abschnitt des Buches Explosive Moderne von Eva Illouz (2024). Das Buch eröffnet mir einen überraschend neuen Blick auf Themen meines Hoppla!-Blogs.

Als Ingenieur sehe ich in allem zuerst die mathematisch-naturwissenschaftliche Seite: Die Reflexion kontrolliert die Emotion, ganz so wie es Daniel Kahneman in seinem Bestseller Thinking Fast and Slow empfiehlt. Die Reflexion, das langsame Denken, ist allerdings ein träger Kontrolleur, so Kahneman.

Emotionen sind wirkmächtig. Erfolgreich ist in der Politik, wer das Spiel mit den Emotionen beherrscht. Genau darin ist der Schauspieler geschult. Es verwundert nicht, dass demokratisch gewählte Präsidenten die Schauspielerei gut beherrschen, manche haben sie sogar regelrecht professionell betrieben.
Mir fallen Ronald Reagan und Wolodymyr Selenskyj ein. Weitere Schauspieler waren in der Politik erfolgreich: Clint Eastwood und Arnold Schwarzenegger.

Fotografiert von Heinz Klingel

Hoffnung

Wir überholen auf einer Landstraße, obwohl der Zeitgewinn das Risiko eines Zusammenstoßes nicht aufwiegt; der Spatz in der Hand ist uns lieber als die Taube auf dem Dach. Da wird ein Denkmechanismus wirksam, der in der Kognitionspsychologie als Tendenz zur Überbewertung der Gewissheit bekannt ist.

Wir sehen, dass unsere rationalen Risikoüberlegungen und Entscheidungen im Kern subjektiv sind.

In dieses Erklärungsmuster passt nicht, dass Lotto so beliebt ist. Die im Vergleich zur Gewinnerwartung viel zu hohe Teilnehmergebühr passt nicht zur psychologisch verfestigten Tendenz zur Überbewertung der Gewissheit. Hier dominiert ein anderes Prinzip, nämlich das Prinzip Hoffnung.

Der Käufer erwirbt mit dem Lottoschein einen Traum. Der Traum holt das Erträumte in die Gegenwart und ist selbst bereits das Bestimmte. Der Verkäufer verspricht listig: »Nur wer teilnimmt kann gewinnen.« Die subjektive Risikobewertung mit ihrer Überbewertung der Bestimmtheit ist rational – mit der Hoffnung kommen Emotionen ins Spiel (Illouz, S.64 ff).

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Ist Wokeness die bessere Moral?

Der eine begnügt sich mit Besserwisserei, der andere will Anerkennung dafür, dass er ein guter Mensch ist. Jedenfalls ist es ein gutes Gefühl, überlegen zu sein. Reicht die Geisteskraft nicht aus, ist eben die Moral gefragt. Dann haben wir auch noch die, die es in beiden Fakultäten weit gebracht haben. Sie sitzen auf dem hohen Ross der Moral und der Wissenschaft.

Sollten sie nun Woke-Bashing nach Art der Cynical Theories erwarten – das wird es nicht geben. Anders als die Neue Rechte verwende ich Woke nicht als abschätzig gemeinte Kampfvokabel. Es ist zuallererst eine Selbstzuschreibung einer sozialen Bewegung (Black Lives Matter).

Wissenschaftlicher Fortschritt

Die Naturwissenschaften zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich mit regelmäßigen Phänomenen beschäftigen. Der Gegenstandsbereich wird durch das Postulat definiert, dass sich Gesetzmäßigkeit finden lassen, die immer und überall gelten. Kopernikus, Galilei und Newton waren auf diesem Gebiet äußerst erfolgreich. Sie haben der Vorstellung einer denkunabhängige Realität Vorschub geleistet, die hinter den Phänomene stecken muss.

Für die Fortschrittsapologeten scheint die Sache klar zu sein: Wissenschaft und Technik schreiten voran. Eine wissenschaftliche Theorie zeichnet sich dadurch aus, dass sie prinzipiell widerlegbar ist. Widerlegt und ersetzt wird sie durch eine umfassender bewährte, eine die näher an der Realität, näher an der Wahrheit ist. Das ist wissenschaftlicher Fortschrit.

