Der letzte Hoppla‐Artikel hat heftigen Widerspruch erfahren:
Sie erklären einmal kurz eine der wichtigsten Wissenschaften und ihre Auseinandersetzungen zur Pseudowissenschaft!? Bei der Evolutionsbiologie soll es sich dabei nicht um „prüfbare Theorien“ handeln? […] Bei Verschwörungsmythikern ist diese Lösung auch beliebt, d.h. im Fall des Klimawandels ist alles nur Pseudowissenschaft, wodurch das Problem auf sehr einfache und bequeme Weise erledigt ist und alles so bleibt wie es ist. Toll.
Dazu kommt noch Sarkasmus:
Sowohl Soziobiologie als auch Wilson zusammen mit dem mathematischen Beleg ist alles nur Pseudowissenschaft. Erkennt man wahrscheinlich schon daran, dass es in „Nature“ erschienen ist.
Von Pseudowissenschaft hatte ich es in diesem Hoppla!-Blog schon öfter, unter anderem vor über 10 Jahren im dritten Intermezzo. Grundsätzlich gesprochen geht es um Erkenntnis, also um die Frage, welchen Aussagen über die Welt wir trauen können und welchen nicht.
Poppers Dichotomie – hier Wissenschaft dort Metaphysik – ist gewöhnungsbedürftig. Der Einfachheit halber schließe ich mich diesem Denken an und will unter Metaphysik alle Theorien und Aussagesysteme verstehen, die nicht prüfbar sind, die also an keiner erdenklichen Erfahrung scheitern können. Wissenschaft steht für Erfahrungswissenschaft. Als Pseudowissenschaften gelten
metaphysische Aussagesysteme, die mit dem Anspruch der Wissenschaftlichkeit auftreten
Das ist der Denkrahmen für die folgenden Erläuterungen.
Für die menschliche Vernunft ist die Metaphysik eine unentbehrliche Wissenschaft, meint Immanuel Kant. In Transzendentale Elementarlehre (drittes Hauptstück, fünfter Abschnitt) seiner Kritik der reinen Vernunft schreibt er zwar von der Unmöglichkeit eines kosmologischen Beweises vom Dasein Gottes, aber auch:
Das Ideal des höchsten Wesens ist nach diesen Betrachtungen nichts anderes, als ein regulatives Prinzip der Vernunft, alle Verbindung in der Welt so anzusehen, als ob sie aus einer allgenugsamen nothwendigen Ursache entspränge, um darauf die Regel einer systematischen und nach allgemeinen Gesetzen nothwendigen Einheit in der Erklärung derselben zu gründen, und ist nicht eine Behauptung einer an sich nothwendigen Existenz.
(Mit dem letzten Teilsatz werden die Grenzen aufgezeigt, die dem Verstand gesetzt sind zur Erkenntnis einer objektiven Realität Gottes.)
Nach dem gesetzten Denkrahmen, fällt alles, was die reine Vernunft an transzendentalen Gedanken hervorbringt, in das Kästchen Metaphysik. Auch das, was ich zum Thema Denkfallen schreibe, ist keine Wissenschaft und gehört in diese Rubrik, besonders die Aussagen zur erwartungsgetriebenen Wahrnehmung. Pseudowissenschaft ist es nicht. Dazu fehlt der Anspruch der Wissenschaftlichkeit.
Kurzum: In der Rubrik Metaphysik ist neben Feen, Trollen, Wunderheilmitteln und viel Unfug auch viel Nützliches zu finden. Die Modelle der Soziobiologie und deren Konkurrenten gehören meines Erachtens dazu. Zur Pseudowissenschaft wird das aber erst, wenn der Anspruch der Wissenschaftlichkeit und Falsifizierbarkeit hinzutritt.
Außerhalb der Dichotomie
Da die Sprache die Formulierung unseres Denkrahmens erst ermöglicht, lässt sie sich nicht darin unterbringen. Das gilt auch für die Mathematik, es sei denn, man erklärt sie im pythagoreischen Sinne zur Metaphysik. Auch Gebiete wie die Attributionsforschung fallen aus dem Denkrahmen heraus: Die Attributionsforschung untersucht, welchen Anteil der Klimawandel an Extremwetterereignissen hat (SdW 9/2023, S.42-55). Dabei handelt es sich, soweit ich sehen kann, nicht um eine geschlossene Theorie sondern um eine Sammlung von Methoden auf wissenschaftlicher Grundlage, die zu immer besseren Aussagen und Prognosen führen.
Anmerkung, 17.3.24: Im Laufe der Diskussion Dawkins vs Wilson zitiert Owen Gilbert aus Karl Poppers Buch Realism and the Aim of Science (p. 7):
I dislike the attempt, made in fields outside the physical sciences, to ape the physical sciences by practicing their alleged ‘methods’—measurements and ‘induction from observation.’ The doctrine that there is as much in a subject as there is mathematics in it, or as much as there is measurement or ‘precision’ in it, results upon a complete misunderstanding. On the contrary, the following maxim holds for all sciences: Never aim at more precision than is required by the problem at hand.
