„Schlank in 14 Tagen“ mit Skepsis betrachtet

Versprechungen

Den Bauch wegzubekommen, sei nicht einfach, sagt der Fitness-Manager. Aber er wolle, dass wir gesund bleiben. Um den Speck weg und den Bauch wieder flacher zu bekommen, biete er ein „Bauch-Fett-Weg-Programm“ nach dem Simply-Belt-Konzept an.

Diese Nachricht habe ich in der aktuellen Beilage „Wellness & Gesundheit“ meiner Tageszeitung gefunden; dort wird auch verraten, wie die Sache funktioniert: „Der Gürtel wird auf dem T-Shirt getragen – was die Anwendung noch hygienischer macht. Das Prinzip des Bauchgurts beruht auf einem Drei-Kammern-Luftsystem, bei dem der Druck von außen zur Mitte des Bauchbereiches im Wechsel in die Luftdruckkammern gepumpt wird. Damit ist nicht nur eine passive Wechselwirkung gegeben, sondern zusätzlich erfährt der Körper – wie bei der traditionellen Lymphdrainage – eine effektive, zum Kernpunkt des Körpers führende Massage… Dadurch wird die Durchblutung gefördert; die Fettsäuren können über das Blut dorthin transportiert werden, wo sie verbrannt werden – im Muskel.“

Gewiss, viele Leute empfinden sich als zu dick und zu unförmig. Eigentlich wissen sie auch, was dagegen zu tun ist: Mäßig essen und sich regelmäßig bewegen.

Bequemlichkeit und Nachlässigkeit lassen Soll und Ist, Plan und Ausführung auseinanderdriften. Wir stecken in einem Problem und leiden darunter. Und aus dieser Situation lässt sich Gewinn schlagen. Das machen dann die anderen. Sie versprechen uns, dass wir mühelos schlank werden können. Und sie sagen auch, wie.

Die einen raten uns, Mittelchen einzunehmen, beispielsweise Fatburner und Sattmacher, oder sich mit Anti-Cellulite-Creme einzuschmieren. Andere preisen ihre Diät-Ratschläge in Buchform oder auf DVD an; und wieder andere raten dazu, das von ihnen ersonnene trickreiche Gerät, den Simply-Belt beispielsweise, zu benutzen. Uns liegt an einem schlankeren Körper, die Anbieter haben vor allem unseren Geldbeutel im Visier. Skepsis ist also durchaus angebracht.

Suchmaschinentreffer auf die Anfrage "Schlank in ..."

Spaßeshalber habe ich die Google-Treffer auf die Anfragen „Schlank in x Tagen/Wochen“ erfasst (s. Grafik). Die großen Trefferzahlen gehen auf Werbeaktionen für einige wenige Buchtitel und DVDs zurück. Aber neben solchen Rennern existiert noch eine sehr große Anzahl weiterer Artikel, die auf dem Markt der Schlankheitsangebote miteinander konkurrieren.

Prüfen im Vorfeld der Wissenschaft

Die Werbesprüche für derartige Angebote suggerieren wissenschaftliche Fundierung („Fettsäuren können über das Blut dorthin transportiert werden, wo sie verbrannt werden“) und sie arbeiten mit plausiblen Analogien („erfährt der Körper – wie bei der traditionellen Lymphdrainage – eine effektive, zum Kernpunkt des Körpers führende Massage“).

Das klingt überzeugend. Aber: Was ist dran an all den Behauptungen? Was ist Tatsache, was Wunschdenken und was reine Verführungskunst? Wie kann ich vermeiden, Geld für nutzloses Zeug auszugeben?

Zunächst einmal zur Aussagekraft von Analogien: Sie werden zwar gern zur Begründung irgendwelcher okkulter Effekte herangezogen. Aber Analogien sind nur in der Phase der Ideenfindung interessant; für Beweise taugen sie prinzipiell nicht. Nach dieser Klärung sind wir zwar das eine oder andere Argument los. Aber ob das Angebot etwas taugt oder nicht, wissen wir damit immer noch nicht. Wir müssen tiefer in die Sache eindringen.

Bleiben wir beim eingangs dargestellten Beispiel. Ich will wissen, was am Simply-Belt-Konzept dran ist und halte mich an die ersten zwei Regeln gesunder Skepsis:

1. Nicht glauben, wenn man nachsehen und prüfen kann.

2. Die Beweispflicht liegt bei dem, der Außerordentliches behauptet.

Also frage ich im Fitness-Studio nach Belegen. Ich erhalte den Hinweis auf eine Studie über ein vergleichbares Produkt, genannt Slim Belly. Das Institut für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung (IMSB Austria) hat die „ABC-one Studie 2010 – Regionale Fettverbrennung“ durchgeführt. Unter anderem wird darin ermittelt, welchen Effekt der Gürtel hat: Eine Gruppe trainiert mit, die Kontrollgruppe ohne Gürtel, bei ansonsten gleichen Bedingungen. Das ganze Experiment erstreckt sich – einschließlich Messungen – über 14 Tage.

