Das ifo Institut meldet am 18.02.2025:
Mehr Ausländer erhöhen die Kriminalitätsrate nicht
Migration nach Deutschland führt nicht zu einer höheren Kriminalitätsrate an den Zuzugsorten. Dies zeigen Auswertungen des ifo Instituts der Polizeilichen Kriminalstatistik nach Landkreisen für die Jahre 2018 bis 2023. „Wir finden keinen Zusammenhang zwischen einem steigenden Ausländeranteil in einem Kreis und der lokalen Kriminalitätsrate. Gleiches gilt im Speziellen für Schutzsuchende“, sagt ifo Forscher Jean-Victor Alipour.
Stehenden Fußes übernimmt der öffentlich-rechtliche Rundfunk diese Pressemeldung.
Die Tagesschau: Migration steigert laut Studie nicht die Kriminalität
ZDF: Kriminalität durch Ausländer. Neue Studie: Wohnort spielt sehr große Rolle
Auch Ricarda Lang teilt auf X die ifo Pressemeldung mit der launigen Einleitung: „Jetzt mal bitte nicht den Wahlkampf mit Fakten stören.“
Was haben wir uns seinerzeit aufgeregt, als Kellyanne Conway im Januar 2017 die vom Pressesprecher des Weißen Hauses genannten falschen Zuschauerzahlen anlässlich von Trumps Amtseinführung beschönigend alternative Fakten nannte.
Das was die können, das können wir doch allemal. Die ifo Meldung gehört für mich in die Kategorie alternative Fakten. Dahinter steht eine moralische Haltung und eine dazu passende Interpretation der Daten.
Schauen wir uns das genauer an. Ich übernehme Teile meines Kommentars zum letzten Hoppla!-Artikel. Ein Kernsatz
aus der ifo Pressemeldung ist der folgende:
Die Annahme, dass Ausländer oder Schutzsuchende eine höhere Kriminalitätsneigung besitzen als demografisch vergleichbare Einheimische, ist nicht haltbar.
Diese Aussage ist überzogen. Eine Statistik lässt eine Kausalitätsaussage wie die zur „Kriminalitätsneigung“ grundsätzlich nicht zu. Wir haben hier einen Musterfall, an dem man schön erklären kann, dass Statistiken nicht dazu taugen, Ursache-Wirkungsbeziehungen aufzuzeigen.
Beginnen wir damit, was die Presseerklärung objektiv und durch Daten gestützt feststellt: Überall ist die lokale Kriminalitätsrate der Ausländer nicht höher als die der Inländer.
Das ist der Hintergrund der ifo Meldung, die diese Daten im Sinne einer (fehlenden) Kriminalitätsneigung interpretiert. Aber es gibt eine naheliegende alternative Interpretation der Daten, wie man aus der ifo Pressemeldung ersehen kann:
Ausländer sind in der Kriminalstatistik gegenüber ihrem Bevölkerungsanteil überrepräsentiert. […] Migranten ziehen häufiger in Ballungsräume, wo das allgemeine Kriminalitätsrisiko höher ist – auch für Einheimische.
Könnte es nicht sein, dass es kriminell veranlagte Ausländer in die Ballungszentren zieht und ließe sich nicht so die Überrepräsentation von Ausländern in den Ballungszentren erklären? Wenn ja, dann wäre die weit verbreitete Meinung, dass Ausländer die Kriminalitätsrate erhöhen, doch nicht widerlegt. Dann läge die beobachtete nationale Kriminalitätsentwicklung tatsächlich nicht an der Stadt sondern am Menschen.
Wir haben also zwei Meinungen, die einander ausschließen und die sich dank des zugrundeliegenden Zahlenmaterials als Fakten tarnen können. Alternative Fakten eben.
Das scheint mir auch der Wesenskern von Kelleyanne Conways Vorstoß zu sein: Die Interpretation von Zahlen im Lichte der eigenen Überzeugung.
In dem Aufsatz zum simpsonschen Paradoxon habe ich die hier wirksamen Zusammenhänge ausführlich dargelegt.
Es gibt ein Gefälle zwischen der Interpretation von Zahlen nach Überzeugungen und des Simponschen Paradoxon: die Wahrnehmung und Vorstellung!
Beides ist subjektiv und schreit nach der Urteilung über Objektivismus und Neutralismus.