Analogy as the Fuel and Fire of Thinking. Douglas Hofstadter & Emmanuel Sander
Eine Theorie der Welt müsse mit dem Trennen anfangen, nicht mit dem Messen und Abwägen, meint die Anthropologin Mary Douglas, und sie bezieht sich dabei auf das Klassifikationssystem für die natürlichen Arten: „The problem of natural kinds surely begins with the elementary classification processes and the principles used for sorting. A theory of the world would need to start with dividing, not with grading“ (1986, S. 62).
Trennen
Um Klarheit und Sicherheit zu gewinnen, teilen wir die Gegenstandsbereiche vorzugsweise auf in Gegensätzliches. Uns drängt es zur Schwarz-Weiß-Malerei.
Diese Art Kontrastbetonung rechne ich den angeborenen Lehrmeistern zu. Sie sind überlebensdienlich, haben aber auch eine dunkle Kehrseite. Manche Denkfalle lässt sich damit erklären (Grams, 2020).
Das Klassifizieren ist charakteristisch für das Denken der klassischen Epoche (Barockzeit); Michel Foucault (1966/2012) grenzt es ab vom Denken der Antike mit ihren Analogien. Hervorstechendes Beispiel ist die Taxonomie der Arten von Carl von Linné (1735).
Analogien
Die Samenkörner des Eisenhuts sehen Augen ähnlich, also sollte die Pflanze gegen Augenkrankheiten helfen. Die Walnuss soll Kopfschmerzen lindern, denn ihr Inneres ähnelt dem Gehirn.
Solcherart magisches Denken ist heute keineswegs überwunden. Die populäre Homöopathie lebt davon, und in Esoterikkreisen wirkt die Lehre des Hermes Trismegistos bis heute: „Wie oben, so unten; wie innen, so außen; wie der Geist, so der Körper“.
Die Uhrmacher-Analogie zieht sich durch die Jahrhunderte und wird in unserer Zeit durch die Intelligent-Design-Bewegung aufgegriffen. Sie vergleicht die planvolle Bewegung der Welt mit einer Uhr: Wie es eines Uhrmachers bedarf, so auch eines Schöpfers der Welt (Lennox, 2007).
Dass sich Reste des alten Denkens bis heute erhalten haben, ist bemerkenswert. Weitaus interessanter finde ich jedoch, dass dieses Denken auch im heutigen Wissenschaftsbetrieb eine tragende Rolle spielt.
Es ist zwar etwas Neues entstanden, aber dieses Neue enthält Einsprengsel vom Alten, so wie es umgekehrt in der Antike wissenschaftliches Denken gab (Eratosthenes). Warum nur kommt mir jetzt ein altes chinesisches Symbol in den Sinn?
Yin und Yang
Unser Schwarz-Weiß ist Metaphysik vs Wissenschaft. Als Abgrenzungskriterium nehmen wir die Falsifizierbarkeit nach Karl Raimund Popper: Falsifizierbare Aussagen konstituieren die Wissenschaft, alles andere ist Metaphysik. Übersetzen wir die Dichotomie in Kants Vokabular: Auf der einen Seite haben wir die Erfahrung und die Dinge des Verstandes; jenseits sind die transzendentalen Ideen.
Verstandesdinge lassen sich überprüfen, transzendentale Ideen fallen in das Herrschaftsgebiet der Vernunft. Dort wird nichts widerlegt oder bewiesen; es geht um Analogien, deren Plausibilität und um den Wettstreit der Argumente.
Im Hoppla!-Blog sind uns schon Beispiele für transzendentale Ideen begegnet: Das Ich (damit verbunden: die erwartungsgetriebene Wahrnehmung) und die Gruppenselektion. Da gibt es immer eine ganze Menge Wissenschaft aber auch tragende Elemente, die der Metaphysik zuzuordnen sind.
Unsere mathematischen Modelle sind dann nicht Abbilder dessen, was ist. Sie sind Analogien; ihr Verhalten ist dem der modellierten Naturprozesse ähnlich.
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