Zehntes Intermezzo: Wer hat den Zufall gemacht?

Die Volksverführer und Meinungskneter haben es leicht. Sie gehen zurecht von der Prämisse aus, dass jeder Mensch an etwas glauben will – etwas, das seine Unsicherheiten und Ängste zu lindern verspricht. Das leisten beispielsweise die Verheißungen der Bibel, die des Corpus Hermeticum und die der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR).

Glaubensfragen

Der Agnostiker tut sich mit dem Glauben etwas schwerer. Mit den Gläubigen aller Sorten kommt er wohl zurande. Schwierigkeiten hat er nur mit den Leuten, die andere Leute herabwürdigen, weil diese einem Glauben anhängen. Dabei sind auch sie selbst Gläubige. Solche Leute habe ich unter den sich selbst so bezeichnenden »Skeptikern« und »Humanisten« gefunden. Diese Zeitgenossen meinen, dass ihr »Realismus« ohne Glauben zu haben sei.

Voll überbordender Selbstgewissheit spricht der Humanist von der

Darwinschen Kränkung, entstanden aus dem Wissen, dass der Mensch als ein bloß zufälliges Produkt der natürlichen Evolution begriffen […] werden muss. […] Keine der bestehenden Religionen ist mit den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung noch in Einklang zu bringen!

Quelle: Michael Schmidt-Salomon, Manifest des evolutionären Humanismus, 2006, S. 10 und 13.

Das Glaubensbekenntnis der Atheisten hebt sich nicht von den Glaubensbekenntnissen anderer Weltanschauungen ab.

Überheblichkeit

Dennoch: Man glaubt die Wissenschaft auf seiner Seite. Das verleitet zu einer überheblichen Haltung, von der hier in Hoppla!-Blog schon mehrfach die Rede war.

Kürzlich greift eine Humanistin zu schwerem rhetorischen Geschütz, zur Paralipse:

Natürlich ist es in einem demokratischen Rechtsstaat, der allen Bürgern/innen Religionsfreiheit (und somit auch die Freiheit von Religion) zusichert, erlaubt, derartige Glaubensinhalte für sich als maßgeblich zu definieren. Auch wenn wir geradezu in Versuchung geraten, so vermeiden wir absichtlich das Wort „hirnlos“ in diesem Zusammenhang.

Die Glaubensbasis dieser Leute ist nicht weniger metaphysisch als die der gläubigen Christen, der Moslems und der Esoteriker. Für Überheblichkeit gibt es keine Veranlassung.

Was ist Zufall?

Der Zufall scheint bei der vermeintlichen Entthronung Gottes durch den Darwinismus die entscheidende Rolle zu spielen. Aber kann er das überhaupt? Ich denke: nein.

Der Naturwissenschaftler wird auf die Frage nach dem Wesen des Zufalls und seine Ursachen keine befriedigende Antwort geben. Am ehesten sind noch die Mathematiker und Informatiker zu einer Antwort bereit. Sie nennen Bedingungen dafür, wann eine Folge von Werten, eine Zeitreihe, als zufällig zu gelten hat. Es kann also nicht um isolierte Einzelereignisse gehen, sondern um Ereignisse, die unter ähnlichen Umständen immer wieder auftreten. Bei der biologischen Evolution ist das so.

Aber wer sagt denn, das hinter einer Zufallsfolge nicht einer steckt, der alles so plant, dass es für uns genau wie Zufall aussieht – ein Dämon namens Alea sozusagen.

Unter allen möglichen der willkürlich gewählten Folgen sehen die meisten tatsächlich nach Zufall aus. Ich bringe ein einfaches Beispiel. Unter den Sechsbitfolgen wie beispielsweise 001010 gibt es 50 Folgen, die jeweils 2, 3 oder 4 Einsen bzw. Nullen haben, so wie man es vom Zufall erwartet. Nur 14 haben nur eine oder zwei Nullen bzw. Einsen. Der Zufall ist also ziemlich natürlich. Je länger die Folgen (Zeitreihen) sind, umso deutlicher wird dieser Effekt. Was nach Zufall aussieht, könnte durchaus vorgeformt sein.

Andererseits: Die Evolution und die Entstehung des Neuen kommen ohne Planung und ohne jenseitige Eingebung aus. Das habe ich mit dem Programn KoopEgo gezeigt. Der von mir eingesetzte Zufallsgenerator hatte ganz gewiss nicht das Ergebnis im Sinn, das mich dann verblüfft hat.

Dokumentiert ist das in dem GWUP-Vortrag »Ist das Gute göttlich oder Ergebnis der Evolution? Kooperatives Verhalten in einer Welt voller Egoisten« (skeptiker 62/2009, S. 60-67).

Das was ich hier ausgebreitet habe, ist nichts Neues. Die Proponenten des evolutionären Humanismus hätten das schon lange wissen können. Sie hätte nur ihren Charles Darwin richtig lesen müssen (Charles Darwin, Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl, 5. Kapitel, 1859/2000, S. 153 f.):

Ich habe bisher von den Abänderungen, – die so gemein und mannichfaltig bei Organismen im Culturzustande und in etwas minderem Grade häufig bei solchen im Naturzustande sind, – zuweilen so gesprochen, als ob dieselben vom Zufall abhängig wären. Dies ist natürlich eine ganz incorrecte Ausdrucksweise; sie dient aber dazu, unsere gänzliche Unwissenheit über die Ursache jeder besondern Abweichung zu beurkunden.

Auch wenn die Zufallsfolgen gesetzmäßig entstanden sein sollten, wie bei einem Zufallszahlengenerator im Rechner, wird der Naturwissenschaftler, Darwin folgend, nicht irgendwelche absichtsvolle aber unergründliche Triebkräfte annehmen und dadurch den Forschungsprozess vorzeitig beenden.