Anmerkung, 18.03.24: Der Begriff der Wissenschaft wird hier und in den folgenden Artikeln in verschiedenen Bedeutungen verwendet. Die Bedeutung hängt vom gerade aktiven Denkrahmen ab. Wissenschaft im Sinne Poppers betrifft die Verstandesdinge, die der Erfahrung zugänglich sind. Das ist die empirische Wissenschaft. Ihr wird die Metaphysik gegenübergestellt.
Für Kant wird die Metaphysik zur Wissenschaft der Vernunft. So sei
die Kritik die nothwendige vorläufige Veranstaltung zur Beförderung einer gründlichen Metaphysik als Wissenschaft.
(KdrV, Vorrede zur zweiten Auflage)
@Timm
Also ich habe bezüglich der Ansicht, dass die Soziobiologie bzw. Nowak, Tarnita und Wilson unter Pseudowissenschaften einzuordnen sind, nach der ausgiebigen Diskussion keinen Bedarf der Klärung mehr.
Kurz umrissen und zusammengefasst noch einmal meinen Standpunkt. Die Evolutionstheorie von Darwin besitzt einen Geburtsfehler, indem Darwin die Kultur des Menschen als Produkt der natürlichen Zuchtwahl, bzw. mit dem heutigen Ausdruck, der genetischen Evolution, ansah. Nach meinem System der Aufdeckung von Denkfehlern (ganz einfach Theorien an der Praxis messen, bzw. das klassische naturwissenschaftliche Experiment) zeigte sich dieser Geburtsfehler sofort in der ersten Anwendung in der Eugenik, und er bringt mit dieser Theorie stets einen Rassismus hervor, auch wenn das noch so sehr bestritten wird. Der heutige Aspekt dieser falschen Theorie liegt darin, dass der Mensch seine kulturelle Evolution gerade vor die Wand fährt, die Evolutionsbiologie aber diese kulturelle Evolution (aufgrund des Geburtsfehlers) nicht einmal als weitergehende Evolution erkennen kann. Der Mensch ist so selbst zum Experiment seiner Theorien geworden (wozu auch die Theologie zählt), d.h. in seiner weiteren Evolution wird er mit seinen falschen Theorien über sich selbst schlicht und einfach scheitern – und auf diese Weise die wahre Erkenntnis hervorbringen.
Doch dann berichtigt Wilson ab ca. dem Jahr 2010 faktisch diesen Geburtsfehler, indem er erkennt, dass Kultur nicht das Ergebnis der genetischen Evolution und daher auch in keiner Weise genetisch verankert ist. Und er liefert mit den Aborigines gleich noch das empirische Beispiel, mit dem dieser revolutionäre Ansatz sozusagen experimentell bestätigt werden kann.
Und wie reagieren seine Kollegen darauf? Dafür steht besonders Dawkins, der sagt, dass man dieses revolutionäre Buch von Wilson ungelesen fortschleudern soll, und zwar mit Wucht. Das ist darin nicht nur eine einzelne Meinung, sondern es wurde zum Programm, indem Wilsons revolutionärer Schritt heute so gut wie vergessen ist und keinerlei Rolle mehr spielt.
Ganz in diesem Fahrwasser hauen Sie am Ende der Diskussion die These raus, dass die gesamte Soziobiologie nur eine Pseudowissenschaft ist und bezüglich Wilson: „Die Annahmen des Nowak-Tarnita-Wilson-Papiers sind durchweg künstlich und nicht der Natur abgeschaut. Eine Generalisierung in dem Sinne, dass die Folgerungen immer und überall gelten, findet nicht statt. Eine Falsifizierung anhand von Fakten ist folglich unmöglich.” Und das natürlich ohne jeden konkreten Beleg, insbesondere wo im Nowak-Tarnita-Wilson-Papier denn der Fehler liegen soll.
Also wenn hier Pseudowissenschaft im Spiel ist, dann für mich eindeutig in diesen Ihren Thesen. Es entzieht einer seriösen Diskussion die Grundlage. Aber dahinter steht natürlich auch eine Erkenntnis. Was für eine Macht besitzen die Instinkte immer noch über den Menschen, wenn selbst eine Koryphäe wie Wilson dermaßen scheitert! Also schauen wir einmal, was die weitere Evolution des Menschen für uns bereithält.
@ Bernd 25. Februar 2024 um 12:01 Uhr
Vielleicht würden Sie zustimmen, wenn man davon ausgeht, dass die Soziobiologie eine „andere Art“ von Wissenschaft ist, wie z.B. die technischen Wissenschaften, die streng auf dem Boden der derzeitigen „Wissenschaft“ stehen.
Ganz einfach, die Techniker bauen Brücken, Kraftwerke, Computer,…. Man kommt dem sehr nahe, was gewünscht wird. Die Komplexität ist gut beherrschbar.
Beim Computer, besonders der KI, kann es zu Problemen kommen. Einerseits wegen der Komplexität, andererseits wegen dem Konzept der Musterverarbeitung. Letztere ist grundsätzlich ein Problem. Eine „winzigste Musterkomponente“ kann der Grund sein, für schwerste Fehler. Das ist auch ein Problem bei der „menschlichen Denke“ die ebenfalls auf dem Konzept der „Musterverarbeitung“ beruht.
