Die Volksverführer und Meinungskneter haben es leicht. Sie gehen zurecht von der Prämisse aus, dass jeder Mensch an etwas glauben will – etwas, das seine Unsicherheiten und Ängste zu lindern verspricht. Das leisten beispielsweise die Verheißungen der Bibel, die des Corpus Hermeticum und die der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR).
Glaubensfragen
Der Agnostiker tut sich mit dem Glauben etwas schwerer. Mit den Gläubigen aller Sorten kommt er wohl zurande. Schwierigkeiten hat er nur mit den Leuten, die andere Leute herabwürdigen, weil diese einem Glauben anhängen. Dabei sind auch sie selbst Gläubige. Solche Leute habe ich unter den sich selbst so bezeichnenden »Skeptikern« und »Humanisten« gefunden. Diese Zeitgenossen meinen, dass ihr »Realismus« ohne Glauben zu haben sei.
Voll überbordender Selbstgewissheit spricht der Humanist von der
Darwinschen Kränkung, entstanden aus dem Wissen, dass der Mensch als ein bloß zufälliges Produkt der natürlichen Evolution begriffen […] werden muss. […] Keine der bestehenden Religionen ist mit den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung noch in Einklang zu bringen!
Quelle: Michael Schmidt-Salomon, Manifest des evolutionären Humanismus, 2006, S. 10 und 13.
Das Glaubensbekenntnis der Atheisten hebt sich nicht von den Glaubensbekenntnissen anderer Weltanschauungen ab.
Überheblichkeit
Dennoch: Man glaubt die Wissenschaft auf seiner Seite. Das verleitet zu einer überheblichen Haltung, von der hier in Hoopla!-Blog schon mehrfach die Rede war.
Kürzlich greift eine Humanistin zu schwerem rhetorischen Geschütz, zur Paralipse:
Natürlich ist es in einem demokratischen Rechtsstaat, der allen Bürgern/innen Religionsfreiheit (und somit auch die Freiheit von Religion) zusichert, erlaubt, derartige Glaubensinhalte für sich als maßgeblich zu definieren. Auch wenn wir geradezu in Versuchung geraten, so vermeiden wir absichtlich das Wort „hirnlos“ in diesem Zusammenhang.
Die Glaubensbasis dieser Leute hebt sich nicht von den Glaubensbekenntnissen anderer Weltanschauungen ab. Sie ist nicht weniger metaphysisch als die der gläubigen Christen, der Moslems und der Esoteriker. Für Überheblichkeit gibt es keine Veranlassung.
Was ist Zufall?
Der Zufall scheint bei der vermeintlichen Entthronung Gottes durch den Darwinismus die entscheidende Rolle zu spielen. Aber kann er das überhaupt? Ich denke: nein.
Der Naturwissenschaftler wird auf die Frage nach dem Wesen des Zufalls und seine Ursachen keine befriedigende Antwort geben. Am ehesten sind noch die Mathematiker und Informatiker zu einer Antwort bereit. Sie nennen Bedingungen dafür, wann eine Folge von Werten, eine Zeitreihe, als zufällig zu gelten hat. Es kann also nicht um isolierte Einzelereignisse gehen, sondern um Ereignisse, die unter ähnlichen Umständen immer wieder auftreten. Bei der biologischen Evolution ist das so.
Aber wer sagt denn, das hinter einer Zufallsfolge nicht einer steckt, der alles so plant, dass es für uns genau wie Zufall aussieht – ein Dämon namens Alea sozusagen.
Unter allen möglichen der willkürlich gewählten Folgen sehen die meisten tatsächlich nach Zufall aus. Ich bringe ein einfaches Beispiel. Unter den Sechsbitfolgen wie beispielsweise 001010 gibt es 50 Folgen, die jeweils 2, 3 oder 4 Einsen bzw. Nullen haben, so wie man es vom Zufall erwartet. Nur 14 habe nur eine oder zwei Nullen bzw. Einsen. Der Zufall ist also ziemlich natürlich. Je länger die Folgen (Zeitreihen) sind, umso deutlicher wird dieser Effekt.
Also: Was nach Zufall aussieht, könnte durchaus vorgeformt sein. Evolution und die Entstehung des Neuen, ist jedoch ungeplant. Das habe ich mit dem Programn KoopEgo gezeigt. Der von mir eingesetzte Zufallsgenerator hatte ganz gewiss nicht das Ergebnis im Sinn, das mich dann verblüfft hat.
