Wirksamkeit der Impfungen gegen Corona

Aus Kreisen der Impfgegner erreichen mich immer wieder Äußerungen wie die folgende: Die Impfbefürworter würden die Anzahl der positiv getesteten Ungeimpften mit und ohne Symptome mit der Anzahl der Impfdurchbrüche bei Geimpften vergleichen. Die Geimpften, die positiv sind, aber keine Symptome haben, würden nicht  berücksichtigt. Damit komme man auf eine sehr viel höhere Inzidenz bei Ungeimpften als bei Geimpften. Das sei Mainstream-Propaganda.

Ein flüchtiger Blick auf die servierten Daten zeigt: Die Inzidenz der Ungeimpften ist tatsächlich viel höher als die der Geimpften. Für diesen Effekt ist – anders als unterstellt – keineswegs die Zählweise verantwortlich. Deren Effekt ist zu gering, als dass sie das Gesamtbild wesentlich beeinflussen könnte.

Wer sich über die Impfwirksamkeit informieren will, sollte bei den amtlichen Statistiken beginnen. Etwas Schulmathematik hilft bei der Interpretation. Der wöchentliche Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 02.09.2021 enthält eine Tabelle zur Impfeffektivität. Ich entnehme ihr ein paar Daten zu den Impf- und Durchbruchquoten. Dabei beschränke ich mich auf die Durchbrüche bei den hospitalisierten Fällen. Dadurch entfällt das Problem mit den Zählweisen.

Zahlen der KW 31-34
Alter 12-17 18-59 60 und älter
Impfquote q 15% 61% 81%
Durchbruchquote d 1,30% 5,70% 18,80%

Die Impfquote bezieht sich auf die gesamte Bevölkerung. Die Durchbruchquote ist der Anteil der Geimpften unter den hospitalisierten Covid-Fällen. Nun zur Schulmathematik.

Ich frage nach der Hospitalisierungswahrscheinlichkeit x für Geimpfte (das wären die schweren Impfdurchbrüche) und nach der Hospitalisierungswahrscheinlichkeit y für Ungeimpfte. Der Quotient x/y der beiden Zahlen zeigt die Impfwirksamkeit.

Bei einer Impfquote von q und einer Hospitalisierungswahrscheinlichkeit x der Geimpften ist ein Bruchteil xq der Gesamtbevölkerung sowohl geimpft als auch hospitalisiert. Der entsprechende Bruchteil der Nichtgeimpften ist gleich y(1-q). Daraus ergibt sich die Durchbruchquote der Hospitalisierten näherungsweise zu d = xq/(xq+y(1-q)). Nach x/y aufgelöst, haben wir für die Impfwirksamkeit den Quotienten x/y = (1/q-1)/(1/d-1).  Für die Jüngeren ist er gleich 0,075, für die Mittleren gleich 0,039 und für die Älteren gleich 0,054.

Das Risiko der Hospitalisierung geht durch die Impfung demnach auf etwa 5% zurück. Das entspricht einem Schutz vor Hospitalisierung von etwa 95%. Das steht so auch im Abschnitt „Impfeffektivität“ des Lageberichts.

Leider wird auch dieser eigentlich überflüssige Aufklärungsversuch an der Haltung hartgesottener Impfgegner nichts ändern.

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13 Antworten zu Wirksamkeit der Impfungen gegen Corona

  1. Rainer Gebauer sagt:

    „Leider wird auch dieser eigentlich überflüssige Aufklärungsversuch an der Haltung hartgesottener Impfgegner nichts ändern.“
    Wie wahr, wie wahr…
    Der Mensch hält Taschenspielertricks für Magie und Fakten für Fakes, wenn’s nur ins Weltbild passt.

  2. Niko sagt:

    @Timm Grams
    Man kann auch nicht von jedem erwarten, diese Aussagen mathematisch überprüfen zu können.

    @Rainer Gebauer
    Sie schreiben: „Der Mensch hält Taschenspielertricks für Magie und Fakten für Fakes, wenn’s nur ins Weltbild passt.“

    Das sollte niemanden wundern. Unser Bewußtsein versucht immerzu Probleme zu lösen, die uns wirklich wichtig erscheine und das sind Dinge, die uns bedrohen. Die Art und Weise und der Umfang wirklicher Aufklärung lässt in dieser Gesellschaft sehr zu wünschen übrig. Es ist ein normales Verhalten, das auf’s Überleben ausgerichtet ist, wenn Menschen skeptisch werden und ein Wahr oder Falsch hinter ihre Fragen setzen wollen, denn das beruhigt und führt dazu, dass man seinen Alltag besser gemeistert bekommt. Solche Diskussionen, wie wir sie hier führen, kann sich die Mehrheit dieser Gesellschaft sicherlich nicht leisten.