Die Evolutionstheorie von Darwin dürfte wesentliche Mechanismen, (Theologen sprechen von „Werkzeugen Gottes“), der Evolution zutreffend beschreiben, sie ist allerdings unvollständig, weil die Komplexität grundsätzlich „gegen unendlich geht“.
Die Evolution dürfte allerdings begrenzt werden, von mangelnden „Ressourcen“ oder letztlich von „Systemfehlern“. Menschen könnten allenfalls auf andere Planeten auswandern, Systemfehler dürften absolut unvermeidlich sein.
Selbstverständlich können auch die Soziobiologen das Wissen erweitern, aber die Probleme sind wegen der größeren Komplexität noch größer.
Ihr System der Aufdeckung von Denkfehlern (ganz einfach Theorien an der Praxis messen, bzw. das klassische naturwissenschaftliche Experiment) ist völlig etabliert in der Wissenschaft. Nur setzt die Komplexität Grenzen. Man konnte die Grenzen durch Modellbildungen und Computersimulationen hinausschieben und „landet“ bei neuen Grenzen….
Soweit ich Dawkins verstanden habe, erklärt er mit seinem „Memkonzept“ auch die kulturelle Evolution, im Vergleich mit dem „Genkonzept“. Dass „Meme“, wie auch „Software“, „Hardware brauchen“ ist völlig selbstverständlich, so wie auch dass Hardware auf die Entstehung der Meme Einfluss nimmt.
Es kann doch kein Mensch bezweifeln, dass Aborigines, wie alle Menschen und Lebewesen, ihre Existenz Genvariationen „verdanken“. Kaum einer wird ernsthaft bezweifeln, dass besonders „höhere Lebewesen“, so etwas wie „Kulturen“ entwickelt haben, auf die Meme Einfluss nehmen.
„Wissen“ wird immer unterschiedlich bewertet. Letztlich geht es um Forschungsgelder.
Eine gewisse „Generalisierung“ um ernsthaft Theorien begründen zu können, ist in der Wissenschaft immer nötig, das ist allerdings bei komplexen genetisch/ memetisch/ umweltgesteuerten Systemen nicht einfach. „Irgendetwas passt“ sozusagen fast immer nicht zur „generalisierten Theorie“.
Im Nowak-Tarnita-Wilson-Papier könnte der Fehler daran liegen, dass „Fakten“ zu wenig belegt sind. Dass ist bei höchst komplexen Problemen vermutlich unvermeidbar. Damit entspricht diese Art von „Wissenschaft“ nicht ganz den traditionellen Methoden. Man ist noch mehr auf vage statistische Zusammenhänge angewiesen als z.B. in der Technik.
Vermutlich wird man so etwas wie „Bewertungsmechanismen für (vorläufige) Pseudofakten“ finden müssen um auch mit der hohen Komplexität zurecht zu kommen.
„Traditionalisten“ werden bei einer derartigen „Gedankenakrobatik“ nicht mitmachen.
@Realo sagt:
„Im Nowak-Tarnita-Wilson-Papier könnte der Fehler daran liegen, dass „Fakten“ zu wenig belegt sind. Dass ist bei höchst komplexen Problemen vermutlich unvermeidbar.“
Genau umgekehrt, also nicht, es „könnte“ sein, dass das Nowak-Tarnita-Wilson-Papier zu wenig belegt ist, daher ist es Pseudowissenschaft, sondern das Nowak-Tarnita-Wilson-Papier weist nach, dass die Verwandtenselektion „zu wenig belegt ist“ und dass sich die Spezialfälle der Verwandtenselektion alle mit der „traditionellen“ Methode, sprich Darwin-Fitness, erklären lassen.
Natürlich kann auch das angezweifelt werden, aber nicht durch ein „es könnte doch sein“, sondern durch ganz konkrete und belegte Aussagen, also an der und der Stelle des Nowak-Tarnita-Wilson-Papiers steht das und das, was aus dem und dem Grund falsch ist usw.
Denn genau das beklagte Wilson auch Jahre später, nämlich dass das Nowak-Tarnita-Wilson-Papier als unwissenschaftlich bezeichnet wird, aber ohne Nachweis und Beleg. Genau das ist auf jeden Fall unwissenschaftlich. Solche Nachweise und Belege sind dabei keine „Gedankenakrobatik“, sondern das ist Wissenschaft – im Gegensatz zu bloßen Behauptungen.
Die Klage, dass etwas
zeugt von Unverständnis für das Wesen der Wissenschaft. Zuallererst ist die Wissenschaftlichkeit zu erweisen anhand prüfbarer Aussagen. Solange solche nicht vorliegen und dennoch die Wissenschaftlichkeit behauptet wird, handelt es sich eben um Pseudowissenschaft. Werden sie vorgelegt und ist ihre prinzipielle Falsifizierbarkeit gegeben, kann niemand den Aussagen das Attribut wissenschaftlich verweigern, unabhängig davon, ob diese Prüfungen bis dato bestanden wurden oder nicht. Im besten Fall werden sie vorläufig dem Stand der Wissenschaft einverleibt, andernfalls landen sie auf dem riesigen Haufen der abgelegten Wissenschaft. Prüfbare Aussagen hat das Nowak-Tarnita-Wilson-Papier meines Erachtens nicht zu bieten. Das liegt wohl daran, wie Realo wohl richtig vermutet, dass es um ein hochkomplexes Gebiet geht. In Soziologie und Volkswirtschaftslehre hat man mit demselben Problem zu kämpfen.
