Paradox oder nicht?
Der erste Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika (First Amendment) untersagt die Einführung einer Staatsreligion und garantiert die freie Religionsausübung. Die strikte Trennung von Staat und Kirche gilt in den USA als hohes Gut. Daran beißen sich die Kreationisten und Vertreter des Intelligent Design mit ihrem Vorhaben, die biblische Schöpfungsgeschichte im Schulunterricht unterzubringen, die Zähne aus. Den Atheisten freut das.
Aber hoppla! Auf dem Eindollarschein finden wir den Text IN GOD WE TRUST. Tatsächlich ist das der Wahlspruch der Vereinigten Staaten von Amerika. Auch Präsidenten der USA bekennen sich durchaus als gottesfürchtig. Barack Obama spricht von seiner „ongoing conversation with God“ (Obama and The God Factor. Kirsten Powers. Huffpost.com).
Rückseite des Dollarscheins (Greenback)
Ist das paradox? Nein, ist es nicht; es passt zusammen, und zwar zwangsläufig. Hermann Lübbe erklärt uns das in seinem Buch „Modernisierungsgewinner – Religion, Geschichtssinn, Direkte Demokratie und Moral“ aus dem Jahr 2004. Kurzes Resümee vorab: Der Verfassungszusatz will nicht die Schwächung der Religion; es geht um die Stärkung und Fruchtbarmachung ihrer Rolle in der Gesellschaft.
So fügen sich die Teile
Hermann Lübbe widmet sich in mehreren seiner Werke dem Thema Modernisierung und insbesondere den Folgen der grenzenlos gesteigerten Freiheit der Informationsgewinnung. Es lasse sich, so Lübbe, die durch hochverdichtete Netze zusammengebundene Industriegesellschaft nicht länger zentralistisch organisieren. Netzverdichtung und Komplexität der modernen Lebensverhältnisse seien mit Formen lebendiger politischer Selbstorganisation zu bewältigen – mit kleinen Einheiten und Kommunitäten.
Es kommt aufgrund des Modernisierungdrucks ganz allgemein zur „Revitalisierung kommunitärer Zusammengehörigkeitserfahrung in kleinen Einheiten“ (Modernisierungsgewinner, S. 10). Das betrifft zunächst einmal die traditionellen Religionen, aber es ist auch Platz für neue Gemeinschaften, die Halt und Zusammenhalt in spezifischen Glaubensgewissheiten finden.
Zum Thema Religionsfreiheit schreibt Hermann Lübbe: „ Die amerikanische Aufklärung ist in ihrem verfassungsrechtlichen Resultat strikter Trennung von Staat und religiöser Gemeinschaftsbildung eine religionsfreundliche Aufklärung.“ (S. 22) Es gehe, so Lübbe, um einen Staat, „der das religiöse Leben durch seine gewährleistete vollständige Freilassung schützt und eben deswegen vom Interesse der also Freigelassenen sich getragen weiß“ (S. 23).
„Je moderner wir leben, je größer also wissenschaftlich und technisch, wirtschaftlich und rechtlich die Menge dessen wird, was wir über expandierende soziale und regionale Räume hinweg alle miteinander teilen, umso mehr intensiviert sich zugleich das Interesse, hervorzukehren und zu behaupten, was uns in unableitbarer Kontingenz herkunftsabhängig gerade voneinander verschieden sein lässt.“ (S. 54) In diesem Sinne ist die Kindstaufe bestimmend, auch die Muttersprache suchen wir uns nicht selber aus und von der Erziehung hängen unsere Werte und Moralvorstellungen ab; welche Informationen wir aus der vom Internet angebotenen unübersehbaren Fülle auswählen, hat eine gewisse Beliebigkeit. Meinungen und Weltbilder sind diesem Sinne eine sehr persönliche Angelegenheit und weitgehend zufallsbedingt.
Da wir die Sicherheit der Ungewissheit vorziehen, tendieren diese Kontingenzen dazu sich zu verfestigen; jegliche Zustimmung durch andere verstärkt diesen Prozesse. Man stützt sich gegenseitig; Gruppen Gleichgesinnter mit gemeinsamen Bekenntnissen entstehen.
