Selenskyj: ein Lehrstück in Propaganda

Person of the year des TIME Magazins für 2022 ist Wolodymyr Selenskyj (26.12.2022, S. 34-51). Da Selenskyj vor seiner politischen Karriere Schauspieler, Komödiant und Filmproduzent war, liegt die Frage nahe, welchen Anteil die Propaganda an seinen Auftritten hat. Vorweg: Ich schreibe über Propaganda und verbinde damit keine moralische Wertung. Im Artikel Moralisieren ist unmoralisch! steht, warum.

1. Das Narrativ. Ohne zentrale Message geht es nicht. Diese wird gleichlautend wiederholt bis zur geistigen Ermattung des Adressaten oder fortwährend in unterschiedlichen Varianten vorgebracht. Bei Selenskyj sind es Variationen der Grundmelodie To save Ukraine means to save Democracy. Selenskyj in einem Interview bei Bild TV: Wir sterben auch für Sie und Ihre Freiheit (RND, 09.03.2022, 22:32). Unklar bleibt unterdes, was unter Freiheit zu verstehen ist. Ist es die Freiheit von willkürlicher Gewalt (Rechtsstaatlichkeit), die Freiheit von einschränkenden Gesetzen und Vorschriften (Neoliberalismus), die Freiheit der Begüterten (Plutokratie) oder die Freiheit aller von wirtschaftlichen Zwängen (Sozialismus). Jeder macht sich seinen eigenen Reim daraus und findet es gut. Das ist ein Barnum-Effekt. Freiheit ist ein ideales Wort im Dienst der Propaganda.

2. Zuspitzung. Von zentraler Bedeutung in einer Kampagne wie auch im Kino sind die ikonischen Momente: John Wayne, der ein Gewehr lässig hält (Stagecoach), Humphrey Bogart mit „Here’s looking at you kid“ (Casablanca), Wolodimir Selenskyj im olivgrünen T-Shirt, das seine kräftigen Oberarme betont und Kampfbereitschaft signalisiert.


3. Prägnanz. Selenskyj richtet den Blick fest in die Kamera, er adressiert den Menschen. Seine vielen Reden sind kurz, prägnant und jedermann verständlich: Subjekt, Prädikat, Objekt, keine Schnörkel, nur Nachdruck. Aus der UN-Rede des ukrainischen Präsidenten vom 21. Sep. 2022:

Nations of the world!
Ukraine wants peace. Europe wants peace. The world wants peace. And we have seen who is the only one who wants war.

4. Hebelwirkung. Das Gelingen braucht ein zugeneigtes Umfeld. Wer hochmotorisierte Auto verkaufen will, tut gut daran, den Ausbau von Schnellstraßen zu fördern. Aus dem TIME-Artikel:

Zelensky has dialed into the World Economic Forum in Davos and the NATO summit in Madrid. He has granted interviews to talk-show hosts and journalists and held life chats with students at Stanford, Harvard, and Yale. He has leveraged the fame of entertainment superstars to amplify his calls for international support… The attention of the world serves as a shield.

5. Handle im Einklang mit deinen Zielen (Conform to the Objektives ist eine Regel aus dem Buch Propaganda von Edward Bernays, 1928). Das ist wohl die überzeugendste Leistung des Wolodymyr Selenskyj: seine Bereitschaft in Kiew zu bleiben und sich großen Gefahren für sein Leben auszusetzen.

Mein Urteil: Wolodimir Selenskyj nutzt Techniken der Propaganda beispielhaft und vorbildlich.

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23 Antworten zu Selenskyj: ein Lehrstück in Propaganda

  1. Frank Stößel sagt:

    Ja, der ukrainische Staatspräsident Wolodimir Selenskyi nutzt Techniken der Propaganda als Mittel psychologischer Kriegsführung so effektiv wie möglich gegen die Propaganda des Aggressors Staatspräsident Putin und der von ihm gleich geschalteten Staatsmedien. Selenskyi schneidet in diesem „Zweikampf“ so gut ab, dass er und sein Land mehr Unterstützung aus dem Westen erhalten als ohne Selenskyis Rhetorik. Auch Winston Churchill war ein solch vorbildlicher Propagandist gegen die Nazis und für die Freiheit im von Hitler, Stalin, Franco und Mussolini tyrannisierten Europa. Doch wie lange kann Selenskyi das durchhalten? Wie lange hört der freie Westen ihm noch zu? Wie lange zünden Selenskyis Reden der Verzweiflung und der Hoffnung noch in der freien Welt, um sein leidendes Land über den Winter hinaus mit funktionstüchtigen Waffen zu versorgen? Wie lange kann die Selbstverteidigung der Ukraine noch funktionieren, deren Ziel es ist, ihre Souveränität zu erhalten, bevor Putins Rechnung der verbrannten Erde, der Vernichtung der Menschen – ob in Uniform oder in Zivil – und ihrer Lebensgrundlagen aufgeht? Ja, es gibt „positive Propaganda“ für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte. Doch nennen wir das nicht Aufklärung im besten Sinne?

    • Timm Grams sagt:

      Dass die freie Gesellschaft Krücken wie die Propaganda braucht, zeigt mir die Unerfüllbarkeit der Aufklärung: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Davon hatten wir es aber schon in NATO-Osterweiterung und Ukraine-Krieg. Was hat die Aufklärung damit zu tun? Was die Gleichschaltung der Medien angeht, bringt der DLF dies:

      Gleich zu Kriegsbeginn hat die ukrainische Regierung die größten TV-Kanäle des Landes in einem Programm vereint, den „Telemarathon“. Kritik an Selenskyj kommt darin kaum vor. Kleinere Sender werden seitdem nicht mehr ausgestrahlt. Selenskyj wolle damit regierungstreue Berichterstattung sichern, fürchten Kritiker. (Florian Kellermann, 21.07.2022)

      Um Missverständnissen vorzubeugen: Ironie verkneife ich mir in meinem Blog ganz grundsätzlich. Alles ist so gemeint, wie es dasteht: „Ich schreibe über Propaganda und verbinde damit keine moralische Wertung.“

      Die 5. Regel lautet: „Handle im Einklang mit deinen Zielen.“ Das macht Selenskyj vorbildlich. Seine Propaganda ist stimmig. Mehr war auf der Sachebene nicht zu sagen.

