Das geheimnisvolle Ich

In der Kindheit kommt irgendwann einmal der Moment, in dem man sich seines Denkens und seiner selbst bewusst wird: Hier bin ich und dort ist der andere. Und er denkt und empfindet sicherlich genauso wie ich denke und empfinde. Das ist ziemlich nahe an einer Erkenntnis, die René Descartes zum Ausgangspunkt seiner Philosophie gemacht hat: Ich denke, also bin ich.

Das denkende Ich ist also ein alter Bekannter von mir. Ich sollte ihn gut kennen. Aber davon kann nicht die Rede sein.

Um die Gedanken über das Ich aufzudröseln, beginnen wir damit, was unsere Wahrnehmung uns mitteilen kann. So stoßen wir fast zwangsläufig auf das, was Emil du Bois-Reymond Das fünfte Welträtsel genannt hat. Es wurde im Anschluss an den Hoppla!-Artikel Das fünfte Welträtsel: Bewusstsein ausgiebig diskutiert. Im Anschluss an den Artikel Der Realismus erklärt nichts wurde das Thema von Peter Schöne aufgegriffen. Darauf will ich noch eingehen und beziehe mich dabei auf seinen Text Die Grenze des Diesseits.

Dinge, Erscheinungen, Protokolle

Wir nehmen die Welt beim Wort: Was wir wahrnehmen, scheint genau so zu sein. Dann entdecken wir die optischen Täuschungen und wir beginnen daran zu zweifeln, dass wir sehen, was ist. Immanuel Kant sagt es so: „Es sind uns Dinge als außer uns befindliche Gegenstände unserer Sinne gegeben, allein von dem, was sie an sich selbst sein mögen, wissen wir nichts, sondern kennen nur ihre Erscheinungen.“ (Prolegomena, § 13, Anmerkung II)

Wer meint, dass er erkennt, was wirklich ist, der möge uns sagen, was das ist:

Erscheinungen sind individuelle Erlebnisse, über die wir unkorrigierbar berichten können. Derartige Protokolle sind in einer Sprache verfasst, die dem gemeinsam Erlebten entspringt. Das führt zur Objektivierung des subjektiven Erlebens: Wir schauen Bäume an und sind uns einig, dass die Blätter grün sind. Das verführt uns zu dem weiterreichenden Gedanken, dass alle Beobachter das Grün in derselben Weise empfinden, dass dieses empfundene Grün also eine Eigenschaft des Objektes in der Welt ist. Für einen solchen naiven Realismus gibt es jedoch keinen Grund. Welche Empfindung ich beim Anblick einer roten Rose habe und welche bei der Fanfare von Also sprach Zarathustra, wird ein anderer niemals erfahren, egal, wie blumenreich ich das Erlebnis schildere.

Wer oder was empfindet?

Noch vertrackter wird es, wenn wir uns fragen, welcher Teil in uns für das Erlebte verantwortlich ist. Was ist dieses Ich, das die Erscheinungen hat?

Im Abschnitt „Von den Paralogismen der reinen Vernunft“ schreibt Immanuel Kant: „Durch dieses Ich oder Er oder Es (das Ding), welches denkt, wird nun nichts weiter als ein transcendentales Subject der Gedanken vorgestellt = X, welches nur durch die Gedanken, die seine Prädicate sind, erkannt wird, und wovon wir abgesondert niemals den mindesten Begriff haben.“

Wir ordnen die Gedanken mit Hilfe der folgenden Grafik.

R ⟶⎢ X ⎢⟶ P

Die Welt der Dinge an sich, die ungreifbare Realität, sei R. Immanuel Kant folgend ist das erkennende Ich = X. Dieses X produziert die Erscheinungen. [Peter Schönes Interpretation zeigt mir, dass diese Reifikation zu Missverständnissen führen kann, 29.6.2023] Wo und wie das innere Bild entsteht, das entzieht sich unserem Zugriff. Die Funktion von X ist das große Geheimnis. Die senkrechten Striche in der Grafik sollen andeuten, dass das X in einer Art Black Box eingeschlossen ist. P steht für die Protokolle, die wir von den Erscheinungen machen.

Nicht zum Ausdruck gebracht sind

  1. die Realisierungen der Protokolle und Theorien in Form von Bildern und Texten beispielsweise, insofern gehören sie zu R, und
  2. das Hintergrundwissen, also das phylo- und ontogenetisch Erlernte, das Wahrnehmung und Erkenntnis überhaupt erst möglich macht und das man dem X zurechnen kann.

Es gibt also eine Menge Rück- und Wechselwirkungen, die in der simplen Grafik nicht auftauchen. Insbesondere führen Erkenntnisse in der Welt des Wissens und der Wissenschaft P zu Erfindungen, die die Welt R der Dinge verändern.

R, X und P lassen sich ohne Gewaltanwendung in Poppers Welten 1, 2 und 3 verorten.

Umkehrung der Erkenntnisrichtung

In der Vorrede zur zweiten Auflage seiner Kritik der reinen Vernunft beschreibt Kant die Umkehrung der Erkenntnisrichtung: „Die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis richten […] es ist hiermit ebenso, als mit den ersten Gedanken des Copernicus bewandt, der, nachdem er mit der Erklärung der Himmelsbewegungen nicht so gut fort wollte, wenn er annahm, das ganze Sternheer drehe sich um den Zuschauer, versuchte, ob es nicht besser gelingen möchte, wenn er den Zuschauer sich drehen und dagegen die Sterne in Ruhe ließ.“

Diese Umkehrung der Erkenntnisrichtung kommt zum Ausdruck in der erwartungsgetriebenen Wahrnehmung und in der Rolle wissenschaftlicher Hypothesen. Letztere sind Vermutungen, die wir noch zu prüfen haben. Wissenserwerb verlangt den aktiven Beobachter.

Erwartungsgetriebene Wahrnehmung und Erkenntnis habe ich an den optischen Täuschungen und an den Denkfallen studiert.

Das irreduzible Ich

Das Denken denken, das Wahrnehmen wahrnehmen und das Sehen sehen wird wohl nicht gelingen. Wir sind zurückgeworfen auf das Wahrgenommene und das Gedachte.

Peter Schöne meint, dass wir durch die sehr gute Reproduzierbarkeit der psychoakustischen Messfunktionen und durch die geringen interindividuellen Unterschiede wüssten, dass Empfindungen bei allen gesunden Versuchspersonen sehr ähnlich seien:

„Um möglichst viele Teilfunktionen INNERHALB der Black Box aufzuklären, hat die Forschung das Gehör immer weiter erkundet. Dabei wurden physikalische Messgeräte abgelesen, wodurch eine lange Kette von Repräsentationen entstanden ist: Ohrmuschel, Gehörgang, Trommelfell plus Gehörknöchelchen Hammer, Amboss, Steigbügel bis hin zum ovalen Fenster (Außenohr und Mittelohr), Schnecke (Cochlea des Innenohrs) mit der Basilarmembran, Muster der erregten Haarzellen samt Deckmembran, Weiterleitung der monauralen und binauralen Erregungsmuster durch die Gehörnerven, also auf der sogenannten Hörbahn in das Gehirn, und schließlich Verarbeitung im Gehirn bis hin zum auditorischen Cortex in der HIRNRINDE.“

Er liefert weitere Argumente dafür, dass das Empfinden X immer weiter entschlüsselt werden könne: „Bezüglich der Individualentwicklung unseres Gehörs ist es noch sehr wichtig anzumerken, dass unsere individuellen Gene aufgrund des ständigen Austauschs in der Evolution des Menschen ganz allgemein KONVERGIEREN in Richtung auf eine phylo- und ontogenetisch sehr ähnliche Entwicklung jedes gesunden Gehörs.“

Es stimmt wohl: Es sind im Laufe der Zeit viele Erkenntnisse über die Funktion des Wahrnehmungs- und Denkapparats hinzugekommen. Aber „die psychophysikalische Lücke [ist] noch nicht überbrückt“, wie er selbst schreibt.

Für Frank Wohlgemut ist die Ähnlichkeit der Empfindungen eine gut begründbare Annahme, aber als „Wissen im strengen Sinn“ würde er das nicht bezeichnen.

Dem Geheimnis des Bewusstseins, dem Ich, ist man mit den psychoakustischen Studien nicht näher gekommen. Die Erkenntnis stößt nach wie vor an eine Schranke.

Die Einschätzung des Emil du Bois-Reymond behält Gültigkeit: Selbst auf der höchsten denkbaren Stufe unseres eigenen Naturerkennens gleichen unsere „Anstrengungen, über diese Schranke sich fortzuheben, einem nach dem Monde trachtenden Luftschiffer“.

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60 Antworten zu Das geheimnisvolle Ich

  1. Mussi sagt:

    Hut ab,Timm Grams, die bedeutendste Erkenntnis.
    Nur, hat und will sie nicht jeder,im Gegenteil!

  2. John Solar sagt:

    Da hat er wohl gedacht oder noch ein paar Büchlein gelesen… ;-)

  3. Peter Schöne sagt:

    Im Grunde teile ich die erkenntnistheoretische Skepsis sowohl bezüglich „der äußeren Objecte“ als auch bezüglich „des geheimnisvollen Ich“:
    – Die psychophysikalische Lücke ist noch nicht überbrückt. (Grams, Schöne)
    – Die interindividuelle Ähnlichkeit von Empfindungsgrößen ist kein Wissen im strengen Sinne. (Wohlgemuth)
    – „Die nichtsinnliche Ursache dieser Vorstellungen ist uns gänzlich unbekannt, und diese können wir daher nicht als Object anschauen.“ (Kant)
    – Die Erkenntnis stößt nach wie vor an eine Schranke. (Grams)
    – Unsere „Anstrengungen, über diese Schranke sich fortzuheben, (gleichen) einem nach dem Monde trachtenden Luftschiffer“. (Emil du Bois-Reymond)

    Für mich ist es dennoch einen VERSUCH WERT, die Skepsis nicht zu übertreiben. Insbesondere Herr du Bois-Reymond scheint zu Übertreibungen zu neigen; bei ihm ist zumindest Vorsicht geboten. So ist beispielsweise seine hübsche Metapher vom Mond und vom Astronauten längst von der Wirklichkeit eingeholt worden. Seine Vorstel-lungskraft und seine Prophezeiungen sind offensichtlich unzulänglich.

    Andere skeptische, aber weniger übertriebene Aussagen lauten:
    * Wir kennen zwar nur P, die ERSCHEINUNGEN der Objecte (Kant, Grams), aber immerhin DIESE PHÄNOMENE KENNEN WIR auf der gedanklichen Seite der psychophysikalischen Lücke zwischen Gehör und Gedanken. (Schöne, Die Grenze des Diesseits). Nach Kant, auf den ich mich hier berufe, sind wir im DIESSEITS auf sicherem Boden.
    * „Durch dieses Ich … , welches denkt, wird ein transcendentales Subject der Gedanken vorgestellt = X, welches … durch die Gedanken … ERKANNT wird … “ (Kant, wie zitiert in Schöne, Die Grenze des Diesseits). Hier bestätigt sich Kants Meinung, dass das Subject X prinzipiell ERKENNBAR ist.
    * „Gegenüber den Räthseln der Körperwelt ist der Naturforscher längst gewöhnt, mit männlicher Entsagung sein „Ignoramus“ auszusprechen. Im Rückblick auf die durchlaufene siegreiche Bahn trägt ihn dabei das stille Bewußtsein, daß, wo er jetzt nicht weiß, er wenigstens unter Umständen wissen könnte, und dereinst vielleicht wissen wird.“ (Emil du Bois-Reymond). Dieses Zitat aus seinem berühmten Vortrag ist eines Skeptikers durchaus würdig, auch wenn es zu wenig fraulichen Optimismus ausstrahlt.
    * „Gegenüber dem Rätsel aber, was Materie und Kraft seien, und WIE SIE ZU DENKEN VERMÖGEN, muß ER EIN FÜR ALLEMAL zu dem viel schwerer abzugebenden Wahrspruch sich entschließen: „Ignorabimus.“ Dieser Nachsatz allerdings macht auf mich wegen des Kriteriums „EIN FÜR ALLEMAL“ einen übertrieben DOGMATISCHEN Eindruck. Warum soll „das Denken ein für allemal“ von den ansonsten lösbaren „Räthseln der Körperwelt“ ausgeschlossen sein? Die Vorstellungskraft und die Prophezeihungen des Vortragenden erscheinen wiederum als unzuverlässig. Eine solche Dogmatik kann ich nicht mittragen.

    • Timm Grams sagt:

      Sie schreiben:

      Hier bestätigt sich Kants Meinung, dass das Subject X prinzipiell ERKENNBAR ist.

      Dieser Eindruck verflüchtigt sich, wenn man das Kant-Zitat vervollständigt:

      Durch dieses Ich oder Er oder Es (das Ding), welches denkt, wird nun nichts weiter als ein transcendentales Subject der Gedanken vorgestellt = X, welches nur durch die Gedanken, die seine Prädicate sind, erkannt wird, und wovon wir abgesondert niemals den mindesten Begriff haben.

      Ich sag’s mal so: Da wir denken, können wir uns auch ein solches X denken, das denkt. Was dieses X sein könnte, darüber erfahren wir nichts. Es entzieht sich unserer Erfahrung, es ist transzendental.

      Die Verwirrung mag daher kommen, dass erkennen in zwei Bedeutungen verwendet wird: Wir erkennen zwar, dass da etwas ist, aber wir erkennen nicht, was da ist.

  4. Peter Schöne sagt:

    In einem ersten Schritt kann ich dabei bleiben, dass Emil du Bois-Reymond’s falsche Bescheidenheit und übertriebener Skeptizismus nicht gut begründet sind, nämlich dort, wo er (i) sich dogmatisch und autoritär gibt, UND wo er (ii) von der Wirklichkeit eingeholt wurde. So etwas ist eine unglückliche Mischung, die bei mir Misstrauen säht. Gleichzeitig wird der Vortragende zu Recht als überragender Forscher und Physiologe gerühmt, vorzüglich beleumundet ausgerechnet in der wissenschaftlichen Sparte der Physiologie, die ich anlässlich der „Grenze des Diesseits“ unbedingt brauche, um mich von BEIDEN Seiten her angemessen zu nähern.
    Warum halte ich – in einem zweiten Schritt – Immanuel Kant für den besseren Gewährsmann? Kants Aussage, um die es Timm Grams geht, habe ich in dem Bezugsdokument „Die Grenze des Diesseits“, Abschnitt F, vollständig zitiert. Anschließend entnahm ich aus diesem Zitat ZWEIERLEI, nicht nur einerlei: „Kants Subject oder Ding vollbringt nun ZWEIERLEI Funktionen. Erstens ERKENNT es, durch seine prädikativen Gedanken, SICH SELBST als ein Subject X1, welches denkt. Zweitens wird es durch seine Gedanken … ERKANNT. So wird der von Kant besonders herausgehobene STATUS von X beschrieben: Es ist nicht etwa nur das Subject X1, welches denkt, sondern es ist, genauer bestimmt, AUCH das Ding X2, das durch eben diese Gedanken ERKANNT WIRD.“ Quelle: Schöne, Die Grenze des Diesseits. Man kann mir entgegenhalten, dass ich Kant grosso modo nicht richtig verstehe oder dass Kant in dem Punkt Unrecht habe. Aber die vorgenommene Subsumption der psychophysikalischen Protokolle P unter Kants vollständiges Diktum erscheint mir als einwandfrei.
    Bei einem der beiden Aspekte des Zitats besteht ja Einigkeit:
    – Kant: „Durch dieses Ich oder Er oder Es (das Ding), welches denkt, wird nun nichts weiter als ein transcendentales Subject der Gedanken vorgestellt = X, …“.
    – Grams: „Ich sag’s mal so: Da wir denken, können wir uns auch ein solches X denken, das denkt.“
    – Schöne: „Es ist nicht etwa nur das Subject X1, welches denkt, …“. Nach meiner Meinung wird dieser Aspekt des „denkenden Ich“ oder des „denkenden Subjects X“ überall gleich gesehen. Erst danach wird es spannend, da ich meine, bei Kant noch einen weiteren Aspekt herausgeschält zu haben:
    – Kant: „… X, welches nur durch die Gedanken, die seine Prädicate sind, erkannt wird, … “.
    – Grams: „Was dieses X sein könnte, darüber erfahren wir nichts. Es entzieht sich unserer Erfahrung, es ist transzendental.“
    – Schöne: „… sondern es ist, genauer bestimmt, AUCH das Ding X2, das durch eben diese prädikativen Gedanken ERKANNT WIRD.“
    WAS dieses X genau sein könnte, darüber erfahren wir aus dem Kant-Zitat in der Tat wenig, aber immerhin so viel, dass „X durch seine prädikativen Gedanken erkannt wird“. Diesen zweiten Inhalt des Kant’schen Zitats habe ich am 30. März herausgelöst und hervorgehoben, damit das „… ERKANNT WIRD …“ nicht ins Hintertreffen gerät.
    Zunächst gilt es, Herrn Grams darin zuzustimmen, dass das WESEN VON X
    TRANSZENDENTAL ist, allerdings „transcendental“ in Kants Sinn. Aus Wikipedia, Stichwort „Der transzendentale Idealismus“, ist zu entnehmen: „Mit transzendental (ein Begriff, der einer besonderen Klärung bedarf) meint Kant, dass seine philosophische Herangehensweise an das Wissen über die bloße Betrachtung sensorischer Beweise hinausgeht und ein Verständnis der dem Geist angeborenen Verarbeitungsweisen dieser sensorischen Beweise erfordert.“
    Bei diesem Verständnis (Verarbeitungsweise u.a. durch Kausalität) entzieht sich Kants „transcendentales Wissen“ gerade NICHT der Erfahrung, sondern sorgt dafür, dass X durch PRÄDICATIVE GEDANKEN (das sind Gedanken, die über das Subject X Aussagen machen) ERKANNT WIRD. Damit wissen wir zwar immer noch nicht, WAS dieses X ist (Grams, Schöne), aber wir haben eine positive Aussage Kants darüber, WIE X ERKANNT WERDEN kann, wenn man es richtig anstellt, nämlich durch die prädikativen Gedanken, die X hat. Das alles gilt natürlich nur unter der „Voraussetzung KANT“ (die Gedanken IXI enthalten Aussagen über das Subject). Üblicherweise werden Subjecte durch Prädikate näher bestimmt, also kann man über X etwas in Erfahrung bringen, wenn man es richtig anstellt.
    Damit das obige Zitat von mir nicht etwa nur erratisch genutzt wird, gebe ich in einem dritten Schritt ein ergänzendes Kant-Zitat wieder:

    Dieses ist der Begriff, oder wenn man lieber will, das Urteil: ICH DENKE. Man sieht aber leicht, dass er das Vehikel aller Begriffe überhaupt, und mithin auch der transzendentalen (Begriffe) sei, und … er nur dazu dient, alles Denken, als zum Bewusstsein gehörig, aufzuführen. Indessen, so rein er auch vom Empirischen (dem Eindrucke der Sinne) ist, so dient er doch dazu, ZWEIERLEI GEGENSTÄNDE … zu unterscheiden. ICH, als denkend, bin ein Gegenstand des inneren Sinnes, und heiße Seele. DASJENIGE, WAS EIN GEGENSTAND ÄUSSERER SINNE IST, HEISST KÖRPER.
    Demnach bedeutet der Ausdruck: „ICH, ALS EIN DENKEND WESEN“ schon den Gegenstand der Psychologie …, wenn ich von der Seele nichts weiter zu wissen verlange, als was UNABHÄNGIG VON ALLER ERFAHRUNG (WELCHE MICH NÄHER UND IN CONCRETO BESTIMMT) aus diesem Begriffe Ich … geschlossen werden kann. Quelle: Kritik der reinen Vernunft, 2. Auflage, Erstes Hauptstück „Von den Paralogismen der reinen Vernunft“, 2. Absatz.