„Modernitätsabhängig expandiert der Umfang der kulturellen Gehalte, die wir bekenntnisförmig vertreten, also nicht zur Disposition von Diskursen, gar zur politischen Disposition von Mehrheitsentscheidungen gestellt wissen möchten. […] Die kulturelle Homogenität nimmt ab, die Menge der Kommunitäten, in denen wir uns jeweils übereinstimmend versichern, es besser zu wissen, nimmt zu.“ (S. 55ff.)
So treten Gruppen von Wahrheitsbesitzern an gegen konkurrierende Gemeinschaften, denen jeweils ein irrender Glaube attestiert wird. „Die politische Unlebbarkeit solcher wechselseitigen Exklusionsversuche in einer eben darin Neuen Welt unaufhaltsamer Pluralisierung erzwang die Freiheit der Religion als Koexistenzbedingung inkompatibler Gewissheiten.“ (S. 89) Wir haben das Recht, von politischen Verfügungen unberührt, anders sein zu dürfen.
Die Kommunitäten werden aufgrund der Freiheitsgarantien der Verfassung zu Subjekten in einem Evolutionsprozess: Die Glaubenssätze dieser „Subjekte“ können sich in der gesellschaftlichen Praxis und in Konkurrenz mit anderen bewähren, Untaugliches verschwindet.
„Die Irresistibilität, mit der die Freiheitsrechte sich in der Tat durchgesetzt haben, resultiert [..] aus dem Zwang, eine Antwort auf die Frage finden zu müssen, wie soziale Koexistenz und damit Frieden zwischen Subjekten inkompatibler Glaubensgewissheiten und sonstiger Überzeugungen möglich gemacht werden könnte.“ (S. 157) „Aus der Unvereinbarkeit solcher Überzeugungen und Gewissheiten resultiert der Zwang zur liberalen Demokratie.“ (S. 158)
„Es gibt […] den Fall, dass das Bessere, das wir im Nachhinein als solches erkennen, sich unter dem Zwang seiner Unvermeidlichkeit durchsetzt. Die Erfolgsgeschichte der liberalen Demokratie repräsentiert genau diesen Fall. Die jeweiligen Minderheiten sind es, die auf dem Vorrang der Wahrheitsgeltung gegenüber der Mehrheitsgeltung angewiesen bleiben. Unsere Überzeugtheit von der Anerkennungsbedürftigkeit dieses Geltungsvorrangs der Wahrheit gegenüber der Mehrheit ist ungleich älter als unsere neuere Gewissheit von den politischen Lebensvorzügen der liberalen Demokratie. Aber just die Berufung auf den besagten Geltungsvorrang hat unter den politischen Wirkungsbedingungen fortschreitender Pluralisierung von religiösen und sonstigen Meinungen und Gewissheiten die Konstituierung zentraler Freiheitsrechte erzwungen, die den Kern der Verfassung der liberalen Demokratie bilden. Es sollte den Idealisten unter den Freunden der Demokratie recht sein, wenn sie für die Realisierung und für die Dauerhaftigkeit ihrer Ideale auch mit der Wirksamkeit von Zwängen rechnen dürfen.“ (S. 158)
Jetzt dürfte geklärt sein, wie die Überschrift „Zwang zur Freiheit“ gemeint ist. Die Paradoxie ist verflogen. Der Zwang zur Freiheit nimmt in den ersten vier Grundgesetzartikeln Gestalt an: Garantie staatlicher Neutralität, Schutz des Pluralismus und Toleranzgebot.