      Ob seine Ziele moralisch gut sind, das steht auf einem anderen Blatt. Und aus meiner Biografie heraus – Kindheit in der DDR – stört es mich, wenn jemand seine eigenen Ziele für positiv im Sinne einer höheren oder generellen Moral hält.

    • Frank Wohlgemuth sagt:

      @ Timm Grams
      Zur Gleichschaltung der Medien:
      Eine Demokratie ohne freie Medien ist unmöglich, doch kann ein Land im Kriegszustand nur bedingt demokratisch sein. Die Voraussetzung für Demokratie im Kriegszustand ist ein weitgehendes militärisches Beherrschen des Feindes, wie es Irael seit Jahrzehnten vormacht.
      Ein Land im existenziellen Verteidigungskampf kann sich diese Freiheit, sich zusätzlich zum militärischen Kampf noch einen propagandistschen innerhalb der eigenen Medien zu führen, nicht leisten.
      Wichtig ist hierbei wann diese Gleichschaltung geschah: Nach dem russischen Angriff. Zum Vergleich: Die russische Gleichschaltungsbehörde Roskomnadsor wurde 2008 gegründet.
      Man kann ihn in der Ukraine nicht verhindern, weil man die Unterstützung des Auslandes braucht, man benutzt ihn wahrscheinlich auch, aber ich finde es immer noch beachtenswert, wieviel ausländischer Journalismus da offensichtlich noch möglich ist.

    • Frank Stößel sagt:

      Wenn man nur an die Zeit der Aufklärung denkt, welche die Französische Revolution beflügelte, kann man hier als Blogger so antworten. Warum aber muss ich hier eigentlich Aufklärung noch als immerwährenden Prozess erklären und verteidigen? Das ist eigentlich ärgerlich und wird mich als „Dummen“ eine Weile hier schweigen lassen. Für jemanden, der Selenskyi vor einiger Zeit – im Gegensatz zu mir – Mitschuld gab an Putins Überfall der Ukraine und Russlands Vernichtungskrieg gegen diesen souveränen Staat, fand ich es gut, dass du, lieber Timm, nun nach wissenschaftlicher Prüfung mit Hilfe Bernays in der Bewertung von Selenskyis Verhalten und Reden zum Schluss kommst, dass der ukrainische Staatspräsident zwar Propaganda betreibe, nun sogar vorbildlich. Ich fand und finde dessen Einsatz zur Selbstverteidigung seines Landes mutig und richtig und benötige dazu keine anderen Erklärer. Meinen Kompass in der Beurteilung von Selenskyis Regierungshandeln sind: das Recht auf Freiheit und auf liberale Demokratie, die Respektierung der Allgemeinen Menschenrechte und des Völkerrechts. Daran lassen sich auch Biden, Scholz, die USA und die EU und alle anderen Staaten der Welt, die sich oben genannten Prinzipien verpflichtet fühlen, messen. Das alles wird gerade ganz aktuell während des Besuches von Selenskyi bei Biden richtigerweise unterstützt und ist nach meiner Ansicht beste moderne Aufklärung, welche gegen Lügen, Tarnen und Täuschen im Sinne einer psychologischer Kriegsführung so notwendig ist wie wirkliche gut und zuverlässig funktionierende Verteidigungswaffen zu Boden, zu Wasser und in der Luft.

    • Timm Grams sagt:

      @Frank

      Ja, es ist ein andauernder Dissens: Die einen glauben an universell gültige Werte in Form der Menschenrechte. Die anderen meinen, dass Werteorientierung der Realpolitik dient. Es ist keineswegs dumm, Werten zu folgen. Aber es gibt eben auch die Interessen der Akteure und deren Propaganda.

    • Timm Grams sagt:

      @ Frank

      Hier habe ich noch Klärungsbedarf. Du schreibst:

      Für jemanden, der Selenskyi vor einiger Zeit – im Gegensatz zu mir – Mitschuld gab an Putins Überfall der Ukraine und Russlands Vernichtungskrieg gegen diesen souveränen Staat

      Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendjemand in diesem Blog Selenskyj „Mitschuld gab“. Bitte hilf mir auf die Sprünge.

    • Frank Wohlgemuth sagt:

      @ Timm Grams zum andauernden Dissenz.
      Dass die Menschenrechte universell gültig sind, ist leider keine Tatsache, sondern nur das gemeinsame Ziel aller persönlich Ohnmächtigen (und damit Demokraten).

      Andersherum: Wenn es bei der Werteorientierung um die allgemeinen Menschenrechte geht, und man dabei nicht mit doppelten Standards arbeitet, was ließe sich dagegen sagen, diese Werteorientierung auch außenpolitisch zu benutzen?
      Allerdings kann man wohl davon ausgehen, dass die Differenz zwischen den doppelten Standards umgekehrt proportional zur Demokratrienähe des Systems ist.

      Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendjemand in diesem Blog Selenskyj „Mitschuld gab“

      Das ging jetzt nicht an mich, aber in dieser Form lässt sich diese Frage leicht beantworten, wenn es dabei auch weniger um Selenskyj direkt als um die Ukraine geht:
      Sehen Sie sich die Posts dieses trolligen Herrn Realo mit der österreichischen Legende, den russischen Märchen und den diffusen Drohungen einmal genauer an. Hier sind gerade zwei Stellen, die ich sofort wiedergefunden habe:

      Hätten die Ukrainer den Russen in den Ostgebieten die Unabhängigkeit gewährt, wäre alles paletti. …

      Der formale Grund der Russen für das Eingreifen in der Ukraine dürften die rund 8000 toten Russen in der Ostukraine sein, zumal die Ukraine das Blutvergießen nicht beenden konnte. …

    • Realo sagt:

      @ Frank Wohlgemuth 24. Dezember 2022 um 12:21

      Zitat:

      Dass die Menschenrechte universell gültig sind, ist leider keine Tatsache, sondern nur das gemeinsame Ziel aller persönlich Ohnmächtigen (und damit Demokraten).