Unsere Lebenswelt ist geprägt von großartigen Errungenschaften, die wir der modernen Wissenschaft verdanken: Technik, Chemie, Medizin. Der Kampf gegen Hunger und Krankheit scheint erfolgreich zu sein. Technischer Fortschritt und moralischer Fortschritt gehen Hand in Hand. So sehen es die Fortschrittsapologeten. Sie meinen, dass die Wissenschaft uns zu besseren Menschen mache. Für Paul Kurtz ist die Beziehung zwischen Wissenschaft und Wertvorstellungen von zentraler Bedeutung (1992, S. 288).

Dieser Ansicht widerspreche nicht nur ich. Die moralischen Normen lassen sich nicht wissenschaftlich begründen. Thomas Nagel drückt es so aus (2023, p. 5f.):

In the scientific case we understand our perceptual observations to be the result of causal interaction with the world we are investigating. […] However, in the moral case, we do not take our evaluative intuitions to be the result of causal interaction with the moral domain, and it is not clear what other kind of embeddedness or access to the moral truth moral judgment might involve.

Moralvorstellungen hängen mit den Lebensverhältnissen zusammen. Sie sind orts- und zeitabhängig. Und ganz ähnlich wie Wissenschaft und Technik entwickeln sich moralische Normen; sie haben so etwas wie eine Fortschrittstendenz.

Vor diesem Hintergrund will ich wissen, ob die aktuell heftig diskutierten Verhaltensempfehlungen einen moralischen Fortschritt darstellen – gemeint ist Wokeness und da insbesondere die diskriminierungsfreie Kommunikation und das Gendern.

Anders als in der Wissenschaft sind wir bei der Moral gezwungen von zwei Arten des Fortschritts zu sprechen. Die erste Art ähnelt der des wissenschaftlichen Fortschritts.

Moralischer Fortschritt der ersten Art

In den Naturwissenschaften pflegen wir die Vorstellung einer stabilen und ausgedehnten Realität, an die wir uns mit unseren Theorien immer stärker annähern. Für die Verhaltensnormen könnten Platons Ideale das Gleiche leisten. Tun sie aber nicht, wie Thomas Nagel feststellt (2023, pp 24f.):

Realism about morality, as I understand it, does not imply such a metaphysical picture. Instead, we should think of morality as an aspect of practical reason: it concerns what we have certain kinds of reasons to do and not to do. We should not think of those reasons as like chemical elements waiting to be discovered. Rather, facts about reasons are irreducibly normative truths about ourselves and other persons, and realism is simply the position that their truth does not depend on our believing them.

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Paradoxien, Gewalt und Krieg

Der Staubfaden: Vor 40 Jahren. In ihrem Wohnzimmer jagt sie verzweifelt einen Staubfaden. Der schwebt still in der Luft und muss weg. Immer wieder greift sie danach. Ohne Erfolg. Der Staubfaden weicht der heftigen Bewegung aus. Es muss der Luftzug sein. Das Fangen verhindert das Fangen. Ich trete hinzu und strecke meine Hand unter dem Staubfaden aus und warte geduldig, bis er sich auf meine Hand herabgesenkt hat. Problem gelöst, ohne Gewalt.

Jetzt wird es ernst: Unser drängendstes Problem ist die Ukrainekrise. Hier sehen wir Denkmuster, die in der Geschichte immer wiederkehren.

Die Argumentationslinien des Westens, insbesondere der USA, der EU und der NATO, basieren auf der Ablehnung der russischen Invasion in die Ukraine und der Betonung internationaler Prinzipien. Hier sind die zentralen Narrative: 1. Russland hat die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen. Ziel: Russland als Täter darstellen und Sanktionen sowie Waffenlieferungen rechtfertigen. 2. Souveränität und Selbstbestimmung der Ukraine: Die Ukraine hat das Recht, ihre eigenen Bündnisse (z. B. NATO, EU) zu wählen. Ziel: Legitimierung der westlichen Unterstützung für die Ukraine. 3. Verteidigung der regelbasierten Ordnung. 4. Russland als Bedrohung für Europa und die Weltordnung: Wenn Russland ungehindert bleibt, könnten weitere Länder (z. B. Moldau, Georgien) angegriffen werden. 5. Russische Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen (z. B. Butscha-Massaker). 6. Russlands Propaganda entlarven: Eigene Narrative als wahrheitsgemäß darstellen. 7. Energie- und Wirtschaftskrieg Russlands: Russland nutzt Gas und Getreide als Waffe gegen den Westen.