Skeptizismus kontra Naturalismus
Der prominenteste deutsche Skeptikerverein wirbt damit, politisch und weltanschaulich neutral zu sein. Im Webauftritt des Vereins wird insbesondere die pluralistische Zusammensetzung der Mitgliedschaft herausgestellt („Berufe, Weltanschauungen und politischen Ansichten sind verschieden“). Die weltanschauliche Neutralität sei, so der Vorsitzende, bereits durch die Wissenschaftsorientierung mehr als ausreichend belegt (15.1.17). Hermann Lübbe würde dem wohl zustimmen (S. 56): „Der jeweilige Stand der Wissenschaft ist nicht bekenntnisfähig. In einer aufklärungsbereiten Gesellschaft ist eben der Professor ein Professor und nicht ein Confessor.“
Im Selbstbild ist die Skeptikerbewegung demnach weltanschaulich neutral, tolerant und pluralistisch aufgestellt. Insoweit ist das alles stimmig und veranlasst den einen oder anderen, dem Verein beizutreten.
Die Binnensicht des Vereins zeigt ein anderes Bild. Der Hausphilosoph des Vereins erhebt den Naturalismus zur notwendigen Voraussetzung der Wissenschaft. Auf Nachfrage bekennt er, dass man die Falschheit des Naturalismus nur mit naturalistischen Mitteln würde nachweisen können und wenn das gelänge, wären genau diese Forschungsmethoden fraglich. Es sei also kein Wunder, dass der Naturalismus eine metaphysische Voraussetzung sei (1.2.17).
Wir haben es also mit einer Weltanschauung zu tun. Das heißt: Der Naturalismus ist nicht Wissenschaft und auch nicht – anders als behauptet – Voraussetzung von Wissenschaft. Er ist ein Glaubenssystem, das wie jedes andere Glaubenssystem auch mit den Schwächen seiner Apologetik zurechtkommen muss.
Ein Verein, der sich nach außen weltanschaulich neutral gibt und der im Binnenverständnis den Naturalismus zur Grundlage erklärt, führt seine Adressaten hinters Licht. Dem Verein bieten sich zwei Alternativen, sich ehrlich zu machen:
- Der Verein behält den Anspruch weltanschaulicher Neutralität bei und versteht den Naturalismus – ebenso wie die Religionszugehörigkeit – als persönliche Angelegenheit der Mitglieder. Auch Agnostiker sind wohlgelitten, denn diese können sich unbeirrt auf das Kerngeschäft des Skeptikers konzentrieren. Oder aber:
- Der Verein vertritt offen seine naturalistische und religionskritische Ausrichtung, wobei ihm selbstverständlich offen steht, bei seiner Arbeit auch wissenschaftliche Methoden zu nutzen. Der Begriff der Wahrheit ist innerhalb der Weltanschauung widerspruchsfrei anwendbar. Der Wahrheitsanspruch wird der Konkurrenz durch andere „Wahrheiten“ ausgesetzt.
Welchen der beiden Wege der Verein auch wählt: Er würde so zu einem wertvollen Bestandteil der offenen Gesellschaft. Dem Zwang zur Freiheit wäre Genüge getan. Niemand könnte ihm länger den Vorwurf der Verlogenheit machen.
Welcher Weg wird denn aktuell durch die GWUP beschritten?
In zwei Anträgen an die diesjährige Mitgliederversammlung habe ich versucht, eine Entscheidung für den einen oder den anderen Weg herbeizuführen. Sie wurden mit der Einladung an die Mitglieder verschickt mit der Anmerkung: „Der Vorstand wird auf der MV mündlich begründen, warum er diese Anträge nicht unterstützt.“ Sie werden verstehen, dass ich unter diesen Umständen der MV ferngeblieben bin. Wie die Sache ausgegangen ist, weiß ich nicht.