Zur Technik: Zufallszahlengeneratoren sind Computerprogramme, die ausgehend von einem Startwert eine Folge von Zahlen bilden, die, obwohl deterministisch erzeugt, nach Zufall aussehen. Auch das Programm KoopEgo nutzt einen solchen.

Auch wenn wir oft so reden, als gäbe es einen »Zufall an sich«, es sind einzig die Erscheinungen, nach denen wir urteilen. Augenfällig wird es bei den Zufallszahlen, die ein Digitalrechner generiert. Sie folgen einem Bildungsgesetz, sind also deterministisch erzeugte Pseudozufallszahlen. Ihren Zufallscharakter müssen sie durch Tests erweisen.

In meiner Lehrveranstaltungen zur stochastischen Simulation wurde der Zufallszahlengenerator der Programmiersprache Java verwendet. Studenten hatten eine Simulationsaufgabe zu lösen und lagen mit dem Ergebnis neben dem zu erwartenden. Die Fehlersuche erbrachte ein unerwartetes Ergebnis. Tatsächlich hatten wir mit dieser Simulationsaufgabe eine Schwachstelle des Generators getroffen. Er verriet etwas von seiner deterministischen Struktur. Dabei sind wir nicht an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gegangen und weit unterhalb der Periodenlänge geblieben.

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38 Antworten zu Zehntes Intermezzo: Wer hat den Zufall gemacht?

  1. Realo sagt:

    @ Timm Grams

    Zitat 1: „Wer hat den Zufall gemacht?“

    Zitat 2: „Aber wer sagt denn, das hinter einer Zufallsfolge nicht einer steckt, der alles so plant, dass es für uns genau wie Zufall aussieht – ein Dämon namens Alea sozusagen.“

    Vorausgeschickt: Ich sehe, vermutlich wegen einer ähnlichen beruflichen Prägung (wenn auch bei mir auf niedrigerem Niveau) und des Lebensalters, fast alles wie Sie, Herr Professor.

    Aber beim Wort „wer“ möchte ich „einhacken“. Meiner Meinung nach ist das Wort „wer“ Ursache für die Widersprüche im Zusammenhang mit der „Gottesfrage“.

    „Wer“ würde voraussetzen, dass ein „Mensch“ (mindestens „Menschen ähnliches“) die Schöpfung „gemacht“ hat. Man traut die (allenfalls intelligente) Entwicklung aller Gesetzmäßigkeiten und Mechanismen, sozusagen nur „Menschen“ zu.

    Heutzutage würden allein der Verweis auf KI reichen zu verstehen, dass Menschen nicht „zwingend nötig“ sind. Damit kommt man der Realität näher.

    Ich schließe selbstverständlich nicht aus, dass auch Menschen mit „Rauschebart“, (allenfalls sogar auch nur mit einem „Bärtchen“) beim „Lauf der Welt mitgewirkt“ haben….

    Aus Sicht der Informatiker ist es völlig legal, „allem“, seien es Menschen, Prozessoren, Prozesse, auch nur informelle Objekte, …. ordentlich zu „deklarieren“, einen „Bezeichner“ zu geben, um sie „referenzieren“ zu können und z.B. in Prozesse (allenfalls auch nur informellen Prozessen) in Maschinen oder bei Denkprozessen einzubinden.

    Die Regeln, z.B. der Informatiker, müssen natürlich eingehalten werden, sonst „fliegt einem der Prozess um die Ohren“….. Informatiker sind recht penibel, weil ihnen letzteres in ihrer Arbeit öfter „unter gekommen“ ist….

    Es ist laut Zitat 2 die Frage, welche besonderen „Eigenschaften von Mechanismen“ hinter einer wie auch immer generierten und verarbeiteten Zufallsfolge „stecken“, wobei z.B. der besondere Eindruck einer „Planmäßigkeit“ oder „Kreativität“ entstehen kann.

    Ich kann mir in diesem Sinne nicht vorstellen, dass es falsch wäre, wie es Theologen tun, als Bezeichner für alle Gesetzmäßigkeiten, Mechanismen, Prozesse,….. die mit der Existenz der Welt zu tun haben, genau so wie es sich eben wirklich verhält, uns aber nicht vollständig bekannt sind (Transzendenz Eigenschaft), als „Gott“ zu bezeichnen.

  2. Realo sagt:

    Zitat: „Voll überbordender Selbstgewissheit spricht der Humanist von der Darwinschen Kränkung, entstanden aus dem Wissen, dass der Mensch als ein bloß zufälliges Produkt der natürlichen Evolution begriffen […] werden muss. […] Keine der bestehenden Religionen ist mit den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung noch in Einklang zu bringen!“

    Diese Aussage (Kränkung), kann ich zunächst einmal gut nachvollziehen. Allgemein wird der Zufall als ganz besonders „dumm“ empfunden, wenn man z.B. Pech hat und ein Dachziegel fällt einem auf den Kopf….

    Aber wenn man selber einmal, auch nur zufällig, an (auch absichtlich „manipulierten“) elektronischen Zufallsgeneratoren (Hardware) „gebastelt“ hat und dann auch noch Vergleiche mit der Biologie (DNA Variationen) zieht, kommt man sehr schnell zu einer völlig anderen Sicht.

    Das traurige Gefühl der Darwinschen Kränkung „schwindet“ schnell und kehrt sich um in Begeisterung….

