Der Elektrotechniker und Informatiklehrer neigt dazu, die Welt durch eine besondere Brille zu sehen. Durch diese gesehen, war Bill Gates – der Popularisierer des Computers – für mich eine Lichtgestalt. Über das ruppige auf Marktbeherrschung gerichtete Auftreten von Microsoft habe ich mir zunächst nicht genug Gedanken gemacht. Im Laufe der Corona-Krise verdüsterte sich das Bild. In der Diskussion zum Hoppla!-Artikel Die Corona-Verschwörung wird Bill Gates von einigen Diskutanten zum Verschwörer erklärt, der eine neue Weltordnung anstrebe. Dem habe ich widersprochen – und dabei bleibe ich, da dem Treiben von Gates und anderen Superreichen die Merkmale einer Verschwörung fehlt. Vor allem spricht dagegen, dass diese Leute ihre Motive und vor allem ihre Gier ganz offen zur Schau stellen.
Der Wohltäter
Die WHO und ihre Finanzierung:
Wichtige nichtstaatliche Geldgeber sind neben der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung, die 2021 rund 9,5 Prozent zum Gesamtbudget der WHO beitrug: die Schweizer Stiftung ‚Gavi, die Impfallianz‘ mit knapp 6,5 Prozent, deren größter privater Spender wiederum die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung ist
Am 15.09.2020 berichtete der Evangelische Pressedienst Berlin (epd) über neue Strategien für Corona-Impfungen:
„Um den Impfstoff 7 Milliarden Menschen zur Verfügung zu stellen, brauchen wir fast 14 Milliarden Dosen. Das wurde zuvor noch nie gemacht“, sagte Gates. Er sprach von einer Notfallmaßnahme, die ganz neue Strategien erfordere.
Die Globale Impfallianz (Gavi) ist eine öffentlich-private Partnerschaft, in der sich Regierungen, Pharmakonzerne, private Geber, Unicef, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Weltbank zusammengeschlossen haben. Ziele sind, Impfstoffe kostengünstig zur Verfügung zu stellen und den Auf- und Ausbau von Gesundheitssystemen zu unterstützen. Unter anderem wurde in den vergangenen Jahren der Ankauf von Impfstoffen gegen Ebola, Cholera, Hirnhautentzündung und Gelbfieber finanziert.
Seit der Gavi-Gründung haben Regierungen und private Geber knapp 21 Milliarden Dollar bereitgestellt. Deutschland förderte Gavi bisher mit insgesamt knapp 905 Millionen Dollar. Die Bill- und Melinda-Gates-Stiftung ist mit einem Sechstel des Budgets zweitgrößter Geber nach Großbritannien.
Aufgrund seines finanziellen Engagements steht Gates im Zentrum von Verschwörungstheorien rund um die Corona-Pandemie.
Der Oligarch
Für Bill Gates gilt sinngemäß dasselbe wie das, was ich zu Elon Musk gesagt habe:
Was ich für ungeheuerlich halte ist, dass hier ein superreicher Privatmann [weitreichende gesundheitspolitische] Entscheidungen treffen kann. Das ist Politik ohne parlamentarische Kontrolle.
Tim Schwab schreibt auf Seite 52 und zitiert dabei das American Journal of Public Health:
Das Retten von Menschenleben durch Impfungen ist seit jeher Gavis oberstes Ziel und nicht etwa, Länder ihre eigenen Prioritäten setzen zu lassen.
Und weiter auf Seite 76:
Es ist schwer, dass Offensichtliche zu ignorieren: die Gates Foundation agiert wie eine Pharmafirma.

Mein Verdacht, dass mit dem zur Schau gestellten Gutmenschentum des Bill Gates etwas nicht stimmt, wurde durch die Veröffentlichung seines Buches von 2021 »Wie wir die Klimakatastrophe verhindern« und dem dazu nicht passenden Verhalten geschürt: Bill Gates feierte seinen 66. Geburtstag mit reichlich Champagner auf einer 107-Meter-Yacht und lässt seine fünfzig Gäste mit dem Hubschrauber zu einem Beachclub fliegen.