„Freiheit immer und stets in Verantwortung“
Die GWUP sollte froh sein, ein so konstruktiv kritisches Mitglied wie Timm Grams in ihren Reihen zu haben. Seine Vorschläge, wie die GWUP sich aus den Fängen ihrer offensichtlichen Befangenheit befreien könnte, sind aus meiner Sicht schlüssig. Sie sind auch notwendig, will sich die GWUP nicht mittels der „Hilfsreligion Naturalismus“ als willfährige Kolonne radikal religionskritischer Verbände verstehen. Der Verfahrenstrick zur Ablehnung der Anträge von Timm Grams zur Satzungsänderung schon vor der Mitgliederversammlung spricht nicht gerade für die GWUP. Will sie sich als offene, wissenschaftlich orientierte Gesellschaft verstehen, darf sie ihren Hauptzweck „Skeptizismus als Erkenntnisprinzip“ nicht derartig für obsolet erklären. Leider hinterlässt die Art der Gängelei im Umgang mit einer elementaren Satzungsfrage den Eindruck, ein kleiner Vereinszirkel wolle sein allzu kritisches Mitglied am langen Arm so lange hinhalten, bis er resigniert und von sich aus seinen Austritt erklärt. Diesen Gefallen sollte Timm Grams seinen Gegnern in der Sache nicht tun. Wenn sie ihn denn „grillen“ wollten, dann sollten sie das bitte in einer ordentlich herbeigeführten Mitgliederversammlung vereinsöffentlich und offen wagen. Tun sie das nicht, ist für mich als bekennenden Humanisten die GWUP kein Ort der Aufklärung, wo man sich offen austauscht. Das Wissen über alte wie neue Fälle von Tarnung, Täuschung, Lügen und deren Aufdeckung durch wissenschaftliche Methoden kann ich mir genauso gut durch Besuch öffentlicher Veranstaltungen im Turm der Sinne des HVD oder bei anderen ebenfalls wissenschaftlich orientierten Gesellschaften und Akademien aneignen, dazu bräuchte ich keine in meinen Augen „befangene“ GWUP. Darum gebe ich zum Abschluss noch dies zu bedenken: Wenn Kunst Natur ist, und nicht Natur Kunst (Von welchem Künstler denn gemacht? Wer oder was ist der Verursacher des Verursachers, der letzte Grund?) ist, dann sind Philosophie, Theologie und alle anderen Wissenschaften ebenso wie unser ganzes Sein und Leben auch nichts anderes als Natur mit all ihren unzähligen vergangenen, gegenwärtigen und kommenden Facetten, oft wunderbar, allzu oft grausam, und manchmal zuerst und in den letzten Fragen für immer unergründlich, weil ewig mit neuen Zufällen immerzu sich weiter entwickelnd, niemals still stehend, niemals. Deswegen wissen wir nicht und werden wir nicht wissen, und müssen dennoch Sisyphos gleich ohne Unterlass versuchen zu wissen. Wer angesichts dieser vermeintlichen Ohnmacht keine Fragen mehr stellt, wäre aus dem für unsere kulturelle Evolution so wichtigen Wissensspiel schon ausgeschieden, schade. Also, liebe Skeptiker, springt doch einfach mal über das Stöckchen, das Timm Grams Euch hinhält und wartet ab, was all Eure auf der Mitgliederversammlung anwesenden Mitglieder zu seinen Vorschlägen zu sagen haben, und wie sie mehrheitlich entscheiden werden. Dann begrabt gemeinsam mit ihm und seinen Anhängern, von denen Ihr leider glaubt, es gäbe gar keine, Euer Kriegsbeil, und widmet Euch Eurer originären Aufgabe, dem Skeptizismus. Oder werdet, wozu Ihr in meinen Augen neigt, eine sich zum Naturalismus bekennende Weltanschauungsgemeinschaft. Das aber gerade tut nicht Not. Die freidenkerisch-freireligiös-freigeistig-humanistische Bewegung in Deutschland hat das in ihrer Historie mit dem Deutschen Monisten-bund um Ernst Haeckel herum schon lange hinter sich gelassen. Nach ihrer Vernichtung durch die Nazis und geschwächt durch die Teilung Deutschlands, kam diese für die offene Gesellschaft wichtige demokratische Bewegung bis heute noch nicht so richtig auf die Beine. Kleinteilig diversifiziert, wie sie sich heute darstellt, wird sie in der praktischen Politik leider kaum wahrgenommen, geschweige denn an den Tisch gebeten, wenn es um die Verteidigung unserer offenen, fragilen Gesellschaft geht. Darum: Freiheit immer und stets in Verantwortung.
Was sollen diese böswilligen Unterstellungen, die man fast schon als Verleumdung bezeichnen könnte?
