Wozu macht man das?
Gartenschauen sind erstens Leistungsschauen des Gartenhandwerks und zweitens dienen sie der Volksbelustigung. Die dafür bereitgestellten Fördermittel von Stadt, Land und Bund sollen drittens eine dauerhafte Verbesserung der Stadtlandschaft bewirken und viertens ist die LGS für die Stadt Tourismuswerbung. Diese Zielsetzungen bilden den positiven Hintergrund dessen, der sich der Gartenschau in kritischer Grundhaltung nähert.
Aktuell
Gerade wurde die Landesgartenschau eröffnet. Hier mein erster Eindruck: Ich sehe, dass die LGS schöne Fleckchen zu bieten hat. Es gibt vier, zum Teil riesig große insgesamt etwa 60 Fußballfelder (42 ha) umfassende, abgegrenzte Gebiete – viel Zaun und wenig Durchlass. Wer gewohnt war, diese Gebiete im Westen und Süden von Fulda für zwanglose Spaziergänge zu nutzen, der wird sich einiger Erholungsmöglichkeiten beraubt sehen. Mit einer Jahreskarte kann er den Verlust mindern. Er hat dann auch Zugang zu zusätzlichen Highlights. Leider wird er sich, wegen der kilometerlangen Zäune rundherum und der geringen Anzahl an Zu- und Ausgängen, des Gefühls eines Hofgangs nicht gänzlich erwehren können.
Eröffnung, erster Rundgang
Es beginnt mit dem wechselseitigen Schulterklopfen der Nomenklatura. Das muss wohl sein. Dann mache ich meinen ersten Rundgang. Wassergarten und Kulturgarten sind erfreulich, schöne An- und Durchblicke. Leute, die betonierte Gärten, Pflaster und Blumen in Töpfen und Kästen lieben, werden begeistert sein. Dann komme ich zum westlichsten Teil: FuldaAcker. Es ist wie in The Thirteenth Floor: Ende der Simulation. Nur noch Drahtgittermodell. Und kein Entkommen. Es ist zu hoffen, dass die Simulation bis zum Sommer noch fertig wird.
Förderung aus der Distanz
Das Problem bei solchen Großveranstaltungen ist, dass der Bürger die Kosten nicht sieht. Ihm wird der Eindruck vermittelt, alles sei ein Geschenk der Stadt und des Landes. Grob gerechnet werden für diese LGS von Stadt und Land etwa 30 Mio. € eingebracht. Der Kartenverkauf soll ca. 10 Mio. € bringen. Dem Bürger wird vorgegaukelt, dass nicht er es ist, der die ganze Rechnung bezahlt. Aber genau das muss er tun: die Zeche zahlen.
Ganz verrückt wird es, wenn beipielsweise die Förderung von Wanderwegen aus Brüssel kommt. Ich kann mich an die feierliche Eröffnung eines Radwanderwegs erinnern, der die Bürgermeister der Anrainerstädte und die Landräte von zwei Landkreisen beiwohnten. Auf dem Flyer zum Tage waren alle Prominentenköpfe präsent. Ich wollte diesen Radwanderweg auf der Heimfahrt durch den Gieseler Forst nutzen und musste feststellen, dass die Radwegemarkierungen nur so weit reichten, wie sie von der Straße aus zu Fuß leicht zu erreichen waren. Die beauftragte Firma hat es sich wohl bequem gemacht: Ausschilderung des Radwegs mittels Auto. Auf der Höhe des Gieseler Forstes habe ich mich dann total verfranst.
Vor Jahren wurde ein einst schöner und in die Jahre gekommener Platz neu gestaltet. Ich fand die Umgestaltung gewalttätig und fragte, ob das nötig gewesen sei. Ja doch: Man habe Fördergelder beantragt, bekommen und jetzt verbauen müssen.
Diese Erlebnisse haben meine Meinung zu Fördergeldern aus Wiesbaden, Berlin oder Brüssel geprägt.
Woher die massenhafte Begeisterung?
Was bringt die Menschen der Stadt dazu, trotz der eigentlich offensichtlichen Mängel, eine Gartenschau euphorisch zu begrüßen? Ich stelle es mir so vor: Es ist das Gefühl, Teilhaber an einer großen Sache zu sein. Das hat wohl etwas mit der Psychologie der Massen zu tun: In der Masse ist jedes Gefühl, jede Handlung übertragbar, und zwar in so hohem Grade, dass der Einzelne sehr leicht seine persönlichen Wünsche den Gesamtwünschen opfert (Gustave Le Bon, Psychologie der Massen, 1895/2009, S. 36).
Wie damit leben?
Ich will, wenn möglich, jeden Tag auf die LGS gehen. Missmutig werde Sie mich dort nicht sehen. Ich erfreue mich nämlich an den vielen schönen Dingen, die es dort zu erleben gibt. Für mein Seelenleben nehme ich mir vor allem das Positive vor. Und es ist selbstverständlich, dass ein auswärtiger Besucher die Landesgartenschau Fulda ganz anders sieht als ein Anlieger mit kritischem Blick.
Ich habe die Gartenschau vor ca. einer Woche höchst langweilig und „langläufig“ erlebt. Vier mehr als das, was die Natur eh schon vorgegeben hatte konnte ich nicht entdecken: Einen Teich, um den man noch nicht einmal herumlaufen konnte; es gab auch da eigentlich nichts Herausragendes zu sehen. Dass man einen Shuttlebus benutzen konnte, um in andere gepflasterte und mit Kunstgestängen versehene Abteile zu gelangen, ändert an der ganzen „Schau“ nichts. Ich bin sehr enttäuscht Wenn ich z.B. mit der Gartenschau 2003 Hanau vergleiche …. Ich frage mich, warum immer mehr Menschen sich so vorführen lassen können, beim Anblick weiter Wiesen, nackt wie einst der Kaiser ohne Kleider.