    Zitat: „Es kann also nicht um isolierte Einzelereignisse gehen, sondern um Ereignisse, die unter ähnlichen Umständen immer wieder auftreten. Bei der biologischen Evolution ist das so.“

    Da wird einem schnell die „extreme Mächtigkeit“ von Systemen klar, die auch auf verschiedene Zufallsgenerator Mechanismen aufbauen, auf die die Natur beim „unaufhörlichen Scannen“ nach neuen Variablen (z.B. auf der Zahlengeraden zwischen 0 und unendlich) „gestoßen“ ist. („Kambrische Explosion“).

    Von Theologen habe ich, übrigens auch zufällig gehört, dass sie den Zufall und den Darwinismus als ganz besonders „mächtiges Werkzeug Gottes“ interpretieren.

    „Gott“ interpretieren sie als Bezeichner für alle „Gesetzmäßigkeiten“, „Schöpfungsmechanismen“,…. genau wie es sich wirklich verhält.

  3. Timm Grams sagt:

    @ Realo

    Um Missverständnisse zu vermeiden, stelle ich klar: Spätestens seit meinem Studium weiß ich um die schöpferische Kraft von Vielfalt und Selektion. Jaques Monod hat Darwins Evolutionslehre als »Zufall und Notwendigkeit« charakterisiert. Es ist eine tolle Idee, auf die Gott da gekommen ist.

    Sie dürfen das gerne als Ironie lesen aber auch als Ausdruck der Wertschätzung, die ich den Evolutionsverfahren entgegenbringe. Für die Widerlegung Gottes geben sie nichts her.

    In meiner Lehrveranstaltung »Problemlösen« (2010-2015) meinte ein Student, dass er dem Zufall nicht so recht traue; streng deterministische Verfahren seien genauer. Diesen Zahn habe ich ihm schnell gezogen. An einer Approximationsaufgabe zeigte ich ihm, dass der evolutionäre Algorithmus bis in die Bereiche des numerischen Rauschens kommt, dass es auf dem Rechner offenbar nicht genauer geht – egal, mit welchem Verfahren.

    Gegen Ende seines Lebens war Charles Darwin bekennender Agnostiker: »I for one must be content to remain an Agnostic« (The Autobiography, 1958, S. 78).

  4. KinseherRichard sagt:

    Wer verstehen will, wie Veränderungen entstehen können (= Ursache und Wesen des Zufalls) – müsste sich mit dem Thema ´Zeit´ beschäftigen und definieren, was ´Zeit´ ist.

    Denn um zu verstehen, wie/warum Veränderungen möglich sind, muss man verstehen/erklären können, wieso Objekte/Lebewesen zwar beständig existieren, sich aber dabei trotzdem verändern können.

    Es ist schade, dass Wissenschaft/Philosophie bis heute keine Definition für ´Zeit´ vorgestellt haben.

  5. Realo sagt:

    @ KinseherRichard 14. Mai 2025 um 14:07 Uhr

    Wenn ich Sie richtig verstehe, wollen Sie „absolute Zusammenhänge“ zwischen Veränderungen und Zeit ermitteln um z.B. der Ursache und dem Wesen des Zufalls „absolut nahe“ zu kommen.

    Leider gibt es „Quantifizierungsfehler“ und die „Komplexität“. Kurz gesagt, „alles hängt mit allem zusammen“.

    Diese Aussage beschreibt eine grundlegende philosophische und wissenschaftliche Erkenntnis, die besagt, dass alle Dinge, Ereignisse und Prozesse in einem komplexen Netzwerk von Interaktionen und Abhängigkeiten miteinander verbunden sind.

    Man sollte sich mit dem jeweils „realistisch Machbaren“ begnügen.

    Zufallsgeneratoren können in der Elektronik relativ einfach mit „Zählerschaltungen“, „Oszillatoren“ und „unterschiedlichen Kopplungen“ realisiert werden.

    Es können z.B., je nach Schaltung, (fast absolut) „determinierte“ Zahlenfolgen, bis hin zu (fast absolut) „zufälligen“ Zahlenfolgen generiert werden und man kann recht gut verstehen, warum es zu den unterschiedlichen Eigenschaften kommt.

  6. KinseherRichard sagt:

    @Realo
    Bischof Augustinus hat in ´Bekenntnisse´ (Buch 11, Kap. 13-29) drei Typen von Zeit bzw. Zeitwahrnehmung vorgestellt: a) göttliche, b) physikalische, c) menschliche.

    Dabei schreibt er auch, dass Gott das Universum UND die Zeit erschaffen hat. In unsere heutige Sprache übersetzt heißt dies: für Gott gelten die physikalische Gesetze und menschliche Wahrnehmungen nicht – da er davon unabhängig ist.

    D.h. wer versucht mit Überlegungen (z.B. über Zufall/Darwin´sche-Kränkung) die Existenz Gottes zu beweisen oder zu widerlegen – macht damit einen Denkfehler.

    Wer daran interessiert ist, zu wissen wie/warum Veränderungen geschehen – muss sich mit dem Thema ´Zeit´ befassen. Aber man muss dabei auch die Grenzen von Erklärungsversuchen kennen.

  7. Realo sagt:

    @ KinseherRichard 15. Mai 2025 um 04:07 Uhr

    Für meine Ansprüche als ehemaliger Elektroniker, reichte weitaus die operationale Perspektive, in der „Zeit über ihre Messbarkeit“ definiert wird.

    Eine Sekunde ist beispielsweise die Dauer von 9.192.631.770 Schwingungen der Strahlung, die vom Übergang eines Atoms im Zustand eines Cäsiumisotops ausgeht. Diese präzise Definition ermöglicht es uns, die Zeit mit atomaren Uhren in extremer Genauigkeit zu messen (Internet).

