Propagandamasche Gegenfeuer

Eine Früherkennungssoftware enttarnte

von Ende vergangenen Jahres an eine neue deutschsprachige Welle russischer Versuche, die Debatten in sozialen Medien zu manipulieren. Ein wiederkehrendes Muster war auch hier: Die Bundesregierung vernachlässige die eigene Bevölkerung zugunsten der Ukraine.

Das berichtet die aktuelle Ausgabe des Spiegel (28/2024, S. 32).

Zuerst habe ich das für einen schwachen Witz gehalten. Um die Vernachlässigung der eigenen Bevölkerung, insbesondere ihres armen Teils, zugunsten der Ukraine zu bemerken, braucht es wirklich keine russische Desinformationskampagne. Der Blick in Tagesschau oder heute Sendung genügt. Die Ukraine Flüchtlinge werden besser gestellt als andere Flüchtlinge. Das geht natürlich zu Lasten der übrigen Bevölkerung.

Ganz offensichtlich wird hier von einer Spezialeinheit des Bundesinnenministeriums eine Propagandamasche angewendet, die man gemeinhin Gegenfeuer nennt. Dabei geht es darum, bestimmte Flächen (der Volksmeinung) kontrolliert abzubrennen, um sich ausbreitenden Flächenbränden (der feindlichen Propaganda) Brennstoff zu nehmen und diese somit einzudämmen.

Bitte fragen Sie mich nicht, ob ich die Propaganda oder die Gegenpropaganda gut finde, und auch nicht, ob die Bevorzugung der Ukraine-Flüchtlinge gerechtfertigt ist. Es geht allein um das Propagandamuster. Die Sache liegt hier ganz ähnlich wie bei den Faktenchecks: Das Etikett macht eine Meinung noch nicht zu einem unbezweifelbaren Faktum. Allein die Qualität der Begründung zählt. Meinen Studenten musste ich klar machen, dass die Aussage „Es ist wahr, dass die Sonne scheint“ der Aussage „Die Sonne scheint“ nichts hinzufügt. Mag sie nun wahr sein oder nicht.

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3 Antworten zu Propagandamasche Gegenfeuer

  1. Timm Grams sagt:

    Im Film Contra sagt Professor Pohl (Christoph Maria Herbst) zu Naima (Nilam Michaela Farooq): „Ich spreche noch nicht einmal vom Hindernis, als Migrantin in Deutschland einen Anwaltsberuf zu ergreifen. Sehen Sie, das war schon wieder eine Paralipse.“

  2. KinseherRichard sagt:

    Als der Pabst beim Ukraine-Krieg zu Friedensverhandlungen aufruf – wurde er für diese Anregung übel beleidigt und beschimpft.
    Mit dieser Gegenfeuer-Strategie werden alle Menschen, die sich für ein baldiges Ende des Krieges bzw. für Frieden einsetzen – als Putin-Gefolgsleute diffamiert.
    Wenn Idee/Wunsch nach ´Frieden´ zum Schimpfwort wird, dann stimmt etwas nicht!

    Mit dieser Strategie, Menschen die Frieden wollen, absichtlich lächerlich zu machen, unterbindet man die ernsthafte demokratische Auseinandersetzung zu diesem Thema. So zerstört man mutwillig die Demokratie in unserem Land – da sich viele Leute aus sinnvollen Diskussionen zurückziehen; weil sie keine Lust haben, sich beschimpfen und beleidigen zu lassen.

    Wenn Politiker heute lautstark fordern, dass Deutschland ´kriegstauglich´ werden muss, zeigt man Realitätsferne: Russland schaffte es bisher noch nicht einmal, den Osten der Ukraine zu erobern. Wer also das Schreckensbild verbreitet – dass Russland ganz Europa erobern würde – ist daher nicht besonders glaubwürdig.

    Mit der Gegenfeuer-Strategie schaden die Politiker nicht nur der Demokratie, sondern sie werden damit selbst unglaubwürdig und überflüssig. Die Wahlerfolge von AfD und BSW sollten zu denken geben. Denn diese Pateien werden von vielen Bürgern nicht etwa deswegen gewählt weil sie so ein tolles politisches Programm haben – sondern weil man damit die anderen Parteien richtig gut ärgern kann.

    • Realo sagt:

      @ KinseherRichard 19. Juli 2024 um 13:50 Uhr

      Weitgehend sehe ich es so wie Sie. Allerdings sind mir schon Unterschiede gegenüber der „Nazizeit“, die ich nur aus vielen Erzählungen (nach 1945) kenne, aufgefallen.

      Ein Wort gegen den Krieg hat oft gereicht und man wurde umgebracht. Das war eigentlich immer so. Ich kann es verstehen und habe viel Verständnis dafür, wenn mich, meistens jüngere Menschen, bei denen die Manipulation fruchtbar war, mich wegen meiner Sicht „angehen“. In diesem Sinne ist es zweifellos besser geworden.

      Wenn heutzutage, hauptsächlich Politiker die auf unseren „Vormund“ hören müssen, „Kriegstauglichkeit“ einfordern, ist das natürlich naheliegend.

      Allerdings halte ich es für ein „behutsames“ Vorgehen der Russen (gegen ihren „kleinen Bruder“), wenn sie in der Ukraine hauptsächlich gegen elektrische Energieanlagen vorgehen um für eine „Abkühlung der Gemüter“ in der Ukraine zu sorgen. Auch die Ukrainer scheinen nicht auf „wildes Töten“ der Russen aus. Es scheint eher Pech zu sein, wenn die Trümmer der abgeschossenen Waffen Kollateralschäden verursachen…..

      Ich meine, dass es die Russen gar nicht „gerne sehen“, wenn nach Napoleon und Hitler, anlässlich der Nato Osterweiterung, schon wieder „westliche Länder“ vor „ihrer Haustüre stehen“.

      Wir sollten den Standpunkt der Russen verstehen und dass sie auf unsere Demokratie, oder unsere „Marionetten“ die wir in Russland gerne installieren möchten, genau so wenig „neugierig sind“, wie wir auf ein Kalifat, das für uns bekanntlich „die Lösung“ sein soll und wir sonst mit „erhobenen Finger“ zur Verantwortung gezogen werden, für unsere „ religiöse Verstocktheit“.

      Für mich ist es auch ganz klar, dass besonders das potentielle „junge Kanonenfutter“, besonders den Grünen und den traditionellen politischen Parteien „davonläuft“…..

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