Medien: Der Schwindel mit der Lupe

Irreführende Statistikinterpretationen und täuschende Grafiken fand ich vor allem im stern und im SPIEGEL. Seit ich Abonnent von Welt+ bin, finde ich so etwas auch dort.

Sie mögen es nicht, manipuliert zu werden? Dann schauen Sie sich die Beispiele meiner Sammlung an. Sie offenbaren einige Tricks der Manipulanten.

Am 22.1.2025 finde ich in Welt+ diesen Artikel: »Der große Irrtum vom Eigenheim als perfekter Geldanlage fürs Alter.« Diese Aussage wird garniert mit einer Grafik, die dem Leser drastisch vor Augen führt, dass er, anstatt in Immobilien zu investieren, sein Geld auch gleich zum Fenster rausschmeissen kann.

Im begleitenden Text steht:

Investiertes Kapital in Unternehmen arbeitet im Schnitt viel besser als in „Betongold“ gestecktes Geld.

Aha, darum geht es: Der Leser soll in den Aktienmarkt gelockt werden. Weiten wir den Blick. Schauen wir uns nicht nur die Entwicklung der letzten zwei Jahre an. Gehen wir zehn Jahre zurück; schon sieht die Sache ganz anders aus.

Der Blick durch die Lupe, die Konzentration auf einen kurzen Zeitschnipsel, wie oben geschehen, engt das Blickfeld ein. Der Kontext, die Umwelt wird unsichtbar, das Urteil in eine bestimmte Richtung gelenkt.

Bei Walter Lippmann finde ich dazu die folgende erhellende Passage (Die öffentliche Meinung. 1949/2018, S. 157):

Nahezu nichts, was unter dem Namen historischen Rechts oder historischen Unrechts geläufig ist, kann als wirklich objektive Sicht der Vergangenheit bezeichnet werden. Da ist zum Beispiel die französisch-deutsche Streitfrage über Elsass-Lothringen. Die Beantwortung hängt ganz vom Ausgangsdatum ab, das man herausgreift. Beginnen wir mit den Raurakern und Sequanern, so waren diese Gebiete geschichtlich ein Teil des alten Galliens. Wenn wir stattdessen Heinrich I. an den Anfang stellen, ist Elsass-Lothringen geschichtlich ein deutsches Territorium. Nehmen wir 1273, so gehört es zum Hause Österreich. […] Mit Ludwig XIV. und dem Jahr 1688 sind diese Gebiete nahezu ausschliesslich französisch.

Um auf den Welt+-Artikel zurückzukommen: Nach dem knalligen Eingangsstatement wird einiges wieder zurechtgerückt. Aber es ist eine gut bestätigte Weisheit, dass der erste Eindruck der prägende ist. Nachfolgende Korrekturen bewirken demgegenüber nur wenig. Dieser Verankerungseffekt tritt in meiner Halbkreisaufgabe deutlich zutage.

Dieser Beitrag wurde unter Bildungswesen, Grafische Darstellung, Statistik abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

10 Antworten zu Medien: Der Schwindel mit der Lupe

  1. John Solar sagt:

    UiUiUi….

    https://correctiv.org/faktencheck/russische-desinformation/2025/01/23/angriff-aus-russland-auf-bundestagswahl-deepfake-ki/

    –> ja ist schon klar, das machen nicht nur die Russen sondern auch andere Akteure, aber die Beschreibung der Methode und wie sich das halt dann auch gern in „mildere“ Medien wie Nius,Tichy,Hangar…. reinmischt in Die Echte Welt find ich faszinierend!

    Die Lippmanns, Le Bons, Hayeks, Bernays dieser neuen Welt können das alles richtig gut…. am besten noch, wenn einem die Plattformen X und bald Tiktok USa gehören und man ein riesiges Rechenzentrum hat mit dem man Angeblich KI trainiert für autonomen verkehr🤦‍♂️🤦‍♂️🤦‍♂️🤦‍♂️ klar, wers glaubt wird seelig!

    [Moderator: In einem weiteren – hier nicht veröffentlichten – Kommentar bringt Solar Auszüge aus dem Artikel Gegenerzählungen für »Selberdenker« von Luis Paulitsch von der DATUM STIFTUNG für Journalismus und Demokratie.]

  2. Realo sagt:

    @ Timm Grams
    @ John Solar

    Prof. Grams beschreibt letztlich „indirekte Werbe Methoden“ die dazu dienen sollen, Menschen z.B. zum Ankauf von Aktien zu verführen, sie möglichst „süchtig“ nach Aktien zu machen, um sie danach abzuzocken.