    Es herrscht in unserer Gesellschaft insgesamt eine enorme Unsicherheit und zwar in fast allen Lebensbereichen. Gründe hierfür gibt es viele. Ich nenne nur einige:
    – Gedanklich unterschiedliche Läger erzeugen schafft Trennung und Distanz, wir brauche aber für eine gemeinsame Lösung Gemeinschaft, Sicherheit und Vertrauen.
    – Mangelndes Selbstwertgefühl mit vielen krassen Folgen (Ursachen sind z. B. Traumata)
    – Kein gemeinsames Ziehen am einem Strang, d. h. z. B. seine Profilneurose in solchen Foren auszuleben ist vielen bedauerlicherweise wichtiger als an einem gemeinsamen Ziel zu arbeiten und sich gegenseitig zu helfen. Ohne eine tägliche Selbstreflektion ist das Ziel unerreichbar. Stichwort Bewußtheit, sie lässt Überflüssiges weg, was nur das Abarbeiten alter ungeheilter Verletzungen und Traumen ist.
    – Männer werden im Gegensatz zu Frauen weniger zu Teamplayern erzogen, dazu eher ihre Ellebogen einzusetzen. Das ist also z. B. ein Problem überholter und stereotyper Geschlechterbilder; Machotum, das, was wir in der arabischen Welt mehr noch in Reinform finden, führt zu Gewalt in einer und gegen eine Gesellschaft

    Dieses Verhalten tritt also erfahrungsgemäß bei Männern erheblich öfters auf als bei Frauen. Es ist eine Frage, wie wir miteinander umgehen, wir brauchen wieder so etwas wie Verständnis für die Fehler anderer und zu aller erst für unsere eigenen Fehler. Wenn das möglich geworden ist, brauchen wir uns auch nicht besser als andere darstellen, denn dann erst leben wir das Prinzip „ich bin ok, du bist ok“.
    Wir werden womöglich daran scheitern, weil unsere Indivitualität der gemeinsamen großen Aufgabe im Wege stand, auf diesem Weg sehe ich uns schon seit langer Zeit.

    Ich sehe es so, wir stehen vor einer Aufgabe, die über Leben und Tod dieser Spezies entscheiden wird. Diese können wir nur lösen, wenn wir ganzheitlich denken und unser fragmentiertes Denken aufgeben, wenn wir aufhören und profilieren zu müssen. Erst dann können wir das Ziel sehen, das unser gemeinsames großes Ziel ist. Solange wir wie auf der Autobahn mit vielen unterschiedlichen Gewindigkeiten fahren wollen, werden wir statt Probleme zu lösen, lediglich viel Energie und lebenswichtige Zeit vergeuden.

    Das Problem ist, dass dies nicht die Politik kann, es muss sich von unten nach oben durchwachsen, so dass irgenwann auch bewußte Menschen in verantwortlichen Positionen ankommen können.

    • Timm Grams sagt:

      „Man kann auch nicht von jedem erwarten, diese Aussagen mathematisch überprüfen zu können.“

      Ja, klar. Gerade die Impfgegner und Verschwörungtheoretiker scheinen nicht rechnen zu können. Attila Hildmann macht’s vor (Der Spiegel 38/18.9.2021, S. 68).

  3. Timm Grams sagt:

    Aus dem aktuellen Wöchentlichen Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19): „Ab dem 30.09.2021 werden […] für die Berechnung der Impfeffektivität nur noch jene COVID-19-Fälle berücksichtigt, für die eine Angabe zum Impfstatus vorliegt. Diese methodische Anpassung hat […] in einigen Fällen zu niedrigeren Schätzern der Impfeffektivität im Vergleich mit früheren hier berichteten Berechnungen geführt.“
    Die aktuellen Daten ergeben neue Schätzwerte für die Impfwirksamkeit x/y, nämlich 0,049 für die Jüngeren, 0,061 für die Mittleren und 0,104 für die Älteren. Das passt zu den Angaben des Lageberichts: „Schutz vor Hospitalisierung: ca. 93% (Alter 18-59 J.) bzw. ca. 89% (Alter ≥60 J.)“

