Seit Studienzeiten beschäftige ich mich nebenbei mit Werbung und Propaganda. Die Industrie schafft es, für ihre Werbung den Staat einzuspannen. Für die unvernünftigen SUVs hat sie den Verkehrsminister, für die Panzer die Außenministerin. Der Blick nach Amerika zeigt ein noch trüberes Bild. Dort ist der militärisch-industrielle Komplex eine Riesenmacht. Dass wir ihm auch eine Reihe friedlich nutzbarer technischer Wohltaten, beispielsweise das Internet verdanken, darf uns den Blick für die Gefahren dieser Machtkonzentration nicht verstellen. Wir sind umzingelt von Think Tanks mit prowestlicher Sichtweise.

Schauen wir uns nur einmal die Mitgliedschaften der Marie-Agnes Strack-Zimmermann an: Sie ist Mitglied des Präsidiums des Förderkreises Deutsches Heer e.V., der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik, sie ist Vizepräsidentin der Deutschen Atlantischen Gesellschaft und Mitglied des Beirats der Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Zu ihr gesellen sich andere Mitglieder des Bundestages. Und dann gibt es ja auch noch die Münchner Sicherheitskonferenz.
Unparteiische Information ist von der Seite nicht zu erwarten. Diese Denkfabriken drücken den Medien ihren Stempel auf: Talkshows, Zeitungen, TV-Nachrichten, Foren des Internets. In diesem Umfeld ist Kritik an Putin leicht zu haben. Er hat diese überwiegend sicherlich auch verdient. Was mit Russland alles nicht stimmt, das wird uns von den Westmedien gut eingerieben: Fakten und viel mehr noch Meinungen – und eben auch Propaganda.
Mich, den Skeptiker, interessieren besonders die Wahrheitsansprüche des Westens und deren Rechtfertigung. Um das alles zu sortieren, brauche ich einen Rahmen. Den bieten die großen Kraftlinien: Zwischenstaatlich sind es die Geostrategien und innerstaatlich ist es die Macht des Geldes.
Es gibt die Mächtigen und das Fußvolk. Ein wichtiges Mittel, sich das Fußvolk gefügig zu machen, sind quasi religiösen Versprechungen. Auf der einen Seite ist es die Erzählung von den Segnungen des Kollektivs und auf der anderen die Lobpreisung des Fortschritts durch individuelle Freiheiten. Die westlichen Werte werden unter anderen von der Autoindustrie und von der Rüstungsindustrie instrumentalisiert. Vor werteorientierten Leuten wie Annalena Baerbock und Volker Wissing habe ich Angst. Ich halte mich an die Regel: Traue keinem erhabenen Motiv, wenn sich auch einen niedriges finden lässt. Den interessengeleiteten Olaf Scholz finde ich weit weniger furchteinflößend.
Ich habe das Gefühl, dass bei uns die Verhandlungschancen im Ukraine-Krieg ganz systematisch heruntergespielt werden. Wer für Friedensverhandlungen eintritt, dem werden Geltungssucht, unlautere Motive oder gar Putin-Hörigkeit unterstellt. Dabei ist offensichtlich: Es gibt Nutznießer eines andauernden Krieges. Viel interessanter als die Frage nach der Geltungssucht von Alice Schwarzer, die Jan Fleischhauer im Fokus zum Thema macht, ist die Frage: Cui Bono?
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