    Ich bin vor Jahrzehnten, ich glaube es war ein Pfingstsonntag, in einem Stau gestanden und habe zufällig die Predigt eines katholischen Bischofs im Autoradio gehört. Seine „Gottes Sicht“, hat mich sehr beeindruckt.

    „Gott“ interpretierte er, aus meiner Erinnerung, als eine Art von „Bezeichner“ für alle „Gesetzmäßigkeiten“, „Schöpfungsmechanismen“, „Prozesse“,…. die im Zusammenhang mit der „Schöpfung und Existenz der Welt“ stehen, genau so, wie es sich „wirklich verhält“. Das Problem wäre nur, dass Menschen dies nicht vollständig verstehen könnten….

    Ihrem Schluss, das Gott außerhalb der „wirklichen Gesetze“ der Physik stünde, kann ich nicht nachvollziehen. Diese Gesetze sind vielmehr Teil von dem, was Theologen mit Gott bezeichnen…..

    Für mich widerlegen die Überlegungen über Zufall/Darwin´sche Kränkung, jedenfalls nicht die Existenz Gottes.

    Allerdings scheint die o. a. Definition (Gottes) im Sinne der Informatik korrekt. Auch „informelle Objekte“ die korrekt deklariert/definiert sind, existieren real. Einerseits als „gespeicherte Information, besonders aber während der „Laufzeit eines Computerprogramms“ im Computer bzw. als „Gedanken im Gehirn“ und verweisen auf das reale, z.B. das Schöpfungs- Geschehen….

    Die Existenz der „geschaffenen Welt“ kann praktisch nicht geleugnet werden….

  8. KinseherRichard sagt:

    @Realo
    Unsere Vorfahren haben Kalender erdacht, um Ereignisse ordnen zu können. Uhren sind eine praktische Anwendung von Kalendern, wobei man Kalenderdaten in Form von ´Uhrzeit´ anzeigen und ablesen kann.
    Die ´Sekunde´ ist deshalb nur eine Messgröße für Uhrzeiten/Kalenderdaten.

    Wir benutzen die Sprache oft sehr ungenau und schlampig. z.B. wenn gesagt wird, dass man mit Uhren ´Zeit´ anzeigen bzw. messen könne.
    Das ist zu 100% falsch – denn bisher gibt es noch keine wissenschaftliche bzw. philosophische Definition für ´Zeit´. Man kann aber nichts nicht anzeigen/messen, von dem man doch gar nicht weiß, was es ist.
    Die ´Sekunde´ ist nur eine Meßgröße für Kalenderdaten. Wer wissen will, was vergeht, wenn ´Zeit´ vergeht – muss deshalb erklären, was sich ändert, wenn eine Sekunde ´vergeht´.

    Mein Vorschlag:
    Uhrwerke sind Maschinen, die nach den Gesetzen der Thermodynamik funktionieren. Damit eine Sekunde vergehen kann, muss dazu im Uhrwerk ein einseitig gerichteter Fluss von Energie erfolgen. Wenn man diesen Fluß von Energie als das Vergehen von Zeit betrachtet, dann kommt man zu der Definition „Zeit ist Energie“.

    Und damit sind wir beim aktuellen Blog-Thema ´Zufall´. Wenn ´Zeit´nur vergeht, indem in einem System ein einseitig gerichteter Fluss von Energie erfolgt – dann bedeutet dies, dass jede Veränderung dadurch erfolgte, weil sich der Energiezustand/-gehalt geändert hat.
    Mit dieser konkreten Vorbedingung/Grundlage für Veränderungen muss man die Idee vom ´Zufall´ neu überdenken

  9. Timm Grams sagt:

    Eine rasende Ente ist in die Radarfalle getappt. Sie wurde mit 52 km/h geblitzt, in einer 30-km/h-Zone. Genau sieben Jahren vorher wurde an gleicher Stelle ebenfalls eine Ente beim Schnellfliegen geblitzt. Kann das Zufall sein?

  10. KinseherRichard sagt:

    @Grams

    Es gibt Gebiete, worin sich häufig Vögel aufhalten. Wenn man dort eine Radarfalle betreibt, kann es vorkommen, dass damit auch fliegende Vögel geblitzt werden.

  11. Timm Grams sagt:

    @ KinseherRichard

    Die »rasende Ente« fand ich eigentlich nur witzig. Wir können das aber auch vertiefen. Sie ist ein weiteres Beispiel für das, was wir Zufall nennen. Hier ist es die Wiederholung eines seltenen Vorkommnisses an derselben Stelle in einem »magischen Zeitabstand« von genau sieben Jahren. Diese Zeitungsmeldung ist nichts Besonderes. Angesichts der vielfältigen Welt lassen sich immer wieder einmal Anzeichen für irgendeine »Magie« finden.

  12. Realo sagt:

    @ KinseherRichard 15. Mai 2025 um 14:00 Uhr

    Zitat: „Damit eine Sekunde vergehen kann, muss dazu im Uhrwerk ein einseitig gerichteter Fluss von Energie erfolgen. Wenn man diesen Fluß von Energie als das Vergehen von Zeit betrachtet, dann kommt man zu der Definition „Zeit ist Energie“.“

    „Zeit ist Energie“ dürfte als Gleichung mit dieser Schlussfolgerung nicht bewiesen sein, wie z.B. die Äquivalenz von Masse und Energie, (Einstein: E=m.c^2).

    Ich gehe anschaulich davon aus, dass z.B. für die Anzeige einer Zeitspanne von 1 Stunde, eine Kirchturmuhr mehr Energie braucht, als eine Armbanduhr….