  4. Timm Grams sagt:

    Der Quotient (1/q-1)/(1/d-1) erlaubt diese Deutung:

    Wir teilen die gesamte Bevölkerung in möglichst gleich große Gruppen auf, die jeweils genau einen Geimpften enthalten. Jede Gruppe enthält im Mittel 1/q Personen. Daraus folgt: 1/q-1 ist die mittlere Anzahl von Ungeimpften, auf die genau ein Geimpfter kommt. (Bruchteile von Personen irritieren uns nicht. Sie sind der Mittelwertbildung geschuldet.)

    Dementsprechend ist 1/d-1 gleich der Anzahl der hospitalisierten Ungeimpften, auf die ein Impfdurchbruch kommt.

    Der obige Quotient ist gleich der Hospitalisierungswahrscheinlichkeit von Geimpften geteilt durch die Hospitalisierungswahrscheinlichkeit der Ungeimpften. Je kleiner, desto besser.

    Aufruf: Wenn Ihnen eine bessere (einfachere, verständlichere) Erklärung einfällt, machen Sie diese bitte mittels Kommentar hier publik. Ich bin mit meiner Darstellung unzufrieden. Besonders der letzte Absatz kommt etwas holterdiepolter.

    (Etwas klarer wird der letzte Absatz, wenn man nachvollzieht, dass der Kehrwert des Quotienten multipliziert mit der Hospitalisierungswahrscheinlichkeit der Geimpften die Hospitalisierungswahrscheinlichkeit der Ungeimpften ergibt.)

    • Matthias Friedrich sagt:

      Hallo Hr. Grams,

      ich finde Ihren Ansatz sehr interessant. Für die Interpretation des Quotienten habe ich die als Bild angehängten Formel benutzt. Man könnte so auch direkt bei x/y anfangen und Ihre Formel ableiten.

      Was mich noch beschäftigt hat, ist eine Interpretation/Bewertung der Formel für hohe Impfquoten (q→1). Dann geht auch d→1, da es keine Ungeimpften mehr gibt und folglich nur noch Impfdurchbrüche vorhanden sind. Der Einfluss von y verschwindet aus der Ausgangsformel und man kann über y keine Aussage mehr treffen.

      Des Wert des Quotienten (1/q-1)/(1/d-1) hängt für (d,q →1) davon ab, wie d für q→1 gegen 1 strebt. (siehe Bild im Anhang). Da ist natürlich abhängig von x/y.
      Wie man leicht überprüfen kann, können bei hohen Impfquoten q, bereits kleine Fehler (z.B. durch Ungenauigkeiten, Zeitverschiebungen etc.) bei q und d zu deutlichen Abweichungen bei der Berechnung von x/y führen.

      Ich habe die Formel auch nochmal mit den Angaben aus dem RKI-Wochenbericht vom 9.12.21 für die Impfeffektivität 60+ überprüft. Die Werte stimmen gut überein. (x/y ca. 85%)

      An der Grafik unten sieht man gut, dass auch hohe Durchbruchquoten wie d=50 kein Zeichen für eine Unwirksamkeit der Impfung sind.

  5. Wird in der aktuellen Diskussion eigentlich die Möglichkeit erwogen, dass die gefundenen „Impfdurchbrüche“ auch durch eine unbemerkte Unterbrechung der Kühlkette verursacht sein könnten, durch die RNA-Impfstoffe unwirksam geworden sind?

    • Timm Grams sagt:

      Ja, es mag sein, „dass die gefundenen ‚Impfdurchbrüche‘ auch durch eine unbemerkte Unterbrechung der Kühlkette verursacht sein könnten“. Das ist schwer nachzuweisen.

      Wie aber steht es mit der Impfwirksamkeit nach Verimpfung? Seit etwa einem halben Jahr sind die meisten Älteren unter uns zweimal gegen Corona geimpft, was zurzeit noch als vollständig geimpft gilt. Die dritte Impfung läuft erst an. Anhand der Impf- und der Durchbruchquoten, die das Robert Koch-Institut wöchentlich publiziert, lässt sich die in den letzten Wochen fallende Impfwirksamkeit gut erkennen. Man beachte, dass die Nullprozent-Linie weit links außerhalb der Grafik liegt.