      Andersherum: Wenn es bei der Werteorientierung um die allgemeinen Menschenrechte geht, und man dabei nicht mit doppelten Standards arbeitet, was ließe sich dagegen sagen, diese Werteorientierung auch außenpolitisch zu benutzen?

      Welche „doppelten Standards“ meinen Sie? Wenn sich ein Vermögender z.B. in Amerika sein „Recht“ gegenüber einen „Armen“ einfach kauft, oder ein Obdachloser bei der Kälte einfach auf der Straße stirbt?

      Oder in der Ukraine: Wenn in der ehemaligen Sowjetunion grob geschätzt den 30 % Ukrainern die Sezession von Russland gestattet wurde, nicht aber den rund 30 % Russen in der Ukraine die Sezession von der Ukraine?

      Oder meinen Sie unter „doppelten Standards“ die Nato Osterweiterung? Den Russen wird ein Land nach dem anderen mit inszenierten Aufständen abgeknöpft und die Russen sollen sich das gefallen lassen?

      Ich wurde von den Altvorderen ehemals (nach dem Krieg) aufgehetzt, niemals ein „Brett vor dem Kopf“ zu akzeptieren, dass nur die „halbe Wahrheit durchlässt“. Andere verteidigen wütend dieses Brett….

    • Timm Grams sagt:

      @Frank Wohlgemuth

      1. Zum andauernden Dissens schreiben Sie:

      Dass die Menschenrechte universell gültig sind, ist leider keine Tatsache, sondern nur das gemeinsame Ziel aller persönlich Ohnmächtigen (und damit Demokraten).

      Was Demokratie, Menschenrechte und Macht angeht, lehrt mich die Geschichte etwas anderes. Man sollte auch nicht vergessen, dass es Alternativen zu den westlichen Werten gibt.

      2. Hinsichtlich der Schuldfrage wäre wohl eher diese Passage zutreffend:

      Melnyk und Selenskyj führen sich vor dem schrecklichen Hintergrund von Putins Verbrechen wie Kriegstreiber auf.

      Diese Kriegstreiberei in Richtung NATO-Verteidigungsfall war bisher erfolglos, dank Biden und Scholz. Deshalb stellt sich die Schuldfrage hier nicht.

    • Frank Wohlgemuth sagt:

      @ Timm Grams

      zu 1:
      wahrscheinlich sollte ich etwas genauer definieren, was ich unter Demokraten verstehe, nämlich Menschen, die wirklich bereit sind, die Macht zu teilen, und nicht bei kleinen relativen Mehrheiten bereits davon ausgehen, den Auftrag erhalten zu haben, genau ihre Meinung durchzusetzen. Davon haben wir recht wenige. Wichtiger bei meiner Formulierung sind mir die persönlich Ohnmächtigen oder besser Machtlosen. Und wenn ich mir die ansehe, habe ich Grund, an den asiatischen Alternativen zu zweifeln. Diese Alternativen werden im Wesentlichen von den Machthabern vertreten, die gerade von der Durchsetzung der alten Autoritätsorientierung an Ahnen, Moral und Staat profitieren. Stabil sind diese Systeme nur, solange Information sehr rigide bewirtschaftet wird. Das „Gefährliche“ an dem Individualismus, der hier als westlich verteufelt wird, ist doch, dass er bereits als Text virulent ist. Gefährlicher sind eigentlich nur die Bilder der mittelständischen Menschen, die scheinbar frei und sorgenlos in diesen westlichen Gesellschaften konsumieren, wie es in den asiatischen nur eine ganz dünne Oberschicht tut. Es ist ja nicht grundlos, dass die Produktionsstätten in den „Tigerstaaten“, in denen Arbeiter zu Hungerlöhnen unsere Konsumgüter produzieren, stark an unsere Gefängnisse erinnern. So gesehen sind die Unterschiede der „asiatischen Kultur“ zu dem, was wir hier im Wilhelminismus hatten, nicht besonders groß. Wir haben nur mehr Achtung davor, weil es, mit dem Stempel Konfuziansmus versehen, als fremd geachtet werden muss.

      zu 2:
      „vor dem schrecklichen Hintergrund von Putins Verbrechen“ meint doch wohl den Überfall auf die Ukraine, diese „Kriegstreiberei“ wäre deshalb zeitlich nachgeordnet und kann von daher kaum als Mitschuld an dem Überfall konstruiert werden. Es sollte mich wundern, wenn Frank Stößel sich darauf bezog – allerdings bezog er sich auf Sie.
      Sie haben das dann in Ihrer Antwort aber auf „irgendjemand im Blog ausgeweitet“.

      Ansonsten geht Ihr Text „Selenskyj, Melnyk, Baerbock, Hofreiter: auf abschüssiger Bahn?“ aber von offensichtlich noch fehlendem Vorstellungsvermögen von der russischen Zielsetzung und Strategie sowie dem ukrainischen Überlebenswillen aus, er ist auch bereits relativ früh nach dem Überfall verfasst.

      Ob und wann hier der NATO-Verteidigungsfall eintritt, entscheiden weder Biden noch Scholz, sondern einzig und allein Putin, indem er ihn auslöst. Und wann er das tut, ist nicht wirklich vorhersehbar – aber seine Drohung sind natürlich politisch wirksam. Er ist auch der einzige, der diesen Krieg sofort beenden kann.