    Dieses Zitat bestätigt, dass Kant MEHR beizutragen hat als nur das unstrittige
    Prädikat: „Das Subject X denkt“. Kant bekräftigt in ABGRENZUNG zur Seele sowohl
    (i) die Idee des KÖRPERS ALS GEGENSTAND ÄUSSERER SINNE, als auch
    (ii) die ERFAHRUNG, WELCHE MICH NÄHER UND IN CONCRETO BESTIMMT.
    Davon habe ich in der „Grenze des Diesseits“ Gebrauch gemacht.

  5. Timm Grams sagt:

    @Peter Schöne

    Sie interpretieren sowohl du Bois-Reymond als auch Kant anders als ich. Mit seiner Metapher vom Luftschiffer hat Emil du Bois-Reymond sicherlich nichts über den technischen Fortschritt sagen wollen. Luftschiffe, also Schiffe, die auf Luft „schwimmen“, können naturgemäß den Mond nicht erreichen. Solche Luftschiffe gab es damals schon seit etwa 30 Jahren. Metaphern sind eben Metaphern und zu nichts weiter nütze.

    Für das Folgende lässt sich Immanuel Kant nicht in Anspruch nehmen:

    Erstens ERKENNT es, durch seine prädikativen Gedanken, SICH SELBST als ein Subject X1, welches denkt. Zweitens wird es durch seine Gedanken [als] das Ding X2 […] ERKANNT

    Nach Kant gibt es dieses Ding X2 als Objekt der empirischen Forschung nicht.

    Kants Darstellung des Ich oder X lässt eigentlich keinen Interpretationsspielraum. Es ist für ihn transzendental und als reines Gedankenwesen zwar der Vernunft zugänglich, nicht aber dem Verstand, der Kant zufolge auf Erfahrung angewiesen ist. In den §§ 46 bis 49 seiner Prolegomena macht Immanuel Kant die Grenzen der Psychologie deutlich. Ich zitiere daraus: Die

    Frage, ob ich selbst als Erscheinung des innern Sinnes (Seele nach der empirischen Psychologie) außer meiner Vorstellungskraft in der Zeit existiere, […] muss […] verneinet werden.

    Sie meinen, dass sich Kants „transcendentales Wissen“ NICHT der Erfahrung entziehe. Das Gegenteil ist der Fall: Nach Kant bedeutet transzendental genau das: die Erfahrung überschreitend.

    Im Grunde sagt Kant in der von Ihnen zitierten Passage, dass die Psychologie keine empirische Wissenschaft ist. Für ihn ist sie offenbar Metaphysik, genauso wie die Theologie.

    Protokolle der Gedanken, der Erinnerungen, des Wissens, also des Geistigen einerseits, die gemessenen Gehirnaktivitäten andererseits und Zusammenhänge zwischen alldem lassen sich wissenschaftlich untersuchen. Kommt man dem Ich, der Entstehung des Bewusstseins damit näher? Unser Diskurs hat meinen Zweifel daran eher noch verstärkt.

    Ich will mal sehen, was die gerade erschienene neue Spektrum Edition 3 zum Thema Bewusstsein Neues zu bieten hat.

    Nachtrag vom 03.04.23: Michael Pauen schreibt in dem Spektrum-Heft, dass es eine Denkfalle der Skeptiker sei, anzunehmen, dass subjektives Erleben nicht wissenschaftlich erklärbar sei. Seine Gegenbeispiele überzeugen mich nicht. Eines davon ist ein Modell von David Rosenthal für die verbesserte Erfassung der Unterscheidungsfähigkeit von Farbempfindungen. Es bringt uns einer Antwort auf die Frage, ob mein Rot auch dein Rot ist, keinen Schritt näher. Zum Schluss schreibt er: All das liefert uns natürlich noch keine wissenschaftliche Erklärung von Bewusstsein, aber es räumt ein wichtiges Hindernis beiseite[, nämlich dass die Introspektion nicht so unmittelbar ist, wie wir gemeinhin annehmen]. Ich vermute, Pauen verwechselt Erscheinungen, über die wir unkorrigierbar berichten können, und Wahrnehmung. Wahrnehmungstäuschungen sind entdeckbar durch widersprüchliche Erscheinungen. Das ist genau das, was den Skeptiker beschäftigt und was seine Zweifel an der Erkennbarkeit der Realität nährt: optische Täuschungen, Denkfallen.

  6. Peter Schöne sagt:

    1. Bezüglich du Bois-Reymond kann ich Ihnen zustimmen. Falls in seinem Diktum … „Gegenüber dem Rätsel aber, was Materie und Kraft seien, und wie sie zu DENKEN vermögen, muß ER (gemeint ist der Naturforscher) EIN FÜR ALLEMAL zu dem viel schwerer abzugebenden WAHRSPRUCH sich entschliessen: IGNORABIMUS.“ … falls also die darin enthaltene Formel „Denken … ein für alle Mal: Ignorabimus“ als ein METAPHYSISCHER WAHRSPRUCH gemeint sein soll, dann lasse ich ihn gelten; (weil ich keine Auseinandersetzungen über metaphysische Fragen führen möchte). So gesehen kann ich die Persönlichkeit des Forschers du Bois-Reymond ohne weiteres als jene IKONE DER SKEPSIS anerkennen, auch wenn er in der Tabelle Skeptiker / Pseudoskeptiker / Theist eher die Kriterien für einen PSEUDOSKEPTIKER erfüllt.
    Wenn allerdings in dieser 150 Jahre alten Formel „Denken … ein für alle Mal: Ignorabimus“ eine gewisse VORHERSAGE zum wissenschaftlich-technischen Fortschritt umfasst sein SOLLTE, dann bleibe ich skeptisch und kann nicht zustimmen. Warum soll denn „das Denken … ein für alle Mal“ von den ansonsten lösbaren „Räthseln der Körperwelt“ ausgeschlossen sein? Woher will man das vor 150 Jahren – ohne Metaphysik zu bemühen – gewusst haben, bei dem damaligen Stand der Bewusstseinsforschung? Will der Vortragende etwa die gesamte Psychophysik (die damals 1872 – so wie die Luftschifffahrt – auch schon begonnen hatte mit Weber, Fechner, Helmholtz usw.) als Wissenschaft verneinen und unterbinden, nur weil in den modernen, psychophysikalischen Experimenten das „Denken“ wie selbstverständlich impliziert ist? In Herrn Wohlgemuths Kommentaren war auch ein Unwohlsein dieser Art zu spüren. Warum eigentlich?

    2. Auch bei Kant müssen wir Metaphysik und Praxis auseinanderhalten. Ich stimme Ihnen darin zu, dass die Kant’sche PSYCHOLOGIE nicht als empirische Wissenschaft, sondern offenbar „rein“ und als Metaphysik gemeint ist. Kant sieht sich deshalb auch nicht als Erscheinung einer EMPIRISCHEN Psychologie EXISTIEREN, sondern als ein pures transcendentales Subject X, als reines Gedankenwesen. Treffend auf den Punkt gebracht von Grams: „Nach Kant gibt es dieses Ding X2 als Objekt der empirischen Forschung nicht.“
    Wenn ich alle herangezogenen Kant-Zitate (Copernicus, Subject X, Urteil Ich denke, keine empirische Existenz) zusammennehme, dann gibt es keinerlei Zweifel an Kants grundsätzlicher, idealistischer Betonung des Subjects X. Ich stehe auch nicht an zuzugeben, dass ich aus Kants „reinem Gedankenwesen“ und „reiner Psychologie“ keinen Honig für die moderne Psychophysik saugen kann. Diese Wissenschaft hätte nach Kant sogar eine Art Makel, nämlich aus seiner Sicht „unrein“ zu sein. ABER DAS IST ALLES NICHT MEIN PUNKT; Kants Idealismus liegt mir in vielen Dingen fern, so wie eigentlich JEDER, der Kant heranzieht, ihn nur als Steinbruch eines Titanen nutzen kann. Es sind vielmehr (abgesehen von jenem unstrittigen allgemeinen Prädikat „das Subject X denkt“) die ZUSÄTZLICHEN PRÄDIKATE, die ich nur von Kant so klar präsentiert bekomme. Er hat – über jene von mir eingeräumte, idealistisch starke Betonung des Subjects X hinaus – evident MEHR zu bieten; und das alles vor dem Hintergrund seiner kausalen Erkenntnisrichtung!

    Zitat „Copernikus“: „ …, ob es nicht besser gelingen möchte, wenn er den Zuschauer sich drehen und dagegen die STERNE in Ruhe liess.“ Es ist m.E. nicht belegbar, dass Kant ausschließlich und vollständig auf eine reine Transzendenz fixiert gewesen wäre. Er war keineswegs blind und taub; der gestirnte Himmel über ihm war dem Titanen sogar besonders wichtig.
    Zitat „Subject X“: „ … = X, welches nur durch die Gedanken, die seine Prädikate sind, erkannt wird, …“. Die für mich strengste Auslegung hierfür lautet: X wird nicht durch jeden beliebigen Gedanken erkannt, sondern NUR durch die Gedanken, die PRÄDIKATE von X sind (Beispiele dafür am Schluß). Trotz dieser Einschränkung ist es m.E. nicht bestreitbar, dass der Philosoph „Prädikate“, also Eigenschaften und Merkmale seines transcendentalen Subjects X, in Betracht gezogen hat. Nach wörtlicher Auslegung erscheint es möglich, Kants Subject X durch geeignete PRÄDIKATE diesseits zu erkennen! Es mag zutreffen, dass wir vielleicht nicht ERKENNEN, WAS es ist (Grams), aber wir ERKENNEN zumindest, DASS da etwas ist (Grams, Schöne). Allein durch DIESE (unstrittige) Existenz von weiteren Prädikaten liefert Kant schon ein MEHR AN ERKENNTNIS gegenüber dem bloß denkenden, transcendentalen Subject X.
    Zitat „Urteil Ich denke“, wobei mit ER der „BEGRIFF ich denke“ gemeint ist: „Indessen, so rein ER auch vom Empirischen, dem Eindrucke der Sinne, ist, so dient er doch dazu, ZWEIERLEI GEGENSTÄNDE … zu unterscheiden. ICH, als denkend, bin ein Gegenstand des inneren Sinnes, und heiße Seele. DASJENIGE, WAS EIN GEGENSTAND ÄUSSERER SINNE IST, HEISST KÖRPER.“ Offensichtlich kann Kants „Begriff Ich denke“ (bzw. sein „Urteil Ich denke“) EXPLIZIT ZWEIERLEI UNTERSCHEIDEN, nämlich den äußeren Gegenstand KÖRPER vom inneren Gegenstand ICH. Dieser äußere KÖRPER ist m.E. kein Bestandteil der Kant’schen Transzendenz; TROTZDEM kann sein „Urteil ICH DENKE“ diesen Körper (natürlich als diesseitiges Phänomen) erfassen und unterscheiden. Das ist ein klares Indiz dafür, dass hinter Kant MEHR steckt als NUR das „reine“, d.h. von der Erfahrung „gereinigte“ Subject X.
    Zitat „keine empirische Existenz“: Nach Kant bedeutet transzendental genau das: die Erfahrung überschreitend (Grams). Damit die Erfahrung überschritten werden kann, muss es sie geben (Schöne). Nach Kant gibt es also ERFAHRUNG.

    In allen vier Zitaten blitzt dieses MEHR auf, von dem ich oben gesprochen habe und von dem m.E. eine gewisse Offenheit der Kant‘schen Metaphysik ausgeht. Und das alles vor dem Hintergrund seiner kausalen Erkenntnisrichtung! Die Erkenntnis muss sich ja notwendig auf Etwas richten, sie braucht Futter. Mein Modell in Die Grenze des Diesseits, Bild 3, impliziert, dass Kants kausaler Apparat sich auf die Erfahrung bei Z richtet und dass er bei P die Phänomene und die entsprechenden Protokollaussagen hervorbringt. Mehr brauche ich für meine psychophysikalische Annäherung nicht, um Kant als Gewährsmann in Anspruch zu nehmen. Der Philosoph ließe sich m.E. NUR DANN auf das Lancieren einer PUREN TRANSZENDENZ REDUZIEREN, wenn man ihn durchgehend und ausnahmslos metaphysisch interpretieren könnte. Wobei ich wie gesagt jede Begrenzung seines „Subjects X“ auf eine bloße Transzendenz – wenn vorgetragen in Form eines Bekenntnisses oder einer Überzeugung – selbstverständlich respektieren würde. Aber geschrieben und veröffentlicht hat er so etwas nicht; vielmehr bietet Kant an der Grenze Z einen bemerkenswerten Spielraum.

    3. Zum Schluß noch einige Beispiele zu Kants „weiteren Prädikaten“; sie haben m.E. die Form: „Ich höre einen Ton der Qualität Z“ ist als GEDANKE in -IXI- ein Prädikat P des Subjects X:
    Subject X Gedanken -IXI- weitere Prädikate
    (nulltes Prädikat) (P bezieht sich auf Bild 3 nach Kant

    ich denke, ich höre einen Ton, = ein 1. Prädikat
    X denkt X hört einen Ton Z des Subjects X
    —————————————————————————————————
    dito es ist ruhig, = ein 2. Prädikat
    (nulltes Prädikat) X hört nichts (P = 0) des Subjects X
    —————————————————————————————————-
    dito X hört zwei Töne, die = ein 3. Prädikat
    (nulltes Prädikat) gleich sind (P = 3) des Subjects X
    —————————————————————————————————-
    dito X hört zwei Töne, einer = ein 4. Prädikat
    (nulltes Prädikat) davon ist verdoppelt (P=4) des Subjects X
    usw.——————usw.———————————–usw.————————-

  7. Timm Grams sagt:

    Angeregt durch die Bemühung von Peter Schöne, Licht in das Dunkel des Ich oder X zu bringen, habe ich mir die eigenen diesbezüglichen Anstrengungen noch einmal durch den Kopf gehen lassen.

    In meinem Buch schreibe ich über erwartungsgetriebene Wahrnehmung: „Die wesentlichen Strukturen und Modelle sind bereits in unserem Kopf gespeichert, angeboren oder in früher Kindheit erlernt. Sie gehören zu unserem Hintergrundwissen. Durch Auswahl aus diesem Fundus und durch Mustervergleich kann unser Wahrnehmungsapparat die Sinneseindrücke interpretieren.“

    Das ist eine Spekulation über die Funktionsweise des Ich. Angeregt ist diese Spekulation von der erfolgreichen Vorgehensweise in der Wissenschaft: Hypothesenbildung und Prüfung. Auf beiden Erkenntnisebenen, nämlich Wahrnehmung und Wissenschaft, haben wir demnach die Umkehrung der Erkenntnisrichtung.

    Die wissenschaftliche Vorgehensweise
    lässt sich nicht wissenschaftlich begründen, aber sie hat den Erfolg auf ihrer Seite. Ebenso fehlt eine wissenschaftliche Begründung für die erwartungsgetriebene Wahrnehmung. Das Ich bleibt transzendental. Meine Spekulation scheint mir aber, ganz im Sinne von Kant, durchaus vernünftig zu sein.

    • Elektroniker sagt:

      @ Timm Grams 6. April 2023 um 13:39 Uhr

      Zitat: „……erwartungsgetriebene Wahrnehmung: Die wesentlichen Strukturen und Modelle sind bereits in unserem Kopf gespeichert, angeboren oder in früher Kindheit erlernt. Sie gehören zu unserem Hintergrundwissen. Durch Auswahl aus diesem Fundus und durch Mustervergleich kann unser Wahrnehmungsapparat die Sinneseindrücke interpretieren.“

      Das sehe ich genau so. Ich würde nur hinzufügen, dass es so etwas wie „Zielfunktionen“ (anstreben, vermeiden) gibt. Wobei es sich insoferne „komplex“ verhält, weil fast alles „Anzustrebende“ auch Nachteile hat (auch umgekehrt), die unbedingt vermieden werden sollten. Zur korrekten „Abwägung“ sind „Bewertungsprozesse“ erforderlich.

      Unzählige „Muster“, wie Personen, Objekte, Handlungen, Beziehungen, Denksteuerungen, ….. sind in den neuronalen Strukturen „abgebildet“ und werden in die Denkprozesse eingebunden. Die zum „Ich“ gehörigen „Ichmuster“ ausgeprägter, als weniger bedeutsame Muster….

      Besonders das Ziel „Anstreben“, könnte durch chemische Prozesse, z.B. „Hormone“, gefördert werden, die auf das neuronale System zurück wirken.

      Analysen, Synthesen, Hypothesenbildung und Prüfung. …. könnten erfolgreichen Vorgehensweise in der Wissenschaft entsprechen.

      Allerdings scheint die Methode der „Musterverarbeitung“ (auch in der KI) grundsätzlich problematisch, weil sie auf unsichere (zufällige) Muster beruht und auch noch die Verarbeitung, anders als in der „traditionellen Computertechnik“, nicht gemäß der „strengen Logik“ erfolgt.

      Der Vorteil ist, man findet „irgendwelche halbwegs vernünftige“ Antworten und das ist oft besser, als gar keine Antworten…..

  8. Peter Schöne sagt:

    Zuerst musste ich einmal einsehen, dass ich bei diesem Thema nicht ohne Metaphysik auskomme. Jetzt zeigt sich, dass ich an eben DER Stelle wie Timm Grams Metaphysik und etwas Spekulation brauche. Auf der Basis von Hintergrundwissen (z.B. Was sind Töne und ihre subjektiven Attribute?) und auf der Basis einer Umkehrung der Erkenntnisrichtung (d.h. das transzendentale Ich ist eifrig und ohne Unterlass dabei, die angebotenen Sinneseindrücke KAUSAL in Raum und Zeit zu interpretieren) bildet sich das Subject X sein Urteil. In einem unveröffentlichten Aufsatz „Eine mögliche Signalverarbeitung an der Grenze Z des Diesseits“ bin ich auf ein Prädikat “ X aktiv“ gestoßen, um eine „erwartungsgetriebene Wahrnehmung“ zu charakterisieren. Mit „aktiv“ kann ich mich gut von der naturalistisch-kausalen, passiven Erkenntnis-richtung absetzen. Der Schlüsselsatz lautet: P hat den Charakter einer aktiv-kausalen, mentalen Suchfunktion in den Kant’schen Gedanken -IXI-.

  9. Ralf Jakobi sagt:

    Mehr oder weniger zufällig bin ich auf das Buch „Mein Leben, meine Weltansicht“ des Physikers Erwin Schrödinger aufmerksam geworden. Darin beschäftigt auch er sich mit dem fünften Welträtsel. Inspiriert durch die indische Philosophie (Vedanta) sowie Schriften von Ernst Mach, Wilhelm Schuppe und Richard Avenarius, kommt er zu der Einsicht, dass nur ein einziges Bewusstsein existiert, das alles Sein einschliesst. Das Welträtsel löst sich dann insofern auf, dass es nicht eine materielle Welt und eine geistige Welt gibt, sondern nur die Letztere. Auch Schrödinger denkt, dass die Annahme einer „Realität“ nichts zur Erklärung unserer Wahrnehmungen beiträgt.

    Die führt jedoch nicht zu einem Solipsismus in dem Sinn, dass es nur ein „Ich“ gäbe. Man muss eben zwischen „Bewusstsein“ und „Ich“ unterscheiden, was ich so formulieren würde: ein „Ich“ ergibt sich durch die Verbindung zwischen dem Bewusstsein und einem persönlichen Gedächtnis, d.h. wir haben eine 1:N-Beziehung zwischen den Entitäten „Bewusstsein“ und „Ich“.