Wie glaubwürdig ist die Quelle?

Tests auf Glaubwürdigkeit betreffen zunächst die Institution selbst, denn die Studie kann durch Verstoß gegen die Regeln sauberer Versuchsanordnung und -durchführung irreführende Ergebnisse liefern. Sie kann sogar auf bloße Täuschung angelegt sein.

3. Der Skeptiker fragt: Ist die Studie von einer angesehenen und unabhängigen Institution durchgeführt worden? Wer hat sie in Auftrag gegeben? Wer hat sie bezahlt?

Was die Reputation des Prüfinstituts angeht, habe ich im Internet nichts Nachteiliges finden können. Initiatoren der Studie sind die Erfinder des Slim-Belly-Gürtels von der Firma ABC-one. Sie begründen die Studie so: „Ziel der Studie war es … die Wirkung der Geräte Slim Belly® und Slim Back&Legs® auf die regionale Fettverbrennung zu testen und die Effizienz der beiden Produkte zu beurteilen. Und das unter streng wissenschaftlichen Rahmenbedingungen.“

Offensichtlich ist die Studie Element eines Werbekonzepts. Die offene Sprache der Publikation stimmt mich positiv, aber angesichts der Interessenlage ist weiterhin Skepsis angebracht. Wir müssen noch eine Schicht tiefer gehen und versuchen, Informationen über die Qualität der Studie zu gewinnen. Als Quelle ist zunächst nur die Studie selbst greifbar.

4. Der Skeptiker fragt: Sind Planung und Durchführung der Studie ausreichend dokumentiert? Werden die wissenschaftlichen Standards eingehalten?

Zu den wissenschaftlichen Standards gehört die umfassende Dokumentation sämtlicher Versuche zum selben Gegenstand. Macht man nämlich eine ganze Reihe von gleichartigen Versuchen, so ergeben sich rein zufällig verschiedene Resultate. Und in dieser Ergebnisvielfalt lässt sich dann sicherlich auch etwas finden, das den gewünschten Effekt besonders deutlich zeigt. Diese Ergebnisse werden dann veröffentlicht. Ein solches Fishing for Significance muss ausgeschlossen sein. Die Studie sagt nichts darüber und auch seitens der Herstellerfirma wird Fishing nicht ausdrücklich ausgeschlossen.

Zur sauberen Versuchsplanung und -durchführung gehört auch, dass die Teilgruppen (Produkt-Anwender und Kontrollgruppe) durch reine Zufallsauswahl gebildet werden. Davon ist aber in der Studie nicht die Rede. Per E-Mail habe ich beim Prüfinstitut um Auskunft zu diesem Punkt gebeten und von Dr. Alena Kos (durchführende Ärztin und Anthropologin) am 4.5.11 diese Antwort erhalten: „Die Auswahl und die Zuteilung der jeweiligen Personen in die Gruppen mit Slim Belly/Slim Back&Legs und Kontrollgruppe haben wir nicht selber bestimmt. Dieses wurde von den Organisatoren der Studie [die Herstellerfirma ABC-one] entschieden.“

Dafür, dass bei dieser Studie die wissenschaftlichen Standards womöglich nicht eingehalten worden sind, ist also die Herstellerfirma verantwortlich. Die Tätigkeit des Prüfinstituts beschränkte sich offenbar auf die Anthropometrie und die statistische Auswertung.

Auf die möglichen Probleme bezüglich Fishing und Auswahlverfahren komme ich noch zurück.

Was sagen die Daten wirklich aus?

Zum guten Schluss können wir noch die mitgeteilten Daten und Schlussfolgerungen unter die Lupe nehmen.

5. Der Skeptiker fragt: Ist die Studie inhaltlich glaubwürdig? Enthält sie Widersprüche? Wie groß und wie deutlich sind die behaupteten Effekte?

Unter anderem wird in der Studie behauptet, „dass durch die Anwendung mit dem ‚Slim Belly’ die Fettreduktion im Hüftbereich 8-fach höher war als ohne Gerät“. Das klingt beeindruckend. Aber was steckt dahinter?

Die Hautfaltendicke nahm bei den Versuchspersonen, die einen Gürtel trugen, im Mittel um 40 mm ab, mit einer Standardabweichung von 28 mm. Bei den Versuchspersonen ohne Gürtel betrug die mittlere Abnahme nur 5 mm bei einer Standardabweichung von 20 mm. Ich stelle die verschiedenen Werte und die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens einmal als ideale Normalverteilungen dar, nur um vor Augen zu führen, dass es sich hier um Aussagen über zufällig auftretende Stichprobenwerte handelt.