Ich betone erneut: unwissenschaftlich ist nicht mit unvernünftig gleichzusetzen!
„Prüfbare Aussagen hat das Nowak-Tarnita-Wilson-Papier meines Erachtens nicht zu bieten.“
Konkrete mathematische Nachweise plus empirische Feldforschung sollen „keine prüfbaren Aussagen“ sein!!
Da in diesem Papier lediglich die Spezialfälle der Soziobiologie mit der altbekannten Darwin-Fitness erklärt werden, ist damit auch die Darwin-Fitness und damit die gesamte Evolutionsbiologie „Pseudowissenschaft“.
Bei Bedarf kann mit dieser Methode auch die Klimaforschung zur Pseudowissenschaft erklärt werden, zumal es auch hier um ein „hochkomplexes Gebiet“ geht. Willkommen im Reich der alternativen Fakten und der alternativen Wissenschaft!
@ Bernd
Jetzt wird’s mir zu polemisch.
Das Popperkriterium betrifft Aussagesysteme und Theorien und nicht ganze Fachgebiete. Das habe ich wiederholt dargestellt. Im Zusammenhang mit der Beurteilung der Homöopathie wird das deutlich.
Attributionsforschung und damit auch die Klimaforschung insgesamt habe ich nicht zu den Pseudowissenschaften gerechnet. Wenn in diesen Bereichen Theorien formuliert werden, die den Anspruch der Wissenschaftlichkeit erheben, dann muss man sich diese genauer anschauen. Das ist Aufgabe der Fachleute dieser Gebiete. Sie müssen entscheiden, welche Theorien sie den Pseudowissenschaften zuordnen wollen.
Unser Streitgespräch betrifft nach meinem Verständnis nur Theorien innerhalb der Soziobiologie, insbesondere die von Nowak, Tarnita und Wilson.
Die Anwendung statistischer Methoden als Analysewerkzeug fällt nicht unter Theoriebildung.
Darwins Evolutionstheorie ist meines Erachtens weder beweisbar noch grundsätzlich falsifizierbar. Ich meine, es handelt sich dabei nicht um eine empirische Theorie im Sinne Poppers, sondern um eine Weltanschauung, um eine Erklärung der natürlichen Evolution.
Diese halte ich für hochplausibel, anders als beispielsweise die Gegenhypothese Intelligent Design. Und ich weiß, warum: Sie ist eine äußerst sparsame Erklärung für die Evolution. Dass sie funktioniert, habe ich mit meiner agentenbasierten Simulation KoopEgo gezeigt: Evolution der Kooperation in einer Welt voller Egoisten. In Sachen Evolution verlasse ich mich lieber auf die Vernunft als auf den Verstand allein, um es in Immanuel Kants Begriffen zu sagen.
@Timm
Sowohl im Nature-Artikel von Nowak-Tarnita-Wilson als auch im Fall der Kopernikanischen Wende gibt es mathematische Belege als auch Feldforschung bzw. Himmelsbeobachtung. Beides gehört zusammen (da Sprache und Theorie eine Abstraktion der sinnlichen Ebene ist) und für mich sind das, also sinnliche Beobachtung plus Theorie, direkt die „prüfbaren Aussagen“.
Sie sagen dagegen: „Zuallererst ist die Wissenschaftlichkeit zu erweisen anhand prüfbarer Aussagen.“ Hier ist die Kategorie „Prüfbare Aussagen“ etwas Anderes, Übergeordnetes, das erst erfüllt werden muss, um die empirischen Beobachungen und zugehörigen Theorien dieser Beobachtungen überhaupt zuzulassen. Machen Sie doch bitte anhand der Kopernukanischen Wende klar, worin hierbei die „prüfbaren Aussagen“ bestehen.
@ Bernd
Dieses Fundstück im Netz trifft meinen Geschmack:
Es ist einfach eine bessere Erklärung der Phänomene als das geozentrische Weltbild. Auch hier schlägt das Sparsamkeitsprinzip zu (Occam’s Razor).
Wichtig ist mir: Es handelt sich um ein Weltbild, nicht um eine Theorie, die dem Popperkriterium genügt. Das sieht man schon daran, dass die Bewegungsgleichungen immer weiter verfeinert werden müssen. Würde an ein Weltsystem der Anspruch der Prüfbarkeit gestellt, dann wäre es nicht nur widerlegbar, sondern auch schnell widerlegt. Um das zu erkennen, muss man nicht unbedingt Astronom sein. Es genügt die Erkenntnis, dass bereits das Dreikörperproblem nicht geschlossen lösbar ist.
Ich folge Ihnen gerne, wenn Sie das Nowak-Tarnita-Wilson-Papier als bessere Erklärung gegenüber der Verwandtschaftselektion ansehen. Falsifizierung ist einfach ein zu starker und zu eng gefasster Begriff dafür.