    Es wird der uralte Traum von Menschen bedient, reich zu werden ohne zu arbeiten. Manche sagen, die „Dummen sterben nicht aus“…..

    „Solars“ Erzählungen erinnern eher an die „Yellow Press“. Da wird die Tradition der „Sagen und Märchenerzähler“ weitergeführt. Aber nicht wie früher, als die Erzähler durch das Land fuhren, sondern mit modernen Medien.

    Im Supermarkt gehe ich meistens an diesem Stand vorbei und die „Schlagzeilen“ drängen sich auf. Die Betroffenen scheinen es hinzunehmen. Würden sie dagegen vorgehen, verschaffen sie den „Geschäftemachern“ noch mehr „Aufsehen“ in den Medien.

    Es dürften hauptsächlich Frauen sein, die derartiges lesen. Aber sie dürften eher selber nicht ernsthaft glauben, dass es sich um „pure Wahrheiten“ handelt? Es dürfte eher um „Abenteuer im Kopf“ gehen?

    Normalerweise dürfte es eher um die „Abenteuer“ in „Königshäusern“ und in „Schauspieler Ehen“ zu gehen, jetzt müssen halt auch „gewöhnliche Politiker“ herhalten um Stoff für die „Sagen und Märchen“ zu liefern….

  3. Timm Grams sagt:

    Dazu passt der heutige Axios Vormittagsbericht von Mike Allen (s. Grafik).

    Ebenfalls heute bei eurotopics:

    Was die Chatbots voneinander halten

    La Vanguardia (ES) vergleicht die Tools:

    „Fragt man ChatGPT nach seinem Konkurrenten, lobt es die Effizienz und die niedrigen Kosten des Tools. Ein erstaunlich unpatriotisches Eingeständnis. … Stellt man die Frage dem chinesischen Chatbot, erfährt man, dass die amerikanische KI kreativer ist und bei der Suche feinere Filter nutzt, während die chinesische KI bei technischen Aufgaben wie Programmierung und Mathematik überlegen ist. … Frage: ‚Was geschah 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens?‘ Antwort: ‚Tut mir leid, ich bin mir noch nicht sicher, wie ich diese Art von Frage angehen soll.‘ … Zu den Fake News gesellt sich nun Schweigen. … Der technologische Wettbewerb zwischen den USA und China könnte die Demokratisierung der KI beschleunigen. Und Europa? Abwesend und mit Musk beschäftigt.“

    Isabel García Pagan

    Soweit zum Thema Täuschung/Oberfläche.

  4. Rainer Gebauer sagt:

    Im Zusammenhang mit dem Thema Propaganda und Politik macht mich zur Zeit die Diskussion um die sogenannte Brandmauer immer nachdenklicher. Was ist von einer Opposition zu halten, die argumentiert, es sei unsinnig, dass man einem (vermeintlich) richtigen Gesetzentwurf nur deshalb nicht zustimmt, weil es die (vermeintlich) Falschen auch tun? Und was ist vom politischen Gegner zu halten, der ausschließlich eben wegen der ominösen Brandmauer gegen alles ist, was man selbst für richtig hält, was aber von jenseits derselben kommt?

  5. Timm Grams sagt:

    @ Rainer Gebauer

    Bei Maybrit Illner diskutierten gestern Abend Vizekanzler Robert Habeck (B΄90/Die Grünen), CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der Journalist Giovanni di Lorenzo und die ZDF-Rechtsexpertin Sarah Tacke.

    Es ging um
    1. Formales und Stilfragen, nämlich den Wortbruch von Friedrich Merz: Nicht zusammen mit der AfD und dann doch.
    2. Inhaltliches, nämlich die Verschärfung der Regeln für die Migration.

    Linnemann wurde von den vier anderen gehörig in die Mangel genommen. Auf Fragen zum Formalen antwortete er mit Inhaltlichem. Man redete konsequent aneinander vorbei. Es wurde klar, dass der Wähler von den Politikern keine Antworten auf Deine Fragen erwarten darf.

    Das ganze Abstimmungsgedöns, heute geht’s weiter, dient allein Wahlkampfzwecken. Für die politische Praxis ist es erwartbar ergebnislos, Sarah Tacke hat das schlüssig dargestellt.

  6. Timm Grams sagt:

    Noch einmal zum Thema Brandmauer. Ein Großteil der sogenannten politischen Mitte verabscheut den Schmusekurs des Friedrich Merz mit der AfD. Könnte diese Abscheu eine Folge von emotional bedingter Blickverengung sein? Versuchen wir, die Brandmauer einmal als strategisches Konstrukt und weniger als moralisches zu sehen.