    Dabei könnte N sogar 0 sein. Die Vorstellung eines Bewusstseins ohne „Ich“ ist nicht so abwegig, wie es vielleicht erscheinen mag. Der Neurowissenschaftler Christof Koch beschreibt z.B. in Kapitel 10 seines Buches „Bewusstsein“ Zustände „reinen“ Bewusstseins, die etwa durch Meditation erlebt werden können. Koch zitiert dazu den Begründer des Buddhismus in Tibet (das Zitat ist hier etwas verkürzt wiedergegeben): „… wird es nur dieses reine Beobachten geben und eine luzide Klarheit, ohne das da ein Beobachter ist …“.

  10. Peter Schöne sagt:

    Zu Ralf Jakobi
    In einer Studie ,Die Grenze des Diesseits‘ habe ich versucht, das von Timm Grams so genannte Diesseits zu erfassen; und zwar im Anschluss an ein mit Sicherheit der MATERIE zugehöriges Sinnesorgan, dem menschlichen Gehör bis zur auditorischen Hirnrinde. Dabei war es nicht vermeidbar, METAPHYSISCHE Annahmen – durchaus in Übereinstimmung mit dem Skeptiker Grams – über das „Diesseits“ zu treffen. Obwohl mir ein metaphysikfreier Monismus grundsätzlich am sympathischsten wäre, kommt in der Praxis nur ein Monismus mit einem PSYCHISCHEN ASPEKT in Frage, weil sonst die ,Grenze des Diesseits‘ bzw. die ,psychophysikalische Lücke‘ ihren Sinn verlöre. Zur Wahl standen der Naturalismus oder geistfunktionale Realismus (Kanitschneider, Mahner et al.), der geistneutrale Realismus (Pauli, Jung et al.) und der Skeptizismus (Kant, Grams et al.). Ich wählte Kant und möchte der Klarheit halber hier betonen, dass Kants Metaphysik selbstverständlich nicht nur das erkennende und denkende Subject X kennt, sondern AUCH Materie und Erfahrung als Prädikate anerkennt, also ebenfalls ein Monismus mit psychischem Aspekt ist. Mit anderen Worten ist Kants Außenweltskeptizismus keineswegs von ontolo-gischer, sondern „nur“ von erkenntnistheoretischer, phänomenaler Natur.
    Vor diesem Hintergrund fiel mir Ralf Jakobis Diktum über Erwin Schrödinger und das Welträtsel Bewusstsein auf. Zitat:
    ,Inspiriert durch die indische Philosophie … kommt er zu der Einsicht, dass nur ein einziges Bewusstsein existiert, das alles Sein einschließt. Das Welträtsel löst sich dann insofern auf, dass es nicht eine materielle Welt und eine geistige Welt gibt, sondern nur die Letztere. Auch Schrödinger denkt, dass die Annahme einer „Realität“ nichts zur Erklärung unserer Wahrnehmungen beiträgt.‘
    [Der letzte Satz Jakobis spielt auf Grams an. Das hiesige Thema lautet allerdings „Der Realismus erklärt nichts“. Grams lehnt nicht die „Realität“, sondern den Naturalismus oder „Realismus“ als metaphysischen Überbau ab, m.E. im selben Sinne wie Kants Außenweltskeptizismus nichts ontologisch ablehnt, sondern „nur“ erkenntnistheoretisch.]
    Nun aber zu dem interessanten Hinweis auf Erwin Schrödinger. Vertritt er wirk-lich ein umfassendes Bewusstsein, in dem es NUR eine geistige, aber KEINE materielle Welt gibt? Also einen Monismus, der völlig idealistisch wäre? War es nicht umgekehrt so, dass Schrödinger dem ebenfalls philosophisch agilen Heisenberg einen „Idealismus“ vorgeworfen hat, den der „von Kant abgeschrieben“ habe?
    Ich bringe hier ein Zitat von Schrödinger aus „Mind and Matter“ 1956, das m.E. belegt, dass der NICHT die materielle Realität als solche verneint hat; vielmehr hat er „nur“ kritisiert, dass wir das „Subjekt der Erkenntnis“ aus dem Bereich dessen ausschließen, was wir an der Natur verstehen wollen. Quelle: Internet, Mauthner-Gesellschaft/Verein der Sprachkritiker, Erwin Schrödinger, Geist und Materie, Drittes Kapitel Objektivierung:
    „Ich habe mir vorgenommen, hier das zweite Prinzip zu erörtern, welches ich ‚Objektivierung‘ genannt habe. Damit meine ich genau dasselbe, was auch oftmals die ‚Hypothese der realen Außenwelt‘ genannt wird. Ich behaupte, es handelt sich dabei um eine gewisse Vereinfachung, die wir einführen, um das unerhört verwickelte ‚Problem der Natur‘ zu meistern. … Wir treten mit unserer Person zurück in die Rolle eines Zuschauers, der nicht zur Welt gehört, welch letztere eben dadurch zu einer ‚objektiven‘ Welt wird. … Die zweite Antinomie ist unser völlig erfolgloses Suchen nach der Stelle, wo der Geist auf die Materie wirkt – und umgekehrt. Die materielle Welt konnte bloß konstruiert werden um den Preis, dass das Selbst, der Geist, daraus entfernt wurde. Der Geist (mind, mens) gehört also nicht dazu …“

    Schrödinger kritisiert 1956 m.E. zu Recht eine kompromisslose TRENNUNG von Geist und Materie, aber er verleugnet nicht die EXISTENZ beider Aspekte. Er betrachtet vielmehr die „Hypothese der realen Außenwelt“ als ein verein-fachtes Konstrukt, weil das Problem der Natur „unerhört verwickelt“ ist. Aber so geht die Wissenschaft bei schwierigen Problemen eben vor und tastet sich voran. Die moderne Psychologie und Psychophysik arbeiten daran, die durchlässige Grenze des Diesseits genauer zu erfassen. In psychophysikalischen Experimenten ist das denkende Selbst nicht ausgeschlossen, sondern explizit einbezogen.

    • Ralf Jakobi sagt:

      Mein Satz über Schrödingers Ansicht zur „Realität“ war vielleicht etwas missverständlich formuliert. Er sollte besser lauten „Auch Schrödinger denkt, dass die Annahme einer von unserem Denken unabhängigen Realität nichts zur Erklärung unserer Wahrnehmungen beiträgt.“ Darin sehe ich durchaus eine Parallele zur Haltung des philosophischen Skeptikers, wie sie im Artikel „Der Realismus erklärt nichts“ beschrieben ist.

      In dem von mir genannten Buch schreibt Schrödinger, dass wir notwendigerweise eine Vorstellung von einer realen Aussenwelt haben, diese Vorstellung selbst aber ein mentales Gebilde ist. Mehr brauchen wir aber auch nicht; es ist überflüssig darüber hinaus die Existenz einer realen Aussenwelt (unabhängig von unserer Vorstellung) zu postulieren.

      Die Vorstellung einer realen Welt würde ich übrigens nicht als Hypothese bezeichnen, denn ich wüsste nicht, wie man sie verifizieren oder widerlegen könnte.

  11. Realo sagt:

    @ Peter Schöne 1. Mai 2023 um 17:40 Uhr

    Zitat: „Schrödinger kritisiert 1956 m.E. zu Recht eine kompromisslose TRENNUNG von Geist und Materie, aber er verleugnet nicht die EXISTENZ beider Aspekte. Er betrachtet vielmehr die „Hypothese der realen Außenwelt“ als ein verein-fachtes Konstrukt, weil das Problem der Natur „unerhört verwickelt“ ist.“

    Ich würde nicht nur die „Hypothese der realen Außenwelt“ als ein verein-fachtes Konstrukt sehen, weil das Problem der Natur „unerhört verwickelt“ ist, sondern sondern so, dass praktisch „alles“ als letztlich „verein-fachte Konstrukte“ zu sehen wären.

    Da ist mir die Informatik mit ihren Konzepten Vorbild. Sie könnten beliebige Objekte, Begriffe, …. „deklarieren“, z.B. privat, öffentlich, lokal, global, …. mit beliebiger Geltungsdauer.

    Innerhalb gewisser strikter Regeln (z.B. „Typgleichheit“) dürfen Sie die Objekte verknüpfen. Programmierer müssen nur darauf achten, dass ihnen das Programm möglichst „nicht um die Ohren fliegt“. Fehler dürfte man grundsätzlich nicht ausschließen können.

    Ich meine, die „Philosophen“ haben das Problem, dass sie womöglich ernsthaft glauben, man könnte absolut allgemein „Objekte“ (im Sinne der Informatik) deklarieren, die absolut „immer“, „überall“ und „ewig“ gelten und das ist offensichtlich eine Illusion.

    Es gibt immer wieder Widersprüche und die Illusionen platzen.

    Wie würden Sie das Problem sehen?

  12. Peter Schöne sagt:

    Realo
    Ich wende mich gern Ihrer spannenden Hypothese zu, dass praktisch „alles“ letztlich gesehen unter eine Kategorie der „vereinfachten Konstrukte“ fallen könnte.
    1. Da Schrödingers „Hypothese der realen Außenwelt“ unter Ihre Kategorie „Alles“ fällt, sind wir (also Schrödinger, Sie und ich) uns zumindest dahingehend einig, dass es sich bei der so genannten „realen Außenwelt“ um ein „vereinfachtes Konstrukt“ handeln muss. Schrödinger kritisiert das als eine unzulässige Trennung von Geist und Materie; er will etwas Komplexeres: „Die materielle Welt konnte bloß konstruiert werden um den Preis, dass das Selbst, der Geist, daraus entfernt wurde.“ Man wird ihm nicht zu nahe treten, wenn man folgert, dass die verkürzte „reale Außenwelt“ im Rahmen der gleichen Hypothese auch mit „realen Objekten“ (also vereinfachten Konstrukten in Ihrem Sinne) bestückt und bevölkert ist. Schrödinger lässt im Jahre 1954 als Entschuldigung für all diese Verkürzungen nur die natürliche Schwierigkeit des Körper-Seele-Problems gelten.
    2. Ich denke ähnlich, meine jedoch, dass man heutzutage mit Hilfe der modernen Psychophysik und Psychologie die schwierige Grenze zwischen Geist und Materie neu angehen könnte. Ich komme von der Elektrotechnik und Psychoakustik her, so dass meine „Objekte“ Töne sind, die von subjektiven Attributen wie empfundene Lautheit und Tonheit begleitet werden. Da die Untersuchung solcher Phänomene – nach weit verbreiteten Ansichten – nicht ohne METAPHYSISCHE Annahmen zu haben ist, setzte ich auf Kant, nämlich auf sein DEKLARIERTES Subject X und auf seine DEKLARIERTEN Phänomene P (siehe meine Studie ,Die Grenze des Diesseits‘).
    3. Sie kommen von der Informatik her, wo man mit DEKLARIERTEN Objekten, Begriffen, Regeln, deren Verknüpfungen und Geltungsdauern gute – abgesehen von Programmierfehlern – sogar sehr gute Ergebnisse erzielt. Anscheinend betonen Sie, von Erfahrung und Klugheit belehrt, dass die „Objekte“ Ihrer Wissenschaft NICHT bei jeder Gelegenheit, NICHT überall und NICHT auf ewig GELTEN. Aber gerade deshalb könne man – so verstehe ich Sie – mit deklarierten Objekten gut arbeiten. Warum nicht gleich die Objekte als „vereinfachte Konstrukte“ heranziehen, wenn sie laut Schrödinger sowieso überall da sind?
    4. Sollte man nun – vor diesem Hintergrund – der gesamten Philosophie zu der gleichen ZURÜCKHALTUNG und Bescheidenheit raten? Zumal viele Philosophen einer Neigung folgen, ein nicht beweisbares ETWAS, auf das sie gerade Wert legen, als bedeutsam zu DEKLARIEREN. Ich bin im Grunde enttäuscht davon, dass die westliche Philosophie es im Verlauf von etwa 2500 Jahren nicht geschafft hat, sich auf eine einfache, klare NULLHYPOTHESE zu verständigen, wie sie etwa von Timm Grams vertreten wird (siehe seinen Blog „Der Realismus erklärt nichts“). Jene grundlegende Uneinigkeit ist einer Wissenschaft m.E. nicht würdig. Grams‘ Hypothese hingegen gehört zur Kategorie „vereinfachte Konstrukte“ und hat deshalb Bestand, weil darin auf metaphysische Annahmen und Spekulationen verzichtet wird, wo immer es geht. Wenn man Grams zu falsifizieren versucht, so gibt es in seiner „skeptischen Nullhypothese“ keine Widersprüche und Illusionen (siehe seinen Blog „Der Realismus erklärt nichts“). Diese Sparsamkeit hat sogar philosophischen Rang; man bringt sie mit Ockham in Verbindung.
    5. In unserer Welt scheint es allerdings auch einige besonders schwierige Fragen zu geben, die man nicht durch geschicktes Deklarieren oder mit Nullhypothesen lösen kann, sondern in denen man zusätzliche Annahmen metaphysischer Art treffen muss, um überhaupt weiterzukommen. Die Forschenden wollen in solchen Fällen meist kein Programm (oder ein in sich widerspruchsfreies System) ERSCHAFFEN oder kreieren, sondern sie wollen die Geheimnisse des denkenden Ich und der Natur und des vorhandenen Universums ERGRÜNDEN. Deshalb generiert ein „Erforschen“ des Gegebenen in der Regel andere Lösungen und Arten der Kreativität als der „Erfindungs-reichtum“ der Informatik.
    Sie verweisen insbesondere darauf, dass man in Ihrer Wissenschaft gut mit Objekten als „vereinfachten Konstrukten“ arbeiten könne und dass diese Objekte NICHT bei jeder Gelegenheit, NICHT überall und NICHT auf ewig GELTEN. Diese Zurückhaltung ist m.E. allein schon deshalb gut und wichtig, weil es in der LOGIK (also in einer Wissenschaft, die in der Informatik gebraucht wird) nach meiner Kenntnis immer noch Entwicklungen gibt. Die Logik zählt zur Philosophie und deshalb gibt es – im Anschluss an die klassische aristotelische Logik – auch andere, recht komplexe Formen der Logik, beispielsweise die Prädikatenlogik zweiter Stufe nach Frege. Auf diese Art, also über die Logik, hängt auch die Informatik an einer Philosophie, die teilweise recht komplex ist. Es hilft nichts; auch ich musste psychoakustisches Wissen in die (Erkenntnis-) Philosophie einbetten, weil Hörversuche das Denken als solches mit einbeziehen.
    Im Rahmen dieser notwendigen Offenheit bin ich dafür, auch weiteren, vielleicht abwegig erscheinenden, einfachen oder komplexen, über die „skeptische Nullhypothese“ hinausschießenden Spekulationen in Form von METAPHYSIK freie Hand zu lassen. Denn man kann nicht ausschließen, dass irgendwelche spekulativen DEKLARATIONEN jetzt oder irgendwann später einen Erkenntnisgewinn erbringen könnten. Der spekulierende Philosoph sollte m.E. nur klar machen müssen, WO GENAU seine eigenwillige, metaphysische, d.h. zunächst unbewiesene Annahme jenseits der allgemeinen skeptischen Nullhypothese (Grams) ihren Anfang nimmt.

  13. Realo sagt:

    @ Peter Schöne 4. Mai 2023 um 09:40 Uhr

    Zitat: „Ich denke ähnlich, meine jedoch, dass man heutzutage mit Hilfe der modernen Psychophysik und Psychologie die schwierige Grenze zwischen Geist und Materie neu angehen könnte. Ich komme von der Elektrotechnik und Psychoakustik her, so dass meine „Objekte“ Töne sind, die von subjektiven Attributen wie empfundene Lautheit und Tonheit begleitet werden. Da die Untersuchung solcher Phänomene – nach weit verbreiteten Ansichten – nicht ohne METAPHYSISCHE Annahmen zu haben ist, setzte ich auf Kant, nämlich auf sein DEKLARIERTES Subject X und auf seine DEKLARIERTEN Phänomene P (siehe meine Studie ,Die Grenze des Diesseits‘).“

    Das finde ich äußerst interessant, weil Sie der „Frage aller Fragen“, „wie kommt es zu Empfindungen, in der Folge zu Bewusstsein“ nahe kommen. Ich habe ungefähr um 1965 bei meiner Ausbildung an einer Ingenieursschule (Nachrichtentechnik) von Lehrern interessante Thesen so „nebenbei“ erfahren, die ich nach meiner Erinnerung und modern formuliert, in einen bestimmten Zusammenhang zu ihrem Forschungsgebiet bringen möchte.

    Es geht in der Vermutung darum, dass z.B. „Vibrationen von Tönen“ an bestimmten sensorischen Zellen (Molekülverbänden), bestimmte „Bewegungsmuster“ der Valenzelektronen generieren, Ladungsträger teilweise aus ihren Bahnen fliegen lassen, die im neuronalen Netz ausgewertet werden können, wobei direkt an den Zellen das „Empfindungsphänomen“ auftritt.

    „Empfindungen“ können z.B. Farben, Töne, Gefühle, Schmerz, Lust, …. der jeweiligen Sensorik entsprechend sein.

    Das Problem ist natürlich, diese „Bewegungsmuster“ möglichst direkt zu messen. „Tonmuster“ sind an sich zu messen, aber nicht die „Bewegungsmuster“. Beides nur schwer zu interpretieren und Bezeichner für die Muster(komponenten) zu finden.

    Vor einigen Tagen gab es im DLF einen interessanten Beitrag, in dem Wissenschaftler davon berichteten, wie sie Tierlaute (Vögel) besonders „transparent“ gemacht haben, indem sie die Tonmuster in „visuelle Bildmuster umgewandelt“ haben, weil man auf die bereits vorhandenen, „ausgefeilten“, technischen Methoden der „Bild(muster)verarbeitung der Videotechnik zurückgreifen kann, z.B. auf besondere „spektrale Muster“.

    Vor einigen Jahren habe ich, vermutlich auch im DLF gehört, dass der Zweck Tierlaute zu analysieren und allenfalls elektronisch Alarm auszulösen, auch z.B. ermöglichen könnte, einer Kuh die in der Nacht ihr Kalb zur Welt bringt, im Falle von Komplikationen zu helfen. Nicht nur aus Tierschutzgründen, sondern auch aus ökonomischen Gründen. Ich weiß allerdings nicht, ob diese Ideen auch realisiert werden konnten.

    Die „molekulare Substanz“ wäre die (veränderliche) Materie, die jeweilige „musterartige Anordnung“ der Komponenten, die Information (der „Geist“).

    Selbst wenn das Empfindungsphänomen selbst nicht nachvollziehbar ist, sollten Korrelationen reichen können.

    „Mikro Empfindungen“ (auf einzelnen sensorischen Zellen) könnten zu „Feldern emergieren“, z.B. auf der Netzhaut zu „Bildern“, die Gesamtheit aller „mental fields“ (B. Libet) zum „Bewusstsein“.

  14. Realo sagt:

    Nachtrag zu meinem Text. Es ist etwas skurril.

    Ich habe mich im Internet informiert und es gibt nunmehr tatsächlich elektronische „Geburtsmelder“ für Kälber und Fohlen. Offensichtlich gibt es nichts mehr, was es nicht gibt.

    Allerdings werden nicht „Stimmmuster“ der Kuh ausgewertet, die einen Anruf /SMS und Alarm beim Bauern bewirken, sondern besondere Bewegungsmuster des Kuh Schwanzes, die anders sind als bei der Abwehr von Fliegen.

  15. Timm Grams sagt:

    @ Realo
    @ Peter Schöne

    So geht das nicht weiter. Kommentare sollten kurz und prägnant auf den Punkt kommen.