Der Verlust der Fundamente der modernen Wissenschaft durch Dogmatismus
Ich habe nach den konkreten „prüfbaren Aussagen” im Fall des kopernikanische Weltbildes gefragt, die über Wissenschaftlichkeit oder Pseudowissenschaftlichkeit der Kopernikanischen Wende entscheiden. Darauf antworten Sie mit dem Zitat, dass das kopernikanische Weltbild als das erste wissenschaftlich und mathematisch fundierte Modell eines sogenannten heliozentrischen Weltbildes zählt. Das ist so, als würde ich sagen, dass das Kopernikanische Weltbild anerkannt ist, weil es anerkannt ist. Oder ich frage aufgrund welcher Kriterien ein TÜV-Prüfer einem Auto die Plakette gegeben hat und bekomme als Antwort, dass das Auto deswegen durch die Prüfung gekommen ist, weil es durch die Prüfung gekommen ist.
Die vorhergehende Antwort von Ihnen lautete: „Prüfbare Aussagen hat das Nowak-Tarnita-Wilson-Papier meines Erachtens nicht zu bieten. Das liegt wohl daran, wie Realo wohl richtig vermutet, dass es um ein hochkomplexes Gebiet geht.” Bezogen auf eine Frage an einen TÜV-Prüfer, warum er ein bestimmtes Auto hat durchfallen lassen: Das wisse er auch nicht so genau, aber er vermutet deswegen, weil ein Kollege gemeint hatte, dass dieses Auto zu modern und komplex sei.
Also im Endeffekt, Sie interessieren weder die konkreten mathematische Berechnungen noch die empirischen Beispiele der Feldforschung des Nowak-Tarnita-Wilson Artikels in Nature (nicht, ob ein Auto beim TÜV technisch ok ist), sondern Sie kreieren nebulös eine zusätzliche Kategorie, die der „prüfbaren Aussagen”, die sich als gänzlich willkürlich und nicht nachvollziehbar erweist, anhand derer Sie aber entscheiden, ob dieser Artikel wissenschaftlich oder pseudowissenschaftlich ist (wie ein TÜV-Prüfer, der schon vor der eigentlichen Prüfung sagt, irgendwie habe ich bei diesem Auto ein schlechtes Gefühl, ich lasse es daher gar nicht erst zur Prüfung zu und die wirklichen Prüfergebnisse interessieren mich gar nicht).
Das geschieht aber nicht zufällig so, sondern dahinter steht eine bestimmte Absicht, auf die auch Wilson selbst gestoßen ist und die er so beschreibt:
„Und als ein erfahrener Forscher in Feld- und Laborstudien nachwies, dass primitive Termitenkolonien miteinander konkurrieren und unter anderem dadurch anwachsen, dass sie nichtverwandte Arbeiterinnen integrieren, wurden die Messdaten abgelehnt, mit der Begründung, die Schlussfolgerung berücksichtige nicht adäquat die Gesamtfitnesstheorie“ (Wilson 2015, Der Sinn des menschlichen Lebens, S. 76 f). Genau dieselbe «Logik».
Hier liegt der eigentliche Mangel des soziobiologischen Wissenschaftsverständnisses, in dem nichts anderes als das moderne Wissenschaftsverständnis untergraben und zum Einsturz gebracht wird. Während Wilson das Ideal der modernen Wissenschaft perfekt erfüllt hat, indem aufgrund neu aufgetretener Daten und Erkenntnisse, die der Theorie der Soziobiologie widersprechen, diese eindeutig und klar falsifiziert hat (obwohl er selbst sie 40 Jahre vorher begründet hatte), ist die Mehrheit der restlichen Soziobiologen dem Dogmatismus verfallen. Wilson dazu: „Die Theorie vom egoistischen Gen wirkt zunächst ganz und gar vernünftig. In der Tat galt sie den meisten Evolutionsbiologen gleichsam als Dogma – zumindest bis 2010. Dann wiesen Martin Nowak, Corina Tarnita und ich nach, dass die Theorie der Gesamtfitness, häufig auch als Theorie der Verwandtenselektion bezeichnet, sowohl mathematisch als auch biologisch fehlerhaft ist.” (Wilson 2013, S. 174).
Am auffälligsten tritt dieser Dogmatismus bei Richard Dawkins zutage mit seiner Forderung das revolutionäre Buch von Wilson gar nicht erst zu lesen, sondern es fortzuschleudern, und zwar mit Wucht. Das wurde in der Soziobiologie so konsequent durchgesetzt, dass dieses Buch von Wilson nicht einmal in den Literaturverzeichnissen auftaucht (wie bei Volands 2023 neu aufgelegtem Buch „Soziobiologie”) und in den (von mir gelesenen) Nachrufen auf Wilson war von seinem revolutionären Schritt ebenfalls keine Rede. Hier lässt sich eine Parallele zum Dogmatismus in der Religion aufzeigen: Widersprüche und Zweifel am Dogma werden verboten, unterdrückt oder oder sonst welchen Tricks wie Ihren „prüfbaren Aussagen” verschleiert. Das Fundament der modernen Wissenschaft ist dagegen gerade, dass ständiger Zweifel angebracht ist und es keinerlei Dogmen als endgültige Erkenntnisse gibt. Gegen diesen Grundpfeiler der modernen Wissenschaft verstößt die Soziobiologie im Fall Wilson massiv – und Sie sind eindeutig Teil davon. Daher lautet mein Urteil, dass das, was Sie mit Ihren „prüfbaren Aussagen” betreiben, reine Pseudowissenschaft ist.