      Und ja: Mit Schützengräben und ein paar Panzerfäusten (defensive Bewaffnung) kann ich vielleicht eine Invasion aufhalten, aber sie nicht umkehren. Dafür, also zur Vertreibung des Aggressors aus dem bereits besetzten Gebiet, braucht es mehr Angriffswaffen als die Ukrainer funktionstüchtige von den Russen übernommen haben. Wer den Ukrainern keine Angriffswaffen geben will, sagt damit, dass er die Annexion ukrainischen Gebietes durch die Russen anerkennen will.

      Sie schreiben zur Lieferung von Angriffswaffen:

      Bei der russischen Übermacht und Putins Entschlossenheit, wie sie in praktisch allen Kommentaren zum Ausdruck kommen, kann ich mir nicht vorstellen, dass diese Aktion zu einem frühen Ende des Krieges führt.

      Da teile ich ihre Vorstellung. Nur war auch zu dem Zeitpunkt schon zu sehen, dass die einzige Art, zu einem früheren Ende des Krieges zu kommen, die Kapitulation der Ukraine wäre. Und das sollte man sie selbst entscheiden lassen, statt sie mit einer planvollen Nichtunterstützung dazu zu zwingen und auf die russischen Übermacht und Putins Entschlossenheit hinzuweisen.

    • Timm Grams sagt:

      @ Frank Wohlgemuth

      Sie haben in vielen Punkten recht und ich habe sie im Hoppla!-Blog auch bereits dementsprechend angesprochen. Die Fixierung auf Angriffswaffen ist mir zu eindimensional. Ich frage mich schon, warum Guerilla-Abwehrstrategien nicht funktionieren. Aber aus solchen Spekulationen will ich mich heraushalten. Für Nicht-Unterstützung habe ich nie plädiert, auch nicht im Artikel Selenskyj, Melnyk, Baerbock, Hofreiter: auf abschüssiger Bahn? Mir geht es darum, die Zögerlichkeit von Biden und Scholz richtig einzuordnen. Caveat emptor: Ich will nicht behaupten, dass mir das gelungen ist.

  2. Eike sagt:

    Propaganda ist so verstanden Teil jeglichen politischen Handelns bzw. sogar unausweichlich, um alleine den gesellschaftlichen Zusammenhalt innerhalb eines Staates zu gewährleisten. Besonders wichtig ist die Schaffung eines übergeordneten Narratives in liberalen Demokratien. Hierdurch wird ein tiefer Glauben an die Organisationen und Institutionen sichergestellt und es werden gewaltsame Aufstände verhindert, auch wenn die derzeitige Regierung von 40 Prozent der Bürger abgelehnt wird. In der Politikwissenschaft nennt man das „diffuse Support“. Was passiert wenn dieser Glaube erodiert, ist sehr gut nach den Präsidentschaftswahlen in den USA zu erkennen.
    Propaganda ist aber nicht in jedem Fall wertfrei zu betrachten und wir sollten den Fehler nicht machen zu glauben, sie hätte überall die gleiche Qualität.
    Das eine ist die Einbettung jeglichen politischen Handelns in ein höheres, abstraktes fast schon spirituelles Ziel.
    Das andere ist Propaganda, wie wir sie von autoritären Regimen kennen, die die Herabsetzung und Entmenschlichung angeblicher innerer und äußerer Feinde zum Inhalt hat.
    Seien es Juden, Kommunisten oder der „dekadente Westen“ als Rechtfertigung für gewaltsames Vorgehen nach außen und nach innen.
    In meinem Alltagsleben nutze ich Propaganda im zweiten Sinne und er ist nicht sehr positiv belegt.

    Ich füge hinzu, dass die grundlegenden Narrative zwar sehr starke Begriffe nutzen, diese aber auch zwangsläufig unscharf sind, damit sich alle dahinter versammeln können. Artikel 1 GG „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ findet jeder gut, füllt das aber mit unterschiedlichen politischen Inhalten. Die Linkspartei hat genau wie bei der Freiheit eine andere Idee von Menschenwürde als die FDP.

  3. Realo sagt:

    Ich sehe die Kriegspropaganda sehr kritisch, weil sie letztlich die Gefahr birgt, dass die Menschen an die Realität eines neuen „Weltkrieg“ herangeführt werden sollen. Zwar vermute ich, dass die Atommächte selbst nicht mit A Waffen „übereinander herfallen“ werden.

    Aber ein Fanal, ähnlich wie in Japan (Hiroshima und Nagasaki) könnte es geben. Man darf raten, wo das sein könnte?

    Absurd ist, dass der 24.2.2022 eine Art von „Urknall“ war, alles was vorher war, in der Propaganda völlig ignoriert wird, wie beim „Urknall“.

    In diesem Sinne scheint die Propaganda sogar voll zutreffend, fast schon wie „wahr“.

    Allein der Zeitpunkt wo man den „0 Punkt“ auf der Zeitachse setzt, entscheidet über die „Wahrheit“.

    Nur für mich war die plötzliche Nato Osterweiterung (Baltische Staaten, ….) nach dem DDR Beitritt der „Urknall“. Konnte mir nicht vorstellen, dass sich das die Russen gefallen lassen würden, zumal später noch „Stammbereiche“ der ehemaligen SU und Militärstützpunkte (Syrien, und praktisch Sewastopol) dazukamen.

    Der fast „reale“ Verlust der Ukraine (Schwarzmeerzugang) und der geplante, letztlich missglückte Übernahmeversuch von Belarus, wären ein vorläufiger Höhepunkt der „Nato Osterweiterung“ gewesen.

    Die Zerschlagung der ganzen ehemaligen SU und eine dem Westen genehme Staatsführung in Moskau, die Russlands Bodenschätze dem Westkapital zu Füßen legt (die die Russen in Sklavenarbeit aus dem Boden holen dürfen) hätte den „Endsieg“ für den Westen bedeutet.

    Vermutlich wird es nicht dazu kommen, eher im Gegenteil….