Der amerikanische Traum
Das sollte man nicht verlogen nennen. Im Gegenteil: Es ist offen und ehrlich. Gates lebt den amerikanischen Traum: Alle Menschen haben die gleichen Chancen auf Erfolg. Jeder kann es schaffen. Bei den allermeisten Menschen bleibt es allerdings bei der Hoffnung. Die Chancen eines Normalos zu den Superreichen aufzuschließen sind etwa so groß wie die Aussichten auf den Hauptgewinn beim Lotto.
Die US-Amerikaner sind eben ehrlich: Die Distanzierung der Superreichen vom Rest der Welt wird genüsslich zelebriert, anders als in Europa, wo der Milliardär sein Glück lieber im Verborgenen genießt. Jedermann soll glauben, dass er es ja auch so weit bringen könne.
Das Klima-Buch von Gates zeigt seine Überheblichkeit: Er glaubt wohl, dass er nicht nur über ein bestimmtes Gebiet mehr weiß als andere, sondern dass er über alles mehr weiß als jeder andere (Schwab, S. 66). Das ist auch der Grund, weshalb ich sein Buch anführe, obwohl ich nicht vorhabe, es zu lesen. Mir genügt die Rezension vom Spektrum der Wissenschaft (20.03.2021).
Ein Verschwörer wird Bill Gates durch all das nicht. Im Zuge der Abwehr des Verschwörungsvorwurfs, habe ich das tieferliegende Problem vor fünf Jahren leider vernachlässigt, das der Oligarchien.
Am Rande bemerkt. Förderung der Impfstoffentwicklung durch das BMF:
Leuchtturm-Projekte
Literaturhinweise
Tim Schwab: Das Bill Gates Problem. 2023
Bill Gates: Wie wir die Klimakatastrophe verhindern. 2021
[…] So wie ich Psychologen verstanden habe, sind „Oligarchen“ vom Type Bill Gates, Jeff Bezos,…. nicht deswegen so erfolgreich weil sie etwa besonders hervorragende „Wissenschaftler oder Intelligenzbestien“ wären, sondern weil sie besondere „Instinkte“ haben, Entwicklungen bestens einschätzen können, die Energie haben ihre Pläne eisern umzusetzen und für bestimmte Zwecke besonders befähigte Mitarbeiter zu erkennen. Bill Gates war ehemals, als IBM das Betriebssystem für PCs festgelegt hat nur 2. Wahl (hinter CP/M) und hat seine Chance bestens genutzt.
Von den Oligarchen wird praktisch vom Volk erwartet, dass sie ihren Reichtum bei Hochzeiten, Geburtstagsfeiern,…. zur Schau stellen müssen. Der Champagner, eine 107-Meter-Yacht und mit dem Hubschrauber eingeflogene Gäste, sind Symbole des Reichtums und praktisch Pflicht.
Ebenso wie erwartet wird, die Allgemeinheit mit Wohltaten zu unterstützen. Ich vermute, B. Gates wollte besonders effizient sein und hat gleich eine ganze Impfstofffabrik gespendet. Da dürfte er bei anderen „Gutmenschen angeeckt“ sein. B. Gates Geld als Spende hätte gereicht, den Impfstoff hätten sie lieber selber geliefert und daran verdient……?
[Moderator: gekürzt]
Vielleicht hat mich der Größenwahn des Bill Gates deshalb nicht überrascht, weil Gates für mich nie eine Lichtgestalt war: Was nachher als PC bekannt wurde, ist von der bezahlbaren Funktionalität und der damit beginnenden Popularität eigentlich ein Erfolg von Apple mit dem Modell Apple II. Die Genialität des Bill Gates bestand in der Chuzpe, mit der er der im PC-Bereich peilungslosen Firma IBM die günstig erstandene CP/M-Imitation QDOS als System für den von ihnen völlig unterschätzten PC andrehte und dabei das Recht behielt, dieses System auch auf eigene Rechnung zu verkaufen.