  13. KinseherRichard sagt:

    @Realo
    Du hast vollkommen recht: Eine Kirchturmuhr braucht im Betrieb mehr Energie als eine Armbanduhr, damit eine Stunde vergeht.
    D.h. der Energiefluss ist objektabhängig.

    Gemeinsam ist aber, dass in beiden Uhren die Energie nur einseitig gerichtet fließt: d.h. der sogenannte ´Zeitpfeil´ bzw. Ereignisse können nur eine Richtung haben. Oder – um beim Blog-Thema ´Zufall´ zu bleiben – damit sind auch ´zufällige´ Ereignisse nur in einem bestimmten Rahmen möglich.

  14. Timm Grams sagt:

    @ KinseherRichard
    @ Realo

    In Ihre Unterhaltung über das Wesen der Zeit will ich mich nicht einmischen. Mir kommen dazu allerdings zwei Experten in den Sinn. Der eine, nämlich Immanuel Kant, findet, »daß es zwei reine Formen sinnlicher Anschauung als Principien der Erkenntniß a priori gebe, nämlich Raum und Zeit« (KrV, 1787/2011, Transzendentale Ästhetik § 1). Der andere ist Hans Reichenbach, der die Richtung der Zeit über die Kausalität bestimmt. Darüber schreibe ich in Die Suche nach dem wahren Grund.

    Wenn ich mich recht erinnere hat Ilya Prigogine den Zusammenhang zwischen Entropie und Zeit herausgestellt.

  15. KinseherRichard sagt:

    @Grams
    zu Kant: Bischof Augustinus unterschied schon vor 1600 Jahren drei Typen von Zeit bzw. Zeitwahrnehmung. Bei Kant wird nicht klar, was er denn unter ´Zeit´ versteht.

    zu Prigogine: Die Idee, dass das Vorhandensein von Leben thermodynamischen Gesetzen zu widersprechen scheint – weil Organismen Ordnung aufbauen – ist fragwürdig. Denn man müsste in seriöse Entropie-Überlegungen auch alle Parameter einbeziehen, welche für das Entstehen von Leben notwendig sind: z. B. Wasser, Boden/Dünger, Nahrungsmittel (pflanzlich/tierisch), Verdauungsprozesse.
    Zur Thematik der reversiblen Zeit (weil einige physikalische Prozesse auch umgekehrt ablaufen können) – sollte man beachten, dass wir auf der Erde leben, die sich dreht und dabei die Sonne umkreist. Unser Sonnensystem befindet sich in einer rotierenden Galaxie, die sich in einem expandierendem Universum bewegt. D.h. auf jedes physikalische Ereignis, wirken sehr dynamische Veränderungen ein – und wer behauptet, dass einige physikalischen Prozesse auch umgekehrt ablaufen, sollte erklären, wie dabei alle diese dazu gehörenden dynamischen Prozesse auch gestoppt und umgekehrt weden können.

  16. Realo sagt:

    @ KinseherRichard 17. Mai 2025 um 14:24 Uhr

    Im Zusammenhang mit der Umkehrung physikalischer Prozesse eine interessante Beobachtung im Zusammenhang mit „Denkprozessen“, die Dich interessieren könnten.

    Neurologische Prozesse verlaufen in eine Richtung, allerdings sind zwar Rückkoppelungen, aber keine direkt „zurücklaufenden Prozesse“ in den Neuronenverbänden möglich.

    Bei einer Diskussion mit einem Kollegen haben wir beide den Gesprächsfaden verloren. Da konnte ich gut beobachten, wie der Kollege mehrmals auf so etwas wie „Haltepunkte“ zurückgesprungen ist, dabei jeweils ein Stück vorwärts einen Diskussionsabschnitt „abgespielt“ hat, bis er den geeigneten Ausgangspunkt des Gesprächsfadens gefunden hat….

    Das wäre ein Aspekt, um bei gerichteten Prozessen „zurückzuspringen“.

    In der Videotechnik ist die Umkehrung ganz einfach. Die Einzelbilder werden einfach in der umgekehrten Richtung abgespielt und z.B. ein Fußballer läuft plötzlich zurück, oder der Fußball fliegt vom Tor zurück und auf den Fuß des Torschützen……..

    [tg: Das alles trifft nicht Kinsehers Punkt, soweit ich sehen kann.]

  17. KinseherRichard sagt:

    @Realo
    Bei Nahtod-Erfahrungen (NTEs) kann man direkt life bewusst erleben, wie das Gehirn arbeitet um einen einzelnen Reiz/Gedanken systematisch und strukturiert zu verarbeiten. (Darüber habe ich ein Buch geschrieben.)
    Dabei sind neun(!) unterschiedliche Arbeitsstrategien erkennbar: Gedächtnisinhalte werden in hierarchisch AUF- bzw. AB-wärts Abfolge reaktiviert und dazu bzw. getrennt davon kann eine gedankliche Simulation der aktuellen Situation als ´Außerkörperliche Erfahrung´ erlebt werden.
    Aber dabei sind keine ´Umkehrung´ oder ´zurücklaufende Prozesse´, sondern nur Versuche des Gehirns, eine Handlungsstrategie für die Zukunft(!) zu finden.

    Zum Blogthema (Zufall) ist aber interessant, dass der Zustand von Neuronen, bevor sie zur Reizverarbeitung benutzt werden – darüber entscheidet, wie dann die weitere Reaktion erfolgt. Fachbegriff: priming.
    Ein identischer Reiz kann deshalb zu völlig unterschiedlichen Reaktionen führen.
    D.h. dass man mit dem Begriff ´Zufall´ im Zusammenhang mit Denkvorgängen vorsichtig sein sollte.