  4. Realo sagt:

    Ein Problem in der Demokratie ist doch, dass sich z.B. 51 % der „Gewählten“ zusammenschließen um 100 % des „Kuchen“ zu vernaschen. Dann ist das Stück „Kuchen“ für jeden der „Gewählten“ am größten, die „Unterlegenen“ gehen leer aus.

    Die Asiaten haben eine andere Mentalität als wir, sie sind mehr auf Kooperation aus und auch darauf, ja nicht bei den Mitmenschen „anzuecken“. Deswegen hat vermutlich die kommunistische Ideologie mehr Anklang gefunden.

    Die Produktionsstätten haben sich vermutlich deswegen hauptsächlich nach China verlagert, weil den Anführern klar wurde, dass Arbeit sozusagen eine Art „Therapie“ und ganz wichtig für die „Würde“ des Menschen ist. (China war früher einmal fast zu einer riesigen Opium Spelunke verkommen). Wurde übrigens auch, ausgerechnet dem Milliardär Trump klar, dass Amerika immer mehr in einem „Drogensumpf“ verkommt, wenn Arbeitsplätze nicht zurückgeholt werden.

    Für die Ukrainer ist es leichter einsichtig dass die Russen eigentlich zuhause bleiben sollten. Andererseits sind sie praktisch den Russen an die „Gurgel“ gegangen, wollten sie praktisch beim internationalen Warentransit (Schwarzmeerzugang) mit „Gebühren würgen“ bis sie k.o. (und ihre Bodenschätze los) sind. Abgesehen von der Erniedrigung der Russen, indem sie ihnen Sewastopol abknöpfen und an die Nato verhökern wollten.

    Absolute Rechtssicherheit in der Ostukraine für die Russen und „fair use“ Nutzung der Ressourcen (Infrastruktur, Häfen,….) für die Ukraine, im Gegenzug eine faire Kooperation, z.B. Rabatte auf in der Ukraine benötigte Rohstoffe zur Ankurbelung der Realwirtschaft der Ukraine, wären doch ein Lösungsansatz.

    Die Nato Osterweiterung wäre halt beendet. Vielleicht wären auch die Russen bereit, wie bisher mit der EU zusammen zu arbeiten und auf ein neues Rohstoffkartell zu verzichten?

    Bei gegenseitigem Verständnis wäre keiner besiegt oder erniedrigt, alle wären „Sieger“ über die „Unzulänglichkeit“ der Menschen…..

  5. Realo sagt:

    @ Frank Wohlgemuth 24. Dezember 2022 um 12:21

    Zitat:

    Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendjemand in diesem Blog Selenskyj „Mitschuld gab“
    Das ging jetzt nicht an mich, aber in dieser Form lässt sich diese Frage leicht beantworten, wenn es dabei auch weniger um Selenskyj direkt als um die Ukraine geht:
    Sehen Sie sich die Posts dieses trolligen Herrn Realo mit der österreichischen Legende, den russischen Märchen und den diffusen Drohungen einmal genauer an.

    Die Kriegstechnik hat wegen der A,B,C- Waffen einen Stand erreicht, der die Existenz der ganzen Menschheit gefährdet. „Krieg“ als Werkzeug der „Auslese“ im Sinne Darwins hat „ausgedient“.

    Deswegen bin ich gegen alles was Kriege fördert, auch die „eigentlichen Ursachen“, selbst wenn Sie mich für einen „Troll“ halten. Und das beginnt, wenn „Wegelagerer Staaten“ begründet werden um einen anderen (noch dazu einen „Atomstaat“) beim Welthandel zu behindern. Hätten die Russen keine Bodenschätze, sondern könnten höchsten Ihr „Sauerkraut“ exportieren, gäbe es diesen Krieg nicht.

    Selbstverständlich gab auch ich nie Selenskyj Mitschuld am faktischen Kriegsausbruch (um 2014). Damals war er noch als Schauspieler unterwegs und hatte gar nichts zu reden. Er hatte nur das Pech, weiter machen zu müssen, was andere angefangen haben. Sonst hätte man ihn an der nächsten Laterne aufgeknüpft.

    • Timm Grams sagt:

      Zur Erinnerung: Keine der kriegsführenden Parteien hat sich der internationalen Gerichtsbarkeit unterworfen, die die Kriegsschuldfrage klären könnte.

    • Frank Wohlgemuth sagt:

      @ Timm Grams
      Wir hatten das schon mal, die Erinnerung ist nicht ganz richtig.

      Es gibt bei der Bundeszentrale für politische Bildung eine Stellungnahme von Dr. Oksana Senatorowa vom Lehrstuhl für Völkerrecht an der Nationalen Juristischen Universität Jaroslaw Mudryj in Charkiw aus dem Jahr 2018:
      Analyse: Die Ukraine und der Internationale Strafgerichtshof: Der lange Weg zur Gerechtigkeit

      Damit man nicht alles lesen muss, habe ich hier das Wesentliche zusammengestellt:

      Im Jahr 2014 änderte sich die Haltung der ukrainischen Behörden zum IStGH aufgrund der Ereignisse auf dem Maidan und angesichts des durch Russland initiierten internationalen Konflikts auf der Krim und in der Ostukraine. In diesem Zusammenhang reichte die Ukraine 2014 und 2015 zwei Erklärungen beim IStGH ein und erkannte dessen Gerichtsbarkeit nach Artikel 12 Abs. 3 an [Der Artikel besagt, dass ein Nichtvertragsstaat „durch Hinterlegung einer Erklärung beim Kanzler die Ausübung der Gerichtsbarkeit durch den Strafgerichtshof in Bezug auf das fragliche Verbrechen anerkennen“ kann – Anm. d. Red.]. Die erste Erklärung bezog sich auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit – darunter Folterungen, gewaltsame Entführungen, illegale Festnahmen und Ermordungen –, die während der „Revolution der Würde“ mutmaßlich durch die damalige Führung begangen wurden. Die zweite Erklärung bezog sich auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, die in dem Konflikt um die Krim und im Donbass begangen wurden.