Es gab eigentlich damals kaum ein System für Rechner dieser Größenordnung, das von Funktionalität und Zuverlässigkeit nicht besser war als MS-Produkte, die eigentlich erst ab 2001 (Windows XP) eine gewisse Zuverlässigkeit erreichten. Der Erfolg von Microsoft beruht auf dem Beständigkeitsimage von IBM in der kaufmännischen Welt, dem auch darauf beruhenden Erfolg der Clones des relativ offenen IBM-PCs, die dann fast alle unter MS-DOS liefen. Die anfänglich von den Kunden verlangte IBM-Kompatibilität wich ziemlich schnell einer MS-Kompatibilität.
Ich erwähne das deshalb, weil es eigentlich ganz gut zeigt, dass die Tech-Giganten zwar nicht doof sind, aber eben nicht die Genies, für die sie sich wegen ihres Erfolges selbst halten. Es waren einfach Leute mit brutalem kaufmännischen Durchsetzungsvermögen und hinreichender technischer Intelligenz die beim Aufblühen dieses Marktes zufällig an den richtigen Positionen waren und das benutzt haben. Mit daran beteiligt ist allerdings auch das amerikanische Patentrecht, das den Jungs half, den Markt zu „bereinigen“. Die besseren Informatiker saßen wahrscheinlich in Cambridge (UK).
Durch den technischen Umbruch entstand hier eine Gründersituation, genauso wie am Ende der Sowjetunion durch den politischen Umbruch oder in China durch den programmatischen Umbruch. Insofern halte ich die Oligarchen des Westens durchaus mit denen des Ostens vergleichbar. Sie haben allerdings den Vorteil des relativen Rechtsstaates, es ist also in den USA schwerer, sie zu bremsen. Während die östlichen Autokraten die Oligarchen, die ihrem System gefährlich werden könnten, im Zweifelsfall verschwinden lassen, können die Oligarchen im Westens ihr Kapital und ihre Medien nutzen, um die Demokratie zu zerstören, die noch andere groß werden lassen könnte.
Allerdings brauchen sie das erpresserische Potential Trumps, um auch Europa wirklich kapern zu können, das im Moment zumindest der Desinformation noch Grenzen setzt. An der Stelle wird sich zeigen, wie wehrhaft unser System wirklich ist.
Da ist es vielleicht auch ganz nützlich, wenn sie, wie Gates zum Klima, ihre Gedanken zu den großen Problemen dieser Welt veröffentlichen. Da zeigen sie sich dann in ihrer wahren Größe, die nicht ganz so berauschend ist wie ihr Image.
Wir drücken uns hier um die Frage herum, was das Ziel der Wirtschaftspolitik sein soll. Da fange ich einmal mit einer Fragestellung an, die mir vor vielen Jahren gekommen ist: Wollen wir a) möglichst viele glückliche, b) mehr glückliche als unglückliche oder c) möglichst wenige unglückliche Menschen haben? Später habe ich dann Jeremy Benthams Prinzip vom größten Glück der größten Zahl (greatest-happiness-principle) kennengelernt. So gesehen schneiden weder der Marktliberalismus wie in den USA noch die Planwirtschaft wie in China besonders gut ab. Besser sind die europäischen Länder mit sozialer Marktwirtschaft und intaktem Sozialgefüge wie beispielsweise Finnland.
@ Timm Grams
Ich stimme ihrer Zusammenfassung zu, aber wir haben natürlich beide die Rechnung ohne unsere großen Genies gemacht. Die gehen nämlich davon aus, dass auf lange Sicht unser aller Glück nur maximiert werden kann, wenn der Staat so entmachtet wird, dass ihre Genialität nicht länger gebremst wird. Sie werden alle unsere Probleme lösen, auch die, von denen wir noch gar nichts wissen. So, wie der Bill Gates schon die Probleme mit dem Klima und den Krankheiten löst und der Elon Musk das Verbringen der Menschheit auf den Mars organisiert, wenn das mit der Erde doch nicht klappt. (Vorsicht: Dieser Post kann Spuren von Ironie enthalten)