Also, wenn Sie wirklich seriöse Wissenschaft betreiben wollen, beziehen Sie Ihre Kritik konkret mit genauer Quellenangabe auf den Nowak-Tarnita-Wilson-Artikel und sagen Sie, warum diese oder jene Stelle, Berechnung oder Aussage falsch ist.
Aus dieser Diskussion verabschiede ich mich vorläufig. Grabenkämpfe interessieren mich nur als Beobachter. Ich lasse mich da ungern hineinziehen. Ich habe im Laufe dieser Diskussion einiges gelernt und werde es in einem eigenen Artikel verarbeiten. Arbeitstitel: Pastell.
Manche Diskussionspartner in diesem Blog sind erst zufrieden, wenn man ihre Meinung teilt. Ein offenes Ende mit verschiedenen und gleichermaßen plausiblen Positionen finden sie unerträglich. Ich rechne diese Leuten zu den Missionaren, mein Vater hätte gesagt: Glaubensathleten. Da hilft schließlich nur der gewaltsame Abbruch der Diskussion. Auch wenn’s wehtut.
Timm sagt:
„Manche Diskussionspartner in diesem Blog sind erst zufrieden, wenn man ihre Meinung teilt. Ein offenes Ende mit verschiedenen und gleichermaßen plausiblen Positionen finden sie unerträglich. Ich rechne diese Leuten zu den Missionaren, mein Vater hätte gesagt: Glaubensathleten. Da hilft schließlich nur der gewaltsame Abbruch der Diskussion. Auch wenn’s wehtut.”
Den ersten Satz könnte ich exakt genau so zurückgeben. Der zweite Satz verrät in meinen Augen ein falsches Diskussionsverständnis. Was, wenn es eben kein „offenes Ende mit verschiedenen und gleichermaßen plausiblen Positionen” gibt? Und genau das ist in der Soziobiologie der Fall. Wir sind an dem Punkt angelangt, an dem Richard Dawkins (quasi als „gewaltsamer Abbruch der Diskussion”, die nie wirklich begonnen hat) mit den Bemerkungen „schamlose Arroganz“ und „perverse Missverständnisse“ das Buch von Wilson wutentbrannt und „mit Wucht wegschleudert” (vgl. SPIEGEL-Gespräch mit Wilson). Es ist genauso wie in der Frage nach der Existenz eines personalen Gottes: Es gibt dabei kein „offenes Ende mit verschiedenen und gleichermaßen plausiblen Positionen”. Dass man über „gleichermaßen plausible Positionen” nicht hinaus kann, verrät vielmehr, wie wenig man den eigenen Standpunkt als solchen kritisch hinterfragen kann, d.h. es steht mit dieser Formulierung außerhalb jeder Diskussion, dass der eigene Standpunkt falsch sein könnte – und genau das ist Dogmatismus, also das, was Sie mir gerade vorwerfen.
Der erste und wichtigste Schritt im menschlichen Miteinander besteht darin, den widersprechenden Standpunkt des Andersdenkenden überhaupt ernst zu nehmen und damit zu akzeptieren, dass Diskussionen eben nicht mit „gleichermaßen plausiblen Positionen” enden müssen. Das, was Sie mit Ihrer oben zitierten Aussage im Grunde tun: Sie verweigern mir das Recht zu einer widersprechenden, gänzlich abweichenden Meinung bzw. Argumentation, die ich vertrete. Sie ordnen meine Argumentation so ein, dass „ich erst zufrieden sein soll, wenn Sie meine Meinung teilen”. Von objektiver Erkenntnis und der Möglichkeit des eigenen Irrtums ist in diesen Worten überhaupt nicht die Rede, das wird überhaupt nicht in Betracht gezogen. Und das entspricht darin genau dem Verhalten der Soziobiologie gegenüber Wilson, wenn auch nach über zehn Jahren sein kritisches Buch nicht einmal in den Literaturverzeichnissen (wie bei Voland) aufgeführt wird, von einer Diskussion darum ganz zu schweigen.
Trotzdem ich hiermit jetzt Ihnen faktisch Dogmatismus bzw. „Glaubensathletik” vorwerfe, benutze ich das nicht zu persönlichen Vorwürfen und verharre nicht darin und es passt für mich auch nicht, in diesem Zusammenhang von einem „gewaltsamen Abbruch der Diskussion” zu reden. In meinem Diskussionsverständnis ist ein „offenes Ende” als unvereinbare Argumentationen durchaus enthalten. Wie in früheren Diskussionen mit religiös Gläubigen kann ich das so stehen lassen, und zwar auch ohne den Andersdenkenden darin persönlich zu diffamieren und dabei in diesem emotional geprägten Verhältnis steckenzubleiben. Ich nehme ihn dadurch trotz des grundlegenden Widerspruchs ernst und frage vielmehr, warum er so argumentiert. In dieser Frage werden einige Worte von Wilson für mich immer entscheidender, d.h. ich finde es genial, wie Wilson in den folgenden kurzen Worten eines einzigen Satzes den zentralen Kern und die zentrale Problematik der aktuellen Evolution des Menschen genau trifft: „Wir sind ein evolutionäres Mischwesen, eine Chimärennatur, wir leben dank unserer Intelligenz, die von den Bedürfnissen des tierischen Instinkts gesteuert wird.” Wer meint, dass er in keiner Weise von „Bedürfnissen des tierischen Instinkts gesteuert wird”, der hat dieses zentrale Problem der menschlichen Evolution nicht in Ansätzen verstanden. Denn es ist unsere Natur.