  18. Timm Grams sagt:

    Erster Hauptsatz: Die Energie der Welt – einschließlich ihres Massenäquivalents – ist konstant. Zweiter Hauptsatz: Die Entropie der Welt – das Chaos – wächst und strebt einem Maximum zu. Was bleibt, ist ein »lauwarmer mausgrauer Matsch«. (Wer das gesagt hat, weiß ich leider nicht mehr.) Der zweite Hauptsatz legt den Zeitpfeil unumkehrbar fest.

    Der Zufall treibt die Entropie.

  19. KinseherRichard sagt:

    @Grams
    Die Gesamtenergie des Universums ist konstant.

    Allerdings verändert sich der Energiegehalt_pro_Volumeneinheit wegen der Expansion des Universums – in eine festgelegte Richtung. (Weshalb der Zeitpfeil unumkehrbar ist.)
    Thermodynamisch ist unser Universum deshalb eine Maschine – die durch einen einseitig gerichteten Fluss von Energie angetrieben wird.

    D.h. der Satz ´Der Zufall treibt die Entropie´ ist deshalb falsch.
    Denn, dass der Energiefluss in Maschinen einseitig gerichtet ist – legt fest, dass Veränderungen immer in einer bestimmten Richtung bzw. Art und Weise erfolgen müssen: und damit nicht mehr zufällig sind.

  20. Timm Grams sagt:

    @ KinseherRichard

    Stefan Klein hat die Sache allgemeinverständlich dargestellt (Alles Zufall, 2004, S. 60 f.):

    Eben das besagt der berühmte zweite Hauptsatz der Thermodynamik in der von Boltzmann entdeckten Lesart: Die Unordnung alias Entropie strebt danach, so groß zu werden wie irgend möglich. […] Der Zufall schafft sich seine eigenen Gesetze.

    Ich zitiere noch aus dem Spektrum Essay »Woher nehmen wir die Zeit?« von Michael Springer (Mai 2006):

    Bei allen Energieumwandlungen bleibt zwar die Gesamtenergie stets erhalten – das besagt der Erste Hauptsatz der Wärmelehre –, aber die Energie verliert mit der Zeit ihre Nutzbarkeit. Dies drückt der berühmte Zweite Hauptsatz aus: Die Entropie, ein abstraktes Maß für Nicht-mehr-Nutzbarkeit – oder Nivellierung, Vergeudung – der Energie, nimmt tendenziell zu. Damit taucht in der Physik, die sich vordem nur auf reversible Prozesse spezialisierte, […] endlich eine Richtung der Zeit auf, […]

  21. KinseherRichard sagt:

    @Grams
    Zitat: „Die Unordnung alias Entropie strebt danach, so groß zu werden wie irgend möglich.“
    Das ist ein netter Scherz! Denn damit wird der Unordnung/Entropie unterstellt, dass es ein Wesen mit festen, absichtlichen Plänen/Zielen sei.

    Statt ein ´Wesen´ zu erfinden, sollte man sich besser damit zufrieden geben, zu sagen, dass alle Ereignisse im Universum nach Naturgesetzen ablaufen – wodurch sich eine Zunahme der Entropie ergibt.

  22. Timm Grams sagt:

    @ KinseherRichard

    Wir sollten vermeiden, in Albernheiten abzurutschen. Für x gegen 0 »geht« (oder eben auch »strebt«) 1/x gegen unendlich. Wenn der Lehrer so gesprochen hat, dann war uns Schülern schon klar, dass die Zahlen weder selbst gehen oder streben. Wenn wir vom »Verhalten« einer Funktion sprechen, dann ist klar, dass sich die Funktion selbst nicht verhalten kann. Die Bedeutung von Sprache ist eben kontextabhängig.

    Die Wachstumsstendenz der Entropie ist tatsächlich mehr als nur ein Spiel mit Wörtern oder eine Formulierung im Rahmen einer Kurvendiskussion. Sie ist ein Naturgesetz!

  23. Realo sagt:

    @ KinseherRichard 18. Mai 2025 um 13:12 Uhr

    Zitat: „Zum Blogthema (Zufall) ist aber interessant, dass der Zustand von Neuronen, bevor sie zur Reizverarbeitung benutzt werden – darüber entscheidet, wie dann die weitere Reaktion erfolgt. Fachbegriff: priming.
    Ein identischer Reiz kann deshalb zu völlig unterschiedlichen Reaktionen führen.
    D.h. dass man mit dem Begriff ´Zufall´ im Zusammenhang mit Denkvorgängen vorsichtig sein sollte.“

    Dieses Verhalten lässt sich mit den Methoden der Elektronik gut erklären.

    „Priming“ macht einen Unterschied, zwischen den auf „strenger Logik“ beruhenden elektronischen Prozessen und den neuronalen Prozessen der Informationsverarbeitung aus. In elektronischen Gattersystemen werden bei gleichem Input, stets gleiche Ergebnisse erzielt.

    Nebenbei: Ein anderer Fehlereinfluss wäre das „Musterkonzept“ in Information verarbeitenden Systemen. Ein winziger Unterschied bei Mustern kann z.B. bewirken, dass Muster nicht mehr „ähnlich“, sondern völlig unterschiedlich sein können…. Das gilt bei neuronalen Systemen und KI.

    Bei neuronalen Systemen muss es sich nicht so verhalten, wie bei der „strengen Logik“ der Elektroniker. Für Neurologen gilt der Witz, dass 3 Verwaltungsjuristen zu 4 Rechtsmeinungen kommen können….

    Das „Priming“ erklärt sich damit, dass Neuronen von vorhergehenden Prozessen etwas elektrisch (wie ein Kondensator) „aufgeladen“ sind und bei einem (kurz darauf) folgenden Prozess „leichter triggern“.