Dokumentiert ist das in dem GWUP-Vortrag »Ist das Gute göttlich oder Ergebnis der Evolution? Kooperatives Verhalten in einer Welt voller Egoisten« (skeptiker 62/2009, S. 60-67).
Das was ich hier ausgebreitet habe, ist nichts Neues. Die Proponenten des evolutionären Humanismus hätten das schon lange wissen können. Sie hätte nur ihren Charles Darwin richtig lesen müssen (Charles Darwin, Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl, 5. Kapitel, 1859/2000, S. 153 f.):
Ich habe bisher von den Abänderungen, – die so gemein und mannichfaltig bei Organismen im Culturzustande und in etwas minderem Grade häufig bei solchen im Naturzustande sind, – zuweilen so gesprochen, als ob dieselben vom Zufall abhängig wären. Dies ist natürlich eine ganz incorrecte Ausdrucksweise; sie dient aber dazu, unsere gänzliche Unwissenheit über die Ursache jeder besondern Abweichung zu beurkunden.
Auch wenn die Zufallsfolgen gesetzmäßig entstanden sein sollten, wie bei einem Zufallszahlengenerator im Rechner, wird der Naturwissenschaftler, Darwin folgend, nicht irgendwelche absichtsvolle aber unergründliche Triebkräfte annehmen und dadurch den Forschungsprozess vorzeitig beenden.
@ Timm Grams
Zitat 1: „Wer hat den Zufall gemacht?“
Zitat 2: „Aber wer sagt denn, das hinter einer Zufallsfolge nicht einer steckt, der alles so plant, dass es für uns genau wie Zufall aussieht – ein Dämon namens Alea sozusagen.“
Vorausgeschickt: Ich sehe, vermutlich wegen einer ähnlichen beruflichen Prägung (wenn auch bei mir auf niedrigerem Niveau) und des Lebensalters, fast alles wie Sie, Herr Professor.
Aber beim Wort „wer“ möchte ich „einhacken“. Meiner Meinung nach ist das Wort „wer“ Ursache für die Widersprüche im Zusammenhang mit der „Gottesfrage“.
„Wer“ würde voraussetzen, dass ein „Mensch“ (mindestens „Menschen ähnliches“) die Schöpfung „gemacht“ hat. Man traut die (allenfalls intelligente) Entwicklung aller Gesetzmäßigkeiten und Mechanismen, sozusagen nur „Menschen“ zu.
Heutzutage würden allein der Verweis auf KI reichen zu verstehen, dass Menschen nicht „zwingend nötig“ sind. Damit kommt man der Realität näher.
Ich schließe selbstverständlich nicht aus, dass auch Menschen mit „Rauschebart“, (allenfalls sogar auch nur mit einem „Bärtchen“) beim „Lauf der Welt mitgewirkt“ haben….
Aus Sicht der Informatiker ist es völlig legal, „allem“, seien es Menschen, Prozessoren, Prozesse, auch nur informelle Objekte, …. ordentlich zu „deklarieren“, einen „Bezeichner“ zu geben, um sie „referenzieren“ zu können und z.B. in Prozesse (allenfalls auch nur informellen Prozessen) in Maschinen oder bei Denkprozessen einzubinden.
Die Regeln, z.B. der Informatiker, müssen natürlich eingehalten werden, sonst „fliegt einem der Prozess um die Ohren“….. Informatiker sind recht penibel, weil ihnen letzteres in ihrer Arbeit öfter „unter gekommen“ ist….
Es ist laut Zitat 2 die Frage, welche besonderen „Eigenschaften von Mechanismen“ hinter einer wie auch immer generierten und verarbeiteten Zufallsfolge „stecken“, wobei z.B. der besondere Eindruck einer „Planmäßigkeit“ oder „Kreativität“ entstehen kann.
Ich kann mir in diesem Sinne nicht vorstellen, dass es falsch wäre, wie es Theologen tun, als Bezeichner für alle Gesetzmäßigkeiten, Mechanismen, Prozesse,….. die mit der Existenz der Welt zu tun haben, genau so wie es sich eben wirklich verhält, uns aber nicht vollständig bekannt sind (Transzendenz Eigenschaft), als „Gott“ zu bezeichnen.