      Auf diese Art erkannte die Ukraine rückwirkend die Gerichtsbarkeit des IStGH hinsichtlich der Verbrechen an, die seit dem 21. November 2014 auf ukrainischem Territorium begangen wurden – einschließlich auf den von der Ukraine derzeit nicht kontrollierten Gebieten auf der Krim und im Donbass (zu denen der IStGH allerdings keinen Zugang hat). Durch diesen Schritt können auch Verbrechen verfolgt werden, die noch vor der Einreichung der Erklärungen entstanden sind. Strafrechtlich verfolgt und zur Verantwortung gezogen werden können dabei Personen, die auf ukrainischem Territorium die im Römischen Statut gelisteten Verbrechen begangen haben – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und ungeachtet eines etwaigen, von ihnen bekleideten, offiziellen Amtes. Letzteres war in der bisherigen Arbeit des IStGH stets ein Stolperstein.
      …..
      In Wirklichkeit unterscheidet sich die Anerkennung der Jurisdiktion des Internationalen Strafgerichtshofes nach Artikel 12 Abs. 3 nicht von jener infolge einer Ratifizierung: Die Pflicht zur Kooperation mit dem Gericht entsteht in beiden Fällen. Das bedeutet, dass die Ukraine die Kooperationsverpflichtung bereits eingegangen ist, ohne allerdings die Rechte zu erhalten, die durch eine Ratifizierung entstanden wären. Das Statut sieht die Möglichkeit zur „Rücknahme“ von freiwilligen Erklärungen nicht vor. Vertragsstaaten können jedoch aus dem Vertrag austreten – und haben das Recht, an der Versammlung der Vertragsstaaten teilzunehmen, Kandidaturen für den IStGH vorzuschlagen und das interne Regelwerk des Gerichts zu bestimmen. Auf all diese Vorzüge muss die Ukraine wegen der Kurzsichtigkeit einzelner Regierungsmitglieder verzichten.

      Das einzige, was die Zuständigkeit des IStGH an einer Verfolgung des Tatbestandes des Angriffskrieges hindert (alles andere ist auch mit der einseitigen Zustimmung durch die Ukraine möglich), ist also die fehlende Zustimmung Russlands. Hier könnte allerdings das u.a. von Selenskyj geforderte Sondertribunal Abhilfe schaffen, weil das nicht an die Voraussetzungen des IStGH gebunden wäre.

      Nachtrag für die, die es selbst lesen wollen:
      https://www.bpb.de/themen/europa/ukraine-analysen/279919/analyse-die-ukraine-und-der-internationale-strafgerichtshof-der-lange-weg-zur-gerechtigkeit/

    • Frank Wohlgemuth sagt:

      @ Realo
      Ich hatte auch einen alten Geschichtslehrer, der immer wieder felsenfest behauptet hat, dass es sich bei Frankreich nur um einen Wegelagererstaat handelt, der unsere Wirtschaft erwürgt, indem er unseren freien Zutritt zur Biskaya behindert.

      Aber wenn jemand solchen oder ähnlichen Blödsinn als Grund benutzt, um über einen Nachbarstaat herzufallen, dann gehört der im Moment seines Angriffsbefehls von seinen eigenen Soldaten, die mit Ihrem Blut für diesen Schwachsinn bezahlen sollen, erschossen.

      Und wenn dieser Verbrecher das unter Bruch der Verträge tut, die er selbst geschlossen hatte, ist damit auch klar, dass er von Anderen als Verhandlungspartner nicht mehr akzeptiert werden kann, weil seine Unterschrift nichts wert ist.

    • Solar Econonomy sagt:

      Ich kenn mich ja ansonsten nicht so aus mit dem geopolitischen Ränkespiel und grds. können mich „die da ganz oben“ eh mal gepflegt im A… L….

      Aber: „Hätten die Russen keine Bodenschätze, sondern könnten höchsten Ihr „Sauerkraut“ exportieren, gäbe es diesen Krieg nicht.“

      –> Ukraine hockt auf einer Menge Uran, Öl, Gas, Kohle, Erze und wie war das mit der Kornkammer?…

      und darüberhinaus gab es dort Bestrebungen sich Energieunabhängig mit erneuerbaren zu machen….
      Ich beobachte ziemlich genau (weil vollinvestiert in ausschließlich renewable Energy) welche Länder mit machen… und außer Lagerstättenbesitzern/Besetzern eigentlich ziemlich alle….

      ganz egal ob drollig oder nicht…

      https://www.bpb.de/themen/europa/ukraine-analysen/292139/analyse-die-foerderung-erneuerbarer-energien-in-der-ukraine/

      https://www.giz.de/de/weltweit/103273.html

      https://www.solarserver.de/2022/09/16/ukraine-erneuerbare-energien-wachstum-osteuropa-zentralasien/

      https://hans-josef-fell.de/ukraine-am-scheideweg/

      Und Propaganda hin oder her, und natürlich kann auch wieder der nächste Link hier vollkommen Fake und Propaganda sein, aber mir macht es minimal Hoffnung:

      https://cleantechnica.com/2022/12/24/november-carbon-emissions-in-europe-lowest-in-30-years/

    • Timm Grams sagt:

      @ Frank Wohlgemuth 27. Dezember 2022 18:53

      Thema verfehlt. Es geht um das Recht zwischen Staaten und nicht um die Verbrechen einzelner Personen. Nur die letzteren werden durch den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) und das Weltrechtsprinzip abgedeckt. Für die ersteren ist der Internationale Gerichtshof (IGH) zuständig. Nur auf den beziehe ich mich im Artikel Kriegsverbrechen.