    Neuronen triggern, wenn möglichst gleichzeitig, möglichst viele „Impulse“, einlangen…

    Elektronische UND Gatter triggern nur genau dann, wenn auf genau definierten Eingängen, gleichzeitig (in einem definierten Zeitschlitz), definierte Impulse einlangen.

    [Moderator: Vorsicht mit Wendungen wie »erklärt sich damit«. Unplausibles und Unbelegtes wird dadurch nicht glaubwürdiger.]

  24. Timm Grams sagt:

    Die Erörterung von Priming und Einstellungseffekten lenkt vom eigentlichen Thema ab, nämlich von der Rolle des Zufalls in der Evolution. Richard Kinseher schreibt:

    Ein identischer Reiz kann deshalb zu völlig unterschiedlichen Reaktionen führen.

    Das ist eine nicht uninteressante Randbemerkung, sie sagt aber nichts über das auslösende und möglicherweise zufällige Ereignis aus. Jedenfalls trägt die Erörterung nicht wesentlich zur Beantwortung meiner Eingangsfrage bei, nämlich: Wer hat den Zufall gemacht?

    Zugegeben: Die Frage ist hinterhältig. Wer eine Antwort hat, der liegt wohl schon falsch.

    Dennoch: Die Erörterung der Frage halte ich für reizvoll.

    Zur Erinnerung: Bei der Evolution geht es immer um Zufall und Notwendigkeit.

  25. KinseherRichard sagt:

    @Grams
    Ich habe versucht, die Frage ´Wer hat den Zufall gemacht?“ zuerst zu hinterfragen. Denn wenn man viele Prozesse/Ereignisse im Universum betrachtet, dann sind sie nicht mehr zufällig – sondern das Ergebnis von Naturgesetzen (welche offenbar in einer bestimmten Richtung ablaufen).
    D.h. Um eine gute Antwort auf diese Frage zu bekommen, müsste man klären, was mit ´Zufall´ überhaupt gemeint ist.

  26. Timm Grams sagt:

    @ KinseherRichard

    Gute Frage: »Was ist mit Zufall gemeint?«

    Spontan fallen mir zwei grundverschiedene Arten von Zufall ein: 1. Eine Folge von Ereignissen, die gewürfelt oder gewäppelt erscheint. 2. Das Zusammentreffen zweier sehr seltener und voneinander unabhängiger Ereignisse ohne erkennbare gemeinsame Ursache.

    Ob Zufall oder nicht, das entscheidet der Beobachter. Im ersten Fall wendet er Testbatterien wie beispielsweise »Diehard« an. Im zweiten Fall macht er sich auf die Ursachensuche; falls er nichts findet, ist für ihn das Zusammentreffen Zufall.

    Sicher kann er sich seines Urteils nicht sein.

    Vom »Wesen des Zufalls« würde ich keinesfalls sprechen.

    Dazu diese Geschichte: Ein Junge in New York wirft einen Stein nach einer Straßenlaterne; in dem Moment kommt es zu dem großen Stromausfall. Er erschrickt: »Das habe ich aber nicht gewollt.«

  27. KinseherRichard sagt:

    @Grams
    Mit der Frage „Wer hat den Zufall gemacht?“ – wird aber suggeriert, dass es Jemand gibt, der/die den Zufall macht. Damit gibt es keinen Zufall.

    Mich erinnert diese Frage an das Vorgehen der Zeugen Jehovas, welche behaupten, dass jedes Ereignis im Universum von Gott schon vorher festgelegt ist. Aus diesem Grund lehnen sie z.B. die Evolutionstheorie ab.

  28. Timm Grams sagt:

    Wissend, dass sie im Internet nicht funktioniert, kann ich Ironie doch nicht ganz lassen. Wer mein Hoppla!-Blog kennt, der weiß, dass ich von einem Allmächtigen nichts im Sinn habe.

  29. Realo sagt:

    @ Timm Grams 21. Mai 2025 um 12:51 Uhr

    Zitat: „Wer mein Hoppla!-Blog kennt, der weiß, dass ich von einem Allmächtigen nichts im Sinn habe.“

    Dass man mit einem, (besonders Menschen ähnlichen) „Allmächtigen“, nichts im Sinn haben sollte, finden selbst Theologen verschiedenster „Fachrichtungen“, Christentum, Judentum, Islam, meines Wissen nach, so. („Du sollst dir kein Bild über Gott machen“).

    Dass der Bezeichner „Gott“ für alle Gesetzmäßigkeiten, Mechanismen, Prozesse,….. die mit der Existenz der Welt zu tun haben, genau so wie es sich eben wirklich verhält, steht, kann man nicht gut leugnen. Sehr „wirkmächtige Systeme“, z.B. Zufallsgeneratoren und Darwin`sche Gesetze, scheint es zu geben….

    Man könnte allenfalls das „Bildverbot extrem übertreiben“, jegliche Argumentation, (z.B. auch über Mechanismen) wäre verboten. Nur würden diejenigen „Gott“ aus der „Sprache“ und damit „aus dem Leben“ entfernen…. Es wäre ein Versuch, die Wissenschaft samt einer Erklärung „der Wurzeln“ unserer Existenz näher zu kommen, einfach zu verbieten?

  30. Timm Grams sagt:

    @ Realo
    @ KinseherRichard

    »Dass ich von einem Allmächtigen nichts im Sinn habe«, ist die eine Seite. Gegen die Konzepte von Schöpfer, Gott und dem Allmächtigen habe ich andererseits auch keine schlagkräftigen Argumente vorzubringen. Sogar dem ausgewiesenen Kirchenkritiker Karlheinz Deschner (Kriminalgeschichte des Christentums) war der kämpferische Atheismus des Richard Dawkins und der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) nicht geheuer. Ich halte mich an den Agnostizismus des Charles Darwin.