Ich habe jetzt etwas getan, was ich mir für das Hoppla!-Blog grundsätzlich verbitte: Ich habe auszugsweise eine ChatGPT-Antwort vom 13.3.25 auf meine Frage »Welchen Argumentationslinien folgt der Westen?“ wiedergegeben – allerdings nur um zu zeigen, welcher Irrsinn daraus folgt.

Die Gegenseite kann nämlich zurückschlagen und ChatGPT fragen: »Welchen Argumentationslinien folgt die russische Propaganda?« Die Antwort vom selben Tag:

Hier sind einige zentrale Narrative: 1. Der Westen, insbesondere die NATO und die USA, bedrohen Russland und provozieren Konflikte. 2. Die ukrainische Regierung ist von Neonazis durchsetzt. 3. Ukraine als Marionette des Westens. 4. Die Ukraine sei historisch und kulturell ein Teil Russlands. 5. Doppelstandards des Westens: Der Westen habe selbst in anderen Ländern völkerrechtswidrig gehandelt (z. B. Irakkrieg, Jugoslawienkriege). 6. Russland als Verteidiger traditioneller Werte 7. Inszenierte Krisen und False-Flag-Operationen: Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine seien inszeniert oder von der Ukraine selbst durchgeführt.

ChatGPT ist ein Produkt des Westens und die Argumentationslinien der russischen Propaganda werden stets relativierend kommentiert. Interessant ist auch, welches Argument der russischen Seite nicht erwähnt wird. Es betrifft das Sicherheitsinteresse Russlands und dessen Verletzung durch die USA und die NATO. Die Einleitung macht klar, wie der Text zu bewerten ist:

Die Argumentationslinie der russischen Propaganda folgt oft einem mehrschichtigen Ansatz, der auf Desinformation, Geschichtsrevisionismus und emotionaler Mobilisierung basiert.

In einer solchen KI-Schlacht würde sich die Gegenseite natürlich nicht der mit Westmaterial trainierten KI bedienen, sondern einer Ost-KI. Den Menschen bleibt in jedem Fall eigenes Nachdenken erspart.

Im Anschluss zu meinen letzten Artikeln kam es zu einer solchen Schlacht mit KI-Beteiligung. Sie wurde von einem der Beteiligten abschließend so kommentiert:

KI User könnten „gegensätzliche“ KI Texten generieren lassen, [und sich diese] gegenseitig um die „Ohren schlagen“ bis das Internet hoffnungslos „verstopft“ ist. Nach einiger Zeit wird diese Texte kein Mensch mehr lesen….

Lassen wir die KI einmal beiseite und wenden wir uns den Argumenten zu.

Ich sehe hier ein Grundmuster von These und Antithese im Sinne von Hegel. Heute würde man mit Kellyanne Conway vielleicht von Alternativen Fakten sprechen. Hegel folgend sollte man versuchen, eine Synthese zu finden. Der Skeptiker gibt sich aber schon zufrieden, wenn er eine Paradoxie aufgezeigt hat. Wir sind also in einem Schwebezustand wie beim Staubfaden.

Ich bediene mich wieder einmal beim Hegel-Mediator Karl Raimund Popper (Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Band 2, 1958/1980, S. 50):

Der Irrtum Kants bestand [aus Hegels Sicht] nur darin, daß ihn die Antinomien beunruhigten. Es liegt eben in der Natur der Vernunft, dass sie sich widersprechen muss

Die Auflösung des Schwebezustands müssen wir der Realpolitik überlassen.

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