  16. Peter Schöne sagt:

    Es besteht m.E. Einigkeit dahingehend, dass in dem materiell gedachten Kortex (i) Muster, die Sinnesreize repräsentieren, physiologisch messbar sind, dass (ii) KORRELATIONEN (Muster korreliert zu mental gedachten Empfindungsphänomenen) messbar sind, dass (iii) die gemessenen Korrelationen für PRAKTISCHE, gewissermaßen ingeniöse Zwecke AUSREICHEN, um die psychophysikalische Lücke zu überbrücken, OHNE dass (iv) das Empfindungsphänomen selbst nachvollziehbar ist. Ob die Kategorie der „Information“ eher zur Materie gehört oder eher zum Geist oder letztlich zu beidem, lasse ich an dieser Stelle lieber offen.
    Die meisten Forschenden glauben m.E. nicht daran, dass Empfindungsphänomene DIREKT, etwa als Bewegungsmuster MATERIELLER Art, gemessen werden können.

  17. Timm Grams sagt:

    Peter Schöne schreibt:

    Die meisten Forschenden glauben m.E. nicht daran, dass Empfindungsphänomene DIREKT, etwa als Bewegungsmuster MATERIELLER Art, gemessen werden können.

    Bisher gab es gegen diesen hier mehrheitlich vertretenen Standpunkt nur Gemeinplätze wie „Emergenz“ sowie unspezifische und unprüfbare Spekulationen wie die,

    dass z.B. „Vibrationen von Tönen“ an bestimmten sensorischen Zellen (Molekülverbänden), bestimmte „Bewegungsmuster“ der Valenzelektronen generieren, Ladungsträger teilweise aus ihren Bahnen fliegen lassen, die im neuronalen Netz ausgewertet werden können, wobei direkt an den Zellen das „Empfindungsphänomen“ auftritt.

    Sätze wie der folgende hinterlassen vermutlich nicht nur mich ratlos:

    „Mikro Empfindungen“ (auf einzelnen sensorischen Zellen) könnten zu „Feldern emergieren“, z.B. auf der Netzhaut zu „Bildern“, die Gesamtheit aller „mental fields“ (B. Libet) zum „Bewusstsein“.

    Solange die Wissenschaft nichts wesentlich Neues bietet, sollten wir diesen Diskussionsfaden hier vorläufig beenden.

  18. Peter Schöne sagt:

    Hier einige Ideen, die bei mir ausgelöst wurden durch Ihre Anregung, die psychophysikalische Lücke vom Diesseits aus zu erkunden.
    Interpolation, Mental? WENN es einen Zusammenhang zwischen neurophysio-logischen Repräsentationen Z und begrifflich kommunizierten Protokollen P gibt, dann existiert notwendig ein den Z-P-Zusammenhang herstellendes (TEIL) SYSTEM, das an die Hirnrinde grenzt, um die dort offerierten Repräsentationen Z auszuwerten (i), und das jene Protokolle P verbal kommuniziert (ii). Ich nenne dieses unabdingbare Teilsystem „Gedanken X“ oder „mentales Diesseits“, auch wenn ich dessen FUNKTION nicht, noch nicht oder nicht vollständig verstehe (Black Box). Allerdings wird ein System, das schon im Namen als „gedanklich“ firmiert, nicht das ganz und gar UNBEKANNTE einer Black Box verkörpern, allein schon deshalb, weil die übergroße Mehrzahl aller bekannten und überhaupt denkbaren Systeme NICHT unter die Kategorie „gedanklich/mental“ fällt. Somit bleibt für diese Box verhältnismäßig wenig Gestaltungsspielraum übrig, ein marginaler Rest aller vorstellbaren Systeme.
    Spekulation, Modellierung? Die Box ist absichtlich und notwendig für SPEKULA-TIONEN offen, seien es metaphysische Spekulationen wie Vernunft, Emotion, Willen oder EMPFINDUNG, die modellhaft beteiligt sein können. Die skeptische NULLHYPOTHESE, unsere gemeinsame JPEG-Tabelle in Ihrer Rubrik „Der Realis-mus erklärt nichts“ haben Sie nicht verabsolutiert, sondern darauf hingewiesen, dass der Aspekt des Denkens wohl nicht ohne Metaphysik auskommt. Somit ist Ontologie ein wichtiger Bestandteil dieser Untersuchung; ob unter dem Strich eine Modellierung einschließlich metaphysischer Spekulationen gelingt, muss die Untersuchung zeigen. Es ist m.E. zu früh, dem Modell schon an dieser Stelle das Verständnis aufzukündigen.
    Zusammenhang, Black Box? Mit der „psychoakustischen Lücke“ ist der bei Z situierte ABSTAND zwischen den Teilsystemen „Gehör/Kortex“ und „Mentales Diesseits“ gemeint. Wenn es wirklich so wäre, dass der „Aspekte Dualismus/ Monismus … NUR sagt, was links und rechts der Lücke IST und welche ZUSAM-MENHÄNGE ES GIBT“, dann wäre m.E. schon SEHR VIEL, ja FAST ALLES GEWON-NEN. Ich gebe zu, dass auch ich hauptsächlich an dieser Verbindung zwischen dem Links-IST und dem ANGEBLICHEN Rechts-IST interessiert bin, allerdings aus einem skeptischen Grund: weil nämlich NUR DAS mit einiger Sicherheit bekannt ist, was LINKS der Lücke IST; RECHTS davon herrscht TERRA INKOGNITA, die es aufzuklären gilt. [Dieses fundamentale Unwissen rechts ist kein Widerspruch zu jener Box mit dem nur geringen Gestaltungsspielraum. Denn das Problem ist, WELCHES der -nicht vielen- mentalen Systeme tatsächlich BRAUCHBAR IST?! Welche nützlichen Eigenschaften müsste die Black Box haben, um die Protokol-le P positiv nachzubilden? Die Antwort ist leider offen und strittig, obwohl der infrage kommende REST an Systemen nur eine winzig kleine Anzahl umfasst.]
    Diesseitiger Informationsträger? Aus diesen Gründen scheint es nicht von vorn-herein aussichtslos, die Black Box mit einer geeigneten Ontologie aufzuhellen (i) und dabei die Hörversuche ausgehend vom Schallreiz bis hin zur verbalen Empfindung zu modellieren (ii), um sich so der Grenze von RECHTS zu nähern (iii). Hörversuche, Psychophysik allgemein, sind für dieses Vorhaben attraktiv, weil sie Teile des Denkens in ihre wissenschaftlichen Experimente einbeziehen. In der Untersuchung erweist sich – nur eine von drei ausgewählten Ontologien, die um das Denken kreisen – als brauchbar für den Zweck, die Protokollaus-sagen P beim Hören von Tönen nachzubilden und die psychoakustische Lücke bei Z von rechts her zu schließen. Die ENTITÄTEN IN DER BOX müssen nicht auf immer unbekannt bleiben, aber verlangen Sie nicht zu viel für den Augenblick? Hat etwa Kant eine (oder die) von Ihnen anvisierte ENTITÄT bei der Entstehung des Bewusstseins nachgewiesen (?) bzw. wurden durch ihn oder durch andere Denker „diesseitige Informationsträger“ vorgeschlagen, die aus Ihrem skep-tischen Blickwinkel akzeptabel sind?
    Modell, Aufhellung? Die Frage, wie Bewusstsein entsteht, ist das hehre Endziel der gesamten Forschungsrichtung; es kann aber schrittweise angegangen werden. Zwar kann auch ich mit meinem Modell nicht aufdecken, welche „ENTITÄT“ es ist, die als „TRÄGER mentaler, diesseitiger Information“ in Frage kommt. Dennoch wird die Box (und vor allem deren rückgekoppelter Pakt mit der körperlichen Hirnrinde, über die Grenze bei Z hinweg) durch den ontolo-gischen Ansatz nach Kant AUFGEHELLT. Um den Hörversuch inklusive der enthaltenen Denkprozesse nachzubilden, genügen (abgesehen von einer sparsamen materiellen Struktur in der Hirnrinde) zwei Kant’sche Phänomene: eine EINZIGE relationale Größe P sowie etliche, dieses P nach den Vorgaben des Hörversuchs umrahmende WILLENSÄUSSERUNGEN.

  19. Timm Grams sagt:

    @ Peter Schöne 18. Juni 2023 um 14:02 Uhr

    Die Frage ist ja, wie das „mentale Diesseits“, bestehend aus den Vorstellungen und Erscheinungen, produziert wird. Das ist das, was du Bois-Reymond als fünftes Welträtsel bezeichnet. Sie schreiben:

    Somit bleibt für diese Box [„Gedanken X“ oder „mentales Diesseits“] verhältnismäßig wenig Gestaltungsspielraum übrig, ein marginaler Rest aller vorstellbaren Systeme.

    Das erinnert mich an die Idee vom Lückenbüßergott: Die Wissenschaft macht das Refugium für diesen Gott immer kleiner, so meint man. Aber genau genommen berührt man sein Reich damit überhaupt nicht. Die von Ihnen genannte „Box“ ist Spielwiese für fast grenzenlose Spekulationen.

    Ich fürchte, dass wir durch Messungen der von Ihnen beschriebenen Art nichts oder nur wenig über das Bewusstsein, das Ich, herausfinden können.

    Ich halte es für sinnvoll, sich dem Thema über die Täuschungen zu nähern. Die optischen Täuschungen haben in mir immerhin den Verdacht verstärkt, das es so etwas wie erwartungsgetriebene Wahrnehmung gibt.

    Lässt sich das auch auf das Gebiet der Akustik übertragen? Es gibt doch akustische Täuschungen. Überzeugend fand ich die Demonstration der mysteriösen Melodien in der Wikipedia.

    Den Schlusssatz Ihres Kommentars verstehe ich nicht.

  20. Peter Schöne sagt:

    Fünftes Welträtsel Bewusstsein?
    Ein Protokoll der Art „der eine Ton klingt doppelt so laut wie der andere“ soll nur eine „Seitwärtsbewegung“ sein, hat nichts mit dem „Wesen des Erlebens“ zu tun? Das führt zu der Frage, was das „Wesen des Erlebens“ denn sein soll, wenn man einfache, aber offensichtliche Fälle von „Erleben“ willkürlich ausschließt. Das erinnert an Pauli und Jung, die ihre akausalen Doppelphänomene auch nur für markante, nichttriviale Erlebnisse reserviert sehen wollen. Soll in Ihrem Weltbild das alltägliche „Erleben“ tatsächlich ausgeschlossen sein? Auf diese Art kann man es sich einfach machen und käme dem fünften Rätsel schon per Definition nicht näher.
    Lückenbüßer Gott?
    Ich begehe nicht den Fehler des sog. erkenntnistheoretischen Monismus, demzufolge Gott zu einem “Lückenfüller” schrumpft, der sich nur noch in immer kleineren Nischen “verstecken” kann; denn ich vermute Gott nicht als Herrscher im „Reich des Bewusstseins“. Die Box ist ja gerade nicht hochheilig und gottgegeben, sondern prinzipiell erforschbar. Ich kann nicht glauben, dass du Bois-Reymond und Grams ihre „Schranke der Naturerkenntnis“ als gottgegeben (und aus diesem Grund als tabu) ansehen.
    Grenzenlose Spekulationen zur Erklärung der Box?
    Sie äußern Skepsis in der Sache? (Zweifel, ob „mentale Informationsträger“ überhaupt existieren? Sie haben immerhin einen Zusammenhang zwischen Z und P anerkannt.) … oder Skepsis in der Erkenntnis (Zweifel an der Erkennbarkeit „mentaler Informationsträger“, Schranke der Naturerkenntnis gemäß du Bois-Reymond).

    Psychophysikalische Messungen (fast) ohne Wert?
    Das wohldefinierte „Bewusstsein“ ist in psycho-physikalischen Experimenten m.E. unabdingbar enthalten. Ihres Erachtens wird das „Reich des Bewusstseins“ von der Psychophysik (fast) nicht berührt. Ein Protokoll der Art „der eine Ton klingt doppelt so laut wie der andere“ hätte dann (fast) nichts mit Bewusstsein zu tun? Das führt zu der Frage, was Sie denn grundsätzlich unter „Bewusstsein“ verstehen? Ist das eine Glaubensfrage?
    Akustische Täuschungen? Damit werde ich mich gern befassen.
    Der Schlusssatz meines Kommentars?
    bezieht sich auf das fertige Modell: „Um den Hörversuch inklusive der enthaltenen Denkprozesse nachzubilden, genügen (abgesehen von einer sparsamen materiellen Struktur in der Hirnrinde) zwei Kant’sche Phänomene: eine EINZIGE relationale Größe P sowie etliche, dieses P nach den Vorgaben des Hörversuchs umrahmende WILLENSÄUSSERUNGEN.“

    • Timm Grams sagt:

      Oh, ja, ich habe „einen Zusammenhang zwischen Z und P anerkannt“. Dennoch sehe ich mich außerstande festzustellen, wann ein Ton auf der Sone-Skala doppelt so laut ist wie ein anderer. Auch wenn man eine Reihe weitgehend übereinstimmender Protokollnotizen von verschiedenen Testpersonen hat: Was sagt uns das über das Erleben des Individuums? Lautstärke- und Tonhöhe-Empfindungen sind das eine. Aber wie steht es mit komplexen Hörerlebnissen? Ein Freund findet Wagneropern furchtbar. Ich könnte bei der Musik zu Tristan und Isolde dahinschmelzen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das, was er empfindet und das, was ich empfinde der Wissenschaft zugänglich, also objektivierbar ist.

  21. Peter Schöne sagt:

    Zunächst noch eine Ergänzung zum fünften Welträtsel:
    Es lautet in der Formulierung von 1880 (nicht die von 1872): „Woher stammt die bewusste Empfindung in den unbewussten Nerven?“ Der Skeptiker dBR sah seine Fragen 1, 2, 5 und 7 als „transzendent“ und damit als unlösbar an. Zuvörderst fällt auf: Selbst wenn man diese Rätselfrage „nach dem URSPRUNG“ nicht oder niemals beantworten könnte, so könnte man sich doch sicher sein, dass „bewusstes Empfinden“ EXISTIERT und dass es benennbar und untersuchbar ist. Schließlich gibt es jede Menge Dinge in der Welt, deren Ursprung man nicht kennt, die man aber dennoch nutzbringend untersucht. Woher STAMMT beispielsweise die Liebe? Es würde m.E. wenig Sinn machen, sich zuerst über Zeitalter und Generationen hinweg evolutionär über die HERKUNFT zu verzetteln, bevor man mit praktischen Untersuchungen in der Jetztzeit beginnen dürfte. Dann dürften Sie beispielsweise über die Liebe zwischen Tristan und Isolde nichts schreiben. Nicht anders steht es mit dem Bewusstsein: die Frage nach seiner HERKUNFT ist nur von sehr speziellem Interesse; die Frage nach seiner PRAXIS ist hingegen ausgesprochen wichtig und nützlich (und wird von dBR auch gar nicht ausgeschlossen als Praxis! Weder in seinem sorgfältig formulierten Welträtsel noch theoretisch noch in seinem Lebenswerk!). Als Skeptiker nehme ich das fünfte Welträtsel genau SO SKEPTISCH, wie es formuliert ist, aber baue kein WEITERGEHENDES Abwehrbollwerk gegen kleinteilige oder technologische Wissenschaft auf.
    Nun zur Objektivierung. Ich habe mich auf EINFACHE Hörerlebnisse mit Tönen beschränkt, d.h. komplexe wie Tristan und Isolde hier nicht untersucht. Ich gehe davon aus, dass Sie Lautheit und Tonheit als einfache, aber OFFENSICHTLICHE Fälle von „bewusstem Erleben“ nunmehr positiv gelten lassen (wenn nicht, bitte ich das KLAR zu sagen). Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie, ob Skeptiker oder nicht, das „alltägliche Erleben“ ernsthaft vom „Bewusstsein“ AUSSCHLIESSEN wollen. Das kann nicht sein.
    Dies vorausgesetzt, weise ich darauf hin, dass Ihr Ausweichen auf komplexe Hör-erlebnisse Ihrer hiesigen Argumentation nicht weiterhilft; denn je komplexer, desto differenzierter: SELBSTVERSTÄNDLICH. Ich habe dem Einwand, dass das akustische Programm „Lautheit und Tonheit“ in GLEICHER Weise personen-differenziert empfunden wird wie das (weitaus schönere) akustische Programm „Tristan und Isolde“; ich habe diesem Einwand an folgenden Stellen der Unter-suchung wohlweislich vorgebeugt. Die Argumente diesbezüglich werde ich nicht mehr wiederholen:
    – für ELEMENTARE Schallereignisse wie Töne sind alle Messungen gut belegt, mit geringen Streuungen.
    – reine Töne entfalten im Hörversuch einen ABSTRAKTEN Charakter, was den experimentellen Vorteil bietet, dass Assoziationen (also die allgegenwärtigen, phantasievollen, individuellen, die Schallereignisse begleitenden Gedanken und Gefühle) hier KEINE ablenkende Rolle spielen.
    – die phylo- und ontogenetische Struktur und Funktion des gesunden Gehörs ist EINHEITLICH entwickelt.
    – hinzu gesellt sich die genaue begriffliche Eichung der empfundenen Phänomene Ton, Lautheit und Tonheit durch SOZIALISATION.
    – angesichts von evidenten Denkvorgängen braucht man eine metaphysische Definition des „Diesseits“ (Grams), die natürlich für ALLE Personen gleichmäßig gilt.
    – im Ergebnis eignet sich die modellierte GRÖSSE P gut dazu, die von den (von allen) Personen im Hörversuch kommunizierten Tonphänomene auszudrücken.
    – die beiden tonalen Repräsentationen Z = Z a (für den Bezugston) und Z = Z b (für den Prüfton) können, dem ursprünglichen Hörversuch entsprechend „komparativ“ oder „relational“ empfunden = SKALIERT werden.

    Da bisher ALLE Versuchspersonen diese Relation a/b beherrschen, bin ich mir ganz sicher, dass Sie das auch können. Man sollte unseren Sinnesorganen Einiges zutrauen.
    Having said so, werde ich mich nun den akustischen Täuschungen zuwenden.

  22. Peter Schöne sagt:

    Akustische Täuschungen
    Vieles, was als „akustische Täuschung“ firmiert und was einen Hörer in Erstaunen versetzen kann, hat mit der „Grenze des Diesseits“ an der Hirnrinde (hin zum akustischen Bewusstsein) wenig zu tun. Zum Beispiel hört oder empfindet man, wenn ein Hohlkörper (Schneckengehäuse, Konservendose, Flasche, Trinkglas, hohle Hand) an eine Ohrmuschel des Außenohrs gehalten wird, ein Rauschen. Die Erklärung ist simpel: jeder Hohlkörper wirkt wie ein akustischer Filter; die Luftsäulen aller Hohlkörper haben – wie bei jedem Blasinstrument – bevorzugte Eigenschwingungsfrequenzen; deren Resonanzbereiche werden durch vorhandene Umweltgeräusche angeregt und verstärkt, während andere Frequenzbereiche (mittels des selben Hohlkörpers) abgeschirmt und gedämpft werden. Diesen Unterschied hört man beim Annähern des Hohlkörpers an unsere Ohrmuschel als schmalbandiges Rauschen, relativ zum breitbandigen Umweltgeräusch. Die Illusion wird endgültig zum „Meeresrauschen“, wenn sie zusätzlich visuell unterstützt wird durch ein großes, perlmuttschimmerndes Schneckengehäuse.
    Die bewusste INTERPRETATION von Tönen und Geräuschen ist allerdings ein eigenes Thema. Man könnte das gleiche Schmalbandrauschen über Kopfhörer zuführen und dem Hörer ein schönes Schneckengehäuse in die Hand geben: die interpretierte „Illusion des Meeresrauschens“ wäre die gleiche. Die meisten Menschen haben von solchen Erlebnissen schon einmal gehört.
    Auch der TINNITUS wird manchmal als akustische Täuschung dargestellt. Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung des Gehörs, die oft auf eine Schädigung des Innenohrs zurückgeht. Ein Betroffener wird durch Töne oder Geräusche der verschiedensten Art belästigt (oft sind es Pfeiftöne), denen allen gemeinsam ist, dass sie NICHT durch einen äußeren Schall am Trommelfell, sondern intern im geschädigten Gehör erzeugt werden. Ein mildes Beispiel für eine solche Störung ist ein kurzer, spontan auf- und abschwellender Pfeifton in einem Ohr, verbunden mit einem kleinen Druckgefühl; das bedeutet, dass EINE HAARZELLE (von sehr vielen Haarzellen im Innenohr) den Geist aufgegeben hat. Der unbedarfte Hörer mag das auch anders interpretieren, wenn er will.
    Solche Formen der „Täuschung“ bringen uns m.E. dem Rätsel des Bewusstseins nicht näher, solange nämlich die Hirnrinde einfach das tut, wozu sie da ist und worauf sie trainiert ist. Damit dieser Kommentar hier nicht zu lang wird, würde ich zwei weitere „akustische Täuschungen“ (Stereofonie, mysteriöse Melodien nach Diana Deutsch) in einem weiteren Kommentar daraufhin abklopfen, ob sie Informationen zur „Grenze des Diesseits“ bzw. zu „mentalen Informationsträgern“ bieten.