Der Vorstand hat die Anträge zur Satzungsänderung – wie es geboten ist – an alle Mitglieder verschickt, er hat sich lediglich erlaubt, SEINE eigene Meinung dazu zu äußern, was die Mitglieder nicht daran gehindert hätte, die Satzungsänderung zu beschließen.
„Den Verfahrenstrick zur Ablehnung der Anträge von Timm Grams zur Satzungsänderung schon vor der Mitgliederversammlung“ hat es also nie gegeben.
Herr Grams hätte seinen Antrag auf der MV begründen können und vielleicht hätte die Diskussion eine Satzungsänderung in seinem Sinne bewirkt.
Er hat aber vorgezogen, dies nicht zum tun, wofür Sie ja kaum den Vorstand verantwortlich machen können.
Generelle Verleumdungsvorwürfe haben heutzutage Konjunktur. Leider. Besser wären konkrete Sachargumente. Von „Verfahrenstricks“ habe ich nicht gespochen. Worauf bezieht sich das Zitat in direkter Rede?
An einer Begründung meiner Anträge fehlt es nicht. Sie ist den Mitgliedern zusammenn mit den Antragstexten zugegangen. Dass ich meine Satzungsänderungsanträge auf der diesjährigen Mitgliederversammlung nicht persönlich vertreten habe, hat einen einfachen Grund: Der Diskussionsverlauf von Himmelfahrt 2014 bis Himmelfahrt 2015 und die Behandlung meiner seinerzeitigen Satzungsänderungsanträge hat mir gezeigt, welche Diskussionskultur in der GWUP herrscht und dass ich mit einer offenen und fairen Diskussion nicht rechnen kann. Meinem Ärger darüber habe ich seinerzeit Luft verschafft. Dafür, dass sich die Diskussionskultur inzwischen geändert haben könnte, gibt es keine Anzeichen. Der Einladungstext zur diesjährigen Mitgliederversammlung hat mich in dieser Ansicht bestärkt („Der Vorstand wird auf der MV mündlich begründen, warum er diese Anträge nicht unterstützt“).
„Verfahrenstrick zur Ablehnung der Anträge“ stammt aus dem Kommentar von Frank Stößel, ich nehme an, dass sich auch hierauf der Vorwurf der böswilligen Unterstellung bezieht und nicht Ihren Original-Blogbeitrag.
Auch ich verstehe die Nicht-Teilnahme an der MV nicht. Nur durch eine Teilnahme hat man die Chance, Gegenargumente zum Antrag (egal ob mündlich vorgetragen oder mit der Einladung zur MV verschickt) zu entkräften und in Diskussionen (evtl. auch abends an der Bar) Mitstreiter zu sammeln. Durch Nichtteilnahme lässt man die Gegenargumente unwidersprochen stehen, so dass sie (da zuletzt gehört) umso stärkeres Gewicht haben. Nicht umsonst werden Anträge bei einem „real-life“ Treffen entschieden und nicht nach einmaliger schriftlicher Aussprache ohne Diskussion.
Eigentlich wollte ich die Diskussion von Himmelfahrt 2014 bis Himmelfahrt 2015 nicht wieder aufleben lassen. Diese bemerkenswerte „Diskussion“ zum Thema Satzungsänderung war wesentlich durch die totalitäre Grundhaltung der GBS-Leute innerhalb der GWUP geprägt. Frank Stößel hat sich wohl an die damaligen Vorgänge erinnert und spricht deshalb von Verfahrenstricks. Da sich an der GWUP-Diskussionskultur bis heute offenbar nichts geändert hat, ist der Begriff eigentlich noch viel zu harmlos.
Ohne deutliche Anzeichen für eine Änderung der Kommunikationskultur in Richtung Offenheit und Fairness ist jeder Versuch einer Verständigung sinnlos. Meine Anwesenheit in der Mitgliederversammlung hätte nichts geändert. Das sind die Lehren aus der Mitgliederversammlung 2015. Aber ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben. Vielleicht bewegt sich irgendwann doch noch etwas.