Veranschaulichung der zufälligen Schwankungen

Der Quotient der Mittelwerte ergibt tatsächlich den Faktor 8. Wie unsinnig diese Zahlenangabe ist, wird klar, wenn man bedenkt, dass hier Messergebnisse für 32 Personen die den Gürtel trugen und die 34 Personen der Kontrollgruppe in statistische Kennzahlen gepresst worden sind. Wie hätte der Quotient ausgesehen, wenn die Kontrollgruppe im Mittel überhaupt keine Reduktion oder gar eine geringe Zunahme zu verzeichnen gehabt hätte?

Die Studie enthält einen kleinen Hinweis darauf, dass es bei der Gruppenaufteilung möglicherweise nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Die Personen der Kontrollgruppe waren im Mittel um fast drei Zentimeter größer als die der Slim-Belly-Gruppe (Kontrollgruppe 166,5 cm, Slim-Belly-Gruppe 163,8 cm) bei nahezu gleichem Gewicht (Kontrollgruppe 83,3 kg, Slim-Belly-Gruppe 83,5 kg). Bei der etwas „schlankeren“ Kontrollgruppe könnte die Chance abzunehmen tatsächlich von vornherein etwas geringer sein.

Die Ergebnisse der Studie liegen teilweise knapp unter und teilweise knapp über dem 5%-Signifikanzniveau. Einen nach diesem Maßstab signifikanten (deutlichen) Effekt findet man schon rein zufällig in 5% aller Fälle, also in jedem zwanzigsten Versuch, auch dann, wenn es den Effekt im Grunde gar nicht gibt. Bei einem derartig schwachen Signifikanzkriterium ist eine Dokumentation der insgesamt durchgeführten Versuche eigentlich unerlässlich. Und eine solche Dokumentation fehlt hier.

Die Vergleichsmessungen vorher/nachher fanden innerhalb der vierzehn Tage des Versuchs statt. Gern erfahren hätte man, wie die Werte mehrere Wochen nach dieser Veranstaltung sind. Aber diese Frage führt dann doch etwas zu weit. Unseren Arzt fragen wir ja auch nicht nach den langfristigen Folgen seiner Behandlung. Sollten wir es vielleicht doch tun?

Einführung in das skeptische Denken und Argumentieren

Ich werde Ihnen nicht sagen, was ich von den Abspeckgürteln und anderen Schlankheitsmitteln halte. Ihre Meinung sollten Sie sich selber bilden. Wenn Sie Ihre Fähigkeiten zum skeptischen Denken noch weiter entwickeln wollen, empfehle ich Ihnen die Lektüre dieser Bücher:

Christoph Bördlein: Das sockenfressende Monster in der Waschmaschine. Eine Einführung ins skeptische Denken. Aschaffenburg 2002

Hans-Peter Beck-Bornholdt, Hans-Hermann Dubben: Der Hund, der Eier legt. Erkennen von Fehlinformation durch Querdenken. Reinbek bei Hamburg 2001

Hubert Schleichert: Wie man mit Fundamentalisten diskutiert, ohne den Verstand zu verlieren – oder Anleitung zum subversiven Denken. München 1997

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3 Antworten zu „Schlank in 14 Tagen“ mit Skepsis betrachtet

  1. bauchumfang reduzieren sagt:

    Ich mache jeden Morgen nach dem Aufstehen sechs effektive Bauchübungen, das ganze dauert ungefähr 15 Minuten. Ich finde 15 Minuten ist wirklich nicht lange und jeder der sich einen strafferen Bauch wünscht sollte diese 15 Minuten
    in einen Bauchtraining investieren.

    Wichtig ist auch, dass man es über längere Zeit durchzieht. Ich mache es jetzt bereits über ein Jahr und kann sagen, dass mein Bauch wirklich straffer geworden ist. Selbstverständlich darf die Ernährungsumstellung nicht fehlen. Gesünder essen statt Kalorien zählen, viel Obst, Gemüse, Salat, Kräuter, Nüsse und Getreide, gesunde Fette aus guten Ölen und Fisch ergänzt durch die „richtigen“, satt machenden Kohlenhydrate. Dabei darf auch vor allem regelmäßiger Ausdauersport wie
    Laufen, Biken, Schwimmen und Walking nicht fehle. Gute Bauch-Übungen, die ähnlich zu meinen sind, habe ich auf der Seite Fit for Fun gefunden, dort werden effektive Übungen auch auf Video vorgeführt […]

    Laut Fit for Fun dauert Training insgesamt 26 Minuten und man sollte es mindestens 2x pro Woche durchführen.

    Na dann Viel Spass damit
    Maria

    • Timm Grams sagt:

      Offensichtlich der Suchmaschinenoptimierung (SEO) dienende Kommentare zu Gunsten des Absenders, denen jeglicher inhaltlicher Bezug zum Hauptartikel fehlt, übernehme ich grundsätzlich nicht. In Zweifelsfällen streiche ich die Rückverweise auf kommerzielle Web-Seiten.

  2. Pingback: Kwaku Ananse » Slim Belly und Finyo

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