@ Bernd 29. Februar 2024 um 10:29 Uhr
Zitat: „Das liegt wohl daran, wie Realo wohl richtig vermutet, dass es um ein hochkomplexes Gebiet geht.”
Diese Aussage bezüglich der Komplexität habe ich nicht selber ausgeheckt, sie ist unter den Physikern, die bekanntlich traditionell an der Front der „seriösen“ Wissenschaften arbeiten, ein alter Hut.
Einer dieser „Physiker Zunft“ hat es ungefähr anschaulich so formuliert: Die Physiker haben das „winzig Kleine“ (Teilchen) seriös und auf Basis von „Dogmen“, wie Sie es nennen würden, erforscht und das „riesig Große“, z.B. Planetenbahnen.
Aber es steht ein „riesiger unsichtbarer Elefant“, namens „Komplexität“ im „Studierstübchen“, der von Physiker relativ hartnäckig ignoriert wird. Ganz klar deswegen, weil man mit den „Dogmen“ praktisch nicht anfangen kann. Sie kommen in Teufels Küche.
Wenn man neugierig ist, hat man nicht dagegen wenn sie auf diesen „Elefanten reiten“ wollen. „Schmerzhafte Abstürze“ sind vorprogrammiert und zu sicher sollten Sie sich nie sein. Vielleicht stößt man nach einiger Zeit und intensiver Forschung, auch mit KI, auf halbwegs stabile Ergebnisse fast ohne Widersprüche?
Vielleicht findet man neue Dogmen?
Zitat: „Bezogen auf eine Frage an einen TÜV-Prüfer, warum er ein bestimmtes Auto hat durchfallen lassen: Das wisse er auch nicht so genau, aber er vermutet deswegen, weil ein Kollege gemeint hatte, dass dieses Auto zu modern und komplex sei.“
Da haben Sie unabsichtlich ein super Beispiel abgeliefert. Genau so könnte es sich in der Realität verhalten, wenn einer mit einem modernen „autonomen, selbst fahrenden“ Auto beim TÜV aufkreuzen würde.
Die Umgebung ist derart komplex, dass absurde Verkehrsunfälle auftreten. Ein derartiges Auto ist z.B. an einer Kreuzung in einen riesigen LKW Zug gekracht, der eine Landschaft aufgemalt hatte.
Die Frage ist nur, ob durch Suff und Drogen mehr Menschen auf der Straße sterben, als durch Fehler wegen der Komplexität…. ??
@ Bernd
Mir macht es stark den Eindruck, dass auch Sie der ca. 2500 Jahre alten Tradition der westlichen Philosophie erliegen, dass, wenn das eine nicht stimmt, das andere gültig sein muss. Das könnte bei Watson vs Dawkins der Fall gewesen sein! Das ist das ‚entweder-oder‘-Prinzip, welches auch hinter der Falsifikation steckt.
Was ist aber mit ’sowohl-als auch‘?
Möglich?
Mussi: „Was ist aber mit ’sowohl-als auch‘?“
Wenn Kultur nicht genetisch verankert, sondern eine eigene Kategorie sein soll, aus der sich so die dichotome Natur des Menschen ergibt, so schließt das die Verwandtenselektion mit ihrer genetischen Fitness ebenso aus, wie die Evolutionstheorie einen göttlichen Schöpfer ausschließt.
Hier könnten insbesondere Gläubige auch fragen: Aber was ist mit Sowohl-als-auch? Könnten wir nicht die Evolution annehmen, nur eben durch einen Gott gesteuert? (Weil wir dann unsere Privilegien als einzig wahre Religion und unsere Erwartung eines ewigen Lebens behalten können).
Kann man?
@ Bernd.
Sie haben an anderer Stelle ( https://www2.hs-fulda.de/~grams/hoppla/wordpress/?p=3205#comment-9223 ) auch schon mal geschrieben:
„So geht man bis heute fest davon aus, dass die Kultur des Menschen genetisch erworben und verankert ist.“
Es würde mich mal interessieren, wer das das sein soll, der davon ausgeht.
Was beim Menschen genetisch verankert ist, ist die Möglichkeit zur erweiterbaren und damit selbst evoluierenden Kultur, nicht die Kultur selbst.
Verhalten, die genetisch fixiert sind, sind das Gegenteil von Kultur – zumindest unter Biologen.