    • Timm Grams sagt:

      Dass Sie beim Anhören einer mysteriösen Melodie zunächst keine Melodie erkennen, aber nachdem Sie die Melodie kennengelernt haben, gar nicht mehr verhindern können, dass Sie diese Melodie auch hören, hat doch nichts mit Filterung im realen, physikalischen Bereich zu tun. Für mich bleibt die bewusste Wahrnehmung transzendental. Zu den transzendentalen Erkenntnisweisen gehört für mich eben auch die erwartungsgetriebene Wahrnehmung. Dafür gibt es keine Beweise, es existiert nur die Analogie beispielsweise zum Vorgehen in der Wissenschaft. Die erwartungsgetriebene Wahrnehmung ist eine vernünftige Idee im Sinne von Immanuel Kant aber keine Wissenschaft.

  23. Peter Schöne sagt:

    Auch die Stereophonie ist kein Hexenwerk, obwohl man damit „Phantomschall-quellen“ erzeugen kann, also Schallquellen, die psychophysikalisch ZWISCHEN den stereophonen Lautsprechern (oder sogar außerhalb der zweikanaligen Lautsprecherbasis) liegen. …… Wiederum ist die Erklärung einfach: das natürliche Gehör nutzt zum zweikanaligen Richtungshören die Laufzeit- und Pegelunterschiede zwischen dem schallzugewandten und dem schallabgewandten Ohr. Das führt zur Laufzeit- und zur Intensitätssterephonie. …… Meines Wissens ist es wieder die HIRNRINDE, die auf die überlebenswichtige Leistung des Richtungshörens spezialisiert ist, und zwar allein schon deshalb, weil die Erkennung der Richtung einer Quelle (aus nachvollziehbaren evolutiven Gründen) flott vonstattengehen muss, so dass DIESBEZÜGLICH, bei der RICHTUNGSEMPFINDUNG, keine Zeit für Bewusstseinsspiele bleibt.
    Auch die folgende Ergänzung kann man noch unter „Stereofonie“ zählen: Selbst wenn das Gehör jene alles überragende Richtungsempfindung KOMBINIERT mit der Wahr-nehmung einer ausgewählten Sprach- oder Musikgestalt (Cocktailparty-Effekt oder feinsinniges, apartes, transparentes Hören eines Ensembles), so wird das „Ausblenden von ungewollten Störquellen aus ungewollten Richtungen“ bzw. das „Konzentrieren auf und Durchhören von einzelnen Instrumenten in einem aufgefächerten Ensemble“ hauptsächlich in der Hirnrinde als Richtungshören geleistet, auch wenn die KONZENTRATION auf die jeweils bevorzugte Schallquelle in diesem komplexeren Fall im Bewusstsein vorgegeben wird. Ich glaube allerdings nicht, dass man aus dieser speziellen Sinnesorganleistung „Trennen von Schallquellen nach der Richtung“ große Rückschlüsse auf das auditorische Bewusstsein ziehen kann. Was flott „live oder online“ gehen muss, erledigt einfach die Hirnrinde, und das Richtungshören gehört zuvörderst dazu. Das Sprachverständnis (oder ganz allgemein die akustische Gestalterkennung bei mehr oder weniger gestörten Schallquellen) folgt ganz anderen Gesetzen.

    Bei den „Mysteriösen Melodien“ nach Diana Deutsch ist der Eindruck des Schlagworts „mysterious melodies“ im plakativen amerikanischen Stil wohl größer als die wissenschaftliche Substanz. Die Angloamerikanerin Diana Deutsch ist allerdings eine anerkannte Wissenschaftlerin und hat ihren diesbezüglichen Artikel 1972 als „Octave generalization and tune recognition“ übertitelt.
    Der Titel ist Programm. OKTAVTÖNE gelten schon seit Pythagoras als „verwandt“, und zwar sowohl PHYSIKALISCH als auch psychophysikalisch verwandt. Wenn man zwei Oktavtöne gleichzeitig darbietet, dann macht das Ohr aus diesem Spektrum natürlicherweise einen harmonischen KLANG, einen Akkord, bestehend aus einem Grundton und einer Harmonischen. [… SCHWEBUNG bei nicht sauber ganzzahligem Frequenzverhältnis …] Beides (Akkord und Schwebung) ist physikalischer Natur; der Schall kann – auch ohne Gehör – schon als Oszillogramm und/oder als Spektrum des Schallreizes „objektiv“ so beobachtet werden. Das Gehör mit seiner Zeit- und Frequenzauflösung folgt insoweit genau der Physik. Soviel also zum Kombinieren von gleichzeitigen Tönen, insbesondere Oktavtönen.

    Wenn die zwei reinen Töne allerdings NACHEINANDER dargeboten werden, dann sind sie ein SONDERFALL des von mir ausführlich beschriebenen Hörversuchs mit zwei Tönen (Referenz- oder Bezugston a und Prüfton b). Und es gilt für Ihre Beziehung das, was zur EMPFUNDENEN melodischen Tonhöhe (Tonheit z gemessen in mel) ausführlich zitiert wurde, auch dann, wenn die Töne als Sonderfall in einem harmonischen Oktavabstand 2:1 oder 1/2 : 1 liegen. Die Messungen zur melodischen Tonheit weichen bei hohen Frequenzen von der harmonischen Tonhöhe mit ihren Oktaven und harmonischen Intervallen ab. Die melodischen Tonheiten z passen in ungefähr 4,3 „melodische Oktaven“, gemessen durch empfundene Verdoppelung und Halbierung (Bild 31,1). Der „harmonische“ Frequenzumfang des Gehörs beträgt hingegen 7 Oktaven; der Unterschied entfaltet sich bei hohen Frequenzen ab 500 Hz und merklich oberhalb von 1 kHz. Unsere westlichen Instrumente sind im Wesentlichen, abgesehen von Feinheiten, harmonisch nach den Oktaven und harmonischen Intervallen gestimmt, weshalb unser westliches Gehör auch weitgehend auf solche HARMONIEN sozialisiert ist.
    Wichtig: Alles HARMONISCHE Vorwissen ist unbrauchbar für die melodische Zwei-Ton-Aufgabe; nicht einmal das berühmte Anfangsmotiv, bestehend aus drei Achtelnoten mit abschließendem Terzsprung (g–es) der 5. Symphonie, 1. Satz, wird assoziiert. Es sind nur die MELODISCHEN Tonhöhen gefragt, zwei isolierte Tonheiten za und zb, in ihrem abstrakten melodischen Verhältnis zueinander (Bild 31,1). Das Gehör ist ganz und gar auf das elementar Melodische zurückgeworfen und jede harmonische Interpretation (etwa der zwei Oktavtöne 4 kHz zu 8 kHz, getrennt dargeboten) ist chancenlos. Gemäß Bild 31,1 klingen Terzen wegen dieses harmonisch/melodischen Unterschieds (wie alle Intervalle im hohen Frequenz-bereich) zwar harmonisch, aber gequetscht.
    Es ist daher nicht erstaunlich, dass Tonfolgen, die von Diana Deutsch MELODISCH dargeboten (i) und vom Hörer melodisch aufgefasst werden (ii), und die zwei oder auch mehr isolierte und (über drei harmonische Oktaven!) WEIT VERSTREUTE Töne umfassen (iii), auf Anhieb KEINERLEI assoziierte musikalische Weise hervorbringen (Diana Deutsch). Erst wenn der Hörer den zusätzlichen Hinweis „alle meine Entchen“ erhält, dann ist er in der Lage, das „melodisch verstreute Zeug“ zu einer ihm bekannten harmonischen Weise zusammenzuwürgen. In dem Graphen von Bild 31,1 verbirgt sich das ganze Geheimnis dieser angeblichen Täuschung.
    Ergebnis: Bei den komplexeren „Täuschungen“ (Meeresrauschen, Cocktail-Party-Effekt, Phantomschallquellen, Mysteriöse Melodien) verbleiben im Kern, nach Abzug von allem Plakativen, als veritable Eigenschaft des Sinnesorgans: Spracherkennung (und allgemein akustische Gestalterkennung) je nach Sozialisation und unter Anwesenheit von Störungen. Gegen eine erwartungsgetriebene Wahrnehmung (in der akustischen Gestalterkennung) hätte ich nichts einzuwenden; aber nur, wenn „transzendental“ nicht „unerforschlich“ oder „sakrosankt“ bedeuten soll.

    • Timm Grams sagt:

      Das meiste, was Sie hier schreiben, hat mit dem, worum es mir geht, nichts zu tun. Erst im Schlusssatz kommen Sie darauf zu sprechen:

      Gegen eine erwartungsgetriebene Wahrnehmung (in der akustischen Gestalterkennung) hätte ich nichts einzuwenden; aber nur, wenn „transzendental“ nicht „unerforschlich“ oder „sakrosankt“ bedeuten soll.

      Das können wir gerne so stehen lassen.

  24. Peter Schöne sagt:

    – Bei KOMPLEXEN Hörerlebnissen ist eine Art von akustischer GESTALTER-KENNUNG plus „ERWARTUNG“ am Werk; bei den melodischen Tonhöhe-Empfin-dungen hingegen ist eben dies AUSGESCHLOSSEN. In dem modellierten, melodi-schen „Zwei-Ton-Versuch“ wäre jede ERWARTUNG und jede ASSOZIATION fehl am Platze; sie sind hier unerwünscht und im Sinne von „ceteris paribus“ gleich zu halten oder auszuschalten. Man kann nur eins nach dem anderen untersuchen. Mein Modell mit Kant im Diesseits beschreibt somit logischerweise KEINE Erwartungen, sondern die Fähigkeit zum denkenden, bewussten SKALIEREN, eine Fähigkeit des alltäglichen Bewusstseins und Unterbewusstseins, aber als solches natürlich auch Teil ALLEN auditorischen BEWUSSTSEINS; dieses besteht m.E. nicht nur (und vielleicht nicht einmal hauptsächlich) aus Erwartungen. Das bewusste Skalieren gehört jedenfalls dazu.
    – Unterschiedliche Interpretationen bei einer komplexen Gestalterkennung wie Tristan und Isolde erkenne ich selbstverständlich an wie jedermann. Aber mit „akustischen TÄUSCHUNGEN“ hat das NICHT DAS GERINGSTE zu tun; wir müssten vielmehr eine völlig neue Reihe zur „akustischen Gestalt- und Muster-erkennung plus Interpretation, unter Störung“ auflegen; und müssten uns DANN speziell anschauen, was DAVON OBJEKTIVIERBAR sein könnte oder nicht. Wie Sie wissen, habe ich keine Berührungsängste mit dem transzendentalen Diesseits nach Kant. Es muss aber wirklich das Diesseits sein und nicht etwas Anderes, das man vielleicht durch Sozialisation und Gedächtnis oder Erinnerung angehen könnte.
    – Sie setzen zu Recht voraus, dass auch ich die Melodie „alle meine Entchen“ errate oder in etwa nachvollziehen kann, falls ich den zusätzlichen Hinweis erhalte. Die Veränderung (die Verunstaltung) der Melodie kann man übrigens sehr wohl als FILTERUNG auffassen: dazu stelle man sich lediglich „alle meine Entchen“ auf einem harmonie-reichen Instrument mit schönen Akkorden gespielt vor, also bei jeder Note den Grundton, die erste Harmonische, eine weitere Harmonische und noch eine Harmonische; also „Obertöne“. Dann filtert man mit Diana Deutsch aus jedem dieser Akkorde gerade mal EINEN der VIER Klangtöne heraus und unterdrückt die anderen DREI durch diese FILTERUNG, willkürlich, zufallsgesteuert, über sagenhafte drei „harmonische Oktaven“ hinweg verstreut! (1 kHz, 2 kHz, 4 kHz, 8 kHz!). Da ist es doch kein Wunder, wenn man unter diesen Umständen aus der gewohnten harmonischen Interpretation herausfällt! und paradigmatisch in die melodische, abstrakte Tonhöhenempfindung z [mel] von Bild 31,1 hineingerät! Die „harmonische Re-Interpretation“ des Wohlbekannten, aufgrund des Zusatzwissens, ist dann eine echte Gestalterkennungsleistung des (westlich geprägten) Gehörs. Einem Inder könnten Sie diese Aufgabe aber nicht so stellen; andere Kulturen, z.B. mit Fünf-tonmusik oder mit arabischen Zwischentönen (Vierteltönen) aufgewachsen und mit dem unverständlichen, „melodischen Zeug“ konfrontiert, schaffen die spezielle westliche Gestalterkennung „alle meine Entchen“ selbst mit der Zusatzinfo NICHT, weil sie harmonisch anders gewickelt sind. Ich muss ehrlich sagen: die Melodien von Diana Deutsch sind alles andere als mysteriös! Das führt zur abschließenden Frage, WIE Sie mit der unbezweifelbaren kulturellen Sozialisation die allgemein-menschliche „Transzendenz“ verbinden wollen? Was soll an der SOZIALISATION „transzendent“ sein?
    – Mit vernünftigen Ideen im Sinne von Immanuel Kant kann ich viel anfangen; zwei davon habe ich HYPOTHETISCH (an der Grenze des Diesseits nach Grams) auspro-biert und konnte damit eine Form des Bewusstseins (bewusstes Skalieren, bewusstes Verdoppeln, bewusstes Halbieren) ganz ordentlich modellieren.
    Ferner stimme ich der, nur teilweise fatalen, Wirkung von „Erwartung bei der Gestalterkennung“ ausdrücklich zu (siehe oben). Ich habe – um Ihre Bedeutung von „transzendental“ = „unwissenschaftlich“ von Grund auf zu verstehen – versucht, Ihr Buch im Internet zu kaufen. Es ist mir aber nicht gelungen, weil ich bewusst und gewollt keine Kreditkarte besitze.

    • Timm Grams sagt:

      Ein wesentliches Merkmal des Transzendentalen ist für mich, dass die diesbezüglichen Aussagen nicht falsifizierbar sind. Zur erwartungsgetriebenen Wahrnehmung fällt mir keine Falsifikationsmöglichkeit ein.

      Wenn Sie den Gang in die Buchhandlung scheuen, dann müssen sie eben ohne das Buch glücklich werden.

  25. Peter Schöne sagt:

    Ihr Buch habe ich bestellt; in der Zwischenzeit habe ich noch einmal Ihren Basistext zum „geheimnisvollen Ich“ Wort für Wort gelesen, wohl wissend um unsere neu abgesteckten Stimmigkeiten und Unstimmigkeiten zum „Bewusstsein“. Timm Grams: „Zur erwartungsgetriebenen Wahrnehmung fällt mir keine Falsifikationsmöglichkeit ein.“
    Gerade habe ich in Wikipedia, Mysteriöse Melodie, nach einigen Tagen der Pause noch einmal „Fuchs du hast die Gans gestohlen“ angehört, lediglich in Form jener Melodie mit den OKTAVSPRÜNGEN, ohne jede aktuelle Zusatzinformation; und habe das Thema auf Anhieb erkannt, obwohl ich innerlich eher auf „Alle meine Entchen“ eingestellt war, das ich an anderer Stelle schon etwas schwieriger gehört hatte. Für mich bedeutet diese Erfahrung, dass die GEDÄCHTNIS- und Interpretations-leistungen beim Hören eine prominente Rolle spielen. Ich sehe aber keine Verbindung zu einer erwartungsgetriebenen Wahrnehmung, vielleicht ohne jegliche Gedächtnis-komponente? Denn falls Ihre Auffassung von „transzendental“ auch nur die geringste Gedächtniskomponente ENTHIELTE, wäre die Überlegung nicht mehr „unwissen-schaftlich“, sondern „mindestens zum Teil wissenschaftlich erforschbar und falsi-fizierbar“. Für den EINSCHLUSS des Gedächtnisses spricht Ihre Definition:
    „Wir ordnen die Gedanken mit Hilfe der folgenden Grafik.
    R ⟶⎢ X ⎢⟶ P
    Die Welt der Dinge an sich, die ungreifbare Realität, sei R. Immanuel Kant folgend ist das erkennende Ich = X. Dieses X produziert die (… Protokolle P der …) Erscheinungen. …. Nicht zum Ausdruck gebracht sind … das Hintergrundwissen, also das phylo- und ontogenetisch Erlernte, … das man dem X zurechnen kann.“

    Wie ich es vermutet habe: Sie zählen Sozialisation und Gedächtnis einfach zum geheimnisvollen, tabuisierten X. Annahmen über das phylo- und ontogenetisch Erlernte kann man aber falsifizieren. Für die auditorischen Gedächtnisleistungen als solche braucht man Kants transzendentales, unerforschliches, nicht falsifizierbares Diesseits m.E. NICHT; da müsste man wohl zunächst alle allgemein anerkannten, aber nach wie vor falsifizierbaren Forschungsergebnisse auf dem Gebiet des akustischen Gedächtnisses heranziehen, bevor man skeptische Tabus errichtete (Tabus, die m.E. im Prinzip durchaus möglich und wichtig sind).
    Gerade weil ich (mit Kant und Grams) der Meinung bin, dass wir auf ERSCHEINUN-GEN als individuelle, subjektive Erlebnisse angewiesen sind, verstehe ich nicht, warum Sie sich so wehren gegen die individuelle, subjektive Erscheinung von „melo-dischen Oktaven“ im Unterschied zu der individuellen, subjektiven Erscheinung von „harmonischen Oktaven“. Das ist doch ein bemerkenswertes Beispiel dafür, dass es beim akustischen Empfinden nicht zwangsläufig nach der puren Physik geht! [Aber Vorsicht: Ein Beispiel für unphysikalisches „transzendentales Hören“ wäre das auch nicht, weil die psychoakustisch gemessene mel-Skala mit der physiologischen Aufreihung der Haarzellen im Corti’schen Organ des Innenohrs korrespondiert.]

    Dass „individuelle, subjektive Erlebnisse“ im Grenzfall auch bedeuten können, dass diese Erlebnisse GLEICH, d.h. nicht um jeden Preis subjectiv VERSCHIEDEN sind, habe ich am Beispiel der melodischen Oktaven ausführlich durch Indizien belegt. Ein Beispiel genügt, um ein Vorurteil „ALLES BEWUSSTE IST INDIVIDUELL UND SUBJEKTIV UNBEDINGT VERSCHIEDEN“ zu Fall zu bringen. „Transzendental“ ist m.E. nicht automatisch gleichzusetzen mit „PERSONENWILLKÜRLICH“; es gibt keine transzendental-skeptische Regel, welche intersubjektiv gleiche Empfindungen bei gleichen Reizen zwangsläufig ausschlösse. Auch diesbezüglich scheinen der Skepsis natürliche Grenzen gesetzt zu sein; man kann nicht alles bezweifeln.