  31. Realo sagt:

    @ Timm Grams 22. Mai 2025 um 08:17 Uhr

    Ich persönlich schätze Dawkins wegen seiner „Memtheorie“ aus Biologensicht, sehr. […]

    [Moderator: stark gekürzt.]

  32. Timm Grams sagt:

    @ Realo

    Richard Dawkins ist ein brillianter Verkäufer allen möglichen Unfugs. Auch ich war zunächst begeistert von seinem Buch »Das egoistische Gen«. Gegen Ende flacht dieses Buch aber erheblich ab. Dort breitet Dawkins sein Meme-Konzept aus. Das hat mich irritiert. Er verstößt damit gegen das von ihm selbst aufgestellte Prinzip der Evolution, dass es eine Einheit geben muss, an der Mutation und Selektion ansetzen können. Meme können das nicht leisten. Anders als Gene sind sie dafür viel zu schwammig definiert. Ich erinnere auch an den heillosen Streit, in dem Dawkins einen entsprechenden Vorwurf an Edward Osborne Wilson richtet.

    Hier noch der entscheidende Abschnitt aus Dawkins‘ Angriff auf Wilson:

    Genes, but no other units in life’s hierarchy, make exact copies of themselves in a pool of such copies. It therefore makes a long-term difference which genes are good at surviving and which ones bad. You cannot say the same of individual organisms (they die after passing on their genes and never make copies of themselves). Nor does it apply to groups or species or ecosystems. None make copies of themselves. None are replicators. Genes have that unique status.

    Quelle: The descent of Edward Wilson May 24, 2012
    http://www.prospectmagazine.co.uk

  33. KinseherRichard sagt:

    Informationen sind entweder im Gehirn in einem neuronalen Netzwerk gespeichert – auch ´Engramm´ genannt oder in den Genen als DNA oder in Medien (z.B. Print, Film, Akustisch, Internet)
    Wenn man Informationen weitergibt, dann gibt man – nach Dawkins – Meme weiter.

    Aus diesem Grund gefällt mit die Memtheorie nicht – weil damit ein Begriff geschaffen wurde, mit dem man nicht mehr eindeutig ausdrücken kann, was man meint.

  34. Mussi sagt:

    Bisher haben wir im Westen zwischen Zufall ODER Determination debattiert.

    Die Aussagenlogik lässt aber auch ein UND zu.

    Was, wenn- dann?

    Ich befürchte, es ist die Konjunktion und wir werden es nicht lösen. Das Rätsel ist unentschieden.

    Deswegen bin auch ich Agnostiker.

    Ich halte die Argumentation über die Aussagenlogik für die schlüssigste und damit beendet.

    Der Rest sind Glaubensfragen und nicht klärbar.

  35. Realo sagt:

    @ Timm Grams 22. Mai 2025 um 13:05 Uhr

    Zitat: „Meme können das nicht leisten. Anders als Gene sind sie dafür viel zu schwammig definiert.“

    „Schwammig“ ist eine gute Bezeichnung, nicht nur für Meme, den „wackeligen“ Gatter – Neuronenvergleichen, sondern auch auch für „Musterkonzepte“….

    Vor einigen Jahrzehnten waren Wissenschaftler völlig entrüstet, ausgerechnet den Prozess des „intelligenten Denkens“ auf eine derartig abstruse Basis stellen zu wollen, einfach abwegig…..

    Die KI Leute haben weitergemacht, z.B. (vorsichtig formuliert: angeblich) bei der Mustererkennung in radiologischen Bildern sogar Mediziner übertroffen.

    Wir werden mit einer weiteren „Kränkung“ zurechtkommen müssen….

  36. Realo sagt:

    @ KinseherRichard 22. Mai 2025 um 14:08 Uhr

    Ich meine, Dawkins sieht es recht realistisch.

    Menschen und Tiere geben Gene gerne weiter, weil es auch mit „Vergnügen“ verknüpft ist.
    Auch Meme werden weitergegeben…..

    Z.B. ehemals von unseren Lehrern in der Grundschule. Eben wegen einer gewissen „Matschigkeit“ haben wir nicht alles richtig verstanden.

    Wie wir immer mehr erkennen müssen, wird memetische Information mitunter recht unterschiedlich, besonders von „Querdenkern“ interpretiert….

    Die auf strenge Logik beruhenden Programmiersprachen der Informatiker eignen sich halt nicht so recht als „Umgangssprache“ für Menschen…..

  37. KinseherRichard sagt:

    @Mussi
    Dass neben der ODER- auch die UND-Variante möglich ist: darauf habe ich in meinen bisherigen Beiträgen aufmerksam gemacht.

    1) Denn Naturgesetze – wie die Thermodynamik – begrenzen die Variantenmöglichkeit von Zufällen deutlich und geben damit einen Rahmen für weitere Ereignisse vor,

    2) Wenn man einen Würfel so wirft, dass er mehrmals hin und her springt – dann ist das Ergebnis zufällig.
    Wenn man den Würfel aber so wirft, dass er nur in einer Richtung abrollt – dann engt man die Anzahl der möglichen Zufallszahlen deutlich ein. (Wenn die 3+4 dabei senkrecht zur Rollrichtung bleiben, dann kann das Ergebnis nur mehr eine 1,2,5 oder 6 sein.)

  38. Mussi sagt:

    @ Kinseher

    1. Alleine Distinktion bei Energiegleichheit sollte einem zu denken geben.

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