Verzeihung, mein Beitrag war natürlich eine Antwort auf Herrn Stößels Beitrag.
Was mich daran gestört hat, ist einfach, dass Herr Stößel aus der der Wahrheit entsprechenden Äußerung von Herrn Grams einen riesigen Strohmann konstruiert, auf den er dann einschlägt.
Was die Frage der Satzungsänderung an sich betrifft, so nehme ich an, dass die meisten Mitglieder der GwUP, so wie ich auch, der Meinung sind, dass diese Frage in der Satzung einfach nichts zu suchen hat. Nichts in dieser Satzung schreibt mir vor, welche Weltanschauung ich zu besitzen habe, und das soll auch so bleiben.
Wer Frank Stößels Tonlage richtig einordnen will, sollte sich vor Augen halten, mit welchen Leuten wir es zu tun haben. Es sind Leute, die sich wechselseitig alleranständigstes Verhalten und Großartigkeit bescheinigen.
Offiziell wird seitens der GWUP betont, dass der Diskurs offen sei, wie es sich für eine pluralistische Gesellschaft gehört. Wer jedoch die intern einzig verbindliche Naturalistenlinie nicht schweigend über sich ergehen lässt und widerspricht, der wird zum Außenseiter erklärt und als Geisterfahrer beschimpft (31.01.2017). Der Chefreporter des offiziellen GWUP-Blogs hat mich auf die Liste der unerwünschten Kommentatoren gesetzt, weil ich seine teils grobschlächtigen und undurchdachten Repliken in aller Zurückhaltung als solche kenntlich gemacht hatte. Er zeigte ein Verhaltensmuster, das auch bei vielen Kommentatoren des Blogs vorkommt: Verächtlichmachen Andersdenkender und dabei hochempfindlich gegen jegliche Gegenkritik. Der Hausphilosoph des Vereins äußerte anlässlich dieses Vorgangs sein „Verständnis für Moderatoren, die Stänkerer irgendwann entfernen“ (31.01.2017).
Der Hausphilosoph teilte mit, dass der skeptiker keine Leserbriefe zu internen Diskussionen in der GWUP akzeptiert (31.01.2017). Entsprechende Redaktionsstatuten wurden auch auf Verlangen hin nicht präsentiert. Also: Seinen Naturalismus darf der Hausphilosoph in den vereinseigenen Medien ungebremst ausleben. Kritische Kommentare dazu sind unerwünscht; diese verhindert er am liebsten gleich selber. Dass er die Redaktionsarbeit weitgehend bestimmt, habe ich seinerzeit anlässlich der Veröffentlichung meines Beitrags zum skeptiker 2/2009 erlebt. (Es ging um Intelligent Design, nicht um Naturalismus.) Anfangs wunderte ich mich nur etwas über die Personalunion von Geschäftsführer, Hausphilosoph und Redakteur. Inzwischen kann ich das Ausmaß der Alleinherrschaft erahnen. Ich frage mich, wozu der Verein einen 9-köpfigen Vorstand und einen 19-köpfigen Wissenschaftsrat eigentlich hat.
Das nur zur Erklärung der Tatsache, dass der Ton von Kritikern der Szene manchmal etwas giftig ausfällt.
Ein unbequemer Streiter für Pluralismus und Toleranz wird als Möchtegern-Zensor gebrandmarkt – in einem Verein, der sich der Wissenschaft verpflichtet sieht! Im Protokoll der GWUP-Mitgliederversammlung 2017 finde ich diesen Passus: „Zudem besteht angesichts früherer Diskussionen mit Grams die begründete Befürchtung, dass dieser den beantragten Neutralitätspassus als Zensurinstrument nutzen möchte.“
In der Folge wurden meine Anträge einhellig abgelehnt. Man will offenbar keinen der beiden von mir vorgeschlagenen Wege einschlagen und die von mir kritisierte (ungeschriebene) Verfassung beibehalten.
Ich will noch einmal versuchen, Ungeschriebenes sichtbar zu machen – auf der Mitgliederversammlung 2018.