  26. Timm Grams sagt:

    @ Peter Schöne

    Sie schreiben:

    Annahmen über das phylo- und ontogenetisch Erlernte kann man aber falsifizieren. Für die auditorischen Gedächtnisleistungen als solche braucht man Kants transzendentales, unerforschliches, nicht falsifizierbares Diesseits m.E. NICHT; da müsste man wohl zunächst alle allgemein anerkannten, aber nach wie vor falsifizierbaren Forschungsergebnisse auf dem Gebiet des akustischen Gedächtnisses heranziehen, bevor man skeptische Tabus errichtete

    Darüber, dass es nicht um Denktabus geht, haben wir uns doch schon geeinigt. Bitte keine Strohmänner aufbauen.

    Ich bin ein interessierter Laie auf dem Gebiet und muss mich auf Leute verlassen, denen ich gedankliche Tiefe und Schärfe zutraue. Einer von ihnen ist Max Steller, ein anderer Robert Trivers. Ich frage: Um welche falzifizierbaren Forschungsergebnisse geht es Ihnen? Soweit ich sehe, ist das Gedächtnis ein sehr unsicherer Kantonist.

    Vom Erinnerungsirrtum (False Memory), von der Erinnerungsfalle (Hindsight Bias) und dem, was Nassim Nicolas Taleb Narrative Fallacy nennt, war im Hoppla!-Blog bereits die Rede.

    Für die Aufdeckung von Scheinerinnerungen sind objektive Messverfahren wie beispielsweise der Lügendetektor völlig ungeeignet. Nach den verheerenden Fehlurteilen über vermeintliche Sexualstraftaten verlässt man sich heute (BGH-Urteil, 1999) vor allem auf die inhaltsanalytische Begutachtung, also auf die Analyse von Wortprotokollen des Erlebten (Max Steller: Nichts als die Wahrheit? Warum jeder unschuldig verurteilt werden kann, 2015).

  27. Peter Schöne sagt:

    Mir ist noch eine Ergänzung „⎢ S ⎢⟶Z ⟶“ zu Ihrem Modell „R ⟶⎢ X ⎢⟶ P“ eingefallen, die das Problem mit den nicht-transzendentalen Anteilen in der Kant‘ schen Box ⎢ X ⎢ lösen würde:

    R ⟶⎢ S ⎢⟶Z ⟶ ⎢ X ⎢⟶ P

    Die entsprechende textliche Ergänzung würde lauten:
    „Die Welt der Dinge an sich, die ungreifbare Realität, sei R. Das Hintergrundwissen, also das phylogenetisch und ontogenetisch Erlernte, ist im Sinnesorgan/Hirnrinde S zum Ausdruck gebracht, d.h. die Fähigkeiten „Sozialisation“ und „Gedächtnis“ einem Sinnesorgan S zugerechnet, mit seinen materiellen EEG-Repräsentationen Z in der Hirnrinde. Immanuel Kant folgend ist das erkennende Ich = X. Dieses rein transzendentale X produziert (notwendigerweise rückwärts über die Hirnrinde S) die Protokolle P der Erscheinungen. “

    Natürlich habe ich es wieder mit den Sinnesorganen; aber die sind halt wichtig. Durch die Ergänzung „⎢ S ⎢⟶Z ⟶“ würde Ihr Modell harmonieren mit meiner Modellierung des BEWUSSTEN AUDITORISCHEN SKALIERENS (= empfundene Verdoppelung oder Halbierung eines auditorischen ETWAS, insbesondere, aber nicht ausschließlich, einer empfundenen Tonhöhe = Tonheit z). Dementsprechend befände sich ein falsi-fizierbarer Kurzzeitspeicher im ergänzten „⎢ S ⎢⟶Z ⟶“ der Hirnrinde S, nicht im transzendental-metaphysisch definierten Bereich „Z ⟶ ⎢ X ⎢⟶ P“ nach Kant. Und ebenfalls in der Hirnrinde „⎢ S ⎢⟶Z ⟶“, nicht im metaphysischen Bereich Gedanken ⎢ X ⎢, wären lokalisiert die falsifizierbaren, auditorisch sozialisierten Hintergrundin-formationen „was bezeichnen wir als Ton?“ und „was bedeutet Lautheit N?“ oder „was verstehen wir unter Tonheit z?“
    In dem Modell, Bild 7, habe ich die Gedanken ⎢ X ⎢ nach Kant soweit ABSTRAHIERT, dass sie bei dem Reiz „zwei Töne a und b nacheinander dargeboten“ nur noch enthalten:
    – die Empfindung der Tonattribute (Tonheiten za und zb) als solche;
    – das VERHÄLTNIS der Tonrepräsentationen Za/Zb an der Grenze des Diesseits; und
    – eine abstrakte Beziehung P = P (Za/Zb) zur Bewertung dieses Verhältnisses Za/Zb:
    P (Za/Zb = 1/2) = 2 entspricht Halbierung = melodische Oktave nach unten
    P (Za/Zb = 1) = 3 entspricht Gleichheit
    P (Za/Zb = 2) = 4 entspricht Verdoppelung = melodische Oktave nach oben.

  28. Timm Grams sagt:

    Ein Fundstück zum Thema: Ein Philosoph und ein Neurologe wetteten um die Natur des Bewusstseins. Der Einsatz: eine Flasche Wein.

    • Elektroniker sagt:

      @ Timm Grams 14. Juli 2023 um 14:14 Uhr

      Zitat: „Ein Philosoph und ein Neurologe wetteten um die Natur des Bewusstseins. Der Einsatz: eine Flasche Wein.“

      Einer Antwort dürfte man nur immer näher kommen können.

      Letztlich dürfte es darum gehen, ob es den Quantenphysikern/Chemikern möglich sein wird, möglichst eindeutige Korrelationen zwischen „Empfindungsaspekten“ (z.B. Farbeindrücken) und quantenphysikalisch möglichst eindeutig zu ermittelnden „Zusammenhängen“ herzustellen.

      Es demnach um so etwas wie bestimmte „Muster“ bei „messbaren Quantenzusammenhängen“ in sensorischen Zellen geht. Medizinern reichen normalerweise halbwegs stabile Korrelationen.

      Vielleicht kann sogar irgendwann geklärt werden, ob ein Mensch, verglichen mit „objektiven Quantenmustern“, an bestimmten „Farbverschiebungen“ leidet und die Quantenmuster womöglich einen Bezug mit Frequenzen der Farbskala haben.

      Sensorische Zellen gibt es eindeutig auf flachen, hautartigen Strukturen (Netzhaut, Körperhaut,….) damit wäre der örtliche (und gleichzeitige) Zusammenhang festgelegt.

      Es könnte aber (möglicherweise?) auch sensorische Zellen geben, die die zeitlichen Veränderungen (in der „Tiefe“ einer bestimmten Information verarbeitenden Struktur) auswerten können? (Außer es werden prinzipiell auch die zeitlichen Aspekte, in flache örtlich veränderbare und sensorisch abbildbare Zustände umgewandelt. Trommelfell?) Ob Zellen sensorischen Charakter haben, das dürften Mediziner feststellen können.

      Bei der Netzhaut im Auge sind sogar die entstehenden Eindrücke (Farbe, Helligkeit) auf bestimmten Zellen recht gut erforscht. Es fehlen (noch) die wirklich entscheidenden quantenphysikalischen Aspekte im Hinblick auf Empfindungen.

      Wie Bildpixel (z.B. im Auge) zu Bildern „emergieren“, kann man selbst im Spiegel sehen. Im „Auge“ ist das Bild das wir sehen, sogar optisch „abgebildet“, wie auf einer „Leinwand“.

      Mit diesem Beispiel wäre auch naheliegend erklärt, wie „einzelne Empfindungen“ auf vielen sensorischen Zellen, zu „Bewusstsein“ emergieren.

      Wären die quantenphysikalischen Aspekte geklärt, so wäre der Rest banale Informationsverarbeitung….

  29. Timm Grams sagt:

    @ Elektroniker 15. Juli 2023 13:16 Uhr

    Ich war überzeugt davon, dass die Aussagen des Skeptikers eher überzeugen als die der Vertreter der positiven Wissenschaften wie Physik, Chemie, Physiologie, Psychologie. Das scheint nicht so zu sein. Ich werde mich jetzt nicht wiederholen. Schauen Sie sich bitte noch einmal meine Bemerkung zu den Kippbildern an. Sie schreiben von „objektiven Quantenmustern“ ohne zu sagen, was es damit auf sich haben soll. Das ist doch ohne jegliche Nährwert. Und noch etwas: Wer nicht weiter weiß, der spricht von Emergenz.

    • Elektroniker sagt:

      @ Timm Grams 15. Juli 2023 um 14:07 Uhr

      Zitat: „Ich war überzeugt davon, dass die Aussagen des Skeptikers eher überzeugen als die der Vertreter der positiven Wissenschaften wie Physik, Chemie, Physiologie, Psychologie.“

      Auf Seite der Skeptiker würde ich auch noch die Philosophen sehen. Und ich sehe es tatsächlich so, dass die der „traurigen Wahrheit“ näher kommen, als die anderen genannten Fachwissenschaften. Aber vermutlich sind „Krücken“ besser als nichts“.

      Ich musste mich in meinem ersten „Praktikum“ vor dem Wehrdienst mit elektronischen Kippschaltungen (die sind absolut grundlegend für die Digitaltechnik) beschäftigen. Dabei wurde mir das „traurige Elend“ bewusst. Kippschaltungen kippen nun einmal nicht wirklich, absolut sicher und immer wenn sie sollen.

      Die Transistoren „würgen“ sich („gelegentlich“) gegenseitig und „hängen“ sich in einem instabilen Zustand auf. Die Techniker haben alles getan um diese Situation möglichst zu vermeiden, was recht gut gelungen ist. Aber das auch von Philosophiestudenten sofort erkannte „Elend“ bleibt. Die Techniker und Realwissenschaftler müssen mit dem „Elend“ leben.

      Denken und die KI beruhen auf „Mustererkennung“ und Auswertung. Da setzt sich das „Elend“ gleich weiter fort. Beim Denken sozusagen gleich „doppelt“. Das wird mit den von ihnen aufgezeigten Beispielen (Kippbilder) gleich klar.

      Es kann einerseits oft auch nur eine kleine Zahl (Stichprobe) von Mustern berücksichtigt werden, und die Ergebnisse können grundverschieden sein.

      Dazu kommt auch noch andererseits, dass Neuronen (für die „Auswertung“) nur dann „triggern“, wenn auf ausreichend vielen Eingängen möglichst gleichzeitig ein Signal ankommt. Das ist nun einmal kein logisch korrektes UND Gatter wie es nötig wäre. Auch mit diesem zusätzlichen „Elend“ muss man leben, irgendwie.

      Die extrem traurige Folge ist letztlich und im Extremfall, dass Menschen mit unterschiedlichen „Narrativen“ im Kopf wütend aufeinander zu laufen und sich gegenseitig den Schädel einschlagen.

      Mein Schulwissen über Quantenphysik ist gering. Ich konnte nur beobachten, dass auch besonders in der Sensorforschung arbeitende Quantenphysiker/Chemiker ihre „Objekte“ (im Sinne der Informatik) haben und erstaunliches leisten. Kürzlich war die Forschung imstande, in kürzester Zeit und in Zusammenarbeit mit Virologen, halbwegs genaue Testkits abzuliefern, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Coronaviren erkannten. Soweit ich informiert bin, geht es im weitesten Sinn um die Korrelation von Mustern.

      Ich habe Aussagen zu „Emergenz“ so verstanden, dass man im einfachsten Fall, wenn aus einzelnen (noch) nichts aussagenden „Bildpixeln“, aus deren „Zusammenwirken“ auf z.B. einer Leinwand, ein „Bild“ entsteht, derartiges (zumindest) „einfache Emergenz“ bezeichnen darf.

  30. Timm Grams sagt:

    @ Elektroniker 16. Juli 2023 09:39 Uhr

    Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist für Sie das Kippen von Bildern im Kopf analog den
    Verhaltensabnormitäten in Schaltkreisen. Erklären Sie bitte, an welcher Stelle das Ich, das Bewusstsein ins Spiel kommt. Wenn Bewusstsein bereits in den Sensoren sitzt, warum werden dann die Sinneseindrücke uns so unterschiedlich bewusst?

    Systeme zeigen Eigenschaften, die deren Elemente nicht haben. Ein Schwingkreis schwingt eben, eine Spule oder ein Kondensator für sich genommen tun das nicht. So etwas ist für den Ingenieur ganz selbstverständlich. Die Wörter Emergenz und Fulguration kamen in meinem Elektrotechnik-Studium nicht vor. Ich glaube nicht, dass sie irgendeinen Erklärungswert besitzen.

    Ich wundere mich, dass auch heute noch die Funktionalität des Gehirns ausschließlich im Sinne der Computer-Metapher diskutiert wird. Auch der Ingenieur kommt nicht umhin, die hormongesteuerten Emotionen als wesentlichen Teil des Bewusstseins anzusehen. Der Denksportbegeisterte weiß, dass quälende Lösungsanstrengungen und anschließende Glücksgefühle wesentlich für das Lernen sind. Aber auch damit ist nicht ansatzweise erklärt, was das Ich, das Bewusstsein ist. Die Kybernetik (Norbert Wiener) diente uns in den 60er Jahren noch als Erklärungsmodell. Inzwischen hat es wirklich ausgedient.

    • Elektroniker sagt:

      @ Timm Grams 16. Juli 2023 um 14:54 Uhr

      Zitat: „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist für Sie das Kippen von Bildern im Kopf analog den Verhaltensabnormitäten in Schaltkreisen.“

      Da habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Wenn man mehrmals auf ein derartiges Bild hinsieht, sieht man z.B. 2 Gesichter oder einen Kelch. Man kann derartiges als „kippen“ bezeichnen, hat aber mit den Verhaltensabnormitäten in Schaltkreisen nichts zu tun.

      Es bedeutet nur, dass „bei jedem Blick“ aufs Bild eine „Stichprobe“ von „Mustern“ ausgewertet wird und auch abhängig von einer gewissen „Erwartung“, entscheidet man sich für ein Bild. Angeblich können manche Menschen nur 1 Bild sehen.

      Mit den bei elektronischen Kippschaltungen auftretenden Problemen möchte ich die Zweckmäßigkeit skeptischer Sichtweisen bestätigen. Sie sind im Falle der Elektronik mit der strengen Logik sehr gering, aber eben vorhanden. Worauf die Skepsis von Philosophen, was derartige Systeme betrifft und die früher sehr groß war, zurückgeführt werden könnte.

      In Systemen die auf Musterverarbeitung beruhen (Gehirn, KI) ist das Problem weit größer und in neuronalen Systemen noch einmal größer….

      Es steht fest, dass sehr viele sensorische Zellen sozusagen in „Hautschichten“ existieren, sozusagen damit „verwoben“ sind. Aber auch in der Tiefe des Verarbeitungsnetzwerkes könnten sensorische Zellen existieren. Darüber habe ich keine Informationen.

      Libet spricht von „mental fields“. Abgesehen von den allenfalls vorhandenen „tiefen“ Sensorbereichen, werden diese „mental fields“ auf den gesamten Hautoberflächen (auch den Gehirnhäuten, Furchen) realisiert. Jeweils nur „Teilbereiche“, z.B. „dumme visuelle Bilder“ an der Netzhaut. (Dumm bedeutet, ein Bild mit Helligkeitseindrücken wie auf einem Bildschirm). Die anderen Komponenten der „Wahrnehmungen des Bewusstseins“ (die Info abbildenden Signale) werden „verknüpft“ und in den (meistens eher flachen) „Sensorverbänden“ realisiert. Dass „Schmerzinformation“ auf einer Körperhaut nahen Sensorik abgebildet wird, ist naheliegend. Damit kann direkt der Ort lokalisiert werden.

      Das „Wissen“ wird im neuronalen Netz aus Neuronen und Synapsen „abgebildet“. Ladungsträger werden partiell durch das System verschoben und bilden an diesen hauptsächlich „flachen Sensorverbänden“ (auch gekrümmten Oberflächen) das jeweilige gesamte „Bewusstsein“, eine Art „Hirnkino“ (mit „Empfindungen“) ab. Natürlich wird nicht die gesamte „Biographie“ (Hirninhalt) gleichzeitig aktiviert, da würde man „verrückt“.

      „Verwobene“ Teilbereiche dieser Strukturen „bilden“ (mittels „lernen aus Erfahrung“), alle zum Ich gehörigen „Funktionen“ ab.

      Im Auge werden alle Sinneseindrücke (noch unbewertet) „abgebildet“. Auf den „Ergebnisbildschirmen“ (irgendwo auf der „Bewusstseinssensorik des „Hirnkino“) das Ergebnis der Auswertung (die Gesichter oder der Kelch). Zuerst entsteht im Auge das Originalbild, danach erscheint im „Bewusstsein“ die Auswertung. (Man kann natürlich nicht ausschließen, dass auch dass „Bewusstseinsbild“ (z.B. die Gesichter, von innen) zeitweise auf die Netzhaut „gekoppelt“ wird).

      Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, glaube aber, im Zusammenhang mit der Entstehung des „Fernsehbildes“ am Bildschirm das erste mal vom Begriff „Emergenz“ erfahren zu haben.

      Es wird nur die elektrische Funktionalität des Gehirns und der Aspekt der Informationsverarbeitung im Sinne der Computer-Metapher diskutiert. Das Neuron als eine Art von „Gatter“ ist sozusagen die „Brücke“ zu einer „Art von (nicht strenger) Logik“ (Die „Boolsche Algebra“ ist Grundlage der Informationsverarbeitung).

      Die hormongesteuerten Emotionen, realisiert auf sensorischen und empfindsamen Zelltypen, als wesentlichen Teil des Bewusstseins, die Vielzahl der chemischen Prozess, stehen auch nicht in Frage. Es soll übrigens auch vorkommen, dass, wenn bestimmte sensorische Zellen durch eine „Erkrankung“ gestört sind, so kann es auch zu „Empfindungsstörungen“ kommen.

      Die Neurologen haben ehemals beklagt, dass es auch „elektrische Aspekte“ geben müsse. Zumal, wo immer sie im neuronalen System mit ihren Oszillographen herumstochern, „Spikes“ (Impulse) zu sehen sind.

      Ich, als an Psychologie interessierter Mensch, habe einfach versucht, als eine Art „Hobby“, in allgemein verständlicher Sprache (Elektroniker „Jargon“), hauptsächlich in letzter Zeit in den scilogs (Prof. S. Schleim, Philosoph mit Informatik Background) die elektrischen Funktionen im Grundsatz, nicht im Detail, zu erklären. Zumal ich noch von der „Gattertechnik“ geprägt bin, die besser als die „Prozessortechnik“ zur Erklärung geeignet scheint.

      Norbert Wiener, der kein „Praktiker“ war, hat vieles „vorausgesehen“, ich schätze ihn sehr.

  31. Timm Grams sagt:

    @ Elektroniker 16. Juli 2023 21:03 Uhr

    Sie sprechen von den „bei elektronischen Kippschaltungen auftretenden Problemen“ und vergleichen sie mit den Problemen, „die auf Musterverarbeitung beruhen (Gehirn, KI)“. Damit bestätigen Sie meinen Verdacht, dass für Sie das Kippen von Bildern im Kopf analog den Verhaltensabnormitäten in Schaltkreisen ist.

    Meines Erachtens liegen Sie damit völlig falsch. Die Ambivalenz von Figur und Grund, die beim rubinschen Becher deutlich wird, ist kein Problem oder gar ein Fehler. Sie zeigt den Wahrnehmungsapparat beim Auflösen einer verzwickten Situation.