      Erläuterung: Der Quotient (1/q-1)/(1/d-1) ist gleich dem relativen Risiko einer Hospitalisierung von Geimpften bezogen auf die Ungeimpften. Die Impfwirksamkeit ist das Komplement (Ergänzung zu eins) des relativen Risikos.

  6. James Muckla sagt:

    Sind die niveaulosen Kommentare gegen impfkritische Menschen eigentlich noch akutell?

    Die Behauptung, unterschiedliche Testinzidenzen in Geimpf/Ungeimpft hätten keinen Einfluss wäre zu belegen gewesen.
    Die ganzen RKI-Taschenspielertricks wie mal Fälle ohne Bekannten Impfstatus den Ungeimpften unterzujublen fanden hier wohl Zuspruch.
    Die Bezeichnungen als „Impfdruchbrüche“ ist unwissenschaftlich-tendenziös: Es sind „Impfversagen“.

    Die maßnahmenkritische Bewegung sagte immer: Vorsicht „Wir wissen zu wenig“!
    Inzwischen zeigen einige Studien NEGATIVE Impfeffektivitäten, ein bis dato unbekanntes Problem.

    Auch hierhin hat sie recht behalten.

    • Timm Grams sagt:

      Agitationssprech hilft nicht weiter. Es ist unangemessen, bei einer impfwirksamkeit von 80% von einem 20-prozentigen Impfversagen zu sprechen. An eine Impfung werden nicht dieselben Anforderungen gestellt wie an eine Bremse im Auto, bei der man gegebenenfalls tatsächlich von einem Versagen spricht.

    • John Solar sagt:

      Eine ziemlich gute Aufarbeitung von Quarks, die klar zugeben wie wenig Studien über gewisse Dinge gibt beiCovid und der IMPFUNG…

      https://www.youtube.com/watch?v=2dY-JdFdfII

    • Frank Wohlgemuth sagt:

      Es gibt keine Studien, die negative Impfeffektiven zeigen. Was es gibt, sind Versuche, die Impfwirksamkeit bei Kindern trotz einer desolaten Datenlage zu schätzen. Aber genau wegen dieser Datenlage, die relativ hohe Verzerrungen wahrscheinlich macht, wurden negative Werte, die dabei herauskamen, auf Null gesetzt, um damit zu sagen, dass dazu im Moment keine Aussagen gemacht werden können.
      Für jemanden, der selbst gewöhnt ist, Informationen aus Zahlenfriedhöfen zu destillieren, ist die Aussage des RKI dazu absolut schlüssig – dass ein Kubiki hier genauso überfordert ist, wie übrigens auch viele Mediziner oder selbsternannte Erbsenzähler, ist allerdings auch klar.

      @ John Solar: Auch wenn ich seit Anfang 2020 sehe, dass zu wenig Anstrengungen in Deutschland für die begleitende Forschung an Corona unternommen werden, halte ich unser inzwischen erworbenes Wissen angesichts der Dynamik, der Komplexität und des z.T. aus Datenschutzgründen unvollständigen Datenmaterials zum Thema Corona inzwischen für erstaunlich vollständig.

      Was fehlt, sind eigentlich nur noch einigermaßen präzise Ansagen zum Thema Long-Covid. Wer die systembedingt schlechte Datenlage kennt, kann sich hier aber kaum wundern: Man kann den Datenschutz auch dahin pervertieren, dass er unser Risiko erhöht, statt unsere Freiheit zu sichern.

    • John Solar sagt:

      Zitat Frank W. „Was fehlt, sind eigentlich nur noch einigermaßen präzise Ansagen zum Thema Long-Covid. Wer die systembedingt schlechte Datenlage kennt, kann sich hier aber kaum wundern: Man kann den Datenschutz auch dahin pervertieren, dass er unser Risiko erhöht, statt unsere Freiheit zu sichern.“

      — Genau das bemängelt der Quarks Bericht, Long Covid, Post Vac
      (schweres Thema weil könnte auch False Positive sein sprich Impfung und Covid in einem), und generell jüngere Menschen und noch eine 4. Impfung oder lieber Long Covid…..

      Fand ich für einen Bericht der ÖR ziemlich gut…
      Scheinbar sollen die zwei jungen Menschen auch eine spezielle Zielgruppe ansprechn, na ob das klappt ;-)

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