    Merz übernimmt Positionen zur Migrationspolitik, die sowohl von einer Mehrheit der Deutschen als auch von der AfD getragen werden. Andererseits ist damit zu rechnen, dass viele AfD-Wähler mit der weitergehenden Ausländer- und Europafeindlichkeit dieser Partei unzufrieden sind. Diese Leute spricht Friedrich Merz an: Sie sollen die Brandmauer in die Gegenrichtung überwinden. Ich denke, dass Friedrich Merz die Brandmauer wirklich braucht und nicht nur davon redet.

    Neben den strategischen Überlegungen sollten wir das Inhaltliche nicht vergessen.

    • John solar sagt:

      Wenn man sich mal Zahlen ansehen würde, wüsste man sofort: Die Debatte ist eine Nebelkerze!
      Merzens Vorschlag vollkommen irrelevant, sondern die übliche Ablenkung der dahinter versteckten Probleme!

      Eine medial in Gehirne, gepflanzte Chimäre!

      Worum es geht, weniger Agenten, Terroristen und Schläfer ins Land zu lassen, nur sehe ich da nicht mehr viel Sinn, weil ja der digitale Raum und der #kampfumdieKöpfe das Problem ist, diese Grenzen kann Merz aber nicht schließen!


      Späh- und Sabotageaktionen auf Infrastrukturen und Versorgungsleitungen zu lesen, in ganz Europa.

      https://dirkspecht.de/2025/01/ueber-zornige-zuschriften-und-berechtigte-aengste/

      https://dirkspecht.de/2025/02/diese-woche-im-bundestag-war-eine-tragoedie-mit-noch-offener-tragweite/ —>

      hat sich mit Abstand betrachtet inzwischen bei fast allen Parteien den Politikstil der AfD aufzwingen lassen. Was damit leider auch klar war: In der Öffentlichkeit musste das Thema nun noch weiter im Dreck versinken. Jetzt wird nur noch diskutiert, wer Massenvergewaltigungen duldet oder verhindern will.
      Eine traurige Woche – außer für AfD-Fans und der wohl bewusst wachsenden Zahl derer, die ernsthaft über eine Kooperation nachdenken bzw. diese betreiben.„

  7. Realo sagt:

    @ Timm Grams 2. Februar 2025 um 10:26 Uhr

    Das Konzept der „Brandmauer“ ist viel zu wenig selektiv, um mit der AfD vernünftig umzugehen. Sie haben auch realistische Ansichten.

    Manchen AfD Leuten gehören ihre verbalen Rückfälle in die „Nazi Denke“ wie ein „nasser Fetzen um die Ohren geschlagen“. Wenn sie süffisant, mehr oder wenigen zurückhaltend, letztlich mit der „Rübe ab Mentalität“ der Nazis argumentieren und drohen.

    Es war die „Lieblingsbeschäftigung“ von relativ vielen Nazis, nach „Verrätern“ also nach auch nur leicht „anders Denkenden“ zu suchen, um diese zur „Rechenschaft“ zu ziehen, bedeutete sie aufzuhängen bzw. unters Fallbeil zu bringen. Sie haben eine „Blutspur“ sondergleichen hinterlassen.

    Aber relativ viele Menschen wählen die AfD, weil sie die Folgen der „Willkommenskultur“ zu spüren beginnen. Sie halten es einfach nicht mehr aus, wenn es besonders „grüne Gruppierungen“ gibt, die praktisch um Zuwanderung werben („Refugees Welcome“). Letztlich um mit ihnen Geschäfte (Beratung, Unterkünfte, Sozialdienste,….) zu machen, wofür die Bevölkerung aufkommen muss.

    Es werden, bei ohnehin latentem Wohnungsmangel, z.B. auch sehr viele teure Wohnungen benötigt um die Zuwanderer unterzubringen.

    Außerdem kommen viele Menschen aus dem islamischen Kulturkreis ins Land, die auch noch die besonderen, bekannten Probleme (religiös motivierte Terrorüberfälle) verursachen. Hauptsächlich die sind der Grund, dass sich z.B. Juden neuerdings gefährdet fühlen müssen.

    Würde die AfD früher oder später 50 % erreichen, würde alles „kippen“ und das Chaos wäre perfekt. Womöglich würde es einen Bürgerkrieg geben.

    Merz bleibt gar nichts anderes übrig, als das Brandmauer Konzept durch ein besseres Konzept zu ersetzen. Seine Hoffnung ist nur, auch die AfD hat keinen „Goldesel im Keller“. Auch die FPÖ in Österreich wird bald am Boden dieser Realität ankommen, ohne Geld keine Stimmen…..

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Optionally add an image (JPEG only)