    • Frank Wohlgemuth sagt:

      @ Timm Gramms
      Touché
      Wobei Sie in https://www2.hs-fulda.de/~grams/hoppla/wordpress/?p=2345#comment-8127 noch fälschlich davon ausgingen, dass das IStGH auch nicht in der Ukraine tätig werden könne.
      Aber es sieht auch beim IGH etwas unglücklich aus, wenn Sie zur Erklärung des fehlenden Fortgang des Verfahrens Russland und die Ukraine praktisch gleichwertig nebeneinander stellen. Die fehlende allgemeine Unterwerfungserklärung der Ukraine unter die Rechtsprechung des IGH ist insofern unwesentlich, als sie als klagende Partei diese Unterwerfung auch als ad-hoc-Erklärung zur Klage abgeben könnte, was aber auch nur wirksam werden würde, wenn Russland eine entsprechende Erklärung abgäbe, was nicht zu erwarten ist. (btw: Es ist immer noch eine Minderheit aller UN-Mitglieder, die diese allgemeine Unterwerfungserklärung abgegeben haben, auch unsere ist nicht nicht so alt)

      Insofern hat die Ukraine den einzigen Gang, der vor dem IGH sinnvoll erscheint, bereits beschritten, als sie schon am 24.2.22 eine Klage zur Feststellung der Völkerrechtswidrigkeit des Einmarsches Russlands unter der von Russland vorgebrachten Beschuldigung des Völkermords in der Ostukraine eingereicht hat. Der IGH hat dem in einer Eilentscheidung am 16.3.22 entsprochen, auch wenn hier m.W. die Hauptverhandlung noch aussteht. Sowohl Russland als auch die Ukraine gehören der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes vom 9. Dezember 1948 an. Der nächste Schritt, die Beschuldigung Russlands des Völkermordes wird etwas schwieriger, dürfte aber angesichts der inzwischen unübersehbar systematischen Zerstörung ziviler Versorgungseinrichtungen wahrscheinlich auch den hohen Beweisansprüchen, die hier gestellt werden, genügen.

      Es ist also unabhängig von der noch fehlenden allgemeinen Unterwerfungserklärung der Ukraine unter die Rechtsprechung des IGH, dass zur Klage gegen den Aggressionskrieg Russlands ein Sondertribunal nötig sein wird.

      Und egal, ob diese Sache „normal“ vor IGH oder IStGh verhandelt wird oder (dann auch von einem dieser beiden Gerichte) in einem Sondertribunal, können wir davon ausgehen, dass von diesen Gerichten keine Klage zugelassen wird, bei der der Kläger sich nicht auch selbst dieser Gerichtsbarkeit unterwirft. Insofern halte ich Ihre Sorge, dass das ein einseitiges Propagandaspektakel wird, für unbegründet. Es kann sein, dass man das gerne hätte. Aber ich glaube nicht, dass das mit diesen Gerichten funktionieren wird. (In dem Zusammenhang ist die oben verlinkte Stellungnahme von Dr. Oksana Senatorowa interessant: Sie kritisiert die fehlende Unterwerfungserklärung ihres Landes, sagt dabei auch, wer dabei welche Hoffnungen hat, und warum er damit im Zweifelsfall nicht durchkommen wird.)

      Zur näheren Beleuchtung:
      https://www.bundestag.de/resource/blob/899274/6a63bd8ab894ad6165db6bb1655a4115/Die-Eilentscheidung-des-Internationalen-Gerichtshofs-vom-16-Maerz-2022-Ukraine-Russland-data.pdf

    • John Solar sagt:

      hmmm, gerade Realo ist mir hier im Blog so aufgefallen, das er sehr überzeugt davon schien er wisse Bescheid und er hätte das Problem mit Russland im Detail verstanden und „die USA…..“

      Nach einem längeren Gespräch mit einem Arbeitskollegen „Ungar mit Verwandschaft in der Westukrainte“ hat bis er 13 war noch unter russischer Herrschaft leben dürfen, bin ich mir nicht mehr sicher ob Realo wirklich klar sieht oder nicht selbst ein Opfer russischer Propaganda ist und er sich nicht versucht die Welt schön einfach zu machen…..

      Ich empfehle Realo wenn er das Buch noch nicht kennt mal zu lesen:

      https://www.perlentaucher.de/buch/golineh-atai/die-wahrheit-ist-der-feind.html

      Plus der Ergänzung von Timm Grams. Und immer über die Illusion und Grenzen des Wissens nachzudenken.
      Dr. Moder: https://www.youtube.com/watch?v=Uzho8WEBETE

      Und dann möchte ich noch auf das „Atlas Syndrom“ hinweisen und auch auf die „relative Bedeutung jedes Begriffs“

      Ich tu mich ja selber sehr schwer etwas schön schriftlich zu formulieren, ich bin mehr der Quatscher… das unterscheidet dann wohl auch einen Prof. wie Hr. Grams zu mir…

      Ich finde aber zufälligerweise dann schöne ausformulierungen meiner Gedanken.

      Vielleicht hat jemand lust sich das Buch dann auch noch zu holen,
      Atlas Syndrom und S.139 die relative Bedeutung….

      https://herzausfels.de/2023/01/22/gemeinsam-und-unverdrossen-christine-von-weizsaecker-aus-dem-buch-in-tiefer-sorge-2022/

      Das wollte ich eigentlich schon die ganze Zeit hier im Blog zum Ausdruck bringen konnte es aber selbst nicht in Schriftform bringen, Credits gehen an Christine von Weizsäcker!!!

  6. Realo sagt:

    John Solar 26. Januar 2023 um 13:15 Uhr

    Ich vermute Sie sind sehr realistisch denkend und bemühen sich das Geschehen objektiv zu durchschauen.

    Ich habe den Wehrdienst um 1965 aus ethische Pflicht und auch freiwillig abgeleistet. Bin aber zum Pazifisten geworden, weil der Krieg meiner Meinung nach, heute im Jahr 2023, keine Auslesefunktion im Sinne Darwins mehr hat, im Vergleich zu früher, als man z.B. mit „Faustkeilen“ gekämpft hat. Es geht darum, ob die Welt angesichts der A,B,C – Waffen befähigt ist zu kooperieren, oder sich, KI hin oder her, selber ausrottet.