    Die sogenannten optischen oder kognitiven Täuschungen sind nicht auf Täuschung aus. Die dafür verantwortlichen Mechanismen leisten im Normalfall gute Dienste. Die Horizontal-vertikal-Täuschung ist überlebensdienlich: 100 m laufen ist eben weniger gefährlich als von einem 100 m hohen Turm zu springen. Ich könnte so weitermachen.

    Sie schreiben:

    Die Forscher F. Rosenblatt, W. McCulloch, A. Turing, W. Pitts, D. Hebb, M. Minsky, …. haben ausgehend vom Konzept des „Perzeptron“ (das auf so etwas wie „künstliche Neuronen“ aufbaut), wichtige Vorarbeiten zur Entwicklung der KI, ausgehend vom neuronalen System geleistet. Sie haben aber auch zum besseren Verständnis neuronaler Systeme beigetragen.

    Die durch Wieners Kybernetik charakterisierte Frühphase, die Zeit der Computermetaphern für das menschliche Denken, ist nun aber ein halbes Jahrhundert vorbei.

    Alexander K. Dewdney schreibt in seinem Artikel „Warum Computer zwar sehr wohl sehen, in den meisten Fällen aber nichts erkennen können“ (SdW, 12/1984, S. 4-10):

    Die fünfziger und sechziger Jahre waren eine Zeit enormer Kreativität und Experimentierfreude auf dem neuen Gebiet der Informatik. Romantische Vorstellungen von selbstorganisierenden Systemen, lernenden Maschinen und intelligenten Computern beflügelten das Denken der Wissenschaftler, und ich bin versucht, diese Periode das „kybernetische Zeitalter“ zu nennen.

    Dann spricht Dewdney vom Ende des kybernetischen Zeitalters:

    Doch all der ermutigende Fortschritt, den man damals zu erkennen glaubte, erwies sich im Nachhinein als illusorisch.

    Man hat sich von der Einfachheit und dem scheinbaren Erfolg der Apparate täuschen lassen. Meinen Haupteinwand gegen das kybernetische Modell für das Denken habe ich bereits vorgebracht.

    Lieber Elektroniker, es ist Zeit, diesen Gesprächsfaden, der zu einem Zwiegespräch geworden ist, hier enden zu lassen. Ein Dritter kann ihm gern wieder Leben einhauchen.

  32. Peter Schöne sagt:

    Ich habe in den 70-ger Jahren Elektrotechnik studiert (mit Spezialisierungen – damals ganz neu in den Studienplänen – im Hauptfach Kybernetik und anschließend in der Psychoakustik als gewollter Teil dieser Kybernetik). Ich glaube auch, wie mein Vorredner, dass die kybernetischen Vorstellungen aus Norbert Wieners Systemtheorie inzwischen ausgedient haben, WENN und SOBALD es um das BEWUSSTSEIN von Organismen und um das DENKEN als solches geht (Anmerkung: in technischen und physiologischen Zusammenhängen leistet Wieners Systemtheorie nach wie vor gute Dienste, weil sie einfach eine hervorragende mathematische Beschreibung eines Systems sein kann).
    1. Mit dem Stichwort „Emergenz“ wurde schon damals Schindluder getrieben. Es wurde mit diesem Etikett noch nicht einmal „Unbekanntes erklärt“, sondern es wurde dafür geworben, dass ein neu „auftauchendes“, tolles Lautsprechersystem eingeführt und gekauft wird.
    2. Die damaligen Kybernetiker wussten auch schon, dass im Bereich der menschlichen, tierischen und pflanzlichen „Sinnesorgane“ und Kommunikation keine quanten-physikalischen Phänomene zu beobachten sind. Zur Beschreibung beispielsweise des Sinnesorgans Gehör, vom Außenohr bis zur auditorischen Hirnrinde, kam und kommt man völlig ohne Quantenphysik aus.

    In DIESEN Hinsichten war also die damalige, originale Kybernetik (Steuerungstechnik, Psychoakustik, Psychooptik, Verhaltensphysiologie) schon klarer und weiter entwickelt als die modernen Emergenz- und Quantenansätze.

    • Elektroniker sagt:

      @ Peter Schöne 18. Juli 2023 um 11:58 Uhr

      Zitat: „1. Mit dem Stichwort „Emergenz“ wurde schon damals Schindluder getrieben. Es wurde mit diesem Etikett noch nicht einmal „Unbekanntes erklärt“, sondern es wurde dafür geworben, dass ein neu „auftauchendes“, tolles Lautsprechersystem eingeführt und gekauft wird.“

      Dass „Werbefritzen“ mit „modernen Begriffen“ Schindluder betreiben ist nicht neu.

      Zitat Google: “Wie entsteht Emergenz?
      Emergenz ist eine kennzeichnende Eigenschaft von hierarchisch strukturierten Systemen. Solche Systeme haben auf der Makroebene Eigenschaften, die auf der einfacheren Organisationsebene, der Mikroebene, nicht vorhanden sind. Sie entstehen durch synergetische Wechselwirkungen zwischen den Elementen auf der Mikroebene.“

      Warum fänden Sie es nicht korrekt, würde man den Sachverhalt, dass aus vielen systematisch angeordneten farbigen Bildpixeln (Fax, TV,….) „Bilder“ entstehen, zumindest als „einfache Emergenz“ bezeichnen?

      Ein Bildpixel allein ist zweifellos kein Bild.

      Durch systematisches Zusammenwirken zwischen den Elementen auf der Mikroebene, also den Bildpixeln, entstehen z.B. in einer Videokamera, über zunächst „kleine (Abbildungs-) Elemente“ wie Nadeln, Blätter, Äste, Bäume, Häuser, …. (Hierarchien und Strukturen) letztlich das „Bild einer Landschaft“.

      In diesem Zusammenhang habe ich vor mehreren Jahrzehnten das erste mal, eigentlich recht plausibel, von „Emergenz“ erfahren.

      Ich würde Sie als Insider in „Psychoakustik“ konkret um Auskunft bitten, in welchen sensorischen Zellen (im Bereich „Ohr“) konkret die Umsetzung in neuronale Signale erfolgt?

  33. Elektroniker sagt:

    @ Peter Schöne 18. Juli 2023 um 11:58 Uhr

    Zitat: „2. Die damaligen Kybernetiker wussten auch schon, dass im Bereich der menschlichen, tierischen und pflanzlichen „Sinnesorgane“ und Kommunikation keine quanten-physikalischen Phänomene zu beobachten sind. Zur Beschreibung beispielsweise des Sinnesorgans Gehör, vom Außenohr bis zur auditorischen Hirnrinde, kam und kommt man völlig ohne Quantenphysik aus.“

    Das wird keiner bestreiten.

    Aber meines Wissens arbeiten in der grundlegenden Sensorforschung Quantenphysiker/Chemiker.

    Historischer Ausgangspunkt ist der photoelektrische Effekt. Darunter werden unterschiedliche Prozesse der Wechselwirkung von Photonen mit Materie zusammengefasst. Im Prinzip wird ein Elektron aus einer Bindung gelöst.

    Der Effekt des „Herauslösen“ von Elektronen aus einer Halbleiter- oder Metalloberfläche durch Bestrahlung, wurde 1905 von Albert Einstein erstmals gedeutet, wobei er den Begriff des „Lichtquants“ einführte.

    Dieses Konzept dürfte sich durch die ganze Sensorforschung, incl. der „Biosensoren“ ziehen.

    Mir ist schon klar, dass es recht banal (allenfalls sogar verrückt) erscheint, wenn man auch noch vermutet, dass direkt in den biologischen sensorischen „Körperzellen“ (z.B. Stäbchen, Zapfen,…) auch das „Empfindungsphänomen“ auftreten könnte.

    Auf die „Spitze“ treibe ich es mit meiner Vermutung, dass durch synergetische Wechselwirkungen zwischen den Elementen auf der „Mikroebene“ (einzelne sensorische „empfindsame“ Zellen), auf der „Makroebene“ (Gesamtheit aller derartigen Zellverbände), “Bewusstsein entsteht“, (um das „böse“ Wort „Emergenz“ zu vermeiden).

    Fragt sich, ob es den Quantenphysikern/Chemikern gelingt, möglichst eindeutige Korrelationen zwischen „Empfindungsaspekten“ (z.B. Farbeindrücken) und quantenphysikalisch möglichst eindeutig zu ermittelnden „Zusammenhängen“ herzustellen?

    Ob zumindest in den Daten derartiger „Zusammenhänge“, bestimmte „Muster“ erkennbar sind, die mit „Empfindungsaspekten“ korrelieren.

    Medizinern reichen normalerweise halbwegs stabile Korrelationen.

  34. Peter Schöne sagt:

    Das „Corti’sche Organ“ (siehe Wikipedia) bildet die Schnittstelle zwischen den akusto-mechanischen Schwingungen in der Innenohrschnecke (Cochlea) und den Nervensignalen in der auditorischen Hörbahn.
    Gemäß der Internet-Quelle: „Emergenz Wikipedia, erster Absatz“ ist EMERGENZ die Herausbildung von neuen Eigenschaften oder Strukturen eines Systems infolge des Zusammenspiels seiner Elemente. Eine geradlinige Emergenz erklärt sich am besten durch Beispiele:
    In der BOTANIK bezeichnet man als Emergenz VIELZELLIGE AUSWÜCHSE oder Einwüchse an pflanzlichen Organen, die – mit Gewebezellen unterhalb der Epidermis zusammenwirkend – viele Gestalten annehmen können: z. B. nach außen wachsende Stacheln, Brennhaare usw. oder nach innen wachsende Saftschläuche wie bei Zitrusfruchtfleisch usw.
    Bekanntes Beispiel für Emergenz in der CHEMIE: die Gase Wasserstoff H2 und Sauerstoff O2 zeigen andere Eigenschaften als ihre chemische Verbindung WASSERSTOFFOXID H2O (i.e. flüssiges Wasser oder Eis oder Wasserdampf) oder auch andere Eigenschaften als WASSERSTOFFSUPEROXID H2O2.
    Elementares Beispiel für Emergenz in der PHYSIK: amorphe, gestaltlose Stoffe (Glas, Ruß, …) entfalten andere optische Eigenschaften, wenn ihre Moleküle in einem regelmäßigen Kristallgitter angeordnet sind (Diamant, …).
    Beispiel für Emergenz in der INFORMATIK: es treten neue Qualitäten auf, wenn ein System seinen Zustand ändert.
    Allgemeines Beispiel für Emergenz in der PHYSIK: in hierarchisch organisierten Systemen erscheint die beobachtete Eigenschaft einer höheren Organisationsebene als „in unvorhersehbarer Weise neu“ im Vergleich zu den Eigenschaften seiner interagierenden Elemente.
    Egal, ob das betrachtete SYSTEM ein pflanzliches Organ, eine chemische Verbindung, ein molekularer Festkörper, ein Informationssystem oder ein hierarchisches System ist; und auch gleichgültig, ob die ELEMENTE solcher Systeme Zellen, Gasmoleküle, Kohlenstoffatome, elementare Zustände oder sonstige „interagierende Elemente“ sind: Es erscheint mir stets als eine Aufgabe der Wissenschaft herauszufinden, WIE die jeweiligen Elemente zusammenspielen, damit sich eigenartige oder neue Eigenschaften / Strukturen des Systems erklären lassen (siehe die obige Definition). Für mich ist daher die zitierte EMERGENZ in der Botanik, Chemie, Physik und Informatik etwas Selbstverständliches, so wie Gewebe, Zellverbände, Wasser, Eis, Dampf, Amorphes, Kristallines, Zustandsänderungen und komplexe Strukturen etwas Gegebenes und Erforschbares sind. Beispielhaft kann man etwa manche Eigenschaf-ten des Wassers auf die gewinkelte H-O-H-Dipol-Struktur des H2O-Moleküls oder auf das dynamische Gleichgewicht seiner molekularen Dissoziation in positive Ionen H+ und negative Ionen (OH)- zurückführen. Daran ist m.E. nichts Geheimnisvolles.

    Damit nochmals zurück zur Quelle: „Emergenz Wikipedia, die ersten DREI Absätze bis zum Inhaltsverzeichnis“. Mit der dort belegten, grenzenlosen ERWEITERUNG des Emergenzbegriffs kann ich ehrlich gesagt nichts anfangen:
    „Wie die Systemtheorie vertritt der Emergenzbegriff einen umfassenden Erklärungs-anspruch, der emergente Selbstorganisation als durchgängiges Prinzip der materiellen Welt und der Welt des Geistes versteht.“

  35. Peter Schöne sagt:

    Zusatz: Was nützt mir ein grenzenloser Emergenz-begriff, wenn ich beispielsweise den folgenden Hörversuch damit erklären wollte:
    „JENSEITS“ „G“ „DIESSEITS“
    realer Ton–>Sinnesorgan–>Gehirn afferent–>aud. Hirnrinde–>GEIST–>Subject X }
    Realität <— Sprachorgan<–Gehirn efferent<–Sprachzentrum<–GEIST Geist }
    neuronales Sprachzentrum <– Geist }
    "G"
    Was wären, um eine Emergenz überhaupt in Betracht ziehen zu können, die ELEMEN-TE dieses grenznahen Teilsystems mit Wechselwirkung? NEURONEN mit Axon allein können es nicht sein, weil sie nach Grams MATERIELL sind und der auditorischen Hirnrinde bzw. dem Sprachzentrum neuronal angehören. Informationsbits, die in der Systemtheorie gern zur Beschreibung von GEISTIGEM WISSEN genutzt werden, können es allein aber auch nicht sein, wenn sie nach Grams IMMATERIELLES Wissen darstellen und somit dem Block rechts der Grenze des Diesseits angehören. Soweit ich sehe, ist AN DER GRENZE DES DIESSEITS selbst also KEINE grenzübergreifende Beziehung auf Elementen-Ebene anerkannt, d.h. es fehlt die grundlegende Beziehung zwischen materiellen, neuronalen Elementen (Aktionspotentialen) einerseits und geistigen, informationellen Elementen (bit-Mustern) andererseits.
    Hinzu kommt das Erfordernis, dass die gesuchten grenzübergreifenden ELEMENTE in BEIDEN Richtungen, afferent und efferent, gleich gut funktionieren müssten, wenn sie Repräsentationen verarbeiten UND erzeugen sollen. Im Ergebnis sind also keine grenzüberschreitenden, bidirektionalen, neuronal-informationellen ELEMENTE bekannt, aus welchen ein komplexes, emergentes SYSTEM mit neuen Eigenschaften überhaupt herauswachsen oder hervorgehen könnte. Es kann m.E. keinen Ansatz-punkt für EMERGENTES Bewusstsein geben, solange an der Grenze G des Diesseits keine bidirektionalen neuro-bit-Elemente sauber definiert sind.

  36. Elektroniker sagt:

    @ Peter Schöne 21. Juli 2023 um 13:44 Uhr

    Zitat: „Es kann m.E. keinen Ansatz-punkt für EMERGENTES Bewusstsein geben, solange an der Grenze G des Diesseits keine bidirektionalen neuro-bit-Elemente sauber definiert sind.“

    Sie sagen es. Genau das dürfte das Problem sein.

    Genau deswegen bedarf es „Grenzbereiche“ um möglichst genau die bidirektionalen neuro-bit-Elemente sauber definiert „abbilden“ zu können.

    Die „Natur“ hat die sensiblen Sinneszellen hauptsächlich mit „Trennhaut verwoben“ um genau die Erfordernisse, die auch Sie erkannt haben, zu realisieren.

    In Ihrem Fall, der Psychoakustik ist die „Oberfläche“ offensichtlich sehr stark, irgendwie „Schnecken artig“ gekrümmt.

    Ich habe ehemals als Fernsehtechniker nebenbei gejobt, da war die Grenzschicht „flach“, auch wenn es die Flach TVs noch lange nicht gab. P. Nipkows Entdeckung (der „Nipkowscheibe“) war eine Art von Realisierung der „schwachen Emergenz“. (Ich habe es halt vom Vortragenden so gehört. Wir wurden auch noch in „Kinotechnik“ ausgebildet).

    Bei „Ihrem“ stark gekrümmten „Corti’schen Organ“ ist es nicht so offensichtlich. Ich nehme an, dass die Krümmung auf die Umsetzungscharakteristik der Schallwellen Einfluss nimmt.

    Ich vermute, dass an den Hirnhäuten ebenfalls solche (interne) Umsetzungsprozesse stattfinden, die letztlich insgesamt, alle derartigen Zellverbände in ihrer Gesamtheit, das alle „Infos“ zusammenführende, „emergente“ „Bewusstsein“ realisieren. Es scheint auch naheliegend, dass einzelne Bereiche in unterschiedlicher „Intensität“ ins Bewusstsein „eingeblendet“ werden.

    Die Krümmungen (Hirnfurchen) dürften eine Art von Filtercharakteristik bewirken und z.B. das Verhalten optimieren, wie es Prof. Grams am Beispiel der „Horizontal-vertikal-Täuschung“ aufgezeigt hat.

    Wenn man auf eine stark gekrümmte Kinoleinwand Bilder „wirft“, treten ähnliche „Verzerrungseffekte“ (Filter) auf.

    Das einfache „Emergenzprinzip“ beginnt z.B. bei „Pixeln aus Druckerschwärze“, über Buchstaben, Worte, Sätze, ….. entstehen „Wissensinhalte“, es scheint ein universelles Prinzip.

  37. Kinseher Richard sagt:

    Wenn ein Baby auf die Welt kommt, dann weiß es noch gar nicht, dass es ein eigenständiges Wesen ist. Etwa ab dem 2. Lebensjahr lernt man, sich mit Sprache auszudrücken und sich als eigenständiger Mensch von der Umwelt abzugrenzen. Ab diesem Zeitraum entsteht eine ICH-Identität.
    Diese ICH-Identität ist also eindeutig das Ergebnis von Erziehung bzw. Lernwissen – welches von unserer Umwelt (= kulturell) abhängig ist: In Kulturen wo Kleinkinder oft dazu ermuntert werden, EIGENE Erfahrungen mit EIGENEN Worten zu erzählen – entwickelt sich deshalb diese egoistische ICH-Identität schneller als in Kulturen, wo das Individum nicht im Mittelpunkt steht, sondern die soziale Gemeinschaft. Dies kann man z.B an Untersuchungen zur ´infantilen Amnesie´ erkennen.
    DOI: 10.1080/09658210050156822 Cross cultural and gender differences in childhood amnesia
    (Wenn man Menschen nach ihren frühesten Erlebnissen befragt, kann man die unterste Altersgrenze erkennen, von dem die frühesten Erlebnisse berichtet werden – dieser unterste Grenzbereich ist die ´infantile Amnesie´.)
    Diese Erinnerungsgrenze liegt für ICh-bezogene Europäer ca. beim 3.5ten Lebensjahr – bei sozialen Ostasiaten aber beim 6. Lebensjahr. Diese großen Unterschiede zeigen, dass diese unterste Grenze des Erinnerns nicht biologisch begründet ist – denn dann müsste sie bei allen Menschen gleich sein.

    Das ´geheimnisvolle ICH´ ist also gar nicht so geheimnisvoll.

