Normale Irrtümer

Frank-Walter Steinmeier hat, wie viele andere auch, auf Putin gesetzt. Damals war er Außenminister. Aus heutiger Sicht war diese Entscheidung ein großer Fehler.

Es scheint paradox zu sein: Die Entscheidung für einen Irrweg kann durchaus richtig sein. Stehen zum Entscheidungszeitpunkt nur lückenhafte und schlecht quantifizierbare Informationen zur Verfügung, gehören Irrtümer zur Normalität. (Einiges wollte man in kollektiver Geschlossenheit aber auch gar nicht sehen: Tschetschenien, Georgien.)

Das gilt nicht nur für Entscheidungen unter Ungewissheit, sondern passiert sogar bei Entscheidung unter Risiko, wie ein einfaches Beispiel zeigt:

Angeboten wird Ihnen, auf den Wurf eines Würfels zu wetten. Bei einem Sechserwurf müssen Sie 3 € zahlen, ansonsten bekommen Sie 1 € ausgezahlt. Aufgrund der Gewinnerwartung von 33 Cent gehen Sie die Wette ein. Der Sechser kommt und Ihre im Grunde richtige Entscheidung war im Nachhinein gesehen falsch.

Mancher Verkehrsunfall beruht auf einer Entscheidung, die erst im Nachhinein gesehen falsch war.

Angesichts der Ereignisse von Butscha ist dieser nüchterne Ton kaum auszuhalten. Tatsächlich fällt mir schwer, das zu schreiben. Aber falsche Schuldzuweisungen und Schuldbekenntnisse bringen uns nicht weiter.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte in der Tagesschau vom 4.4.2022: „Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler. Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben.“

Für den Fehler sind die Politiker nicht zu tadeln. Die Schuldfrage stellt sich aber schon, wenn Warnzeichen übersehen oder gar geleugnet worden sind.

Was wir tun müssen ist, aus den Fehlern der Vergangenheit möglichst viel zu lernen. Wenn ich nach Katar blicke, habe ich Zweifel, dass uns das gelingt. Noch mehr Sorge bereitet China. Das Exportvolumen mit China ist viermal so groß wie das mit Russland.

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