    Bestärkt haben mich meine Erinnerungen an die Nachkriegszeit. Die waren von den ungewöhnlich vielen Kriegskrüppeln in meiner Umgebung und dem Elend (auch deren Angehöriger) bestimmt.

    Die sachliche Sicht zum Krieg und die „grundsätzlichen historischen Gegebenheiten“ hab ich von Geschichtslehrern erworben, die nach dem „Nazi Desaster“ recht „frei“ argumentiert haben.

    Die Sichtweise Ihrer Arbeitskollegen verstehe ich und ich nehme an, ich habe auch von Ungarnflüchtlingen vermutlich die gleichen Argumente gehört. Sie werden es kaum glauben, aber ich halte deren Sichtweise, die ihre persönliche Positionen widerspiegeln“, für vernünftig.

    Ich möchte etwas ausholen: 1917 begann mit der Oktoberrevolution in Russland das größte Experiment der Weltgeschichte. Russland hatte, auch wegen Hungersnöte, eigentlich fast nichts mehr zu verlieren und konnte sich daran machen, die damals sehr interessanten „kommunistischen Thesen“ im Sinne von Karl Marx zu realisieren. Kurz gesagt, das Experiment ist, zumindest in Europa, vermutlich wegen der Mentalität und auch aus psychologischen Gründen, besonders an den inneren Widersprüchen gescheitert.

    Die Menschen sind nicht so „vernünftig“, dass sie auf die „Marktgesetze“ verzichten könnten und die Preisrelationen, z.B. zwischen den Gütern Russlands (Öl, Gas, Rohstoffe,….) und den Gütern der „sozialistischen Brüder“ (Getreide, Obst, Gemüse, Konsumartikel,….) aushandeln könnten. Sie haben sich hoffnungslos zerstritten und der Comecon hat sich praktisch von selbst zerlegt.

    Die Russen bekamen zwar (als Kriegsbeute) halb Europa zugesprochen, aber der Kommunismus war ungeeignet, den Wohlstand besser als der Kapitalismus des Westen, zu heben. Der gemäßigte „Adenauer – Erhard“ Kapitalismus war höchst erfolgreich. Seit ungefähr 1989 und dem Fall des Kommunismus (Konkurrenzsystem) hat sich der Kapitalismus „gewandelt“. Für die „Nutznießer“ zum Vorteil, für Arbeitnehmer und Rentner eher zum Nachteil …..

    Mit der Osterweiterung waren viele Betroffene einverstanden, weil sie ihre Situation verbessern konnten, besonders auch „leistungsfähige Flüchtlinge“ die bei uns zu Wohlstand kamen. Der deutsche „Zahlmeister“ hat übrigens auch besonders dazu beigetragen, dass sich die Situation in diesen Ländern verbessert hat.

    In der Ukraine hat es allerdings einen „Putsch“ gebraucht, damit sich das Volk „umorientiert“ hat.

    Die Ukraine als eigener Staat wurde in der Hauptsache deswegen begründet, um Russland praktisch vom Meer abzuschneiden, Transitgebühren zu kassieren, Einfluss in Russland zu gewinnen, letztlich die Bodenschätze Russlands dem Westkapital „zu Füßen zu legen“, zumal Aktienanleger dringend neue „knackig frische Rohstoffaktien“ gebrauchen könnten. Die unterstützen alles, auch Kriege, damit ihre Gier bald befriedigt wird.

    Genau das, „Wegelagererstaaten“zu gründen, Druck zu machen, Einfluss im unterlegenen „Binnenstaat“ zu gewinnen, Menschen und Bodenschätze auszubeuten, ….. dass sind typische Muster die zu Kriegen führen und die wurden uns von Geschichtslehrern vermittelt.

    Wie auch das typische Muster, dass es ein „Hegemon“ nicht erträgt, wenn ihm ein Staat „abgeknöpft“ wird, womöglich dort Raketen stationiert werden. Amerika hat auf Kuba gerade noch den Umsturz durch einen Putsch ehemals akzeptiert, aber russische Raketen wären ein Grund für einen „Weltkrieg“ gewesen.

    Russland hat in Polen den Umsturz samt Ami Raketen gerade noch akzeptiert. Eine Abtrennung vom Schwarzen Meer, den Verlust des Flottenhafens, letztlich die dort drohende Stationierung von West Raketen, sind ein absoluter Grund für einen sofortigen Krieg, allenfalls einen Weltkrieg.

    Die Nato hat gewusst warum sie die Ukrane nicht aufnahm. ….

    Genau auch diese „Muster“ für Konflikte und Kriege, es gibt natürlich auch andere Kriegsmuster, z.B. „Lebensraum“ für die Bevölkerung, religiöse, selbst Verwandtschaftsbeziehungen, … wurden uns im Geschichtsunterricht vermittelt.

    Zitat: „Putin gibt sich als der ’neue globale Anführer der Konservativen‘ – im Kampf gegen Feminismus, Homosexuellenrechte und ‚Chaos'[…] Schon der exakte historische Rekurs zeigt, dass der Kreml Falschinformationen verbreitet.“

    Meiner Meinung nach können Sie in ideologischen Fragen gar keine „wirkliche Wahrheit“ finden, auch nicht die Frau Atai.
    Feminismus, Homosexuellenrechte ….. könnten das Problem der Übervölkerung human lösen, andererseits zum „Aussterben“ führen, oder eben zu Konflikten/Kriegen führen….

    Die Taktik der Desinformation gibt es grundsätzlich, fast immer und überall ….

    Besonders die Meinung von Historikern sollte man berücksichtigen, jedenfalls dann, wenn sie noch keinen „Maulkorb“ tragen mussten….

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