    Es gibt den Begriff ´Erinnerungsgespräch´: Je früher und je öfter Kinder dazu ermuntert werden EIGENE Erlebnisse mit EIGENEN Worten zu erzählen – um so weiter reichen die EIGENEN Erinnerungen im späteren Leben zurück.
    Weil das Erzählen mit eigenen Worten aber an eine ausreichende Ausdrucksfähigkeit per Sprache gebunden ist – ist deshalb die unterste Grenze von EIGENEN ICH-bezogenen Erinnerungen beim ca. 2.5ten Lebnsjahr
    DOI: 10.1080/09658211.2021.1918174 What is your earliest memory? It depends

  38. Kinseher Richard sagt:

    Wenn man sich ernsthaft mit dem Thema ´ICH´ beschäftigt – kommt man an Sigmund Freud´s ´ES´, ´ICH´ bzw dem ´ÜBER-ICH´ nicht vorbei.
    UND – man muss sich auch mit dem Thema ´Nahtod-Erfahrung´(NTE) beschäftigen – denn NTEs lassen sich komplett als Ergebnis eines einfachen Erinnerungsvorgangs erklären – bei dem man bewusst erleben kann, wie das Gehirn arbeitet und einen einzelnen Reiz/Gedanken verarbeitet

    Weil Gedächtnisinhalte ab dem 5. Schwangerschaftsmonat bei NTEs LEBENSLANG in der gleichen Reihenfolge in hierarchisch AUFsteigender Reihenfolge erinnert werden, wie sich Menschen biologisch entwickeln – dann ist dies eindeutig das EPISODISCHE GEDÄCHTNIS – oder Freud´s ´ES´.

    Werden Gedächtnisinhalte bei NTEs in hierarchisch ABsteigender Reihenfolge reaktiviert – dann sind ICH-codierte EIGENE Erlebnisse ab dem aktuellen Alter bis hinab zum 2.-4. Lebensjahr erkennbar (diese untere Grenze des Erinnnern bezeichnet man als ´infantile Amnesie) – dies wäre das AUTOBIOGRAPHISCHE GEDÄCHTNIS oder Freud´s ´ICH´

    Auf Grund der hierarchischen Reihenfolge von reaktivierten Erlebnissen wie sie bei NTEs erkennbar sind – kann man ganz klar sagen, dass Kinder moralisch/ethische Werte in der frühen Kindheit erlernen (Weil in diesen Erinnerungen deutlich erkennbar ist, dass man gesagt(!) bekommt oder selbst erkennt – wie man sich richtig/falsch bzw. gut/böse verhalten hat und dass man auch ermuntert wird, viel zu Lernen, Das man sprachliche Informationen verarbeiten/verstehen kann – bedeutet, dass diese Erfahrungen aus einem Alter stammen müssen – wo man Sprachinhalte verstehen kann: > 2 Lebenslahr.) Dieses erlernete Wissen von richtigem Sozialverhalten bzw. von Moral ist das, was Sigmund Freud als ´ÜBER-ICH´ bezeichnet.

    Dass bei NTEs in hierarchisch AUF-steigender Reihenfolge Erlebnisse ab dem 5. Schwangerschaftsmonat reaktiviert werden, bei hierarchisch AB-steigender Reihenfolge aber eine deutliche Untergrenze erkennbar ist – zeigt deutlich dass unser Gehirn die ICH-codierten Inhalte erkennt.

    (Buchquelle mit kompletter Erklärung vom Phänomen ´Nahtod-Erfahrung´:
    ´Kinseher Richard: Pfusch, Betrug, Nahtod-Erfahrung´ )

  39. Peter Schöne sagt:

    Kinseher erklärt das ICH am Beispiel von psychologischen NahTodErfahrungen und verweist auf die ontogenetische und kulturelle Herausbildung des ICH-Bewusstseins: … „Weil Gedächtnisinhalte ab dem 5. Schwangerschaftsmonat bei NTEs … in hierarchisch AUFsteigender Reihenfolge erinnert werden, … das EPISODISCHE GEDÄCHTNIS – oder Freud´s ´ES´. Werden Gedächtnisinhalte bei NTEs in hierarchisch ABsteigender Reihenfolge reaktiviert … bis hinab zum 2.-4. Lebensjahr erkennbar … das AUTOBIOGRAPHISCHE GEDÄCHTNIS oder Freud´s ´ICH´.“ Er kommt zu dem Schluss: „Das ´geheimnisvolle ICH´ ist also gar nicht so geheimnisvoll.“ Diese Schlussfolgerung könnte für die Einzelwissenschaft Psychologie so oder so ähnlich zutreffen.
    Der ursprüngliche Artikel von Grams meint jedoch ein anderes GEHEIMNIS des ICH. Zunächst werden alle phylo- und ontogenetischen Dispositionen des ICH-Bewusstseins (Instinkte, Kinsehers frühkindliche Entwicklung, Sozialisierung usw.) als Hintergrundwissen vorausgesetzt. Bei Grams geht es nun darum, wie die Realität R auf Kants erkennendes Subject IXI einwirkt: R ⟶ ⎢ X ⎢ ⟶ P. Oder andersherum formuliert, mit Kants umgekehrter Erkenntnisrichtung als Prämisse: Wie wird die vom Subject X (= ICH) aktiv beobachtete Realität R durch Kants subjective Erscheinungen / Phänomene gedeutet? Was sagen die von Kants Subject IXI nach außen kommunizierten Protokolle P tatsächlich (funktionales WIE?) über die Realität R aus?
    In Kinsehers psychologischen Überlegungen werden Subjecte X nach ihren persönlichen ERFAHRUNGEN befragt (in der Realität R vom Psychologen befragt nach ganz speziellen Erinnerungen). Der Realitätsbezug von X zu R wird allerdings offen gelassen und damit bleibt Grams‘ Geheimnis ungelüftet. Denn wie gelangen sie (die Erinnerungen gemäß Kinseher) in das ICH-Bewusstsein des befragten Subjects X, wenn nicht durch Kant’sche Erscheinungen in früheren Generationen oder früheren Lebensphasen?
    Grams fragt: „Wer oder was empfindet? … Was ist dieses Ich, das die Erscheinungen hat? … Wir ordnen die Gedanken mit Hilfe der folgenden Grafik. R ⟶⎢ X ⎢⟶ P. … Die Welt der Dinge an sich, die ungreifbare Realität, sei R. Immanuel Kant folgend ist das erkennende Ich = X. Dieses X produziert die Erscheinungen. … Wo und wie das innere Bild entsteht, das entzieht sich unserem Zugriff. Die Funktion von X ist das große Geheimnis. … P steht für die Protokolle, die wir von den Erscheinungen machen.“
    „Umkehrung der Erkenntnisrichtung (Grams): Diese Umkehrung der Erkenntnisrichtung kommt zum Ausdruck in der erwartungsgetriebenen Wahrnehmung … Wissenserwerb verlangt den aktiven Beobachter.“

    „Das irreduzible Ich (Grams): Er (Schöne) liefert weitere Argumente dafür, dass das Empfinden X immer weiter entschlüsselt werden könne: „Bezüglich der Individualentwicklung unseres Gehörs ist es noch sehr wichtig anzumerken, dass unsere individuellen Gene … KONVERGIEREN in Richtung auf eine phylo- und ontogenetisch sehr ähnliche Entwicklung jedes gesunden Gehörs.“ Für Frank Wohlgemut ist die Ähnlichkeit der Empfindungen eine gut begründbare Annahme, aber als „Wissen im strengen Sinn“ würde er das nicht bezeichnen.

    Mein vorläufiges Fazit: es ist für jede Einzelwissenschaft (Psychologie, Neurophysiologie, Psychophysik, …) schwierig, das BEWUSSTSEIN auf skeptische Weise dingfest zu machen, und zwar selbst dann, wenn man die Freiheit hat, metaphysische – unbeweisbare, aber sinnvolle – Annahmen darüber zu treffen und in die Modellierung einzubeziehen.

    [Moderator an alle Beteiligten: Die weiteren Kommentare bitte kurz fassen. Ich werde gegebenenfalls kürzen.]

  40. Kinseher Richard sagt:

    @Schöne @Grams

    Prof. David Precht hat vor Jahren den Bestseller „Wer bin ICH und wenn ja – wie viele“ veröffentlicht. Darin zeigt er sehr, dass unser ICH sehr variable Erscheinungsformen hat.
    Dies als Anregung zur Lektüre.

    Wenn man sich über den Begriff ´Realität´ im Sinne Kant´s Gedanken machen will, dann sollte man auch definieren, was man damit genau meint – denn oft werden Begriffe wie ´Realität´ und ´Wirklichkeit´ verwechselt oder falsch benutzt.

    Dazu ein einfaches Beispiel: Im Kino werden die einzelnen Fotos von Filmen so rasch nacheinander gezeigt, dass wir bewegte Bilder sehen.
    Die Realität ist: alle Fotos zeigen unbewegte Bilder
    Aber die erlebte Wirklichkeit ist: wir sehen Bewegungen
    D.h. unsere erlebte Wirklichkeit entspricht nicht der Realität

    Und damit sind wir bei einem Kommunikations-Problem: wenn wir nicht genau definieren was wir meinen, dann kann man zu unzuverlässigen Schlussfolgerungen kommen

    • Timm Grams sagt:

      Wir sollten nicht alles noch einmal durchkauen.

      Die Realität ist: alle Fotos zeigen unbewegte Bilder
      Aber die erlebte Wirklichkeit ist: wir sehen Bewegungen
      D.h. unsere erlebte Wirklichkeit entspricht nicht der Realität

      Auch die unbelebten Bilder sind erlebte Wirklichkeit. Sonst wüssten wir ja nichts davon. Es geht hier nur um verschiedene Aufklärungsstufen des diesseitigen Wissens. Über die Realität und das Ich können wir bestenfalls spekulieren.

      Aber das alles haben wir im Hoppla!- und im Menschenbilder-Blog ausdiskutiert. Was offen geblieben ist, wird wohl noch eine Weile offen bleiben.

  41. Elektroniker sagt:

    In meinem Beitrag geht es um “Neuronengatter“ (McCulloch). Die sollten auch die Ichfunktionen realisieren.

    Leider gab es da einen gewaltigen Konflikt unter Wissenschaftlern („OR – XOR Problem“).

    Im Konflikt ging es lt. Wikipedia darum (Zitat): „Frank Rosenblatt zeigte, dass ein einfaches Perzeptron mit zwei Eingabewerten und einem einzigen Ausgabeneuron zur Darstellung der einfachen logischen Operatoren AND, OR und NOT genutzt werden kann. Marvin Minsky und Seymour Papert wiesen jedoch 1969 nach, dass ein einlagiges Perzeptron den XOR-Operator nicht auflösen kann (Problem der linearen Separierbarkeit). Dies führte zu einem Stillstand in der Forschung der künstlichen neuronalen Netze.

    Die in diesem Zusammenhang zum Teil äußerst polemisch geführte Diskussion war letztlich ein Richtungsstreit zwischen den Vertretern der symbolischen Künstlichen Intelligenz und der „Konnektionisten“ um Forschungsgelder. Frank Rosenblatt hatte zwar gezeigt, dass logische Operatoren wie XOR (identisch zur Zusammensetzung OR but NOT AND) durch Verwendung eines mehrlagigen Perzeptrons beschrieben werden können, er starb jedoch zu früh, um sich gegen die Angriffe seiner KI-Kollegen zu wehren.“ (Ende Zitat)

    Ich vermute, es geht auch um das „Wahrheitsproblem“.

    Ich habe das Problem einfach „umgangen“, indem ich von („anschaulichen“) „qualifizierten UND Gattern“ als grundlegend für die neuronalen „Verknüpfungsoperationen“ ausgehe.

    Das ganz gewaltige und offensichtlich vorhandene Problem der „linearen Separierbarkeit“, das beim „OR – XOR“ Problem besonders transparent wird, führe ich kurzerhand darauf zurück, dass die „qualifizierten UND Gatter“ eben „nicht immer qualifiziert genug“ sind, es nun einmal wegen der biologischen Mechanismen so (traurig) ist, wie es eben ist.

    Das Problem wird in der Realität eben so behandelt, dass wichtige Informationen besonders intensiv und oft „eingelernt“ werden, so dass sie auch „korrekt“ ausgegeben werden. Dass Problem ist nur, lebt man in einer „Blase“ und lernt man nur „Blödsinn“, so wird der zur „Wahrheit“.

    Oft kommt es zu dem Problem, dass die sprichwörtlichen 4 Verwaltungsjuristen 5 Rechtsmeinungen haben können….

    Das Problem betrifft auch die KI, außer es gelingt, die zu lösenden Probleme so zu formulieren, dass sie mit der „strengen Boolschen Algebra“ lösbar sind.

    Nur in diesem eher kleinen, „künstlichen Bereich“ der Mathematik, gibt es vermutlich „wirkliche Wahrheiten“.

  42. Timm Grams sagt:

    @ Elektroniker 9. August 2023 um 10:29 Uhr

    In meinem Beitrag geht es um “Neuronengatter“ (McCulloch). Die sollten auch die Ichfunktionen realisieren.

    Ob Symbolist oder Konnektionist: Es geht immer nur um die Nachahmung protokollierter Erscheinungen und Vorstellungen mittels Logik, Mathematik, Statistik. Kurz: Man simuliert die Oberfläche. Wie man damit dem Wesen des Ich oder des Bewusstseins näher kommen will, bleibt mir ein Rätsel.

  43. Elektroniker sagt:

    @ Timm Grams 9. August 2023 um 11:19 Uhr

    Zitat:

    Es geht immer nur um die Nachahmung protokollierter Erscheinungen mittels Logik, Mathematik, Statistik. Kurz: Man simuliert die Oberfläche. Wie man damit dem Wesen des Ich oder des Bewusstseins näher kommen will, bleibt mir ein Rätsel.

    Ich meine, „Bewusstsein“ enthält zwingend „Empfindungskomponenten“, denen man höchstens mit Korrelationen bestimmter „physikalischer Prozesse“ näher kommen, sie vermutlich aber nicht wirklich verstehen kann.

    [tg: Soweit sind wir uns ja einig. Moderator: Gekürzt um oben im Diskussiondfaden bereits dargestellte Modellvorstellungen und Spekulationen.]

  44. Elektroniker sagt:

    Es dürfte zwar die Signalverarbeitung in neuronalen Systemen ungefähr der Signalverarbeitung in der „elektronischen Gattertechnik“ entsprechen, auch Sensoren eine wichtige Rolle spielen, jedoch dürfte „das Bewusstsein“ sozusagen durch „chemische Prozesse“ im weitesten Sinne realisiert werden.

    Das vermute ich, weil die „Abbildung“ aller Bewusstseinsinformationen an den wenigen Hirnhäuten und Zwischenschichten im Gehirn eher „zu wenig Platz“ haben dürfte. Vor allem, dass nicht „alles“ auf so etwas wie „Bildschirmen“ abgebildet wird, wie man es als Elektroniker so „gewöhnt“ ist. Das könnte sich nur im Zusammenhang z.B. mit dem Auge, so verhalten.

    Realistischer dürfte es sich so verhalten, dass anders als in der Elektrotechnik, auch in den „Isolations- besonders in den Stützstrukturen“ im neuronalen System, chemische Prozesse stattfinden, die letztlich auch komplexe Wahrnehmungs- und Bewusstseinsprozesse realisieren könnten. Sozusagen als „Partnerzellen“ von Sensorzellen und Neuronen.

    In dem Sinne, dass letztlich eine Vielzahl von „4 dimensionalen elektrischen Vektoren“ chemische Prozesse, wie z.B. Wahrnehmung und Bewusstsein „steuern“. Die „unterkomplexe“ Wahrnehmung an der Netzhaut wäre ein Sonderfall. Diese Vektoren bilden abstrakte „Muster“, auf Flächen oder räumlich.

    4 Dimensional im dem Sinne, dass die räumlichen 3 Koordinaten der jeweiligen triggernden Neuronen, und die „zeitliche“ Koordinate der Steuerungsimpulse, (Taktimpulse im Sinne der Elektronik), anders als in der Elektronik, auf die „Stützstruktur“ (aus Verbänden von „Gliazellen“) einwirken und dort „Wahrnehmungen“ und „Bewusstsein“ realisieren könnten.

    In der Elektronik haben diese Strukturen nur stützende und isolierende Funktion und sonst keine besondere Bedeutung. (Die „besonderen Bedeutungen“ werden in der Technik meistens auf Bildschirmen realisiert.“

    Die „Steuerungsimpulse“ haben eine ähnliche Funktion wie der „Systemtakt“ in elektronischen Systemen. C. v. d. Malsburg und W. Singer haben das im Zusammenhang mit dem „Bindungsproblem“ erforscht.

    Mit diesem Konzept wären mehr Möglichkeiten realisierbar als auf den wenigen Hirnhäuten, aber es werden nur die in einer bestimmten „Denkphase“ aktiven Neuronen eingebunden. Alle vorhandenen (aber nicht triggernden) Neuronen, die die gesamte „Biographie abbilden“, dürften keinesfalls gleichzeitig eingebunden werden.

    Man versteht zwar immer mehr über „Gliazellen“, aber ob man soweit gehen kann, ihnen auch noch Bewusstsein realisierende Eigenschaften zuzuschreiben, ist eine andere Frage?

    • Timm Grams sagt:

      @ Elektroniker

      Entgegen meiner ursprünglichen Absicht schalte ich Ihren Kommentar in vollem Umfang frei und antworte darauf. Einfache kybernetische Modelle für komplexe biologische Zusammenhänge rufen den Skeptiker auf dem Plan, der kühne Bauwerke auf schwachem Fundament gern zum Einsturz bringt.

      Das ständige Wähnen und Schwanen („dürfte“, „könnte“, „vermute ich“) ohne Erfahrungshintergrund ist auf lange Sicht ermüdend und ohne ersichtlichen Nährwert. Sie zitieren die Arbeiten von Wolf Singer zum Bindungsproblem. Sein Vorschlag für die Bildung repräsentationaler Zustände im Gehirn ist zwar ebenfalls spekulativ, aber er hat mit der von Ihnen gleichnishaft angeführten Taktung in elektronischen Netzwerken nichts zu tun.

      Die neuronalen Impulse im visuellen Kortex sind nur dann stark korreliert, wenn die Zellen tatsächlich auf dasselbe Objekt antworten.

      Sogar der herausragende Hirnentschlüsseler Wolf Singer schreibt zusammen mit Andreas Engel in Neuronale Grundlagen des Bewusstseins:

      Ob es allerdings gelingen wird, die Brücke zwischen den objektiven Beschreibungen aus der „Perspektive der 3. Person“ mit den Beschreibungen der Phänomene aus der „1.Person-Perspektive“ zu schlagen, bleibt für die Zukunft abzuwarten. Im folgenden soll am Beispiel eines neurobiologischen Forschungsansatzes deutlich gemacht werden, wie die Kognitionswissenschaft sich heute dem Problem des Bewusstseins zu nähern versucht.

      Ihre Schaltkreisanalogien sind Spekulationen, die weit hinter dem zurückbleiben, was wir bei Wolf Singer lesen. Dessen Arbeiten würde ich elaborierte Spekulationen nennen. Bitte unterlassen Sie es, diesen Diskussionsfaden weiter zu spinnen. Es bringt wirklich nichts.

  45. Elektroniker sagt:

    Dafür dass Sie meinen Beitrag freigeschaltet haben, bedanke ich mich ausdrücklich.

    Es war eigentlich eine absurde Idee von mir, „brainstormige“ Gedanken ausgerechnet auf einem Skeptiker Forum öffentlich zu machen.

    Es dürfte keine Arbeiten geben, die „Bewusstsein“ wissenschaftlich korrekt erklären können.

    Den Text von W. Singer und A. Engel kenne ich und ich sehe es praktisch genau so. Es wird über recht unterschiedliche Sichtweisen relativ ausführlich berichtet, das finde ich völlig ok.

    Ich sehe es aus der Sicht, wie sie Entwickler von elektronischen Schaltungen hatten, die sozusagen (mit elektrischen Signalen) „Prozesse“ in einer „Blackbox“ ansteuern.

    Das Problem ist nur, man kennt weder die genauen Schnittstellen, kann nur spekulieren wie in früheren Beiträgen, noch die Details der Entstehung der „Empfindungen“. Dafür sind allerdings Physiker/Chemiker zuständig…..

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