Vor dem Hintergrund verstehe ich aufgrund der hier erfolgten Inhaltsangaben, ich habe ihn selbst nicht gelesen, den Text „The evolution of eusociality. Martin A. Nowak, Corina E. Tarnita & Edward O. Wilson.“ auch nicht als allgemeine Aussage zur evolutionären Staatenbildung, sondern eine zur Evolution menschlicher Staatenbildung – es gibt keine anderen Tiere als den Menschen, die überhaupt eine Kultur hervorgebracht haben, die eigenständig, d.h. von der Genetik der sie tragenden Gruppe unabhängig evoluiert.
Wenn das Verhalten und die Änderungen dazu genetisch fixiert sind, haben wir es per Definitionem nicht mit Kultur sondern mit angeborenem Verhalten zu tun. Kulturelles Verhalten oder allgemein Kultur wird während der Individualentwicklung übernommen und nicht bei der Befruchtung. Man kann wohl davon ausgehen, dass diese Basics auch E.O. Wilson bekannt sind, insofern wundert es mich ein bisschen, dass man ihn an der Stelle anders interpretiert.
Eine kulturelle Evolution bei Hymenopteren ist unmöglich, wir sind tatsächlich, soweit wir wissen, die einzige Art, die bisher mit so einem Steurungsmonstrum ausgestattet wurde.
@ Bernd
Sie verstehen nicht. Sie haben es nicht verstanden.
Sie streben so nach Ihrem Verständnis, dass Sie sich ad absurdum führen.
Kennen Sie das Prinzip des letzten Wortes?
Nein, nur das Prinzip der objektiven Erkenntnis – und da komme ich auch ohne persönliche Angriffe aus.
@ Bernd 1. März 2024 17:27 Uhr
Zitat: „…wie die Evolutionstheorie einen göttlichen Schöpfer ausschließt.“
Ein als „göttlich“ bezeichnetes „Schöpfungsprinzip“ schließt natürlich keine „evolutionären“ Mechanismen aus. Wie sie auch z.B. keine „personalen Bartträger“ (nicht einmal Träger eines „Bärtchens“) ausschließt, an der Entwicklung der Welt „mitgemischt“ zu haben.
Fakt ist (für die meisten Menschen) dass es eine „Welt“ gibt, wobei grundlegend Mechanismen, Gesetzmäßigkeiten, Prozesse, ….. ob man sie genau kennt, oder auch (noch) nicht, eine Rolle bei der Entstehung oder Existenz der Welt spielen.
Ich finde es im Sinne der Informatik völlig korrekt, den Mechanismen,…. einen „Bezeichner“ (z.B. „Gott“) zu geben. (Sonst könnte man nicht einmal argumentieren, dass es diese offensichtlich existierenden Mechanismen nicht gibt).
Nach der Aussage eines Theologen ist (der transzendente) Gott „genau so wie es eben wirklich ist“, wir verstehen es eben nicht vollständig….
Relativ wichtige Gene (und Meme) existieren jeweils auch nach dem „Tod“ weiter. Es ist höchstens die Frage, „wie viele Gene“ und „wie lange noch“ sie weiter existieren….
@ Bernd
Aus der inhaltlichen Diskussion habe ich mich verabschiedet. Aber diese falschen Unterstellungen kann ich nicht stehen lassen.
1. Unterstellung:
2. Unterstellung:
3. Unterstellung: Dogmatismus
Meine Erwiderungen:
1. Die dynamische Modellierung der Populationsbiologie interessiert mich seit den späten 70er Jahren. Das Buch „Einführung in die Populationsbiologie“ von EO Wilson und WH Bossert hat mich auf die Spur gebracht. Daraus entstand ein Volkshochschulkurs und später an der FH der Kurs Umweltsimulation mit Tabellenkalkulation. Das schloss direkt an die „Grenzen des Wachstums“ von Meadows und Meadows und an „Global 2000“ an. Später wandte ich mich der agentenbasierten Simulation zu und der Frage, wie in einer Welt voller Egoisten Kooperation entstehen kann. Diese Simulation unter dem Namen KoopEgo ist in meinem Buch „Klüger irren – Denkfallen vermeiden mit System“ dokumentiert.
Natürlich habe ich mir auch das mathematische Modell im Aufsatz von Nowak, Tarnita und Wilson soweit angesehen, dass ich mir ein Urteil erlauben darf. Zwischen den empirischen Befunden und dem mathematischen Modell hat auch das Nowak-Tarnita-Wilson-Papier keine direkte Verbindung hergestellt. Es geht immer nur um qualitatives Verhalten. Die Schlussfolgerungen aus der Empirie und dem Modell sind vernünftig. Grundsätzlich falsifizierbar sind sie m. E. nicht.
2. Ich folge der Logik der Forschung von Karl Raimund Popper. Das hat nichts mit „Kreieren“ zu tun.
3. An keiner Stelle behaupte ich, dass die „Berechnung oder Aussage“ des Nowak-Tarnita-Wilson-Artikels falsch ist. Ich habe nur behauptet, dass der Artikel die Falsifizierung der Verwandtschaftsselektion nicht leistet und ein solcher Anspruch ihn zur Pseudowissenschaft macht. Ich vermisse in dem Papier prüfbare Aussagen im strengen popperschen Sinn.
Die Welt ist nicht schwarz-weiß wie in Poppers Denkwelt, sondern eher pastell-farben.